über sein neues Buch über den „Tugendterror“ sprechen, und wurde dabei von einer Horde Anschauungsobjekte besucht, die mit „Trillerpfeifen, Buhrufen und ‚Sarrazin raus‘-Schlachtgesängen“ dafür sorgten, daß die Veranstaltung abgebrochen werden mußte.
Die Slogans, die dabei zum Einsatz kamen, lauteten unter anderem so: „Wir schaffen Deutschland ab!“, „Heul doch, Terror-Thilo!“, „Rassistische Kackscheiße“, „Nazis raus!“, „Hau ab!“, „Halt’s Maul! Oder wir schlagen zurück!“, „Integration nein danke“, „Scheiß-Theater“ und „Terror-Thilo – Der Menschenfeind im Brecht-Theater“. Ein Demonstrant soll einen altbekannten „antideutschen“ Kalauer gerufen haben: „Deutschland von der Karte streichen, Polen soll bis Frankreich reichen“. Besonders humorig diese Transparente: „Wir sind die Kriminellen“ und „Unsere Gene machen uns dumm und gewalttätig“.
Letztere Parolen, die augenscheinlich eine Menge von Evidenz für sich haben, sind leider kein Ergebnis von Selbsterkenntnis, sondern genauso „ironisch“ gemeint wie „Wir sind die Gebärmaschinen“ oder „Wir sind die Kopftuchmädchen“. Was bei dieser Nummer mal wieder ins Auge springt, ist die erkleckliche Anzahl an brav aussehenden jungen Mädchen unter den Demonstranten, die großteils nicht gerade wie Pasionarias aussehen.
Sie wirken eher artig und niedlich, selbstzufrieden und voll von pfadfinderartigem Eifer, manche im Pippi-Langstrumpf-Pullover, „bunt“ und kindlich beim „Widerstand“-Spielen. Und sie strahlen unübersehbar die Gewißheit aus, daß ihnen ohnehin nichts passieren kann, ja daß sie eigentlich eine Belohnung verdient hätten. Ihr Engagement wird weder zur politischen Vorbelastung noch zur sozialen Ausgrenzung führen. „Freiheit ist vor allem die Freiheit von Radio Luxemburg“, wie Hermann Gremliza einmal sagte.
An der Frontlinie zur Polizei, wo man physisch etwas mehr riskiert, sieht man dann doch mehr Kerle am Pöbeln und mit punkrockartigen Stinkefinger-Postern. Dazwischen tauchen noch ein paar berlinübliche altrote Deppen auf. Gesichter, die auf einen „Migrationshintergrund“ verweisen, sind auf den Fotos wenige zu sehen.
Diese waren aber angeblich dennoch in erklecklicher Anzahl vertreten. Womit sich zu den linksradikalen Angriffen noch ethnisch motivierte gesellen. Das muß man als verschärfendes Moment werten. Ein Deutscher, der verkündet, er wolle „Deutschland abschaffen“, transportiert eben doch eine andere Botschaft als ein Türke, der dasselbe tut. Die Berliner Zeitung berichtet:
Als sie abtrat, stellte sich heraus, dass die Demonstranten, die meist dem 2004 gegründeten türkischen Migrantenverein „Allmende“ angehörten, keineswegs den Saal verlassen wollten. Unterstützung bekamen sie von weiteren Protestlern auf der Empore. Nun drohte Jutta Ferbers als Hausherrin damit, „die starken Männer“ zu holen. Gemeint war die Polizei. Es kam zu weiteren Beschimpfungen und Rangeleien. „Benehmt Euch wie Demokraten“, rief ein älterer Herr im Anzug den Störern zu. „Rassismus ist nicht demokratisch“, entgegnete Ahmed Beyazkaya vom Verein Allmende. Gegenseitig warf man sich „Faschismus“ oder „Linksfaschismus“ vor.
Ein verständnisvoller, implizit sympathisierender Kommentar zu diesem Auftritt kam vom Berliner SPD-Vorsitzenden Jan Stöß, der zwitscherte:
Wenn wir ihn schon nicht loswerden: Ausgerechnet das Berliner Ensemble sollte dem nicht auch noch seine Bühne öffnen.
Da hat er allerdings fast schon wieder recht, denn schließlich hat auch Bertolt Brecht in seiner stalinistischen Phase den „Tugendterror“ ausdrücklich gerechtfertigt, etwa in dem berüchtigten Stück „Die Maßnahme“. Ende 1935, als die Moskauer Prozesse gerade ins Rollen kamen, schrieb er an seinen Freund Emanuel Lasker:
Und sehen Sie, auch die vielen Prozesse, von denen man jetzt in Moskau hört und von denen Sie berichtet haben, haben ihr Gutes. Denn je unschuldiger sie sind, um so mehr haben sie den Tod verdient.
Aber das nur nebenbei. Sarrazin hat in seinem Buch die historischen Wurzeln und Permutationen der „politischen Korrektheit“ aufgezeigt; all das hat eine lange Tradition, und seit über 200 Jahren ist kein Kraut der Gegenaufklärung dagegen angewachsen. Es gilt wohl in alle Ewigkeit, was Bernanos sagte: „Die Raserei der Dummköpfe überschwemmt die Welt“.
Thorsten Hinz schreibt in der Jungen Freiheit:
Um die Struktur und Genese des Tugendterrors zu analysieren, greift Sarrazin auf die „Schweigespirale“ von Elisabeth Noelle-Neumann sowie auf ihren Schüler, den Mainzer Kommunikationswissenschaftler Hans Mathias Kepplinger, zurück. Er zitiert Verhaltensforscher, und zeigt anhand von George Orwell, wie die „Dekadenz der Sprache“ zu einer „Dekadenz des Denkens“ führt. Er schlägt Bögen zu Machiavellis „Fürst“ und zu Tocquevilles Amerika-Buch, zur mittelalterlichen Inquisition und zur puritanischen Hexenjagd von Salem.
Die eigentliche Geburtsstunde des Tugendterrors aber schlägt mit der Französischen Revolution 1789, deren radikalisierte Protagonisten die Gleichheit in der Gesellschaft erzwingen wollten. Diese Ausführungen sind evident, doch sie enthalten wenig Neues. Sie zeigen immerhin, daß auch die von den politisch Korrekten ausgelösten Jagdszenen weder neu noch originell sind. Die „Hetzmeute der Rechtgläubigen“ (Peter Furth) ist ein relativ konstantes Phänomen in der Geschichte.
Wie immer bildet so ein Antifa-Auftritt im Kleinen und bis zur Kenntlichkeit entstellt ab, was im Großen dominante Tendenz ist. Die Art, mit der in den Medien mit Sarrazin und auch seinem neuen Buch umgesprungen wird, bestätigt seinen Inhalt – aufs Köstlichste, hätte ich fast geschrieben. Die Ironie goutieren können allerdings nur jene, die nicht selbst in der politisch-korrekten Denkschleife stecken. Und auch dann liegt sie eher bitter auf der Zunge, je nach Kapazität für schwarzen Humor, die man sich bewahrt hat.
Man kann eben von den blinden Flecken nicht verlangen, daß sie sich selber sehen, oder von den Dummen, daß sie intelligent werden, oder von den Ideologen, daß sie sich ausnüchtern und von ihrer Ideologie distanzieren. Kein Dummer weiß, daß er dumm ist. Meistens hält er sich auch noch für sehr gescheit, was seine Dummheit umso aufreizender macht. Und wenn er um seine Dummheit wüßte oder sie zumindest leise erahnen würde, wäre das der erste Schritt, klug zu werden. Er müßte in der Folge aufhören zu sein, was er ist.
Nun sind wenige Dinge so zäh und hartnäckig wie der Selbstbeharrungswille der Dummheit. Und je mehr der Dumme den Stachel des ab und zu eben doch durchsickernden Zweifels spürt, umso lauter wird er in die Trompete blasen, umso mehr wird er seine Dummheit rechtfertigen, denn immerhin stehen hier sein ganzes Selbstwertgefühl und seine causa sui auf dem Spiel – Dinge, denen überhaupt der Großteil der Menschheit fast immer die Wahrheit zu opfern bereit ist. Analoges gilt für die politisch Korrekten und die Ideologiegläubigen. Dieser Umstand ist es auch, der viele Vertreter dieser Spezies so gruselig und gleichzeitig so burlesk macht. (Wie Derek Turner einmal sagte: die politische Korrektheit ist „ein Clown mit einem Messer“.)
Hier ist jedenfalls eine betonharte Mauer errichtet, an der alle Bemühungen um „Diskurse“, erst recht „herrschaftsfreie“, zerschellen müssen. Und sie hat natürlich etwas mit dem Faktum der Ungleichheit zu tun, das von Thilo Sarrazin konstatiert wird. Die Ungleichen können es eben nicht ertragen, wenn ihnen ein Ungleicher sagt, daß er im Verhältnis zu ihnen ungleich ist. Natürlich halten sie sich selbst auch für klüger, moralischer, „menschlicher“, gerechtfertigter und weiß der Teufel was noch als Thilo Sarrazin, gegen den nun jede Maßnahme gerechtfertigt ist, weil er ja ein Unmensch und damit ein Untermensch und Kryptonazi ist.
Eng damit zusammenhängend und ebenfalls immer wieder gruselig ist auch die unverrückbare, wahnhafte Überzeugung der Linken, jederzeit und immer im Recht und das eigentliche Opfer und der eigentlich Verfolgte zu sein. Der Tagesspiegel zitiert eine linke Seite:
„Mit der Wahl des Veranstaltungsortes setzen Sarrazin und das ausrichtende Cicero-Magazin auf volle Konfrontation“, heißt es in einem Demo-Aufruf auf einer linken Internetseite. Weiter heißt es: „Sarrazins Rassismus und Sozialchauvinismus sollen endlich auch die letzten Bastionen linker Kultur schleifen.“
Wenn’s nur so wäre! In Wahrheit ist es vielmehr die Logik der Linken, die unweigerlich auf „volle Konfrontation“, und Bürgerkriegszuspitzung zuläuft. In dem Moment, wo ohne Wenn und Aber die Ethik des „Halt’s Maul!“ regiert, bleibt den gegnerischen Parteien eigentlich nichts mehr übrig, als sich die Schädel einzuschlagen. Es gibt wohl nicht wenige, die das mit Sarrazin auch täten, wenn sie könnten, wenn sie dürften.
Insofern ist es drollig, daß die Moderatorin der Veranstaltung einer Demonstrantin, wohl in der Hoffnung, das Appeasement könnte die Situation retten, Rederecht gewährte. Und diese nutzte dieses erteilte „Rederecht“ natürlich, um zu fordern, daß man Sarrazin das seinige entziehe.
Keinen Fußbreit dem Rassismus! Ab in die Tonne mit dem Sarrazinischen Gedankenmüll!
Was hier so hemmungslos ausgedrückt wird, ist nicht nur Wunsch von ein paar verirrten Antifanten. Nochmal Jan Stöß:
Bei Twitter reagierte der Berliner SPD-Landeschef auf die Proteste bei der Lesung. Er schrieb, das Berliner Ensemble solle Sarrazin „nicht auch noch eine Bühne öffnen“ – „wenn wir ihn schon nicht loswerden können“. Damit spielte Stöß auf den gescheiterten Versuch an, den ehemaligen Berliner Senator aus der SPD auszuschließen. Daraufhin meldete sich der Piraten-Abgeordnete Martin Delius zu Wort. „Ja Mist. Was ist da fehlerhaft? Satzung? Grundsatzurteile der Schiedsgerichte? Wir haben da auch nachbessern müssen“, schrieb er. Stöß schrieb zurück, es habe „zwei – leider erfolglose – Verfahren“ gegeben.
Hier kommen sich zwei Methoden, Sarrazin „loszuwerden“ in die Quere, und unterstützen einander unter der Hand dann doch wieder. Die eine Strategie ist, zu behaupten, sein „Tugendterror“ sei doch ein Hirngespinst, er dürfe doch ungehindert seine Bücher publizieren und im Fernsehen auftreten, darum sei er nur ein Wichtigtuer ohne Substanz, ein kühl den Skandal kalkulierender Geschäftemacher.
Die andere Strategie ist, genau diesen „Terror“ offen anzuwenden, in allen Gradstufen von der Diffamierung bis zum Pöbelmob. Die einen, brav die liberale Maske wahrend, räumen ein, daß „Meinungsterror“ natürlich verwerflich wäre – allein, es sei doch in diesem Fall unangebracht, davon zu sprechen. Die anderen, wie die Demonstranten im Berliner Ensemble, geben unumwunden zu: „Meinungsterror“ ist in diesem Fall völlig gerechtfertigt und sollte mit allen Mitteln betrieben werden.
Das ist ein Muster, das in allen verwandten politischen Themenfeldern wiederkehrt: Leugnung der Problematik, wie sie die Abweichler thematisieren, durch das linksliberale Establishment, kräftige Bejahung durch die Linksextremisten. Etwa: „Sarrazin ist hysterisch, Deutschland schafft sich doch gar nicht ab, alles ist gut.“ – Antifa: „Deutschland schafft sich ab und das ist gut so! Laßt uns Deutschland weiter abschaffen!“ Oder: „Die Vorstellung, die Deutschen könnten zur Minderheit im eigenen Land werden, ist völlig überzogen .… die demographische Krise wird allenfalls im Pensionssystem Probleme bereiten.“ – Antifa: „Still loving the Volkstod!“ Hier wird also „guter Polizist – böser Polizist“ gespielt.
Und das nebenbei europaweit. Klonovsky says:
…(ich erfahre) nahezu unisono aus sämtlichen Medien, das neue Sarrazin-Buch sei ein (weiterer) Schmarr’n eines PR-geilen Querulanten, denn in der Bundesrepublik walte natürlich Meinungsfreiheit, was allein daran zu erkennen sei, dass einer wie Sarrazin publizieren und Talkshows besuchen dürfe. Bei der Berliner Pressekonferenz, auf welcher der dissidente Sozi sein Buch präsentierte, wurde ihm genau dieser Vorwurf genüsslich unterbreitet, worauf der neben Sarrazin auf dem Podium sitzende Mainzer Medienprofessor Kepplinger bemerkte, dass es darum gar nicht gehe, denn zwar sei Sarrazin durch seine Prominenz und seine hohen Auflagenzahlen in die kommode Situation versetzt worden, seine Ansichten medienverstärkt (und, wie ich mir anzumerken gestatte, medienverzerrt) unters Volk zu bringen, aber all die namenlosen anderen, die wie er dächten, besäßen diese Gelegenheit nicht (bzw. allenfalls im privaten Kreis), weil sie eine nicht ganz unbegründete Angst vor den Konsequenzen hätten. Schon kündigt irgendeine Toleranz-Kommission der EU an, dass Sarrazin zum Schweigen gebracht werden müsse, womit der Schulterschluss zwischen Brüssel und der Antifa hergestellt wäre, wie überhaupt innerhalb der Brüsseler Politbürokratie interessante Pläne zur toleranzfördernden Bevormundung und antirassistischen bzw. ‑sexistischen Lenkung der europäischen Presse zirkulieren. Wir gehen ersichtlich großen Zeiten entgegen.
In Wirklichkeit hat die öffentliche Auseinandersetzung mit Sarrazin eher den Charakter eines Alibis und einer subtileren Form der Diskreditierung. Sie wird nicht von dem Fragen nach Wahrheit, sondern von Opportunismus, Machterhaltungstrieb und auch Angst gesteuert, vor allem als unterhaltsame Hatz auf einen Problembären, als Krise der Schadensbegrenzung und nichts weiter inszeniert.
Sarrazin erscheint als lästiger Provokateur, der hie und da ein vereinzeltes Körnchen Wahrheit gefunden haben mag, den man aber am liebsten so schleunig wie möglich wieder loswerden will. Allein das allgegenwärtige Beiwörtchen „umstritten“, das stets auftaucht, wenn von ihm die Rede ist, signalisiert, daß hier einer mit einem großen roten Fragezeichen markiert ist und ein Exkommunikationsprozeß am Laufen ist.
Nochmal Thorsten Hinz dazu:
Sarrazin verlor seinen Posten bei der Bundesbank, vermochte es aber, seine ungeschmälerten Pensionsansprüche zu sichern. Anschließend wurde seine Frau, die als Lehrerin arbeitete, aus dem Berliner Schuldienst gemobbt. Über ihre Erfahrungen verfaßte sie gleichfalls ein Buch, das auf reges Interesse stieß. Doch auch sie erfuhr weiterhin eine gesellschaftliche Ächtung. Vereinbarte Lesungen wurden ohne Begründung abgesagt, wobei sich die evangelische Kirche hervortat.
Das macht es schwer, den Verkaufserfolg von „Deutschland schafft sich ab“ als Beleg für die Meinungsfreiheit zu bewerten. Das Buch war das berühmte Ventil, mit dem Druck aus dem Kessel genommen wurde. Aufgestaute Frustration durfte sich im privaten und halböffentlichen Raum entladen und wurde herrschaftstechnisch neutralisiert. Politisch hat sich nichts geändert.
Im Gegenteil, die Leser wissen nun, daß ihr Unbehagen sie zwar nicht trügt, doch wissen sie auch, daß sie sich ins Abseits stellen, wenn sie ihre Meinung öffentlich vertreten. Nicht jeder besitzt Sarrazins finanzielles Polster, das ihn solchen Belastungen ertragen läßt. Der Meinungskorridor hat sich seitdem weiter verengt, und das Netz der „Politischen Korrektheit“, des sprachlichen Systems, das die Wirklichkeit zum Verschwinden bringen will, ist noch enger gezogen.
Kein Wunder, daß auch die „Tugendterroristen“ im Berliner Ensemble so einen aufgepäppelten Eindruck machen und so ein gutes Gewissen haben. Ob dieser Auftritt nun propagandistisch ähnlich nach hinten losgeht, wie die Antifa-Exzesse anläßlich des Wiener Akademikerballs, wird sich zeigen. Die Berliner Zeitung konstatiert:
Thilo Sarrazin jedenfalls kann jetzt erst recht behaupten, dass die Meinungsfreiheit in Deutschland ihre Grenzen habe.
Ach was, das waren alles nur unbedeutende linke Spinner! Gebt ihm schnell wieder ein Forum, damit sich dieser Eindruck wieder verflüchtigt!
Foto: pi-news.
Ein Fremder aus Elea
Eng damit zusammenhängend und ebenfalls immer wieder gruselig ist auch die unverrückbare, wahnhafte Überzeugung der Linken, jederzeit und immer im Recht und das eigentliche Opfer und der eigentlich Verfolgte zu sein.
Nein, das ist der einzige Lichtpunkt bei der Sache. Da könnte man ansetzen, wiewohl aufgrund des hohen Aggressionspotentials natürlich nicht im persönlichen Gespräch, aber diese Befindlichkeiten könnte man aufgreifen und behandeln.
Jedenfalls grundsätzlich, in Sarrazins Fall ist das nicht so einfach, Sprüche zur Senkung der Wohnungstemperatur kommen bei den direkt Betroffenen eben schlecht an. Man könnte da wahrscheinlich nur mehr Ehrlichkeit einfordern und sagen, sie sollten doch direkt Transparente hochhalten, auf denen steht: "Ich will auch weiterhin in einer 20 Grad warmen Wohnung leben."
Nebenbei bemerkt, ich glaube auch nicht, daß 16 Grad insgesamt billiger würde, die Arztbesuche wegen Halskrankheiten würden massiv zunehmen, und die werden ja für die betroffene Klientel bezahlt. Es ließe sich allenfalls einwenden, daß das Geld, welches die Ärzte verdienen, im Land bleibt, aber ganz sicher ist das wohl auch nicht. Vielleicht bringen sie's auch im Urlaub in den Süden, weil's ihnen hier zu kalt ist.
Und das sähe dann schon komisch aus. Warum sollte der Staat dafür Sorge tragen, daß das Geld nicht in das eine Land im Süden fließt, sondern in das andere und die eine Gruppe in kälteren Wohnungen sitzt und dafür die andere in wärmeren?
Sie sehen, da läßt sich das Gefühl, das Opfer zu sein, nicht recht entkräften. Aber in vielen anderen Fällen wäre es schon möglich. Es ist ja nicht so, daß die Linke dadurch auffallen würde, praktikable Problemlösungen anzubieten. Wenn man also nur die Probleme der Linken ernstnähme und sie dazu zwingen würde, sie auch selbst ernstzunehmen, brächte man sie schon vom Kurs der Linken ab.
Und indirekt könnte man da sogar selbst im Falle Sarrazin was bewirken, weil die Linke von den Meinungsverboten, welche sie verhängt, nicht in dem Sinne profitiert, daß durch sie irgendeines ihrer Probleme gelöst wird, sondern ganz im Gegenteil ihre Probleme verschärft werden.
Die Beweisführung ist auch gar nicht schwierig. Wem nützt die Verhärtung, demjenigen, welcher Probleme hat, oder demjenigen, welcher die Probleme anderer lieber ignorieren würde?
Selbstverständlich predigt Rassismus Verhärtung, aber nichts im Leben ist einfach, auch nicht das ideale öffentliche Diskussionsklima herzustellen.
Und es ist ein Fakt, daß das deutsche Diskussionsklima in allen Fragen völlig verhärtet ist. Ich sage nicht, daß alle Äußerungen verhärtet sind, aber die Diskussion ist es. Man könnte sogar sagen, sie findet überhaupt nicht statt. Und das nicht nur die Verantwortung der Linken, sondern auch ihr Schaden.
Ist es normal, daß zum Beispiel in Sachen NSA hierzulande gar nichts geht?
Die Linke hat ihre Arbeit gut gemacht, nur eben entgegen ihren eigenen Interessen, denn ihre originäre Macht entspringt der öffentlichen Diskussion.
Ihre originäre Macht kommt von unten. Selbstverständlich ist es bequemer sich bezahlen zu lassen, nur darf man nicht erwarten, daß man dafür bezahlt wird, unabhängiger und mächtiger zu werden.
Was ist denn die linke Diskurshoheit wert, machtpolitisch?
Sicher, sie ist viele Stellen wert. Aber was nützt sie, wenn es darum geht, unliebsame gesellschaftliche Entwicklungen zu bekämpfen?
Und das ist die NSA-Affäre eben ein Prüfstein. Die Linke hat nicht die Mittel, in der Angelegenheit irgendetwas zu tun, weil sie sich darauf verlegt hat, sich von globalistischen Kreisen bezahlen zu lassen anstatt den Interessen der Ohnmächtigen Gehör zu verschaffen.
Und welche Ausrede hätte sie allenfalls dafür?
Daß sie den Globalismus will, daß sie daran glaubt, daß er direkt in einen sozialistischen Staat mündet und daß sie die NSA noch gut gebrauchen können wird.
Ich meine, so ist es. Das ist keine überzogene Argumentation, sondern die logische Konsequenz aus ihrem Verhalten, wenn man annimmt, daß es nicht korrumpiert ist.
Und diese Dinge sind einfach genug, um keiner Diskussion zu bedürfen, um weithin verstanden zu werden.
M.L.: Fremder, ich bin mir wie immer nicht sicher, ob ich Ihren Kommentar verstanden habe, aber er war wieder einmal eine transzendentale Erfahrung für mich.