Raoul Thalheim und die Hirnhunde

Ich bekam eine Menge neugieriger Anfragen in den vergangenen vierundzwanzig Stunden: Wer denn dieser Raoul Thalheim sei...

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

des­sen Roman Hirn­hun­de Antai­os nun ver­le­ge und von dem man nur wis­se, daß er ein ziem­lich bekann­ter Schrift­stel­ler sei? Weil ich nicht auf jede Anfra­ge per­sön­lich ant­wor­ten kann, erzäh­le ich die Geschich­te am bes­ten hier:

Bei Antai­os gehen pro Jahr rund vier­zig unver­lang­te Manu­skrip­te ein, von denen knapp die Hälf­te mit einem Vor­be­halt ver­se­hen ist: Man wür­de gern ver­öf­fent­li­chen, kön­ne dies aber nur unter Pseud­onym tun (“beruf­li­che Situa­ti­on, Bekann­ten­kreis, Blut­druck, Sie ver­ste­hen?”). ich ver­ste­he und weiß natür­lich immer, wer sich hin­ter dem Tarn­na­men verbirgt.

Im ver­gan­ge­nen Mai nun reich­te ein Unbe­kann­ter die ers­ten drei Kapi­tel eines Romans mit dem Titel Hirn­hun­de ein, und zwar per Post. Das bei­li­gen­de Schrei­ben war knapp, es kün­dig­te einen Anruf an und war mit “ein Schrift­stel­ler” unter­schrie­ben. Daß es sich bei Hirn­hun­de um eine Art Sze­ne-Roman rund um eine kon­ser­va­ti­ve Wochen­zei­tung han­del­te, war nach der Lek­tü­re weni­ger Sei­ten klar, und der Anruf kam wie angekündigt.

Ich bestand von Anfang an ver­geb­lich dar­auf, die wah­re Iden­ti­tät des Autors zu erfah­ren, über­gab aber den­noch das Manu­skript, das in drei Schü­ben mit­tels Stick ein­ge­reicht wur­de, an Ellen Kositza zur lek­to­rie­ren­den Lek­tü­re. Wir hat­ten kei­ne mail-Adres­se, kei­ne Tele­fon­num­mer, nichts. Rück­fra­gen konn­ten wir stel­len, wenn der Schrift­stel­ler anrief. Ob er anru­fen soll­te, ent­nahm er unse­ren Blog-Bei­trä­gen: Eine bestimm­te Wort­fol­ge signa­li­sier­te die Bit­te um Rückruf.

Mit­te Okto­ber lag Hirn­hun­de voll­stän­dig vor. Nun las auch ich die­sen Roman, in des­sen Zen­trum Mar­cel steht: Repor­ter der kon­ser­va­ti­ven Wochen­zei­tung Frei­geist, ein Sen­si­bel­chen ers­ten Ran­ges, aber ein red­li­cher Jour­na­list. Er schreibt nicht ideo­lo­gisch, son­dern ent­lang der Per­spek­ti­ve sei­ner Zei­tung, recher­chiert gründ­lich, beob­ach­tet genau, ver­sucht zu ver­ste­hen. Ihm wider­fährt eine Men­ge, und man muß sagen: Der Autor von Hirn­hun­de hat unser Milieu ganz sicher ziem­lich lan­ge und ziem­lich gründ­lich studiert.

Hirn­hun­de lebt von den Dia­lo­gen und Grat­wan­de­run­gen, die jeder Intel­lek­tu­el­le rechts der Mit­te zu füh­ren und zu wagen hat. Die Zer­mür­bung der lan­gen Weg­stre­cke kommt eben­so vor wie die Denun­zia­ti­on, die Selbst­zwei­fel, der Gal­gen­hu­mor, die geis­ti­ge Eng­füh­rung, der Trick mit dem fal­schen Namen, die Ket­te der Demütigungen.

Kurz­um, der Roman paßt in die edi­ti­on nord­ost mei­nes Ver­lags, das Lek­to­rat erwies sich als unkom­pli­ziert, der Schrift­stel­ler schlug das Pseud­onym Raoul Thal­heim vor – und doch stell­te ich zuletzt eine Bedin­gung: Ich müß­te erfah­ren, wer der Ver­fas­ser sei, andern­falls könn­te ich das Buch nicht drucken.

Nun weiß ichs, Ellen Kositza weiß es auch, und Hirn­hun­de kann nächs­te Woche in Druck gehen. Ver­ra­ten wer­den wirs nicht, es sei denn, der in der Tat ziem­lich bekann­te Schrift­stel­ler ent­schie­de, daß wir dies dürften.

Hirn­hun­de kos­tet 19 € und kann hier vor­be­stellt werden.

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

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Kommentare (23)

Jonny Scapes

14. März 2014 14:28

... Ob er anrufen sollte, entnahm er unseren Blog-Beiträgen: Eine bestimmte Wortfolge signalisierte die Bitte um Rückruf ...

;-) Erinnert an Szenen in Frederick Forsyths Roman -Das vierte Protokoll-:

... Das Einsatzsignal sollte am Vorabend während der Zweiundzwanzig-Uhr-Nachrichten des englischsprachigen Dienstes von Radio Moskau kommen: Ein absichtlicher Versprecher in der ersten Meldung ... [1]

»Guten Abend. Hier Radio Moskau. Wir bringen die Nachrichten in englischer Sprache. Die Zeit: zweiundzwanzig Uhr.
In Terry... Verzeihung, ich beginne nochmals. In Teheran erklärte die Regierung heute ...«
[2]

-------

Allerdings, -bei näherer Betrachtung- so witzig find ichs eigentlich gar nicht. Beweist es doch letztlich wie sehr »uns« die Gesellschaft Angst einjagt, »uns« klein kriegt, paranoid macht, stillzuhalten zwingt, maßgeblich in unser Leben einzugreifen imstande ist, es zu dominieren - und -zu schlechter Letzt- kritische Gedanken zum Stillstand zu bringen will.

Quelle:
-------
[1] Forsyth, Frederick »Das vierte Protokoll« -Seite 428- Piper München 1984 ebda.
[2] -Seite 487-

Inselbauer

14. März 2014 15:26

Sehr schöne Geschichte! Und wenn es nicht wahr ist, dann ist es gut erfunden und Kubitschek hat das selber geschrieben (...)

antwort kubitschek:
wenn ich sonst nichts sagen kann und darf, eines kann ich sagen: ich wars nicht. wär ichs, würde der roman nicht in dresden spielen, sondern in einer ein-mann-kaserne.

Unke

14. März 2014 15:30

Hochkonspirativ, das ganze. Immerhin, bei dem Namen der deutschen "konservativen Wochenzeitung" muss ich nicht lange grübeln, ich kenne nur eine...

Tauwind

14. März 2014 15:59

Lichtblick. Das ist es für mich. Doch fragte mich, warum der Vorgang derart unverholen vorgelegt wurde. Ein Aufruf an die zögerlichen, heimlichen Sezessionisten im Kulturbetrieb? Ein Vorschlag, wie es gehen könnte? Oder doch nur die Bedürfnisbefriedigung der Neugierde innerhalb der heimeligen Subkultur? Oder gar noch weniger, und im Bewusstsein erwähnt, dass es die Verkaufszahl steigert? Sei es drum, ich werde es erwerben und die Information wird den Lesegenuss geheimnisvoll bereichern.

Rumpelstilzchen

14. März 2014 16:55

Heißt er etwa Hinz ? Oder heißt er gar Kunz ? Oder heißt er etwa ....
Ich war es jedenfalls nicht.
Gruß R.

Ob man wohl am Stil erkennen kann, wer das wohl ist ?

Hubschrauberpilot

14. März 2014 17:18

Der Wind bläst harsch aus dem Nordosten,
die Bücherreihe wird was kosten.
Da sind die anonymen Dichterfürsten
das Schokli, nach dem arme Rechte dürsten.
Da greift der Idejahalist verzückt
zur Börse, die ihn eh am Hintern drückt.

kommentar kubitschek:
interessante bewerbung, drucke aber keine lyrik.

ene

14. März 2014 17:29

Erinnert mich stark an die Geschichte eines unbekannten Autors, der eines Tages ein Manuskript in den Briefkasten eines kleinen Verlages in Marseille wirft:

https://tamtamsoie.net/docs/a-la-recherche-de-frank-burns/

Rautenklausner

14. März 2014 17:52

Bei mir hats gezogen, werde ordern. Ein Mann also, vermutlich zwischen 30 und 50, mit Dresdenbezug und aber nicht aus der Mannschaft um Kubitschek. Bleiben eigentlich nur zwei Namen, wenn ich das Feld korrekt überblicke; drei, wenn man einen hinzuzählt, der bislang vor allem durch seine literarischen Interviews sich hervor getan.

antwort kubitschek:
spielten wir topfschlagen, und sagte ich nun "warm", wären plötzlich eine menge kochlöffel in der luft. also sag ich lieber nix.

Gladius

14. März 2014 18:21

Pseudonyme dienen dem Selbstschutz; ist es nicht so, dass fast jeder von uns auch auf deren Gebrauch angewiesen ist, um sich gesellschaftlich nicht vollens zu ruinieren? Daher kein Vorwurf an den Autor mit seiner Identität hinter dem Berg zu bleiben. Freuen wir uns also auf die Lektüre eines neuen Werks, sobald es in unseren Händen liegt - ich habe bestellt!

Oliver

14. März 2014 18:48

Ich hätte niemals geglaubt, daß sich Günter Grass noch einmal an einen Roman wagen würde - noch dazu im konservativen Milieu und ohne anzuklagen, zu verurteilen oder zu verdammen ... Das muß Altersweisheit sein!

Nun ja, es geschehen doch immer wieder noch Zeichen und Wunder ...

OJ

14. März 2014 19:12

Was enthält der Roman denn an "Anstößigem", dass hier nicht mit offenem Visier veröffentlicht werden konnte? Oder reicht schon die Perspektive des Ich-Erzählers an Skandalpotential aus?

Im Übrigen ist dieses Kokettieren mit einer subkutanen Bewegung im Kulturbetrieb hin zu Schnellroda gutes Marketing. Wäre schön, wenn da aber ab und zu auch "Butter bei die Fische" käme, sprich ein oder zwei Namen fielen.

Toby

14. März 2014 21:46

Jeder Versuch der Schaffung einer zeitgenössischen Literatur ist zu begrüßen. Davon kann es gar nicht genug geben.

Ich schätze die politische Literatur der mehr als hundert Jahre vor 1945. Wir brauchen aber Neues. Was in der Musik gelungen ist, muß nun in der Literatur nachfolgen.

Selbstverständlich habe ich das Buch bestellt. Damit es nicht in unserem Kreis bleibt, werde ich - sofern es die Erwartungen erfüllt - an potentiell Interessierte weit streuen.

Robert

14. März 2014 21:46

Ich erinnere, an den letzten auch unter Pseudonym veröffentlichten Roman von J. K. Rowling. Hier hat ein Text-Mining-Algorithmus - ist das nicht auch ein "Hirnhund"? - die Antwort geliefert. Aber das nähme dem ganzen Rätsel dann schnell den Zauber ...

Kiki

15. März 2014 00:15

Ganz Neugierige mit detektivischen Allüren würden diese Buch allein schon deswegen kaufen und akribisch lesen, um anhand stilistischer Merkmale zu ermitteln, wer tatsächlich der Autor ist - vorausgesetzt diese Neugierigen kennen sich so gut in der zeitgenössischen Literatur aus, daß sie sinnvolle Vergleiche anstellen können.

Da die Zeitgenossenschaft aber seit dem Nachhall der großen Explosion von 1914 absolut nichts mehr zu sagen hat und unsäglich öde ist (dafür können die heutigen Literaten nichts, denn es ist nicht ihre Schuld, daß sie weder über die Bildung, Kultur noch Intelligenz der Generationen von einst verfügen), lohnt sich für den leidenschaftlichen Leser die Anschaffung dieses Werkes ebensowenig wie die anderer Elaborate.

Vielleicht liegt es auch an einer Art Mechanismus. Schließlich ist spätestens mit Tacitus beispielsweise auch die römische Literatur gestorben. Mit Anbruch und Etablierug des Prinzipats gab es alles mögliche im kaiserlichen Rom, nur keine nennenswerte Literatur (dh nichts, weswegen man eigens eine fremde Sprache lernen würde).

Und so mag es auch mit unserer Gegenwart sein: gelegentlich finden sich zwar noch Komponisten, die noch etwas zu sagen haben bzw anklingen lassen, aber Dichter gibt es seit Jahrzehnten nicht mehr.

(Gerade heute habe ich einem meiner Söhne erklärt, was ein gutes Buch von einem nichtguten unterscheidet: gute Bücher liest man immer wieder im Leben und immer wieder zum ersten Mal; schlechte Bücher höchstens einmal und dann nimmermehr).

Herrn Thalheim und Familie Kubitschek-Kositza wünschen ich von Herzen alles Gute, aber aus ästhetischen Gründen kann nicht jeder Kunde ein Freund moderner belletristischer Literatur sein (dafür freue ich mich umsomehr auf den neuen Vonderach).

Stil-Blüte

15. März 2014 09:22

Schade, daß Sie keinen Wettbewerb für dieses Enigma gestartet haben, obwohl - psychologisch schon. Könnte dasMarcel Beyer sein? Warum? Er lebt seit langem in Dresden. Die Hauptfigur heißt Marcel wie er! Und M. hat den Roman 'Flughunde' geschrieben. Falls meine Lösung stimmt, gäbe es dann ein Freiexamplar?

Zadok Allen

15. März 2014 10:05

@ Kiki

Schließlich ist spätestens mit Tacitus beispielsweise auch die römische Literatur gestorben. Mit Anbruch und Etablierug des Prinzipats gab es alles mögliche im kaiserlichen Rom, nur keine nennenswerte Literatur (dh nichts, weswegen man eigens eine fremde Sprache lernen würde).

Wie meinen?! Zugleich mit dem Prinzipat wurde zunächst einmal die Goldene Latinität geboren, es wirkten da gleichzeitig alle klassischen Autoren abgesehen von Cicero und Caesar. Unter der julisch-claudischen Dynastie ging die literarische Entwicklung organisch in die Nachblüte der Silbernen Latinität über (Seneca, Petronius, Plinius, Lucan).

Und schließlich kam es im 4./5. Jahrhundert zu einer erneuten (sowohl heidnischen wie christlichen) Hochblüte der römischen Literatur, wobei diese nicht mehr in Rom selbst, sondern in den Provinzen des Westreichs (v.a. in Gallien) ihre Nährböden hatte.

Lesen Sie mal Lucans gewaltiges Epos vom Bürgerkrieg ("Pharsalia"), darin finden Sie eine Deutung der neronischen Zeit, die Sie unverändert auf unsere Gegenwart übertragen können.

Ohne Übertreibung kann man sagen, daß alles, wofür es sich lohnt, die lateinische Sprache zu erlernen, unter dem Prinzipat und der späteren Kaiserherrschaft entstanden ist.

Inselbauer

15. März 2014 10:59

Vor Jahrzehnten stellte es mir altem Bolschewiken sofort die Haare auf, als dieses wahrhaft konservative U-Boot die literarische Bühne betrat; mit dem Pokerface und den Leibes-Umrissen einer Angela Merkel unterwanderte er den linken Literaturbetrieb. Der erfahrene Profiler erkannte sofort die hoffnungslose Rückständigkeit des Mannes. Und einen USB-Stick zu versenden, wo doch jeder Depp ein Tor-Netzwerk gebrauchen kann (...) Stifter drückte es so aus: "In meinen Werken ist die Maske des Dichters leicht ersichtlich."

Carsten

15. März 2014 11:19

"Ich hätte niemals geglaubt, daß sich Günter Grass noch einmal an einen Roman wagen würde – noch dazu im konservativen Milieu .."

Hahaha, der war echt gut!

Was ist eigentlich aus der Amazon-Sache geworden?
Gab es irgendeine Antwort von dem Laden?
Oder sogar ein Einlenken?
Gab es für Antaios einen starken Einbruch oder eher einen Soli-Impuls?

G. Schäfer

15. März 2014 12:21

@ Kiki
Eigentlich wollte ich als Latinist Ihre Aussage über das Absterben der römischen Literatur mit Etablierung des Principats kritisieren. Aber im Grunde habe Sie ja nicht ganz Unrecht, wenn sie spezifisch römische Literatur und nicht lateinische meinen.
Da fiel mir der Autor der Historia Augusta des 4. Jahrhunderts n. Chr. ein: Seine Welt, die pagane, altsenatorische Welt ging nach der Durchsetzung des Christentums und dem Verlust der Hauptstadtfunktion Roms unwiderruflich unter. Aber der Kreis von Senatoren, dem er verbunden war, hielt an der alten klassischen Literatur ebenso fest wie an den traditionellen Formen der Loyalitätsbekundung, nämlich dem heidnischen Götterkult–trotz der Ablehnung und der schlussendlichen Verdammung durch die nun christlich gewordenen Kaiser. Der altgläubige, „reaktionäre“ Autor, der seine Identität unter 6 verschiedenen Pseudonymen („Iulius Capitolinus“, „Aelius Spartianus“ etc.) verbarg, schuf mit seinen (Pseudo-) Biographien der früheren heidnischen Kaiser eine Persiflage auf echte Geschichtsschreibung – angesichts des rasanten kulturellen und institutionellen Wandels beim Übergang von der Antike zum christlichen Mittelalter blieb ihm die literarische Spielerei, Selbstironie und versteckte, anspielungsreiche Spöttelei über die Herrscher seiner Zeit und das siegreiche Christentum.
Unsere Situation ist den der traditionalistischen Senatoren im späten Rom durchaus vergleichbar. Man hält an alten Formen der Loyalität fest, z.B. an der zu Nation oder Volk, obwohl diese von den Herrschenden gar nicht mehr gewünscht wird bzw. als bösartig und „menschenverachtend“ gesehen wird. Wie im 4. und 5. Jahrhundert sind aus den früheren Göttern Dämonen und Teufel geworden, die es durch apotropäische Akte zu bannen gilt. Nicht anderes ist ja das Umwidmen von nach „belasteten Personen“ benannten Straßen und Plätzen, wobei die Antifa u.ä. die Rolle der tempeldemolierenden Mönchshorden der Spätantike übernommen hat. Da verbergen auch die Unsrigen sich angesichts des Meinungsdrucks unter allerlei Pseudonymen und literarischen Masken, spötteln und lästern, und das mit Vorliebe auch über das „eigentlich“ zu verteidigende Eigene. Ich möchte der unter Konservativen beliebten Analogie zum Niedergang des römischen Reiches bzw. der antiken Kultur hier mal eine versöhnlichen Abschluss geben: Auch ein Großteil der kulturellen und ideellen Güter, die die europäischen Völker geschaffen haben, werden das Verschwinden dieser Völker und die Auflösung ihrer Staaten in die EU / bzw. einen Weltverband überdauern, wie auch die Antike in Relikten bis heute weiterlebt. Ob das hier besprochene, gewissermaßen von einem „Iulius Capitolinus“ unserer Zeit geschriebene Buch dazu gehört, werden wir sehen.

Shuca

15. März 2014 23:33

@Kiki
(Gerade heute habe ich einem meiner Söhne erklärt, was ein gutes Buch von einem nichtguten unterscheidet: gute Bücher liest man immer wieder im Leben und immer wieder zum ersten Mal; schlechte Bücher höchstens einmal und dann nimmermehr).
Ja das ist so. Und man blättert immer wieder zurück und liest manche Passagen nochmal weil sie einem so gefallen haben. Schlechte Bücher liest man doch nur zu Ende weil man intellektuell sein will und niemals zugeben möchte das der Kaiser nackt ist.
Per Mariam ad Christum.

Kiki

17. März 2014 22:20

@Zadok
Eben nicht Lucan und auch nicht Plinius oder Juvenal, ja nicht einmal der charmante Persius können sich beispielweise mit Vergil oder Horaz messen (und das wußten die braven Herren der silbernen, bronzenen, blechernen usw Latinität im Unterschied zum nachgeborenen SekundarliteratruproduzentIn sehr wohl).

Alle von Ihnen genannten mühten sich durchaus redlich ab, konnten auch tatsächlich etwas, aber richtig große Literatur, die einen den Atem verschlägt, das Herz zerreißt und deren Bilder einem sich sofort und unauslöschlich ins Herz brennen und zum Teil von einem selbst werden - nein, das ist es nicht (Sie könne mir schon ein wenig glauben: ich habe die besten Jahre meines Lebens mit der Lektüre der klassischen Literatur verbracht und am Ende sogar ein akademisches Diplomchen damit erworben und bei aller Liebe zur Antike - meiner einzig beständigen irdischen Liebe - es gab auch viel Schrott, Schund und Doofes, daß leider nicht verlorengegangen ist; während der Sturz des Seianus aus der Feder Tacitus für immer dahin ist - DAS ist schrecklich!)

Die Augusteer, die künstlerisch von ewiger Bedeutung sind , sind allesamt Kinder der dahinsiechenden und mörderischen Republik und nicht der pax augusta.

Das ist weder ihre Schuld noch ist es schuld von Wohlstandkindern eben solche zu sein; ich wollte nur auf den wohl naturgegebenen Zusammenhang zwischen - nennen wir es einmal ganz allgemein und neutral "Nichtwohlstand" und Charakter, Seelengröße, scharfer Intelligenz und so ähnlich hinweisen.

Frieden und Wohlstand gebiert offenkundig alles erdenklich praktische wie GPS-Navis, Smartphones, Tarifverträge, Minderheitenförderung, plastische Chirugie, Lebensversicherungen, allgemeine Schulpflicht vegane Marmenlade usw,usw,usw, aber große Kunst von bleibendem Wert und anderes, was das menschliche Leben überhaupt lebenswert und sinnvoll macht, eher nicht.

Kiki

17. März 2014 22:33

@G.Schäfer
Das ist es doch eben: die alte spätantike Senatorenschaft hing nur an der klassischen Literatur usw, aber sie schuf nichts neues, vergleichbar gutes.

Nun ist in Zeiten des Niedergangs und Verwelkens auch das Bewahren des Guten und Bewährten zweifellos eine ehrbare Sache, aber zwischen dem Konservieren und Erschaffen von Wertvollem liegt der mir in dieser Diskussion so wichtige Unterschied.

@Shuca
Meine herzlichsten Grüße! Ich kenne Sie virtuell schon seit Jahren und lese Ihre Beiträge hier wie in anderen Foren stets mit Freude!

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karlmartell

18. März 2014 13:39

Ist bestelllt. Das Neue von Martin Lichtmesz auch.
Auf kostenlosen Versand pfeiffe ich.
Berechnen was anfällt !
Danke.

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