oder auch nur bloßem Schwachsinn gibt, die man kaum mehr sachlich und rational beantworten kann. Man soll sich hier nicht in müßige Debatten verstricken lassen; man soll im Gegenteil Zumutungen dieser Art entschieden von sich weisen.
Muß man wirklich auch noch erklären, wie kreischdumm beispielsweise die “gegenderten” Wiener U‑Bahn-Piktogramme sind? Ich habe dennoch versucht, den “tieferen” Sinn dieser Nummer aufzudröseln, aber eigentlich bin ich der Meinung, daß man jedem, der nicht auf Anhieb die Absurdität dieser Art von Symbolpolitik erkennt, mindestens Führerschein und Wahlrecht entziehen sollte.
Wie immer steckt hinter dem unfreiwilligen Kabarett eine systematische ideologische Verzerrung und Absicht; man darf nie vergessen, daß “political correctness” eine Art “Clown mit einem Messer” ist. Der Punkt an dem besagten gegenderten Piktogramm ist ganz eindeutig, das Bild der Mutter aus dem öffentlichen Raum zu tilgen und abzuwerten. Hierbei handelt es sich um ein “Rollenbild”, dem die Feministinnen und Gender-Ideologen einen besonders herzhaften Haß entgegenbringen. Nicht zufällig sind dieselben Leute zugleich glühende Abtreibungsbefürworter.
Ich sage “Haß” ohne polemische Übertreibung. Es ist wichtig zu begreifen, wieviel neurotisches Ressentiment in Wirklichkeit hinter Kampagnen wie diesen steckt. Symbolpolitische Signale dieser Art werden heute gleich Viren in den öffentlich-sozialen Körper geleitet, der seine Korrumpierung hypnotisiert-passiv hinnimmt, als wäre er von einer mentalen Immunschwäche befallen.
Die Frage nach den psychologischen Gründen dieser Widerstandslosigkeit würden einen eigenen Aufsatz füllen. Zweifellos spielen auch gewisse Machtverhältnisse und eine erpresserische Atmosphäre eine erhebliche Rolle. Wer sich heute der “Gay Mafia” und den mit ihr verbandelten Gangs widersetzt, muß mit erheblichem sozialem Druck, Verleumdungskampagnen und ernsten Konsequenzen für sein Berufsleben rechnen. Ein aktueller Fall ist der Geschäftsführer von Mozilla und JavaScript-Erfinder Brendan Eich, der von seinem Posten zurücktreten mußte, weil er die schwere “Sünde” begangen hat, vor sechs Jahren einen kleineren Beitrag für eine katholische Intitiative gespendet zu haben, die sich gegen die Einführung der “Schwulenehe” in Kalifornien aussprach.
Es gibt allerdings noch andere Ängste, die zum Motor unüberlegter Agitationen, Entscheidungen und Parteinahmen werden können: der französische Schriftsteller Charles Péguy schrieb bereits vor rund hundert Jahren, daß die größten Feigheiten der modernen Welt der Angst entspringen, nicht fortschrittlich genug zu erscheinen.
Andere Manipulationen mit gleicher Stoßrichtung wie die U‑Bahn-Piktogramme haben sich heute flächendeckend durchgesetzt. Die berüchtigten Binnen-Is und verwandte, vermeintlich “geschlechtergerechte” Schreibweisen sind inzwischen allgegenwärtig und in jedem Provinzmitteilungsblatt aufzufinden. Nicht nur auf Facebook kann man nur mehr “FreundInnen hinzufügen”, auch die Sprache der staatlichen Ämter hat sich diesem Sprachgebrauch angepaßt, der ursprünglich aus der Theorieküche der äußersten radikalen Linken stammt. Die häßlichen Binnen-Is breiten sich heute aus wie die Nashörner des Ionesco: in letzter Zeit sehe ich sie auch vermehrt in privaten Emails auftauchen.
Die Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff sprach es in ihrer Dankrede zur Verleihung des Büchner-Preises aus:
Die Frauenbewegung in Deutschland und in den USA ist ein Trampolin für ausgeschnitzte Verrücktheiten. Eine grauenhafte Grammatikschändung hat hierzulande längst die gesamte Bürokratie unterwandert und die Universitäten voll im Griff.
Auch dieses Phänomen verdient einen eigenen Artikel, darum sei nur auf das Offensichtliche hingewiesen. Zunächst liegt hier eine burleske Verwechslung des biologischen sexus mit dem grammatischen genus vor. Des öfteren liest man die Behauptung, daß die Binnen-I- oder Unterstrich-Form “geschlechterinklusiv” und damit “gerecht” sei. In Wahrheit ist es genau umgekehrt: es sind es die bislang üblichen (also ganz einfach: grammatisch richtigen) Formen, die “inklusiv” sind und selbstverständlich auch immer so verstanden worden sind.
Diese Tatsache weisen die radikalen Feministinnen als Ausdruck eines “patriarchalischen Herrschaftsverhältnisses” zurück, das unbewußt und implizit wirke, indem die maskuline Form als die “inklusive” vorausgesetzt werde. Dieser “unbewußten” Politisierung stellen sie eine “bewußte” Politisierung entgegen, indem sie gleichsam die Sprache aufknacken, um ihren “patriarchalischen” Kern bloßzulegen und zu ersetzen. Man kann leicht erkennen, daß es sich bei dieser Denkweise um ein marxistisches Derivat handelt. Es geht darum, ein vermeintlich “falsches Bewußtsein” aufzulösen und durch ein neues, revolutionäres zu ersetzen.
Die gegenderten Formen haben keineswegs eine “geschlechterneutrale” Wirkung: im Gegenteil “feminisieren” sie die Sprache radikal. Ihre Verfechter mögen das als eine Art “dialektischen” Zwischenschritt verteidigen. Wörter wie “RadfahrerInnen”, “SchülerInnen”, “LehrerInnen” bezeichnen gemäß unserer Lesegewohnheiten ausschließlich weibliche Personengruppen, anders als etwa die inklusiven Formen “Radfahrer”, “Schüler”, “Lehrer”. Das Binnen‑I muß in einem Akt der Abstraktion mitgedacht und gleichsam dem Lesefluß enthoben “übersetzt” werden. Inzwischen wird die gegenderte Form absurderweise sogar im Radio “gesprochen” oder taucht auf Texttafeln auf, die ausschließlich Großbuchstaben benutzen. Dadurch tritt ihr feminisierender (und eben nicht: neutralisierender) Charakter deutlich hervor.
Durch das Auf-und Auseinanderbrechen der Wörter und Sätze durch Binnen-Is, Unterstrich-Trennungen und neuerdings auch Asterisken entsteht ein äußerst häßliches und disharmonisches Schriftbild, aber auch eine Sprache, die merkwürdig artifiziell wirkt, und deren Ausdrucksmöglichkeiten über eine gewisse Art von Tendenzprosa nicht hinausreichen. Das sind keine Lappalien: die Sprache ist Spiegelbild und Kompaß des Geistes – was die Propagandisten der politischen Korrektheit wissen müssen, andernfalls sie kaum auf die vermeintlich wirklichkeitsverwandelnde “Magie” des “Gleichstellungs”-Vokabulars vertrauen könnten.
Die Verstümmelung der Wörter, der Grammatik, der Sprache überhaupt korrespondiert mit der Verstümmelung der Geschlechteridentitäten, und in der äußersten Konsequenz mit der buchstäblichen Verstümmelung der Körper, wie sie von Transsexuellen vorgenommen wird, die sich massiven biochemischen und chirurgischen Eingriffen unterziehen. Den linksextremistischen Begriffskonstrukten, die in den organischen Bau der Sprache transplantiert werden, entsprechen auf körperlicher Ebene die Gummivagina- und Silikonbrust-Implantate der Transsexuellen.
Die sogenannte “Gleichstellung” von Mann und Frau, die in Wirklichkeit auf eine fortschreitende Angleichung und Nivellierung hinausläuft, ist an der “Gender Mainstreaming”-Front bereits Schnee von Gestern. Nun ist die nächste Etappe der Offensive angesagt, die bereits erhebliche Siege verzeichnen kann: so kann man etwa seit neuestem auf der englischsprachigen Version von Facebook sage und schreibe 50 (!) “Geschlechteridentitäten” einstellen. Davon sind die meisten dieser “fifty shades of faggotry” nichts anderes als spitzfindige und phantasievolle Nuancen ein- und derselben Verfassung, deren Schar man beliebig ad infinitum und ad nauseam erweitern könnte.
Das sind die aktuell angebotenen Eissorten – wohl bekomm’s:
Agender, Androgyne, Androgynous, Bigender, Cis, Cis Female, Cis Male, Cis Man, Cis Woman, Cisgender, Cisgender Female, Cisgender Male, Cisgender Man, Cisgender Woman, Female to Male, FTM, Gender Fluid, Gender Nonconforming, Gender Questioning, Gender Variant, Genderqueer, Intersex, Male to Female, MTF, Neither, Neutrois, Non-binary, Other, Pangender, Trans, Trans Female, Trans Male, Trans Man, Trans Person, Trans Woman, Trans*, Trans*Female, Trans*Male, Trans*Man, Trans*Person, Trans*Woman, Transexual, Transexual Female, Transexual Male, Transexual Man, Transexual Person, Transexual Woman, Transgender Female, Transgender Male, Transgender Man, Transgender Person, Transgender Woman, Transmasculine,
Two-spirit
(Falls sich jemand in dieser Liste nicht wiederfindet und grob diskriminiert und ausgegrenzt fühlt, kann er ja Beschwerdebriefe an Mark Zuckerberg schreiben.)
Auch hier hat eine extreme und seltene Abweichung ihren Weg in die bewußtseinsbildenden Kanäle des Mainstreams gefunden. Denn was könnte mehr “Mainstream” sein, als das Allerweltsportal Facebook, in dem inzwischen jedermensch und seine GroßmutterIn ein Profil hat? Wer sich fragt, was denn “cis” bedeutet: Dieser dernier cri des Kulturkampfes bezeichnet das Gegenteil von “trans” und bedeutet “diesseits” (wie in Trans- und Cisleithanien, falls sich noch irgendjemand erinnert, was das war), daher “cis-sexuell” = “Menschen, deren Geschlechtsidentität mit ihrem körperlichen Geschlecht übereinstimmt”, mit anderen Worten: so gut wie alle.
Und diese sind letztlich die eigentliche Zielscheibe dieses ganzen Unterfangens, nicht anders als in der ikonoklastischen Agenda der “Schwulenehe”, die letztlich weder mit “Ehe” noch mit Schwulen allzuviel zu tun hat, sondern sowohl eine Institution als auch ein bestimmtes Geschlechterverhältnis “dekonstruieren” soll. “Schwulenehe” bedeutet vor allem Symbolpolitik und angewandte kulturmarxistische Kritik, die zur allgemeinen Akzeptanz gelangen soll. Die deutsche Ausgabe der Huffington Post zitiert “Menschenrechtsaktivisten wie WeAreStraightAllies”, die “diesen Vorstoß als großen Fortschritt in der Dekonstruktion des binären Geschlechtersystems” begrüßen:
We applaud this progressive effort to challenge and deconstruct the gender binary system.
Offener kann man die Zielsetzung nicht aussprechen. Die aus den lackierten Fingernägeln gesogenen Wortschöpfungen sind wie der Dämon im Markus-Evangelium “Legion” und multiplizieren sich quasi per Zellteilung am laufenden Band; ihr permanentes Wuchern soll die Illusion vorgaukeln, es gäbe eine unendliche Bandbreite an “Geschlechteridentitäten”, die selbstverständlich als völlig gleichwertig anerkannt werden müssen. Die Bestimmungen “männlich” und “weiblich” sollen in dieser Flut von “Identitäten” ersaufen und damit stark in ihrer Bedeutung relativiert, ihres sogenannten “Privilegs” beraubt werden.
Das ist jedoch nicht einzige Grund, warum sich Selbstzuschreibungen dieser Art explosionshaft vermehren. Man kann sie auch als mentale Metastasen sehen, die in der Pathologie der “Gender-Dysphorie” selbst begründet liegen, die die eigentliche Basis des einschlägigen Aktivismus bildet, und ihm seine unwiderstehliche Anziehungskraft auf gewisse Gemüter sichert. Wer hat, dem wird noch gegeben werden: wo eine schwere psychische Identitäts- und Persönlichkeitsstörung vorliegt, besteht immer die Gefahr fortgesetzter und fortschreitender Spaltungen.
Vor mir liegt ein aufschlußreiches, um nicht zu sagen: entlarvendes Büchlein, an dem man diese grundlegende Psychopathologie gut studieren kann. “Frauen*forscherin Sommersemester 2014” ist ein “kommentiertes Vorlesungsverzeichnis zu Feministischen Theorien, Queer- und Genderstudies”, herausgegeben vom “Kollektiv Frauen*referat” der “Österreichischen HochschülerInnenschaft”. Die Mitgliedschaft bei letzterer ist für jeden Studenten in Österreich obligat; sie ist in fester Hand von Linksextremisten der gröbsten und verbohrtesten Sorte, die aus ihrer selbstauferlegten Mission als Bürgerkriegspartei keinen Hehl machen.
Dieses “Vorlesungsverzeichnis” ist nach allem nüchternen Ermessen durch die Bank ein Fall für den Psychiater. Finanziell gefördert wird es nichtsdestotrotz unter anderem von der Medizinischen Universität Wien, der Universität für Musik und darstellende Kunst und der Universität für Bodenkultur Wien, die inzwischen allesamt ihre zuständigen Stellen und Arbeitskreise für “Gleichbehandlung”, “Gender Studies” und ähnliches besitzen.
Am saftigsten ist der mit Prosa und Lyrik angereicherte Textteil. Der wäre allerdings auch für einen Kabarettabend gut geeignet. Da gibt es etwa ein Requiem auf eine wegen ihrer unüblichen Länge teil-amputierte “Superklit”, deren “intersexuelle” BesitzerIn nun reumütig über ihre Fehlentscheidung meditiert:
o du mein genital/du kleiner schwanz/du große klit/du schwellkörper meiner lenden/du lustspender in meiner mitte… opfer wurdest du/geopfert/der heiligen norm/der großen binarität/dem fragwürdigen/ideal
Oder eine Ode auf die “Tabu“themen ““Yoni und Menstruation” (Fehler auch im Text):
Ich bin, ja ich bin.
Ich bin vollkommen. Ich brauch nicht anders zu sein, als so wie ich bin.
Heute bin ich sehr voll und ich bin die Öffnung, die Öffnung für… für alles was herauskommen will. Ohne mich gibt es kein Auskommen. (…) Wenn ich heute voll bin, ist dass, mich die Freunde aus der Gebärmutter besuchen. Sie müssen an mir vorbei. Sie haben keine andere Wahl. Hätten sie eine, dann würden sie mich trotzdem wählen. Die Freunde, die sind alle so rot, so ein wunderschönes rot. (…) Sie erfüllen mich mit Farbe, Wärme, Zuneigung und Liebe.
Auch “Suri” hat Spannendes über ihre Monatsblutungen mitzuteilen – es handelt sich dabei wohlgemerkt um eine etwa dreißigjährige Frau, auch wenn sie so klingt, als wäre sie ein Fall für das Dr. Sommer-Team der Bravo.
Ich menstruiere jetzt seit fast neunzehn Jahren und vor drei Jahren habe ich erfahren, dass es Alternativen zu Binden & Tampons gibt. Jetzt benutze ich einen Menstruationsschwamm und finde das toll! Es trocknet meine Muschi nicht so aus und ich mag das warme Blut an meinen Händen, wenn ich den Schwamm auswasche. Und wie menstruierst du eigentlich?
Epochal ist auch dieses meisterhafte “Vaginagedicht”:
Scham/Schamlippen/Schamhaare/Schamgefühl/Mich schämen/Schäumen/Überschäumen/vor Wut/dass ich mich schäme/Mich schämen muss/weil sie/weil sie/weil sie/so anders ist/als all die andern/in den zeitschriften/ich bin nicht richtig/ und deshalb schäme ich mich/für sie/scheidenscham/schamscheide…
Thematisch anschließend ist ein Aufsatz “Über Grotten und Lustgärten, Fotzen und Muschis, Dosen und Schmuckkästchen”, verfaßt von einer “evangelischen Theologin und Pädagogin” mit Magistra-Titel, die “nebenberuflich seit fast zehn Jahren sexualpädagogische Workshops für Jugendliche und junge Erwachsene” leitet. Ihre tiefsinnige Meditation über “Vulvas_Muschis_Mösen” mündet in der Conclusio:
Übrigens ist das Wort “Scheide” total out (welche Überraschung!), “Muschi” und “Mumu” meistens noch am ehesten von allen innerhalb einer Gruppe akzeptiert, “Vagina” fast immer total okay, “Land des senkrechten Lächelns” wohl die außergewöhnlichste Bezeichnung, die ich je gehört habe, “Pissschlitz” unfaßbar dumm und “Liebesquell” fürchterlich romantisierend. Aber: Allemal ist (fast) alles besser als “da unten”. Und mein Favorit unter den Begriffen? Let’s talk about…
Nicht “immer total okay” sind inzwischen andere Dinge:
In der sexualpädagogischen Arbeit werden oft noch immer die Jugendlichen in Mädchen*- und Jungs*gruppen geteilt. Da dies auch überwiegend meinen Arbeitserfahrungen entspricht, findet sich in meinem Artikel auch die Einteilung in Mädchen*- und Jungen*gruppen. Dies ist nicht unproblematisch, u.a. da Jugendliche, die nicht in das dichotome Mann-Frau-Schema passen (wollen), zwangsläufig zugeordnet werden.
Das Sternchen soll signalisieren, daß die AutorIn die geschlechterbinären Begriffe nur unter dem Vorbehalt benutzt, daß es sich hierbei um vorläufige “Konstrukte” handelt.
All dies wird allen Ernstes in einem sich als akademisch, “politisch” und “feministisch” verstehenden Rahmen publiziert. Was haben verzuckerte Selbstbespiegelungen und Therapeutenschleim dieser Art aber noch mit “Politik” oder gar Geisteswissenschaften zu tun? Es ist ein regressiv-infantiles Plantschen in der Ursuppe des Unterleibs, der den wackeren AutorInnen offenbar doch mehr Peinlichkeiten bereitet, als sie es zugeben wollen. Wer wirklich mit seinem Körper und dessen Funktionen im Reinen ist, wird es kaum nötig haben, seitenlange Elogen darüber zu verfassen. Wer etwas ständig betont, tut es nicht, weil er es hat, sondern weil er es nötig hat. Narzißmus und Selbsthaß treten immer als Zwillingspaar auf.
Ohne Zweifel haben diese Selbstumkreisungen auch mit dem uneingestandenen, weil “feministisch” gesehen eher uncoolen Wunsch zu tun, begehrenswert, liebenswert und attraktiv zu sein – und das eben vor allem für Männer. Diese Attraktivität ist für Frauen freilich auch eine Frage der Macht über das andere Geschlecht. Da verwundert es nicht, daß Frauen, denen diese Attraktivität fehlt, zu anderen Mitteln der Machtausübung greifen müssen.
Verblüffend ist auch, wie die Behauptung des Geschlechtlichen als “Konstrukt” und die radikale Verneinung seiner biologischen Basis einhergeht mit einer krassen Fixierung auf elementar biologische Gegebenheiten. Plötzlich werden Monatsblutungen, Schamlippenformen und Klitorislängen zum Gegenstand unergründlicher Mysterien und Welträtsel und endloser Meditationen. Wer weiß, ob sich hier, bei aller Lächerlichkeit in der Form, nicht auch eine verirrte und vage Sehnsucht nach einer verlorengegangenen “Mystik” des Weiblichen, gar nach einer “Metaphysik des Sexus” ausdrückt, die der eigenen Geschlechtsidentität einen übergeordneten Sinn und Wert gibt?
Vor allem aber kommen hier massive Identitäts- und Selbstwertprobleme zum Ausdruck, die wohl auch Folge einer tiefgehenden Entwurzelung sind: wenn alle Geschlechterrollen als “konstruiert” und gleichermaßen belanglos entlarvt sind, woran will man dann noch seine weibliche Identität festmachen? Alles, was diesen jungen Frauen geblieben ist, sind krasse Reduktionen, die Fetischisierung ihrer Körperteile und bis ins Erwachsenenalter praktizierte onanistische Doktorspiele. Wobei bezeichnenderweise keine dieser “Feministinnen” auf die Idee kommt, auch über die “Mystik” der Mutterschaft, der archaischen Ur-Erfahrung des Frauseins schlechthin, nachzudenken. Auch das unterstreicht den infantilen Charakter ihrer klebrigen Erkundungen. Wenn sie wirklich nach einem “Tabu” suchen, vor allem im genderfeministischen Milieu – hier könnten sie kräftig zulangen!
(Man stelle sich ein männliches Äquivalent vor: Selbsthilfegruppen von Männern, die stundenlang nichts anderes tun, als über die Beschaffenheit ihrer Vorhaut, Eichel und Samenergüsse zu rhapsodieren, während die eher suboptimal ausgestatteten unter ihnen endlose Jammertexte wider “die Gesellschaft” verfassen, die sie mit ihren unerreichbaren Idealen und Normen tyrannisiert. Auf diese Weise werden sie jedenfalls keinen Respekt von den Frauen bekommen, noch sie ins Bett kriegen. Aber das ist eine andere Geschichte.)
“Feminismus” ist für viele junge Frauen heute vor allem eine vage Chiffre, eine Art Zauberwort, mit dem sie ihre Selbstwertprobleme zu kurieren suchen. Der Trend geht dabei in Richtung einer Art von Rousseauismus, der die Sexualität von Scham, Schuld und Angst befreien will und die Partnerwahl und den sexuellen Erfolg vom Druck des Wettbewerbs – Dinge, die allesamt “der Gesellschaft” in die Schuhe geschoben werden. Aber das wird niemals gelingen können. Unser permissives Zeitalter hat im Rausch über die gelungene Entkoppelung der Sexualität von der Fortpflanzung vergessen, daß der Sex allen bekannten Kulturen der Geschichte als eine hochproblematische, ja gefährliche Sache galt.
Die Sexualität ist zugleich der vitale Lebenssaft der Gesellschaft, wie auch das korrosive Wasser, das sie ständig zu unterhöhlen und überschwemmen droht. Sie ist befruchtend und zerstörend zugleich; ja, sie wird umso zerstörerischer, je mehr sie von der Befruchtung abgetrennt wird. (Siegfried Gerlich weist in der aktuellen Sezession darauf hin, daß letzteres ein zentrales Motiv im Werk des Marquis de Sade ist.) Darum ist ein falsches Bild von der Natur der Sexualität gefährlich. Die “Feministinnen” und Gender-Ideologen hantieren mit Dynamit, und ein großer Teil ihrer aktuellen Theorie besteht in einem gewaltigen Abwehr- und Leugnungsmanöver. Je weiter sie sich von der Realität entfernen, umso bösartiger, dogmatischer, unduldsamer und tendenziell totalitärer wird ihr politischer Ausdruck.
Die Misere beginnt schon damit, daß die Polarität der Geschlechter als Binarität der Geschlechter angesprochen wird. Alle Wirrnis im Bereich der Geschlechtertheorie entspringt diesem fundamentalen, fatalen Denkfehler.
Fortsetzung folgt.