Das waren so die Parolen aus dem Dunstkreis der 68er: Daß das Private politisch sei und vice versa. Andere sprachen von der “Politik der ersten Person”. Das sollte heißen: fort von der Politik des man müßte, hin zur Frage, wie das eigene, ganz private Leben “aufgestellt” sei. Solches Vorgehen kann ungemein nerven.
Wer mag sich schon in die Einkauftüte (ökologisch korrekt?) oder in den Briefkasten (eine „umstrittene” Zeitung abonniert?) schauen lassen? Andererseits ist die Frage nach Authentizität halt doch auch eine politische Kategorie. Zu recht wird aufgemerkt, wenn ein Grüner eine Spritschleuder fährt oder ein C‑Politiker im Puff angetroffen wird. Oder?
Gedankenexperiment: Stellen wir uns den abenteuerlichen Fall vor, Sezession wäre auch im Jahre 2029 noch mit unverminderter Verve online. Mehr noch, wir hätten eine Art Deutungsmacht inne. Kubitschek wäre ob all dieser Anstrengung 2028 leider einem Herzinfarkt erlegen. Die Kositza, nun 55, sei aber zum Glück wieder obenauf: Sie sei öffentlich wiederholt in Begleitung eines Schülers ihres Sohnes (dann 35) gesichtet worden. Der Kerl sei grad volljährig und mache sie sichtbar glücklich. Ja, Mensch, das würde man vielleicht schön oder cool finden, am Ende beides! Oder peinlich, anrüchig, gar würdelos?
Heute jedenfalls freut sich die Klatschpresse wie wahnsinnig darüber, daß SPD-Chef Müntefering ein Jahr nach dem Tod seiner Frau wieder in guten&jungen Händen ist. Die Erwählte ist glatte vierzig Jahre jünger, deutlich jünger auch als Münte-Tochter Mirjam, die als Autorin lesbischer Liebesromane reüssiert.
Ich hab grad’ mal nachgeschaut, was jene Journalistin Michelle S., die mutmaßliche Neue Münteferings, im roten Vorwärts so schreibt. 2005 eröffnete sie dort ihr „Tagebuch einer jungen Delegierten” mit den Worten: „Der Mantel der SPD ist rot und ziemlich alt, aber warm und gemütlich.” Oh! Oh! Jaja, klar, „wohin die Liebe fällt!”, sie ist natürlich zeit- und alterslos. Und mein (moderates!) Gegenbeispiel sei geschmacklos oder doch „was anderes”, weil der Topos alter Mann/jüngere Frau eben auch „was anderes” sei?
Solche Einschätzung nenn’ ich sexistisch!