Neuer Realismus

von Karlheinz Weißmann - pdf der Druckfassung aus Sezession 59 / April 2014

Das Wort »Realismus« hat für den Konservativen einen guten Klang. Mancher hält »realistisch« sogar für ein Synonym des Begriffs »konservativ«. Der Gedanke, daß Konservative sich auf die Fakten berufen können, erklärt auch den Vorbehalt gegenüber jeder »Ideologie«; es ist kein Täuschungsmanöver, wenn Konservative behaupten, keine Ideologie zu haben:

Sie mei­nen, daß der Hin­weis auf das, was ist, genügt. Sie sind »Rea­lis­ten«, kei­ne »Uto­pis­ten«, bereit, »der stren­gen Wirk­lich­keit ins Gesicht zu sehen« (Oswald Speng­ler), sie trei­ben »Real­po­li­tik«, kei­ne »Gefühls­po­li­tik«. Ihre skep­ti­sche Anthro­po­lo­gie, ihr Geschichts- und ihr Ord­nungs­be­wußt­sein erfül­len sie mit der Über­zeu­gung, daß »die Wirk­lich­keit … rechts« (Joa­chim C. Fest) ist. Lin­ke und Libe­ra­le dür­fen sich des­halb, ganz gleich wel­chen Ein­fluß sie aus­üben und wel­che Macht­po­si­ti­on sie haben, schon als wider­legt betrach­ten: Die Rea­li­tät wird den Kon­ser­va­ti­ven rächen, auch wenn des­sen eige­ne Kräf­te nicht genügen.

Ange­sichts die­ser Ein­ge­nom­men­heit für den Rea­lis­mus über­rascht, daß sich die Kon­ser­va­ti­ven nicht für den Phi­lo­so­phen Mar­kus Gabri­el inter­es­sie­ren, der einen ambi­tio­nier­ten – und ver­le­ge­risch sehr erfolg­rei­chen – Ver­such unter­nom­men hat, den Rea­lis­mus auf eine moder­ne phi­lo­so­phi­sche Grund­la­ge zu stel­len. Wahr­schein­lich hat die Skep­sis gegen­über Gabri­els Buch mit dem theo­re­ti­schen Des­in­ter­es­se des kon­ser­va­ti­ven Lagers zu tun, viel­leicht auch damit, daß weni­ge die­sen wei­land jüngs­ten Phi­lo­so­phie­pro­fes­sor Deutsch­lands ken­nen, in ers­ter Linie aber mit dem unerns­ten Titel – War­um es die Welt nicht gibt (Ber­lin: Ull­stein 2013, 272 S., 18 €) – und wei­ter mit dem unerns­ten Ton, den der Autor immer anschlägt, wenn er sei­ne Leser mit irgend­wel­chen Mätz­chen dafür zu gewin­nen sucht, sei­nem Denk­weg zu fol­gen. Der hat es aller­dings ver­dient, beschrit­ten zu wer­den, denn was Gabri­el anbie­tet, ist eine Art Gene­ral­ab­rech­nung mit zahl­rei­chen intel­lek­tu­el­len Moden der Gegen­wart, an ers­ter Stel­le dem Kon­struk­ti­vis­mus und Vari­an­ten des post­mo­der­nen Den­kens. Aber es geht ihm auch um die Pro­ble­ma­tik der »welt­an­schau­li­chen Groß­wet­ter­la­ge«: das Aus­grei­fen der Natur­wis­sen­schaf­ten auf alle Berei­che mensch­li­cher Erkennt­nis – Gabri­el spricht von einem Pro­zeß der »Feti­schi­sie­rung« –, den Mate­ria­lis­mus und den neu­en Athe­is­mus. Den »meta­phy­si­schen Trieb«, schreibt Gabri­el an einer Stel­le, »darf man nicht unter­schät­zen, denn er macht den Men­schen aus«.

Gabri­els »Neu­er Rea­lis­mus« will in ers­ter Linie die Erkennt­nis­fä­hig­keit des Men­schen reha­bi­li­tie­ren, schon unter Hin­weis dar­auf, daß unse­re Daseins­be­wäl­ti­gung im All­tag ganz selbst­ver­ständ­lich mit Hil­fe des »Rea­lis­mus der Ver­nunft« erfolgt, jeden­falls nicht nach kon­struk­ti­vis­ti­schen Prin­zi­pi­en. Der Erfolg der Spe­zi­es ins­ge­samt spre­che bereits dafür, daß wir mit der Ein­schät­zung der Tat­sa­chen nicht ganz falsch lie­gen kön­nen. Die­ses Nicht-ganz-falsch-Lie­gen hat mit der ver­brei­te­ten Nei­gung zu tun, das Gan­ze auf sich beru­hen zu las­sen – ein Instinkt, der nach Gabri­el in die rich­ti­ge Rich­tung weist, weil das Gan­ze eben nicht erkenn­bar ist; der Mensch ist Teil des »Sys­tems« Welt, er kann sich auf kei­ne distan­zier­te Beob­ach­ter­po­si­ti­on ihm gegen­über stel­len und es von außen beob­ach­tend ana­ly­sie­ren und klas­si­fi­zie­ren. Inso­fern gibt es die Welt, »den Bereich aller Berei­che«, nicht. Aber es gibt alles ande­re. »Der Neue Rea­lis­mus nimmt also an«, heißt es, »daß Gedan­ken über Tat­sa­chen mit dem­sel­ben Recht exis­tie­ren wie die Tat­sa­chen, über die wir nachdenken.«

Gabri­el bestrei­tet des­halb aus­drück­lich eine Redu­zier­bar­keit der Wirk­lich­keit auf das »Uni­ver­sum«, also den empi­risch erfaß­ba­ren Bereich. Viel­mehr ist die gan­ze Men­ge der Phä­no­me­ne, denen wir uns auf ver­schie­de­ne Wei­sen nähern, wirk­lich vor­han­den. Aller­dings erfas­sen wir sie auf ver­schie­de­ne Wei­sen. Sie erschei­nen inner­halb von »Sinn­fel­dern«, die es uns – auch vor jeder Refle­xi­on und im Grun­de von Kin­des­bei­nen an – erlau­ben, Din­ge und Sach­ver­hal­te aus den je geeig­ne­ten Per­spek­ti­ven zu begrei­fen: So ist selbst­ver­ständ­lich klar, daß das Haus­schwein nicht nur unter dem Gesichts­punkt der bio­lo­gi­schen Klas­si­fi­zier­bar­keit von Inter­es­se ist, son­dern auch unter dem Aspekt sei­nes Nähr­wer­tes, aber es kann außer­dem Sym­pa­thie­trä­ger in einem Hol­ly­wood­film sein oder Bedeu­tung als reli­giö­ses bezie­hungs­wei­se poli­ti­sches Sym­bol gewinnen.

Über den »Gegen­stand« Schwein las­sen sich ver­schie­de­ne »Tat­sa­chen« aus­sa­gen, inso­fern es je beson­de­ren »Gegen­stands­be­rei­chen« ange­hört, was wir in der Zuord­nung zu ver­schie­de­nen »Rede­be­rei­chen« zum Aus­druck brin­gen (kön­nen), deren Zahl wie die der Sinn­fel­der unend­lich groß sein darf. Jede der getrof­fe­nen Aus­sa­gen ist nach bestimm­ten Kri­te­ri­en als »wahr« oder »unwahr« zu erfas­sen, sie alle haben unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen ihr Recht oder Unrecht; auf die­se Vor­aus­set­zun­gen und ihre ange­mes­se­ne Bestim­mung kommt es an. Nur die Ver­mi­schung der Gegen­stands­be­rei­che kann die Vor­stel­lung von Sinn­lo­sig­keit oder Belie­big­keit erzeu­gen oder die Vor­stel­lung, daß wir »kol­lek­tiv hal­lu­zi­nie­ren«, wenn wir mei­nen, etwas zu begrei­fen, und unser Dasein letzt­lich nichts ande­res sei als »die Tris­tesse eines den­ken­den und arbei­ten­den Tiers auf einem aber­wit­zig unbe­deu­ten­den Planeten«.

Gabri­els Fest­stel­lung, »daß es kein Pro­blem ist, Tat­sa­chen an sich zu erken­nen« und Sinn­fel­der zu bestim­men, mag den Kon­ser­va­ti­ven sym­pa­thisch sein. Das heißt aber nicht, daß der Phi­lo­soph die Absicht hat, den Kon­ser­va­ti­ven Argu­men­ta­ti­ons­hil­fe zu bie­ten. Sobald das Buch den poli­ti­schen Sek­tor berührt, wird es harm­los oder kor­rekt, die eigent­li­chen ideo­lo­gi­schen Impli­ka­tio­nen des Ansat­zes schei­nen dem Ver­fas­ser kaum klar zu sein. Er hat jeden­falls kei­ne Vor­stel­lung davon, wie nah er dem erkennt­nis­theo­re­ti­schen Opti­mis­mus der Rech­ten steht und daß sei­ne Onto­lo­gie und sei­ne Reha­bi­li­tie­rung der Meta­phy­sik auf die­se Sei­te des welt­an­schau­li­chen Spek­trums ver­wei­sen. Was damit gemeint ist, kann man unschwer am kon­ser­va­ti­ven Miß­trau­en gegen­über jedem Sys­tem­den­ken able­sen und der Sym­pa­thie für den »gesun­den Men­schen­ver­stand« oder den Kon­sens. Auf höhe­rer Ebe­ne hat man es mit einer Art gemä­ßig­tem Pla­to­nis­mus zu tun: Wer will und wer intel­li­gent genug ist, wer Erfah­rung zu sam­meln und zu nut­zen ver­mag, kann sich dem Licht und dem wah­ren Cha­rak­ter der Din­ge annä­hern; wer schwach und dumm und erfah­rungs­re­sis­tent ist, kann es nicht. In jedem Fall gilt für Gabri­el, daß die Rea­li­tät unab­hän­gig von unse­rer Wahr­neh­mung exis­tiert und die Begrif­fe, auch All­ge­mein­be­grif­fe, etwas bezeich­nen, was vor­han­den ist.

Es liegt auf der Hand, daß man eine sol­che Auf­fas­sung wohl­be­grün­det als »Rea­lis­mus« bezeich­nen kann, und es muß irri­tie­ren, daß es dar­an bis heu­te eine wirk­mäch­ti­ge Kri­tik gibt. Die geht auf den »Nomi­na­lis­mus­streit« zurück, der 1978 durch einen Auf­satz Armin Moh­lers in der Zeit­schrift Cri­ticón aus­ge­löst wur­de. Sie ist aber vor allem zu erklä­ren aus der Nach­wir­kung von Nietz­sches Per­spek­ti­vis­mus und des­sen Auf­nah­me beim frü­hen Ernst Jün­ger. Sie alle – Moh­ler, den frü­hen Jün­ger und Nietz­sche – ein­te die Auf­fas­sung, daß es nichts »an sich« gibt, nur Namen, die für irgend etwas von irgend­wem fest­ge­legt wur­den (daher »Nomi­na­lis­mus«). In einem der pro­gram­ma­ti­schen Tex­te Jün­gers aus den 1920er Jah­ren hieß es schon: »Wir … glau­ben an kei­ne all­ge­mei­nen Wahr­hei­ten. Wir glau­ben an kei­ne all­ge­mei­ne Moral. Wir glau­ben an kei­ne Mensch­heit als an ein Kol­lek­tiv­we­sen mit zen­tra­lem Gewis­sen und ein­heit­li­chem Recht. Wir glau­ben viel­mehr an ein schärfs­tes Beding­t­sein von Wahr­heit, Recht und Moral durch Zeit, Raum und Blut. Wir glau­ben an den Wert des Besonderen.«

Die­ser »Wert des Beson­de­ren« kann nur durch Inter­pre­ta­ti­on zur Gel­tung gebracht wer­den, und die ist abhän­gig von Inter­pre­ten und deren Fähig­keit, ihre Inter­pre­ta­tio­nen durch­zu­set­zen. Ob sie das erfolg­reich tun, ist eine Macht­fra­ge, nichts sonst; es gibt kei­ne Mög­lich­keit, eine ande­re Legi­ti­ma­ti­on auf­zu­ru­fen, da die Wirk­lich­keit als sol­che nicht exis­tiert. Ihre stärks­ten Impul­se hat die­se Auf­fas­sung sicher aus dem Nihi­lis­mus bezo­gen, der Annah­me einer Welt ohne Gott, wie sie Nietz­sche mit letz­ter Kon­se­quenz zu den­ken such­te, und aus einem Vol­un­t­a­ris­mus, der alles auf den Wil­len des Men­schen abstell­te. Gleich­zei­tig han­del­te es sich um das Bemü­hen, den Kurz­schlüs­sen zu ent­ge­hen, denen die rech­te Intel­li­genz sonst zuneig­te, wenn sie seit dem 19. Jahr­hun­dert ver­such­te, das älte­re reli­giö­se Welt­bild zu erset­zen: dem Natu­ra­lis­mus, den Ver­falls­theo­rien, den tech­no­kra­ti­schen Rettungskonzepten.

Das erklärt wei­ter, war­um der Nomi­na­lis­mus auf den ers­ten Blick bestechend wirkt: Er eröff­net denen, die sich gera­de noch in der Defen­si­ve sahen, abrupt einen fast unbe­schränk­ten Hand­lungs­spiel­raum. Trotz­dem wird man fest­stel­len müs­sen, daß die For­de­rung Moh­lers nach einer »nomi­na­lis­ti­schen Wen­de« schei­ter­te; sei­ne Frak­ti­on inner­halb des kon­ser­va­ti­ven Lagers blieb schwach. Sogar der wich­tigs­te Gefolgs­mann Moh­lers in die­ser Fra­ge – Alain de Benoist – wand­te sich nach kur­zem wie­der ab. Das hat­te nicht nur damit zu tun, daß Moh­lers Kon­tra­hen­ten von Anfang an auf die Affi­ni­tät des Nomi­na­lis­mus zu lin­ken Welt­an­schau­un­gen hin­wie­sen, die ihrer­seits und mit mehr Über­zeu­gungs­kraft die Mach­bar­keit der Ver­hält­nis­se pos­tu­lier­ten. Es ging auch dar­um, daß Moh­ler die Unter­stüt­zung, die sei­ner Vor­stel­lung aus dem Prag­ma­tis­mus in der Linie von Sor­el zu Geh­len hät­te zuwach­sen kön­nen, igno­rier­te und sich statt des­sen dar­auf ver­leg­te, hohe Erwar­tun­gen in den Kon­struk­ti­vis­mus und die Post­mo­der­ne zu setzen.

Unbe­streit­bar war bei­der Nähe zu einem nomi­na­lis­ti­schen Ansatz, und Moh­ler glaub­te, daß sie sich bei kon­se­quen­ter Anwen­dung als rech­te Kon­zep­te ent­pup­pen wür­den, jeden­falls die gro­ßen Uni­ver­sa­lis­men so nach­hal­tig in Fra­ge stel­len könn­ten, daß deren Anzie­hungs­kraft ein für alle­mal erle­digt sei. Es war inso­fern kein Zufall, daß er im Herbst 1984 als Lei­ter der Sie­mens-Stif­tung eine Ver­an­stal­tung mit Heinz von Foers­ter, Ernst von Gla­sers­feld und Paul Watz­la­wick als den Reprä­sen­tan­ten des Kon­struk­ti­vis­mus durch­führ­te, die für ihn »das wich­tigs­te« sei­ner Unter­neh­men in der Stif­tung über­haupt war. Ver­gleich­ba­re Ener­gie hat er sonst nur noch in die Beschäf­ti­gung mit post­mo­der­ner Phi­lo­so­phie und post­mo­der­ner Archi­tek­tur gesteckt, in denen er Vor­läu­fer einer neu­en Frei­heit, jen­seits der Ver­hei­ßun­gen der Fran­zö­si­schen Revo­lu­ti­on, und einer neu­en Monu­men­ta­li­tät zu sehen glaubte.

Auf­fal­lend blieb aller­dings, wie schwer es Moh­ler fiel, die­se eher theo­re­ti­schen und ästhe­ti­schen Über­le­gun­gen um eine poli­ti­sche Dimen­si­on zu ergän­zen. Denn im Hin­blick auf die von Carl Schmitt über­nom­me­ne Drei­tei­lung der rechts­wis­sen­schaft­li­chen – und nicht nur der rechts­wis­sen­schaft­li­chen – Ansät­ze in Nor­ma­ti­vis­mus, Dezi­sio­nis­mus und Kon­kre­tes Ord­nungs­den­ken optier­te er für letz­te­res und nicht für die gro­ße Ent­schei­dung, die dem Nomi­na­lis­mus ent­spro­chen hät­te. Ein ähn­li­ches Zögern wird man auch in bezug auf den Faschis­mus fest­stel­len kön­nen, des­sen idea­le Gestalt Moh­ler mit soviel Sym­pa­thie bedach­te. Mus­so­li­nis Satz »Die Tat geht immer dem Gesetz vor­aus« war jeden­falls Dezi­sio­nis­mus rei­nen Was­sers, und über den Faschis­mus hat man mit Recht behaup­tet, daß sei­ne »poli­ti­sche Theo­lo­gie … im Grun­de Nomi­na­lis­mus« (Wal­ter Keim) gewe­sen sei; wahr­schein­lich han­delt es sich über­haupt um den ein­zi­gen prak­ti­schen Ver­such, mit Nietz­sches »Gro­ßer Poli­tik« in der Welt des 20. Jahr­hun­derts Ernst zu machen. Wenn Moh­ler die­se Denk­fi­gur kann­te, hat er jeden­falls nicht dar­auf hin­ge­wie­sen, was viel­leicht tak­tisch klug war, aber eben auch das Schei­tern sei­nes Vor­sto­ßes erklärt.

Das Kern­pro­blem des Nomi­na­lis­mus liegt dar­in, daß er den ein­zel­nen radi­kal auf sich selbst zurück­wirft und ihm den Ein­druck ver­mit­telt, als kom­me es nur auf sei­ne Ent­schlos­sen­heit und die Gunst der Ver­hält­nis­se an, um die Din­ge nach Belie­ben zu gestal­ten. Das ers­te wider­spricht dem kon­ser­va­ti­ven Men­schen­bild, das einem sol­chen Indi­vi­dua­lis­mus ableh­nend gegen­über­ste­hen muß, weil es den Men­schen immer als Glied von Gemein­schaf­ten – der Leben­den wie der Toten – betrach­tet; das zwei­te wider­spricht der kon­ser­va­ti­ven Auf­fas­sung von Geschich­te, die zwar nicht dem Gesetz des Fort­schritts folgt, aber auch kei­ne Abfol­ge iso­lier­ter Akte ist, son­dern ein Kon­ti­nu­um, des­sen Struk­tur kaum voll­stän­dig erfaßt wer­den kann, aber Ein­sicht in Zusam­men­hän­ge von Ursa­che und Wir­kung erlaubt, was unab­ding­bar ist, um Erfah­rung in einem höhe­ren Sinn zu sam­meln. Die wie­der­um hat nur einen Wert, wenn die Welt etwas ande­res ist als ein unge­ord­ne­tes Cha­os, dem bes­ten­falls geord­ne­te Pro­vin­zen abzu­trot­zen sind. Wenn nur »das Beson­de­re das Wirk­li­che« ist, wie Moh­ler mein­te, dann wird Sinn immer »gemacht«, wäh­rend der Kon­ser­va­ti­ve davon aus­geht, daß etwas Sinn »hat«, das heißt, daß der Sinn einer Sache inne­wohnt und ent­deckt sein will. Damit ist selbst­ver­ständ­lich auch die reli­giö­se Dimen­si­on berührt, das heißt die Vor­stel­lung, daß es ein »Jen­seits« gibt, einen meta­phy­si­schen Bereich, von der der Kon­ser­va­ti­ve nicht abge­hen kann, weil da der eigent­li­che Sinn­ga­rant ver­mu­tet wer­den muß.

Letzt­lich hat der Rekurs auf den Nomi­na­lis­mus für die Kon­ser­va­ti­ven nur pole­mi­schen Wert, in jenem Sinn, den Hein­rich Leo mein­te, wenn er in sei­nem Buch Nomi­na­lis­ti­sche Gedan­ken­spä­ne gegen die­je­ni­gen stritt, die »sich in die Wol­ken­re­gi­on gemach­ten Den­kens und des Denk­ma­chens bege­ben«, oder Leo­pold von Ran­ke, wenn er »das For­mel­le« und »das Rea­le« unter­schied und dann zu dem Schluß kam, daß das »For­mel­le … das All­ge­mei­ne, das Rea­le … das Beson­de­re« sei. Es gibt ohne Zwei­fel unter Kon­ser­va­ti­ven einen wohl­be­grün­de­ten Affekt gegen­über Uni­ver­sa­lis­men und ihren Erlö­sungs­ver­spre­chen sowie gegen­über jeder Art über­zo­ge­ner Theo­rie. Dem ent­spricht die Ach­tung vor der Über­lie­fe­rung, der Ver­bind­lich­keit des Her­ge­brach­ten, des Übli­chen und sogar der Gewohn­heit, die intui­ti­ve Abwehr ratio­na­lis­ti­scher Ein­grif­fe, die Lie­be zu den Bestän­den und zur »Wär­me des Unauf­ge­räum­ten« (Micha­el Oakeshott).

Das alles geht aber doch nicht so weit, daß der Kon­ser­va­ti­ve das Vor­han­den­sein eines Gan­zen, wenn­gleich eines nicht erkenn­ba­ren Gan­zen, bestrei­tet. Er wird im Zwei­fel dem »Neu­en Rea­lis­mus« bei­pflich­ten, der kurz und knapp zu der Fest­stel­lung kommt, »daß wir die Din­ge an sich erken­nen, wenn wir über­haupt etwas erken­nen«. Er nimmt an (und muß anneh­men), daß die Begrif­fe, auch und gera­de die abs­trak­ten, etwas wirk­lich Vor­han­de­nes bezeich­nen, daß es Struk­tu­ren gibt, die wir zu erfas­sen und zu ver­ste­hen ver­mö­gen, deren Vor­han­den­sein wir uns nicht nur ein­bil­den, und daß der Hin­weis auf eine »Kon­struk­ti­on« unge­nü­gend ist, zumal der Kon­struk­ti­vis­mus nie vor­aus­set­zungs­los arbei­tet, son­dern immer Fak­ten anneh­men muß, die ihrer­seits nicht kon­stru­iert sein kön­nen. Nur unter die­sen Vor­aus­set­zun­gen kann der Kon­ser­va­ti­ve das Pathos der Wirk­lich­keit mit Aus­sicht auf Erfolg in Anspruch neh­men. Er sieht sich sonst einem Wett­lauf von Welt­ent­wür­fen aus­ge­lie­fert, den er nicht gewin­nen kann, denn bei der Aus­ma­lung von Zukunfts­bil­dern, die kei­nen Bezug zur Rea­li­tät haben müs­sen, sind ihm sei­ne Kon­kur­ren­ten stets überlegen.

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Kommentare (28)

Ernst Wald

15. April 2014 22:17

Friedrich Nietzsche:

„Die Sophisten streifen an die erste Kritik der Moral, die erste Einsicht in die Moral. Sie stellen die Mehrheit
(die lokale Bedingtheit) der moralischen Werthurteile neben einander“.

Markus Gabriels „Neuer Realismus“ - mit dem Karlheinz Weißmann sympathisiert - kann nicht als „eine Art Generalabrechnung mit zahlreichen intellektuellen Moden der Gegenwart“ verstanden werden. Denn eigentlich wiederholt sich in Gabriels Argumentation gegenüber den sogenannten „postmodernen“ Denkern und „Konstruktivisten“ nur der Initialstreit der Philosophiegeschichte: der Streit zwischen Sokrates und den Sophisten. Mit anderen Worten: die seit der Antike bestehende Auseinandersetzung zwischen metaphysischen (idealistischen) und materialistischen Ansätzen.

Dieser Streit zieht sich durch die Geschichte des Abendlandes und konnte letztlich nie geschlichtet werden. Denn es handelt sich bei Idealismus und Materialismus um Gegenstellungen, die sich wie zusammengekettete Feinde verhalten, welche sich den Platz streitig machen, den jeder zu Unrecht allein einnehmen will.

Übrigens flammte dieser Zwist zum letzten Mal in der Habermas-Foucault-Debatte so richtig auf. Dazu ausführlicher:

S. Pella

16. April 2014 13:37

"Neuer Realismus" sollte für die rechtsintellektuellen Vorstreiter auch bedeuten, sich mit geopolitischen Geschehnissen der gegenwärtigen Zeit zu beschäftigen und diese in Anlehnung an Vordenker wie Schmitt, Wirsing oder Haushofer zu analysieren.
Doch hierzu lese ich leider kein Wort!

Thomas Wawerka

16. April 2014 14:45

Das letzte Buch, das ich in den Händen hatte, welches den Konstruktivismus dekonstruieren wollte, war "Angst vor der Wahrheit" von Paul Boghossian: In meinen Augen ein Beweis für den Konstruktivismus. Markus Gabriels Buch werde ich mir in Bälde zu Gemüte führen. Nur soviel, der Konstruktivismus wäre gründlich missverstanden, wenn man ihm "Faktenignoranz" unterstellte. Die Behauptung ist lediglich, dass wir zu Fakten keinen nichtkonstruierten Zugang hätten - jedes Faktum also dem Subjekt als von ihm mitkonstruiertes Faktum erscheint. (Und was sonst wäre das Subjekt wenn nicht die Instanz, die die außersubjektive Welt für sich "erschließt", "erklärt", "interpretiert", mithin "konstruiert"?).

@ Karlheinz Weißmann: Mir erschließt sich nicht, wie Sie den Begriff "Realismus" definieren - vor allem unter Einbezug der Metaphysik. So, wie Sie Gabriel referieren, klingt das sehr nach den "Sprachspielen" des späten Wittgenstein.

In jedem Fall plädiere ich dafür, mit Begriffen wie "Realismus", "Wahrheit", "Wirklichkeit" etc. zurückhaltend umzugehen. Bei Manfred Klein-Hartlage fällt mir eine Häufung solcher Schlüsselworte auf. Aber man gerät zu schnell in die Falle eines vielleicht eloquent formulierten, dennoch aber banalen "is so!".

Waldgänger aus Schwaben

16. April 2014 20:48

Ich verstand die Stille des Aethers
Der Menschen Worte verstand ich nie.

Mich erzog der Wohllaut
Des säuselnden Hains
Und lieben lernt' ich
Unter den Blumen.

(Hölderlin, Da ich ein Knabe war)

Es scheint der Linken in der politischen Praxis der Anwendung des (De-)Konstrutivismus darum zu gehen, dass mit dem "Erfinden" neuer Begriffe und dem Umdefinieren alter quasi eine neue Wirklichkeit, eine nach ihren Vorstellungen erschaffen werden kann. Die Wirklichkeit ist durch die Sprache konstruiert, ändern wir die Sprache ändern wir die Wirklichkeit - und wir sind völlig frei darin, weil ja alle Wirklichkeit konstruiert ist.

So denken sie wohl - und so irren sie wohl.

Bei aller dem Hobby-Philosophen gebotener Demut, mir kommt manchmal der Gedanke, dass im Gleichnis vom Turmbau zu Babel (https://de.wikipedia.org/wiki/Turmbau_zu_Babel)

ein weiterer, tieferer Sinn liegt:

Wenn die Menschen versuchen ein Gedankengebäude zu errichten, welches bis in den Himmel reicht, endet dies in einer Verwirrung der Sprache.

Beispiel:
Wenn ein Mann Mutter eines Menschen sein kann, warum dann nicht auch zwei Männer. Am Ende ist der Begriff "Mutter" beliebig.

Und genau an einer Sprachverwirrung wird dann auch die Idee einer mittels "Neusprech" konstruierten Wirklichkeit scheitern.

Beim gender-Wahn ist es ja schon offensichtlich. Etwas weniger offensichtlich im Bereich der Ökonomie. Auch hier scheitert die Vorstellung durch Gelddrucken quasi Werte aus dem Nichts schaffen zu können. Sie scheitert an der Notwendigkeit diese simple und schon oft widerlegte Idee durch immer komplexere Begriffe zu verschleiern. Am Ende versteht keiner mehr den anderen.

Oder erkläre mal jemand: ESFS, ESM, CDS, OMT (Outright Monetary Transactions),usw.

Widerstand kann so aussehen:

Sich nicht das Gehirn vernebeln lassen, seine Begriffe der Natur ablauschen (siehe Eingangszitat) und dann durch das Lesen überzeitlicher Texte, wie z.B. der Bibel verfeinern und durch eiegnständiges Denken den Verstand schärfen.

Nordlaender

17. April 2014 00:13

@ Waldgänger aus Schwaben

Mich beeindrucken sowohl Konstruktion als auch Dekonstruktion außerordentlich. In Bezug auf letzteres halte ich Max Stirners "Der Einzige und sein Eigentum" für ein großartiges Werk.

Was ist denn WIRKlichkeit? WIRKT nicht gerade das Jonglieren der Finanzelite der Wallstreet mit virtuellen Zahlen ganz enorm auf unser Leben ein?

Oder die geniale zivilisierende Lüge der Höflichkeit. Ob ich es will oder nicht, da sitzt dieses A*loch von Kollege, mit dem ich zusammenarbeiten muß. Jedes geheuchelte "Na, wie geht's?" oder "Guten Tag" lockert die Situation ein wenig auf. Schließlich hat sich die Lage so weit entspannt, daß ich mich gar nicht mehr verstellen muß.

Thomas Wawerka

17. April 2014 09:51

@ Waldgänger: Da haben Sie die politische Anwendung des (De)Konstruktivismus durch die Linke fein auf den Punkt gebracht. Damit stimme ich nicht überein, mit der philosophischen Grundlage dagegen stimme ich überein ... und es ist mir unangenehm, dass ich die Logik des Wegs von A (Philosophie) nach B (linke Politik) nicht mit guten Argumenten bestreiten kann.
Ich denke, dass der Konstruktivismus gerade auch für konservativ oder traditionalistisch orientierte Denker attraktiv ist. Auf eine ganz einfache Formel gebracht sagt er ja nur aus: "Wo es eine Beobachtung gibt, gibt es einen Beobachter." - Dieses Insistieren auf Zeit und Raum, auf spezifische Kontexte ist doch eigentlich etwas, das den linken "Entortungs"- und Entwurzelungstendenzen widersteht.
Der Irrtum der Linken muss darin liegen, dass sie "Konstruktion" als willkürliche Handlung ansehen und nicht als das Ergebnis eines intersubjektiven Prozesses (= "Tradition"). "Dekonstruktion" kann auch nicht die "Abschaffung" einer Konstruktion bedeuten, sondern nur die Erkenntnis, Durchleuchtung und Beschreibung der Konstruktion. Deshalb lässt sich die Konstruktion nicht einfach ersetzen ("Mann" durch "Frau", "Vater" durch "Mutter"). Konstrukte sind keine Bauklötzchen, sondern die normativen Grundbausteine einer "Gesellschaft".
Man darf nicht der linken Täuschung verfallen, etwas sei "nur" Konstruktion - im Sinne von beliebig, relativ, austauschbar. Das ist der erste Schritt.
Den Rekurs auf "Realismus", alter oder neuer Art, halte ich für eine Sackgasse.

Nordlaender

17. April 2014 10:15

@ Thomas Wawerka

"Dieses Insistieren auf Zeit und Raum, auf spezifische Kontexte ist doch eigentlich etwas, das den linken „Entortungs“- und Entwurzelungstendenzen widersteht."

Eben! Ein Raum, von Subjekten bewohnt, von Eignern, Eigentümern, Herrschern innerhalb ihres Lebensraumes, wo sie - (inter-)subjektiv, wie den sonst? - Ihren Willen bekunden.

Ich bin sehr verunsichert, was die Bedeutung und Reichweite des Willkürlichen anbelangt. Nach meinem Sprachgefühl kommt die Willkür bei den modernen Massen viel zu schlecht weg.

Als Eigner gehört es zu meiner Willkür, daß ich die Müllers einlade, nicht jedoch die Schmidts. Ohne Möglichkeiten, Willkür auszuüben, wäre ich gänzlich enteignet. Daß ich gerade die Müllers (sicher könnten es vielleicht auch die Hansens sein) einlade, hat mit Beliebigkeit gerade nichts zu tun.

Irrlicht

17. April 2014 10:20

Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Postmoderne und dem Sozialkonstruktivismus lohnt nicht, da deren Vertreter, primär aus der Soziologie und Literaturwissenschaft, in Bezug auf erkenntnistheoretische, ontologische und semantische Fragen allgemein nicht diskursfähig sind. Deren fragwürdige intellektuellen Standards wurden in der Vergangenheit mehrfach thematisiert, auch von ganz anderer Seite, etwa beim Sokal-Hoax.

Thomas Wawerka

17. April 2014 13:44

@ Irrlicht: Ist mir zu pauschal. Foucault beispielsweise lese ich mit größtem Gewinn. Gerade wenn es um das Phänomen "Homosexualität" geht, ist er eine Fundgrube - auch für den "antilinken" Diskurs!
Auch bei anderen Fragen, die mich immer wieder bewegen - Bsp. "Meinungsfreiheit": Hochinteressant seine Analysen, warum in einem sozialen System dies als "wahr" und "allgemein anerkannt", jenes aber als "falsch" und "verrückt" gilt.
Eine ernsthafte, fundierte Auseinandersetzung mit dem Konstruktivismus ist m.E. unabdingbar, wenn man die Linke auf dem Feld ihrer philosophischen Grundlagen schlagen will. Da muss man auch die Scheuklappen ablegen und bereit sein, Gedanken anzuerkennen und zu würdigen, obwohl sie aus dem linken Lager stammen. Linke haben nicht per se Unrecht, nur weil sie eine verhängnisvolle politische Orientierung haben.
Foucaults diskursanalytische Theorien haben weit über das linke Lager hinausgewirkt.

Irrlicht

17. April 2014 14:49

@Thomas Wawerka
Sie haben Ihre mangelnde Diskursfähigkeit in dieser Frage im Kommentarbereich zu den "Notizen über die genderfeministische Psychopathologie" selbst unter Beweis gestellt. Anstatt auf die vorgebrachten Argumente einzugehen, zogen Sie es vor, mit einer Ausflucht (" Wir reden von unterschiedlichen Dingen und daher aneinander vorbei.") samt Unterstellung ("Mit „Sprache“ ist bei mir nicht „ein Satz“ gemeint" - bei mir auch nicht) das Weite zu suchen.

Foucault wurde in der Vergangenheit häufig hinreichend kritisiert, von unterschiedlicher Seite und unabhängig von einer politischen Verortung der Kritiker. Sie müssen die Kritik nur zur Kenntnis nehmen. Dass die postmoderne "Philosophie" heute kaum noch ernst genommen wird, läßt sich auch daran ablesen, dass sie zumindest in Deutschland fast vollständig aus der Philosophie verschwunden ist, nur noch in der Sozial- und Literaturwissenschaft ihr Unwesen treibt (und natürlich im Kommentarbereich der SiN).

Thomas Wawerka

18. April 2014 11:45

O je, jetzt gehts ad personam ... - Bloß noch eine Frage, Irrlicht: Wollen Sie sich tatsächlich auf Philosophen berufen, die NICHT kritisiert worden sind? Viel Spaß beim Suchen! Und ein gesegnetes Osterfest!

Demo Goge

18. April 2014 16:46

...»Nominalismusstreit« (...), der 1978 durch einen Aufsatz Armin Mohlers in der Zeitschrift Criticón ausgelöst wurde.

Diese Kontroverse wird von richtigen Philosophen unter dem Namen 'Universalienstreit' durchaus schon etwas länger geführt; und gewann bereits im Mittelalter politische Bedeutung.

https://de.wikipedia.org/wiki/Nominalismus-Realismus-Streit#Scholastik

Demo Goge

18. April 2014 16:48

Wenn nur »das Besondere das Wirkliche« ist, wie Mohler meinte, dann wird Sinn immer »gemacht«, während der Konservative davon ausgeht, daß etwas Sinn »hat«, das heißt, daß der Sinn einer Sache innewohnt und entdeckt sein will. Damit ist selbstverständlich auch die religiöse Dimension berührt, das heißt die Vorstellung, daß es ein »Jenseits« gibt, einen metaphysischen Bereich, von der der Konservative nicht abgehen kann, weil da der eigentliche Sinngarant vermutet werden muß.

Diese dualistische Alternative gilt es zu überwinden; Heideggers 'SEYN' stellt wohl einen derartigen Versuch dar.

https://www.amazon.de/gp/search/ref=sr_adv_b/?__mk_de_DE=%C5M%C5Z%D5%D1&search-alias=stripbooks&unfiltered=1&field-keywords=&field-author=stekeler&field-title=sinn&field-isbn=&field-publisher=&node=&field-binding_browse-bin=&field-dateop=&field-datemod=&field-dateyear=&emi=&sort=relevancerank&Adv-Srch-Books-Submit.x=36&Adv-Srch-Books-Submit.y=9

Thomas Wawerka

19. April 2014 10:52

@ Demo Goge: Schau an, vom Pirmin! Bei dem hatte ich Philosophie ... Aber gut ist das Buch ja nicht gerade rezensiert worden!

Der Universalienstreit fällt mir auch immer wieder ein, aber ich denke dennoch, dass das ein Abweg ist - zumindest für die Frage "für oder wider Konstruktivismus".

Waldgänger aus Schwaben

21. April 2014 10:02

@Thomas Wawerka

Eine etwas verspätete Anwort:

Ich weiß nicht wie der Konstruktivismus / Realismus in der konkreten Situation helfen kann den Diskurs zu verbessern.

Nehmen wir das Wort "Flüchtling". Ich kenne es aus meiner Jugend als Bezeichnung für Heimatvertriebene aus dem Osten. Wurde damals eigentlich auch schon falsch verwendet. Überwiegend waren diese "Flüchtlinge" nicht vor der Roten Armee geflohen, sondern wurden später von den Besatzern vertrieben. Es ist müßig darüber zu spekulieren, ob mit der Verwendung des Wortes "Flüchtling" die spätere Anerkennung dieser Vertreibung vorweg genommen werde sollte.

Heute bezeichnet Flüchtling auch oder überwiegend einwanderungswillige Menschen aus Afrika. Daneben gibt es auch echte Flüchtlinge, wie z.B. verfolgte Christen aus Syrien.

Wenn nun der eine konsequent von Flüchtlingen redet, der andere von Einwanderungswilligen ist keine vernünftige Diskussion zu führen.

Beispiel:
Prof. Lucke von der AfD schlug vor, einwanderungswillige Afrikaner ggene Bezahlung in einem sicheren Land Nordafrika unterzubringen, bis über ihren Einwanderungwunsch in Europa entschieden ist. Ein vernünftiger Vorschlag, der bei einer konsequenter Umsetzung wohl viele Menschenleben retten würde.

Was macht der Augstein in SPON daraus:

Lucke will Flüchtlinge in Nordafrika in Lagern konzentieren.

Drei Lügen in einem Satz. Vermutlich befürchtet Augstein, dass es keine Bilder von aufgereihten (Kinder)särgen mehr gibt, wenn der Anreiz fehlt sich in untauglichen Booten aufs Meer zu begeben.

Ich weiß nicht, wie der (De)Kontruktivismus oder auch der (neue) Realismus gegen eine solche Wortverdreherei helfen soll.

Als Folge der Verunmöglichung eines Dialoges aufgrund der Wortverdreherei, wird der Dialog zunehmend innerhalb Gleichgesinnter geführt. Dieser Inzest wiederum bewirkt eine fortschreitende Verblödung des Diskurses innerhalb der isolierten Zirkel.

Einen Ausweg davon weiß ich auch nicht.

Rumpelstilzchen

21. April 2014 10:33

Ich kann es mir nicht verkneifen. Ich halte das Lob auf Markus Gabriel
"Warum es die Welt nicht gibt" für übertrieben. An diesem Buch stört das sehr schlechte Deutsch und die Selbstverliebtheit des Autoren.
Originäre Gedanken lassen sich darin auch nicht finden.
Alles schon gedacht.
Und besser dargestellt bei Heinrich Rombach.
https://de.wikipedia.org/wiki/Strukturontologie
Für mich hat das Wort Realismus keinen guten Klang.
Auch Realismus kann eine Ideologie sein ( siehe sowjetischer Realismus).
Gerade die deutsche Sprache unterscheidet zwischen Realität und Wirklichkeit. Heinrich Rombach macht bei den deutschen Mystikern strukturontologisches Gedankengut aus.
Das Wort WIRKLICHKEIT ist eine Bildung der Mystiker des 13. Jahrhunderts!
Das entsprechende Adjektiv wirklich ebenfalls. Es bedeutet soviel wie durch Handeln geschehend. Wirklich zielt auf den Gegensatz zum bloß Gedachten oder Scheinbaren. Das heißt:- ein gedachter Gott ist nicht wirklich und ein scheinbarer Gott ist nicht wirklich.
Meister Eckhart:
" Der Mensch soll sich nicht genügen lassen an einem gedachten Gott; denn wenn der Gedanke vergeht, so vergeht auch der Gott."

Für den interessanteren konservativen Philosophen halte ich Harald Seubert.
"Zwischen Religion und Vernunft."

Die Unterscheidung zwischen Realität und Wirklichkeit ist möglicherweise der Lackmustest für rechte uns linke Ideologen.

Demo Goge

21. April 2014 22:11

"Man soll vielmehr einen wesenhaften Gott haben, der weit erhaben ist über die Gedanken der Menschen und aller Kreaturen."

heißt es weiter beim Meister Eckhardt.

"Das entsprechende Adjektiv wirklich ... bedeutet soviel wie durch Handeln geschehend. Wirklich zielt auf den Gegensatz zum bloß Gedachten oder Scheinbaren." (Rumpelstilzchen)

Die Betonung sollte aber auf 'bloß' liegen, denn 'wirken' muß ja etwas sein was hinter/über der Sachlichkeit/Realität liegt - weil Wirkung ja bedeutet, daß ein etwas auf ein anderes 'Einfluß hat'/ 'drauf drückt' / 'es rausschiebt' - was ist also das was die Handlung hervorbringt, motiviert, bewegt?; das ist die Idee - Vorstellung von etwas was Sein soll und dieses 'Motiv' ist dann die Wirklichkeit der Handlung.

Den Eckhardt lese ich dann so, daß er mit dem 'gedachten Gott' den - von Hinz und Kunz - gemeinten ('du sollst') Gott meint und mit dem wesenhaften Gott den, der 'wirklich' wirkt (es sei).

Rumpelstilzchen

22. April 2014 09:13

Demo Goge

Danke, dass ihr so aufmerksam mitlest. Und das Zitat vervollständigt. Ich hatte es bewußt ausgelassen, um keine unnötigen Gedankenspiralen anzukurbeln.
Eigentlich wollte ich nur kritisch anmerken, dass der "NEUE REALISMUS" auch nur ein - ISMUS ist.
Und somit nicht der Gegenpol zur Ideologie .

Nordlaender

22. April 2014 11:06

@ Waldgänger aus Schwaben

"Was macht der Augstein in SPON daraus:

Lucke will Flüchtlinge in Nordafrika in Lagern konzentieren."

Die mit Lager verknüpften Konnotationen müssen ja wohl nicht erklärt werden. Lucke ist also ein Nazi.
Augstein betreibt Animismus, Voodoozauber. Da steht in Wirklichkeit ein Wesen. Nun kommt es eben sehr darauf an, nenne ich es "Grizzly", wird es lebensgefährlich, nenne ich es hingegen "Bussibärchen", verwandelt es sich sofort in einen liebenswerten Gesellen.
So wird von den Herrschenden Realität konstruiert. Wann nehmen sich die Massen schon einmal die Zeit, den Inhalt einer Packung einer Analyse zu unterziehen? Zwischen Realität und Wirklichkeit (das, was auf den Einzelnen wirkt) liegen Welten, wobei die Realität allerdings einen enormen Einfluß auf die Wirklichkeit ausüben kann.

Zaubern kann jeder. Man nehme den Stab, verwandle Augsteins Lager in Camps, Augsteins Konzentration in die Unterbringung und, abrakadabra, siehe da, Lucke ist kein Nazi mehr.

Letztlich wird es immer darauf ankommen, welche Partei besser zaubern kann. Vom Animismus werden wir uns auch in drei, vier Jahrhunderten noch nicht befreit haben.

Nordlaender

22. April 2014 11:18

@ Rumpelstilzchen

"Eigentlich wollte ich nur kritisch anmerken, dass der „NEUE REALISMUS“ auch nur ein – ISMUS ist.
Und somit nicht der Gegenpol zur Ideologie ."

Jemand betrachtet die Welt, aus dieser Anschaung der Welt entwickelt er nach und nach ein Bündel von zusammenhängenden Ideen, also eine Ideologie.
Und diesen Fundus an Gedankengut setzt er dann womöglich noch so ein, daß er für sich daraus einen Vorteil erwirtschaftet.
Darf man denn so etwas?

Was ist das eigentlich ganz konkret, ein Nichtideologe? Ein Heiliger, dem das Wohl Neuguineas in gleicher Weise Herzensangelegenheit ist wie das Deutschlands? Jemand, der sich grundsätzlich verkneift, über Abstraktionen (DIE Moslems, DIE Bänker, DIE CDU usw.) die Komplexität aller Erscheinungen zu vereinfachen, jeden Eindruck so aufnimmt, daß er diesen nicht durch die Brille einer bereits vorher erarbeiteten Idee betrachtet?

Rumpelstilzchen

22. April 2014 14:15

@Nordländer
Es gibt keine Nichtideologen. Wir leben alle in symbolischen Sinnwelten.

https://www.google.de/search?q=symbolische+sinnwelzen&ie=UTF-8&oe=UTF-8&hl=de&client=safari

Dessen sollten wir uns ab und an bewußt sein. Sonst nichts.
Natürlich können wir anders gar nicht leben.

Waldgänger aus Schwaben

22. April 2014 20:40

@Nordlaender

Man nehme den Stab, verwandle Augsteins Lager in Camps, Augsteins Konzentration in die Unterbringung und, abrakadabra, siehe da, Lucke ist kein Nazi mehr.

Widerspruch!

Das ist da gerade Thema des Artikel. Man kann Begriffe nicht beliebig festlegen, sondern muss sie an der Realität festmachen. Und ein Lager ist u.a. ein Ort, dessen Insassen erstens nicht freiwillig dort sind und zweitens nicht den Ort nicht einfach verlassen können. Damit ist Augstein ein Lügner, wenn er Lucke unterstellt Lager einrichten zu wollen.

Nordlaender

23. April 2014 09:24

@ Waldgänger

"Man kann Begriffe nicht beliebig festlegen, sondern muss sie an der Realität festmachen."

Was bitte muß man denn? Alles das, was die Natur gebietet: Trinken, Essen, irgendwann sterben.
Weiterhin wird man mit Gewalt bedroht: "Du sollst nicht morden. Du sollst nicht stehlen." Hier muß man sich keineswegs an die Gesetze halten, freilich ist es wahrscheinlich, daß man diese Machtverhältnisse als Zwang wahrnimmt.

Es gibt einen Markt der Begriffe. Niemand kann mir verbieten, einen ausgesprochen anständigen Zeitgenossen als einen Hallodri und Bruder Leichtfuß in ein schlechtes Licht zu stellen. Meinen Begriffszuweisung wird aber bedeutungslos sein, denn im Gegensatz zu Friede Springer (siehe die Meutung von Eva Herman) besitze ich keinen mächtigen Verlag, der mir als Multiplikator dienlich sein, meinen Begriff unter das Volk bringen kann.

Im Gegensatz zur Wirklichkeit ist die Realität die Summe dessen, was von den Herrschenden konstruiert wurde. Realität begrenzt sich auf all das, was kommuniziert werden kann.
Jemand verkauft seine Großmutter, Erlös fünfhundert Rubel. Mit dem Begriff "fünfhundert Rubel" können Massen etwas anfangen. Über seine ganz urpersönliche Beziehung zur Großmutter kann man sich indes nicht austauschen. Denn vieles dem Herzen Innewohnendes kann man entweder eh nicht in Worte kleiden, oder will es gar nicht zu Markte tragen.

Da ich kein Weltamerikaner bin, sondern ein Deutscher, habe ich keine Probleme damit, wenn von Zeltlagern oder Ferienlagern die Rede ist, wenn Lager errichtet werden, wo humanitäre Hilfe geleistet wird. Im Falle schweren Fehlverhaltens von Kindern/Jugendlichen halte ich auch Erziehungslager für diskutabel.
Weltamerikanertum ist auch eine Erscheinungsform des Animismus: Ich mache aus dem Lager ein (Buht-)Kämp und schwupps, das Nazometer meldet keinen Alarm mehr.

Pardon: Augstein lügt insofern, daß er Lucke als Nazi denunziert. Sie jedoch tragen auch dazu bei, daß der Zauber so mächtig ist. Denn Ihre Empörung über die (vermeintliche) Nazi-Bedeutung von Lager ist eine Unterstützung des Kampfes gegen Rechts.

Thomas Wawerka

23. April 2014 10:52

Der Terminus "Ideologie" wird m.E. zu oft und zu leichtfertig bemüht. Wir alle haben unser Maß an Ideologie. Unterschiedlich ist das Reflexionsvermögen über dieses eigene Maß, ebenso wie die innere Bereitschaft, die Ideologie neuen Erkenntnissen anzupassen oder diese Erkenntnisse eben nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen. Es gibt einen sehr schönen Film, der einen Menschen ohne Ideologie porträtiert: "Forrest Gump". Ohne Ideologie wären wir "heilige Narren", als solche vielleicht sogar bewundernswert, aber für die politische oder überhaupt geistige Auseinandersetzung untauglich.

@ Waldgänger: Ich stelle fest, dass es für die Konstruktivismus-Debatte notwendig ist, bestimmte Eingrenzungen vorzunehmen. Bloß ganz kurz und grob:
- a) Konstruktionen auf der Ebene der Kommunikation: Was wird z.B. in den Medien mit welchen Worten bezeichnet, welche Phänomene werden medial konstruiert und präsentiert? - In unserem Zusammenhang gewiss am offensichtlichsten.
- b) Konstruktion auf der Ebene sozialer Interaktion: Welche Dinge sind nicht "naturgemäß", sondern "geschichtlich gewachsen"? Die Ordnung der Familie ist selbstverständlich eine Konstruktion, was durch ethnologische und historische Analysen beweisbar ist. Ebenso die Ordnung des Gemeinwesens im Großen wie im Kleinen. Etc. pp. - Ich gehe soweit zu behaupten, dass "Gesellschaft" nichts anderes bezeichnet als die Konstruktionen auf der Ebene sozialer Interaktion, die sich im Rahmen unserer Zeit und unserer Kultur etabliert haben. (Was sollte "Gesellschaft" sonst sein? Wir meinen damit ja nicht die bloße Anhäufung aller Menschen und Institutionen dieses Landes.)
- c) Konstruktion auf erkenntnistheoretischer und anthropologischer Ebene. - Interessiert in unserem Zusammenhang vielleicht am wenigsten, bildet aber in Diskussionen immer wieder eine Art "Fluchtpunkt". Ist ein Tisch "real" oder "konstruiert"? Ich empfehle Husserl: Selbst einen Tisch kann man nie umfassend erkennen, weil sich bei der Betrachtung immer wieder neue Horizonte eröffnen. Wir entwerfen vielmehr ein passables, mehr oder weniger grobes Konzept, dass den Tisch alltagstauglich macht: ein Konstrukt.

@ Rumpelstilzchen: "Realität vs. Wirklichkeit", interessant. Muss ich mir näher anschauen. "Realität" halte ich auch für einen untauglichen Begriff. Eine Aussage stimmt mit dem Gegenstand der Aussage überein - aber der Gegenstand selbst ist nicht fassbar, ohne dass vorher etwas darüber ausgesagt wurde, usw., ad infinitum. Man nähert sich der Tautologie. - Mein Konzept war bisher "Wirklichkeit vs. Wahrheit": "Wirklichkeit" als das, was ohne und unabhängig von uns "ist" - vielleicht mathematisch beschreibbar? Für uns jedoch nicht zugänglich. "Wahrheit" das, was für uns als Menschen "da ist", "zutrifft", also "Wirklichkeit + Konstruktion".

@ Admin: Wäre ein Forum nicht viel besser als eine Kommentarspalte? Es sollte doch möglich sein, so etwas ohne allzu großen Aufwand einzurichten und uns damit die Möglichkeit zu geben, ausführlicher über solche Themen zu diskutieren.

Waldgänger aus Schwaben

28. April 2014 00:04

@Thomas Wawerka

Ich denke man muss bei der Debatte um den Konstruktivismus unterscheiden zwischen dem beschreibenden K. und dem vorschreibenden K.

Der letztere will durch die Kontruktion oder auch die Dekonstruktion die Gesellschaft verändern, dass dieser Ansatz abzulehnen ist, darin sind wir uns, glaube ich, einig. Wir brauchen keine Gesellschaftsingenieure.

Der beschreibende K. der gesellchaftliche Zustände oder Entitäten (Familie) oder die gesellchaftliche Kommunikation beschreiben will, wird nicht umhin kommen, anzugeben, woran er die Qualität seiner Beschreibung messen will.

In der Physik z.B. muss eine Theorie durch Experimente überprüfbar sein, genauer gesagt widerlegbar (E. Popper).

Der beschreibende Konstruktivismus muss schon irgendwas anbieten an dem er sich messen lässt und beweisen kann, dass er einen Erkenntnisfortschritt bringt .

Nordlaender

28. April 2014 10:19

"Ich denke man muss bei der Debatte um den Konstruktivismus unterscheiden zwischen dem beschreibenden K. und dem vorschreibenden K."

Damit erheben Sie einen Objektivitätsanspruch. Subjektiv ist immer nur der andere ("Ideologe").
Welches Konstrukt ist richtig, um eine Gruppierung zu beschreiben:
a) Gemeinschaft oder
b) Kollektiv?

"Der letztere will durch die Kontruktion oder auch die Dekonstruktion die Gesellschaft verändern."

Unter dem Ewigen Krieg konkurrieren verschiedene Gruppen darum, wie es denn in ihrer Gemeinschaft auszusehen hat.
WIR versus DIE.
Z.B. Rechtslibertäre gegen Rechtsoziale.
Z.B. die gemäßigt Libertären unter diesen gegen die radikaleren Libertären.

Der Sprung von der Quantität zur Qualität ist nicht objektivierbar. Transparenz einzufordern finde ich klug. Bereits die Auswahl, welche Zahlen ich erhebe, ist subjektiv.
Wenn ich Daten sammle, um eine ungerechte Bezahlung von Frauen zuuntermauern und es mir gelingt, unter aller Konkurrenz um Aufmerksamkeit ganz noch vorne zu hieven, hat der Gegenspieler verloren, der Daten erhebt über z.B. die Bildungserfolge von Kindern Alleinerziehender.

Thomas Wawerka

1. Mai 2014 07:33

Nanu, immer noch nicht Badeschluss?

@Waldgänger: Das würde ich "social engineering" nennen. Freilich, abgelehnt ist das schnell, aber schon "Brot und Spiele" waren social engineering. "Höflichkeit" war social engineering - die Übertragung höfischer Sitten wie Anstand und Galanterie auf die gesamte "Gesellschaft". Usw. - "Vorschreibender K." = normativer K.: aber dieser bildet "Gesellschaft"! - "Gesellschaft" ist ja nicht die reine Akkumulation von Individuen und Institutionen, sondern das System, nach dem die einzelnen Elemente interagieren und funktionieren (das in diesem Abschnitt von Raum und Geschichte aktuelle System).
Ich würde nicht vorschnell gegen das Normative auskeilen: Genau das ist m.E. die "Krankheit der Linken". Jede Art Norm, Ordnung, Vorgabe wird als persönliche Einschränkung, gar als Angriff empfunden; jedes noch so kleine und billige Triebchen dagegen zum "Recht" aufgeblasen. Ich bin kein Psychologe, aber nach allem, was ich weiß, würde ich diese Symptomatik als "Narzissmus" bezeichnen.
Es ist, meine ich, ein Zeichen von Schwäche, eine Norm nicht aushalten zu können, bei jedem Auftauchen einer Norm sofort den Versuch der Neutralisierung oder des Ausweichens zu unternehmen. Dagegen ist es ein Zeichen von Stärke, eine Norm annehmen zu können - zu beweisen, dass man ihr gerecht werden kann.

Gabriel Vacariu

7. Mai 2014 12:06

UNBELIEVABLE similarities between Markus Gabriel's ideas (Bonn University) and Vacariu's ideas (Bucharest University)
About Markus Gabriel’s book Warum es die Welt nicht gibt, Ullstein: Berlin 2013 and his TED clip Why the world does not exist: Markus Gabriel at TEDxMünchen

My name is Gabriel Vacariu (Lecturer, Department of Philosophy, Bucharest University):
In the paper that is at my webpage/in attachment, https://filosofie.unibuc.ro/cv_gabriel_vacariu I analyze the UNBELIEVABLE SIMILARITIES between my ideas from my works (2005, 2008, 2010, 2011, 2012) and Markus Gabriel’s ideas (Bonn University) from his book published in 2013 and his TED clip (2013).
Also I have a talk about these unbelievable similarities on YouTube at:
https://www.youtube.com/channel/UC_3I96MSwXpUjm2x6f6SaUA

My ideas can be found in my paper “Mind, brain and epistemologically different worlds” at Synthese (2005), and in all my books (published in English at Bucharest University Publishing Company) that are on Internet at my webpagehttps://filosofie.unibuc.ro/cv_gabriel_vacariu

Gabriel Vacariu
Department of Philosophy
Bucharest University

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