Ländliches Frühlingsfest. Zwei Dorfschönheiten in Hotpants, vielleicht fünfzehn, vielleicht auch erst zwölf, liefern sich einen verbalen Schlagabtausch mit zwei Jungmännern, definitiv noch keine vierzehn. (Ich gebe nur wieder und bitte um Entschuldigung für den Slang:) Die Damen: „Glotzt nicht so, ihr Fotzen.“ Die Herren: „Fickt euch doch selbst.“
28.4. 2014
Die Tochter benötigt eine Brille. Es ist eine Menge los im Laden. Wir hören notgedrungen das Gespräch am Nebentisch mit. Ein kleines Mädchen probiert assistiert verschiedene Gestelle auf. „Boar, das sieht richtig cool aus!“, lobt die Angestellte. Dann: „Die hier sieht vielleicht noch eine Spur cooler aus, Wahnsinn!“
Wir grinsen ein bißchen. Wir fragen uns im Flüsterton, ob das beliebte Attribut eigentlich generationenübergreifend das gleiche bezeichnet? Ist die Coolheitsvorstellung einer Zehnjährigen identisch mit der einer Fünfundfünfzigjährigen?
Dann werden auch wir beraten, von einer anderen Angestellten. Sie schaut sich das Rezept an und sagt, „für dich hätte ich ein besonders cooles Modell!“ Die Tochter winkt ab, bevor sie das Gestell aufgesetzt hat. Man muß wissen, daß die junge Dame etwas außergewöhnlich aussieht. Vergleichbar vielleicht mit den Frauen und Mädchen auf den Waterhouse-Gemälden, die Haare überhüftlang, langer Rock. Waterhousebilder kann man mögen oder nicht. Für cool wird sie niemand halten. Aber die Beratungsdamen und Optiker sind ja auch nicht für Menschenkenntnis angestellt.
Die Fachkraft bringt weitere Fassungen heran. Die eine wird als „auch sehr cool“, die andere als „noch cooler“ und die nächste als „vielleicht am coolsten“ angepriesen. Die Tochter guckt ein bißchen verzweifelt. Die Fachkraft zwinkert mir vertraulich zu und meint freundlich- neckend, vielleicht solle „die Mutti“ einfach mal weggehen, so daß sich die Tochter ganz unbeschwert für ein Modell entscheiden könne? Na gerne! Von weitem sehe ich die Tochter noch ein paarmal den Kopf schütteln. Irgendwann ist die Entscheidung gefallen. „Ihre Tochter wollte ein besonders uncooles Modell. Hat sie so gesagt! Na, wir haben eins gefunden. Ich sag immer: jeder wie er will!“ Das ist doch was.
30.4. 2014
Im Deutschlandradio geht es um Inklusion, also die „Teilhabe“ behinderter Kinder am Regelunterricht. Wie ich höre, sorgt ein Fall aus Heidelberg für große Empörung: Dort hätten Eltern auf der Aufnahme ihres geistig behinderten Sohns ins Gymnasium bestanden. Nicht von diesem Beharren rührte die öffentliche Aufregung: sondern daher, daß die Schule sich weigerte, den Jungen aufzunehmen. Der Moderator spricht mit dem Leiter eines Gymnasiums in Hannover, das auch geistig behinderte Schüler beschult. Das Gespräch dauert länger als nötig, weil es dem Rektor wichtig ist, stets die weibliche Form mitzunennen (geschätzt zwanzigmal artig „Schüler und Schülerinnen“, dabei ist rasch klar, daß es um Mädels und Jungs geht) und weil der Moderator nicht von „gesunden Kindern“ sondern von „gesunden Kindern in Anführungszeichen“ spricht. Also, die gymnasialen Inklusionsklassen haben je drei oder vier in Anführungszeichen geistig behinderte Schüler. Die werden von je einem Förderlehrer unterstützt. Es unterrichten also bis zu fünf Lehrer gleichzeitig in einem Klassenraum.
Rektor Bassmann:
Es werden Unterrichtsgegenstände, Aufgaben in anderer Art und Weise gestellt an die Inklusionsschüler. Platt gesagt: Sie werden heruntergebrochen auf ein anderes Niveau. Aber auch dieses Herunterbrechen klappt in manchen Fällen nicht, weil ja die Substanz gymnasialen Angebots auch berührt wird.
Dreimal darf man raten, ob diese Unterrichtsart den Lernerfolg der in Anführungszeichen gesunden Kinder beeinträchtigt? Nein! Im Gegenteil: Die Inklusionsklassen sind natürlich besser als die anderen! Sie haben besser gelernt, sich zu konzentrieren. Man könnte sagen: Alle Klassen mit ausschließlich in Anführungszeichen gesunden Kindern sind ein bißchen defizitär.
Der Schulleiter kennt die Antwort, warum das mit den geistig in Anführungszeichen behinderten Kindern auf dem Gymnasium so gut klappt: Es kommt daher, daß man auf diesem niedersächsischen Gymnasium auf
Menschenrechtsbildung und Menschenrechtserziehung ganz besonderen Wert legt. Inklusion muss man auch unter einem menschenrechtsorientierten Ansatz betrachten.
Ich würde hingegen sagen: Jeder Individualtraum geht in Erfüllung, wenn a) extreme Sonderbedingungen (hier: Schüler/Lehrer im 1:1‑Verhältnis, b) eine moralisch als hochstehend empfundene Einstellung (die zugleich alle anderen Einstellungen als unzeitgemäß und menschenfeindlich brandmarkt) und c) ein übergroßer Haufen (Steuer) Geld zur Verfügung stehen. Bei Vorliegen all dieser Faktoren gibt es keinen Grund mehr, eine Geistigbehindertenquote auch bei Professuren abzulehnen.
2.5. 2014
Es gibt ein Gedankenspiel, das man natürlich nicht jedes Jahr aufs Neue vorzunehmen braucht: wie es wäre, wenn an einem bestimmten Tag und zwei flankierenden Nächten sich „traditionell“ massenweise „rechte Aktivisten“ träfen, um durch die Straßen zu pöbeln, ein wenig brandzuschatzen, Steine und Flaschen zu schmeißen, kurz: fröhlich-sportlich, größtenteils aber aggressiv Randale zu machen. Die Vorstellung, daß in diesem Fall die Polizei auf „Kommunikation“ und „Eskalation“ setzte, ist absurd. Ebenso die Vorstellung, daß beinahe gejubelt würde, weil bei den „traditionell rechten“ Aufmärschen diesmal nur wenige Dutzend Polizisten verletzt würden.
Im Deutschlandfunk kamen sie heute auf eine beachtliche Kausalkette: In Berlin sei der Feiertag „weitgehend friedlich“ verlaufen, „wohl auch, weil die NPD ihre Demonstration abgesagt hat“. So geht Desinformation, und sie funktioniert ja ganz gut: Der Hörer wird wirklich glauben, die Mai-Demos seien „weitgehend friedlich“ verlaufen (was ein dehnbarer Begriff ist), und er wird gleichzeitig davon ausgehen, daß es dem Fehlen von rechten Krawallbrüdern, Steinewerfern und Feuerteufeln zu verdanken ist, daß die Situation nicht ausartete. Später am Tag gibt es einen weiteren Bericht, darin O‑Töne von „Bürgern“, die dann doch über das „Ausmaß an Gewalt“ verwundert sind: Gemeint ist der defensive Einsatz der Polizei.
Die Junge Freiheit schreibt über die Sachlage am Nebenschauplatz Dortmund:
„Mehrere hundert Linksextremisten versuchten am Donnerstag, eine Demonstration der Partei „Die Rechte“ zu verhindern. Vermummte griffen dabei nach Polizeiangaben eine Reiterstaffel an, setzten Mülltonnen in Brand und attackierten die Sicherheitskräfte. Trotz der Gewalt freute sich Polizeipräsident Gregor Lange über die „vielfältigen Formen des friedlichen Protestes gegen Rechts“. Den rechtsextremen Demonstranten hielt er „verbale Übergriffe“ vor, die „konsequent“ verfolgt würden.“
Sehr hübsch, weil vielsagend, ist auch das dpa-Photo, das die JF ausgewählt hat: Es zeigt einen hochaggressiv posenden, trotz offenkundig besten Wetters behandschuhten und völlig vermummten Demonstranten. Neben ihm steht eine Frau mit dunkelrot gefärbten Haaren. Sie trägt eine Fahne mit großen, roten Buchstaben und schaut den Maskenhelden von der Seite an. Dieser Blick! Halb erotisch angezogen, halb mütterlich bewundernd; ein Heldenverklärungsblick. Als Zutaten am Rande: ein Blümchenarmband, nackte Arme, blonde Haare sowie ein weiterer, halbvermummter „Aktivist“, der konzentriert an einer Zigarette saugt: Party ist links. Gewalt auch.
Antaios hat ein neues, sehr lehrreiches (linkes) Büchlein ins Sortiment aufgenommen: Quellentexte, die die traditionelle und selten mit Skrupeln befrachtete Neigung der Linken zu Gewalt &Terror von Rosa Luxemburg über Trotzki bis zu Mao und der RAF belegen.
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Dreimal darf man raten, ob diese Unterrichtsart den Lernerfolg der in Anführungszeichen gesunden Kinder beeinträchtigt? Nein! Im Gegenteil: Die Inklusionsklassen sind natürlich besser als die anderen! Sie haben besser gelernt, sich zu konzentrieren. Man könnte sagen: Alle Klassen mit ausschließlich in Anführungszeichen gesunden Kindern sind ein bißchen defizitär.
Die Russen nannten diese Sonderschulen nicht ohne Grund Sorbonne