irgendwas über Kriegsbilder in der Berichterstattung – und als ich kam, war plötzlich alles vollplakatiert mit einem Flugblatt, auf dem stand: „Mein Kommilitone ein Neonazi“. Neben einigen NPD/JN-Jungpolitikern wurde ich darauf mit Bild und dem, was die Antifa für meine politische Vita hält, vorgestellt.
Gleich als ich die Uni betrat, wurde mir klar: Es sind so viele Flugblätter, die kannst du nicht mal eben einsammeln oder verschwinden lassen. Was also tun? Einfach durch! Sich möglichst nichts anmerken lassen, Vortrag halten, obwohl alle Kommilitonen sich nur mit diesem blöden Zettel beschäftigen und darüber tuscheln.
In den darauffolgenden Tagen kam eine Handvoll Studenten auf mich zu. Sie hatten sich informiert, was über mich im Internet noch so geschrieben steht, aber auch gelesen, was ich selbst veröffentlichte. Die anonyme Diffamierung hatte diesen jungen Leuten gezeigt, wie der Nazivorwurf in Deutschland funktioniert. Zugleich wußten sie, daß sich niemand trauen würde, diese Schweinerei öffentlich eine Schweinerei zu nennen – zu groß erschien allen die Gefahr, selbst als Nazi hingestellt zu werden.
Ein Professor nahm mich auch beiseite. Er wollte die Verwischung von Nationalsozialismus und Konservatismus nicht mittragen und versicherte mir, mich in Zukunft fair zu behandeln. Dennoch fragte er sich, wie es passiert sei, daß „so ein kluger Mensch wie Sie“ konservativ werden konnte. Ich erwiderte sinngemäß: „Ich kann es nicht verstehen, wie es vielen klugen Menschen so lange gelingt, vor unleugbaren Realitäten die Augen zu verschließen.“
Ich erzähle heute die Geschichte von meinem „Nazi-Outing“ das erste und letzte Mal öffentlich. Lange war ich der Meinung, daß man solche Sachen am besten ignorieren sollte, ohne sie auch nur zu dokumentieren. Meinen Uniabschluß hat das „Outing“ nicht beeinträchtigt. Nur der Verfassungsschutz des Landes Sachsen-Anhalt hat sich noch für das Flugblatt interessiert und nutzte es 2013 als Quelle, um festzustellen, daß ich ein „Rechtsextremist“ sei.
Vor wenigen Tagen ist das kleine Büchlein Nazivorwurf. Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein. erschienen. Neben mir haben Johannes Schüller, Gereon Breuer, Carlo Clemens, André Rebenow und Philip Stein mitgeschrieben. Als das Buch in Druck ging, sorgte die Antifa in Marburg noch für einen zusätzlichen Beleg, wie wichtig diese Schrift ist. An der dortigen Uni wurde eine Glasfassade mit dem Spruch „Philip Stein – Nazischwein“ vollgeschmiert und Plakate angebracht, auf denen gegen ihn gehetzt wird. Nach meinem derzeitigen Kenntnisstand dürfte der Initiator dieser Diffamierungskampagne in den Universitätsstrukturen bestens verankert sein. Vielleicht wurden die Plakate sogar auf Unikosten hergestellt.
Um mit einem Nazivorwurf konfrontiert zu werden, genügt heutzutage schon ein einfaches Bekenntnis zu Deutschland. Es gibt dann drei mögliche Reaktionen darauf:
- Sich auf das Distanzierungsspiel der Gegenseite einzulassen.
- Sich dem Mainstream in vorauseilendem Gehorsam anzupassen.
- Die Vorgänge, so gut es geht, zu ignorieren, und sich auf das wirklich Wesentliche zu besinnen.
Das Büchlein, das anläßlich des Jubiläums Zehn Jahre Blaue Narzisse erschienen ist, orientiert sich an Strategie Nr. 3. Während also auf der einen Seite genau dokumentiert werden muß, wer Nazivorwürfe in Umlauf bringt und welche Medien, Politiker und Behörden sie aufgreifen, ist es auf der anderen Seite mindestens genauso wichtig, einen Weg zu finden, sich trotz des Nazivorwurfs nicht von der eigenen Suche nach dem „Geheimen Deutschland“ abbringen zu lassen.
Hier kann das Büchlein Nazivorwurf. Ich bin stolz ein Deutscher zu sein (100 S., 8,50 Euro) bei Antaios bestellt werden.