Der Nazivorwurf

Im achten Semester, SS 2009, einer meiner letzten Vorträge an der Uni stand an,...

Felix Menzel

Felix Menzel ist Chefredakteur des Schülerblogs blauenarzisse.de.

irgend­was über Kriegs­bil­der in der Bericht­erstat­tung – und als ich kam, war plötz­lich alles voll­pla­ka­tiert mit einem Flug­blatt, auf dem stand: „Mein Kom­mi­li­to­ne ein Neo­na­zi“. Neben eini­gen NPD/­JN-Jung­po­li­ti­kern wur­de ich dar­auf mit Bild und dem, was die Anti­fa für mei­ne poli­ti­sche Vita hält, vorgestellt.

Gleich als ich die Uni betrat, wur­de mir klar: Es sind so vie­le Flug­blät­ter, die kannst du nicht mal eben ein­sam­meln oder ver­schwin­den las­sen. Was also tun? Ein­fach durch! Sich mög­lichst nichts anmer­ken las­sen, Vor­trag hal­ten, obwohl alle Kom­mi­li­to­nen sich nur mit die­sem blö­den Zet­tel beschäf­ti­gen und dar­über tuscheln.

In den dar­auf­fol­gen­den Tagen kam eine Hand­voll Stu­den­ten auf mich zu. Sie hat­ten sich infor­miert, was über mich im Inter­net noch so geschrie­ben steht, aber auch gele­sen, was ich selbst ver­öf­fent­lich­te. Die anony­me Dif­fa­mie­rung hat­te die­sen jun­gen Leu­ten gezeigt, wie der Nazi­vor­wurf in Deutsch­land funk­tio­niert. Zugleich wuß­ten sie, daß sich nie­mand trau­en wür­de, die­se Schwei­ne­rei öffent­lich eine Schwei­ne­rei zu nen­nen – zu groß erschien allen die Gefahr, selbst als Nazi hin­ge­stellt zu werden.

Ein Pro­fes­sor nahm mich auch bei­sei­te. Er woll­te die Ver­wi­schung von Natio­nal­so­zia­lis­mus und Kon­ser­va­tis­mus nicht mit­tra­gen und ver­si­cher­te mir, mich in Zukunft fair zu behan­deln. Den­noch frag­te er sich, wie es pas­siert sei, daß „so ein klu­ger Mensch wie Sie“ kon­ser­va­tiv wer­den konn­te. Ich erwi­der­te sinn­ge­mäß: „Ich kann es nicht ver­ste­hen, wie es vie­len klu­gen Men­schen so lan­ge gelingt, vor unleug­ba­ren Rea­li­tä­ten die Augen zu verschließen.“

Ich erzäh­le heu­te die Geschich­te von mei­nem „Nazi-Outing“ das ers­te und letz­te Mal öffent­lich. Lan­ge war ich der Mei­nung, daß man sol­che Sachen am bes­ten igno­rie­ren soll­te, ohne sie auch nur zu doku­men­tie­ren. Mei­nen Uni­ab­schluß hat das „Outing“ nicht beein­träch­tigt. Nur der Ver­fas­sungs­schutz des Lan­des Sach­sen-Anhalt hat sich noch für das Flug­blatt inter­es­siert und nutz­te es 2013 als Quel­le, um fest­zu­stel­len, daß ich ein „Rechts­extre­mist“ sei.

Vor weni­gen Tagen ist das klei­ne Büch­lein Nazi­vor­wurf. Ich bin stolz, ein Deut­scher zu sein. erschie­nen. Neben mir haben Johan­nes Schül­ler, Gere­on Breu­er, Car­lo Cle­mens, André Rebe­now und Phil­ip Stein mit­ge­schrie­ben. Als das Buch in Druck ging, sorg­te die Anti­fa in Mar­burg noch für einen zusätz­li­chen Beleg, wie wich­tig die­se Schrift ist. An der dor­ti­gen Uni wur­de eine Glas­fas­sa­de mit dem Spruch „Phil­ip Stein – Nazi­schwein“ voll­ge­schmiert und Pla­ka­te ange­bracht, auf denen gegen ihn gehetzt wird. Nach mei­nem der­zei­ti­gen Kennt­nis­stand dürf­te der Initia­tor die­ser Dif­fa­mie­rungs­kam­pa­gne in den Uni­ver­si­täts­struk­tu­ren bes­tens ver­an­kert sein. Viel­leicht wur­den die Pla­ka­te sogar auf Uni­kos­ten hergestellt.

Um mit einem Nazi­vor­wurf kon­fron­tiert zu wer­den, genügt heut­zu­ta­ge schon ein ein­fa­ches Bekennt­nis zu Deutsch­land. Es gibt dann drei mög­li­che Reak­tio­nen darauf:

  1. Sich auf das Distan­zie­rungs­spiel der Gegen­sei­te einzulassen.
  2. Sich dem Main­stream in vor­aus­ei­len­dem Gehor­sam anzupassen.
  3. Die Vor­gän­ge, so gut es geht, zu igno­rie­ren, und sich auf das wirk­lich Wesent­li­che zu besinnen.

Das Büch­lein, das anläß­lich des Jubi­lä­ums Zehn Jah­re Blaue Nar­zis­se erschie­nen ist, ori­en­tiert sich an Stra­te­gie Nr. 3. Wäh­rend also auf der einen Sei­te genau doku­men­tiert wer­den muß, wer Nazi­vor­wür­fe in Umlauf bringt und wel­che Medi­en, Poli­ti­ker und Behör­den sie auf­grei­fen, ist es auf der ande­ren Sei­te min­des­tens genau­so wich­tig, einen Weg zu fin­den, sich trotz des Nazi­vor­wurfs nicht von der eige­nen Suche nach dem „Gehei­men Deutsch­land“ abbrin­gen zu lassen.

Hier kann das Büch­lein Nazi­vor­wurf. Ich bin stolz ein Deut­scher zu sein (100 S., 8,50 Euro) bei Antai­os bestellt werden.

 

Felix Menzel

Felix Menzel ist Chefredakteur des Schülerblogs blauenarzisse.de.

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