Hirnhunde zur Kenntnis gebracht, großes Lob neben erschütternd unentspannten Zeilen. Entspricht das, was wir da zu hören bekommen, Ihren Erwartungen?
THALHEIM: Das ist ein interessantes Publikum, vor dem Sie Ihre Bücher ausbreiten, das muß ich schon sagen.
Das feedback unterscheidet sich bei Hirnhunde vollkommen von dem, was ich von meinen früheren Romanen her kenne. Nehmen Sie mein bisher erfolgreichstes Buch: Es wurde rund fünfzig Mal rezensiert, aber nur ein gutes Dutzend Leserzuschriften erreichte mich. Bei Hirnhunde wird sich dieses Verhältnis umkehren, wenn es so weitergeht: Noch nie habe ich so viele und vehemente Leserzuschriften erhalten, obwohl die Leute ja an den großen Unbekannten schreiben. Oder tun sie’s gerade deswegen? Andererseits werde ich – wenn ich Ihrer Einschätzung folge – für Hirnhunde nicht einmal im zentralen Medium Ihrer Szene, in der Jungen Freiheit, mit einer Rezension rechnen können.
SEZESSION: Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber in der Tat: Ich rechne nicht damit und habe Ihnen das früh prophezeit.
THALHEIM: Man kann von politischen Journalisten keine Kennerschaft in Sachen Roman verlangen. Nur so viel: Mein Roman ist kein Schlüsselroman, wer darin nach Entsprechungen sucht, wird wiederfinden, was mir über genaue Lektüre und das ein oder andere Filmchen bei youtube bekannt werden konnte. Ich gehöre Ihrem Milieu nicht an, und deswegen ist es mir herzlich egal, ob eine Ihnen geistig nahestehende Zeitung nach meinem Werk greift oder nicht.
SEZESSION: Aber so ganz und gar egal ist Ihnen „mein Milieu“ ja nun doch nicht …
THALHEIM: Mein Roman ist eine erneute Annährung, auch darüber sprachen wir ja bereits ausführlich. Meine erste, intensive Beschäftigung mit den Spielarten des Rechtsintellektualismus fand nach der Wende statt, ich hielt als jüngerer Publizist diese nicht-linke Denkweise für legitim, für völlig normal. Das, was die Junge Freiheit damals aufzog und was in der Welt um die Herren Zitelmann, Schwilk und Schacht herum passierte, war nicht nur für mich einen gründlichen Blick wert. Ich kenne mindestens zwei Dutzend Kollegen, die damals – ähnlich wie ich – aufmerksam mitlasen oder sogar eine Annährung wagten. Ich habe damals zwei, drei Leuten aus dem Umfeld einer Zeitung, die mit dem Freigeist aus meinem Roman verwechselt werden könnte, Gespräche geführt. Damit war es nach 1996, 97 wieder vorbei. Daß das jetzt wiederkommt, daß Publizisten und Intellektuelle klammheimlich lesen, was von rechts kommt, habe ich Ihnen in unserem ersten Gespräch erzählt. Mein Roman ist Ausdruck dieser erneuten Hinwendung.
SEZESSION: Wo und auf welche Weise kann so etwas Früchte tragen?
THALHEIM: Also bitte! Ein Roman ist eine Frucht, aber wohl eine andere als die, von der Sie träumen. Kein Autor, kein Publizist, kein Filmemacher und kein Intendant wird Ihr politisches Geschäft betreiben. Bleiben Sie interessant. Das ist das einzige, was Sie tun können. Insofern ist mein Roman ein Bärendienst. Er zeigt, daß Ihr Milieu eine ziemlich banale Angelegenheit ist. Überraschung: Diese Leute sollen gefährlich sein?
(Hirnhunde von Raoul Thalheim hier bestellen.)
Rumpelstilzchen
Lieber Herr Thalheim,
Jetzt enttäuschen Sie mich aber doch !
" Bleiben Sie interessant ! "
Was soll dieser dumme Rat ? Die Menschen in "unserem Milieu" wollen nicht nur interessant sein, mehr noch wollen sie geliebt werden !
"Nur das Widerständige bleibt interessant" ( Norbert Bolz) .
Das ist wohl wahr. Doch...
Welch ' keuche Jungfrau will ewig widerstehen ? Irgendwann läßt da jedes männliche Interesse nach. Auch Sie vermeiden in Ihrem Roman sozusagen die erfüllende Annäherung . und lassen den liebenswerten Protagonisten über die Wupper gehen...
Gottfried Benn
Das war noch nicht mal ein laues Geblühe, Marcel stand in voller Blüte !
Und dann so ein unromantisches Ende ! ja, da kann wirklich nur noch ein
Gott uns retten !
Lassen Sie die Annäherungen, wenn Sie Angst haben, sich zu verlieben !
Ihr Buch ist großartig. unterhaltend, amüsant und ganz ohne Sexakrobatik.
Wo es bei Charlotte Roche " unter ihren Kleidern lebt" ( Benn), lebt es in den Hirnhunden, wenn es denn lebt, in den Seelen.
Dieses zarte Pflänzchen könnte man kultivieren.
Trotz 50 Rezensionen und dem verpixelten Foto, auf dem ich Sie nicht mal erkenne, wenn ich das Bild vor den Spiegel halte, möchte ich gar nicht wissen, wer Sie sind.
Ich kann mir das Buch auch sehr gut als Film vorstellen.
Schade. Wird wohl nichts.