Großartige Urlaubsstimmung, sogar beim weniger anglophilen (erwachsenen) Familienmitglied. Die Dreizehnjährige sucht skeptisch nach dem Grund für die Euphorie.
„Am Ende lag’ s nur daran, daß halt Ferien sind. Ich mein, Mama! Du hattest dort hier eigentlich dieselben Backsteinhäuser wie in Norddeutschland. Und dort findest du’s trist. Und von wegen LPG-Riesenfeldern: In England waren die Felder doch fast genauso groß. Halt etwas hügeliger, na und.“ Alle rätseln ein bißchen. Woher kommt’s? Das man es so schön fand? Es kommt heraus: Wir haben auf unserer beträchtlichen Strecke kein einziges Windrad gesehen, exakt zwei solarzellenbedeckte Dächer, keine Rolladenkästen (nicht mal in den Städten), überhaupt kaum sterile Baumarktware zur Hausverschönerung (wie grüne Metallzäune oder Blumenrabatteneinfassungen in Beton). Dafür: Hecken als Feldbegrenzung. Grundsätzlich vielfach gesproßte Fenster, niemals Häuser mit Glotzaugen, weder städtisch noch ländlich. Kilometerweise Puffbohnen auf den Feldern, kein Mais. Die Elfjährige nach längerem Nachdenken: „Mir kommen die Engländer auch so klug und vornehm vor. Sogar die Kinder. Irgendwie klüger als bei uns. Ich glaub, ich weiß, woran das liegt: Die können alle perfekt englisch.“
3. 8. 2014
Die beiden Großen sind noch ein paar Tage auf der Insel geblieben. Großartig sei es, per Anhalter gäbe aber leider kein Vorankommen. Keiner hält hier für Tramper. Die Fähre nach Calais sollte 47 € pro Person ohne Auto kosten (mit dem Auto & der ganzen Familie hatten wir 102 € hin & zurück bezahlt). Das hätten sie nicht eingesehen. Drum hätten sie es kurz vorher sehr hartnäckig versucht, mitgenommen zu werden. Am Ende habe sie ein Kleinbus mit Türken mitgenommen. Die seien aber komisch gewesen. „Und, hattet ihr nicht Angst?“ – „Nö. Wir waren ja zu zweit.“ 8. 8. 2014
Es gab zahlreiche Gründe, auf’s Land zu ziehen. Manchmal vergeß ich sie. Eher im Winter. Mal auch im Sommer. Wir haben zwei Gärten: wenn schon, denn schon. Der zweite Garten ist ein paar Gehminuten entfernt, und weil der Tag nur 24 Stunden hat, ist man da nicht täglich. Nach zwei Regengüssen hab ich abends mal wieder vorbeigeschaut, mit leerem Eimer, um ein bißchen was zu ernten. Zurück kam ich ohne Frucht, aber mit 295 Schnecken: keine Phantasiezahl, sondern aus Langeweile mitgezählt. Die Enten finden’s toll, und wir freuen uns im späten Herbst, daß eine Ente für die ganze Familie reicht.
Aber so wirklich witzig fand ich’s nicht. Die Schnecken waren gut satt zu ihrer Todesstunde, von dreißig Salatköpfen haben sie sage und schreibe null übrig gelassen. Und das hat man / haben wir also anscheinend nötig: Säen, hegen, pflegen, um einen Bruchteil zu ernten. Und das bei 0,59 €/Salatkopf im Netto! Man könnte es billiger haben. Und bequemer. Und kultivierter, in der Stadt. Gut, und nun habe ich wieder acht Stadttage hinter mir. Erst München, dann Offenbach. War nicht schlecht. Und doch ist mir schnell der Hauptgrund für die Stadtflucht wieder eingefallen: die Masse.
Ganz unphilosophisch und banal: Ich ertrage es aus persönlichen Empfindlichkeitsgründen nur schwer, Leute mit sinnlosen Aufschrift-T-Shirts zu sehen, Leute, die sich in den Ohren kratzen und hinterher die Fingernägel inspizieren, Leute, die ohne vorgehaltene Hand – gar genüßlich – gähnen, Leute, die unnützen Mist vor sich hin oder miteinander labern, überhaupt Leute, die weit weg sind von meinen Gepflogenheiten. In der Stadt sind sie überall, und ich habe keinerlei Handhabe. Zu Hause umgeben mich im Normalfall maximal acht Leute, und ich kann sie maßregeln.
Heute, Offenbach: Wache um 5.20 Uhr auf. Habe vergessen, das Fenster zu schließen. Die Urlaubsflieger wecken mich. Eine halbe Stunde ununterbrochener Fluglärm. Ich versuche weiterzudösen, doch das überaus fröhliche Gelächter des städtischen Kleinkinds aus dem Nachbargarten hält mich wach. Typische späte Eltern, Motto: Wir haben Nachwuchs! Es ist der Nachwuchs für Euch, liebe Gesellschaft, wir, die toughen Eltern, sind längst wach! Es klingt unschön, aber ich verhärme in diesem Moment und liege sehr bitter im Bett. Döse weg, da kommt kurz vor sieben die Müllabfuhr. Ich springe genervt auf, reiße den Rolladen hoch.
Zwei dunkelgesichtige Männer tun ihren Job. Mülltonnen ranziehen, einklinken, abnehmen, zurückstellen. Grad, wie ich runtergucke, geht der eine Müllmann zum Lavendelbusch am Vorgarten meines Elternhauses, reißt sich eine Rispe ab mit der behandschuhten Hand, führt das halbblühende Zeug zur Nase, bröselt es dann auf die Straße. Ein Romantiker! Bin halb versöhnt. Mit Stadt, Land, allen Ländern.
12.8. 2014
Im Deutschlandfunk geht es um gewaltbereite Islamisten. Aufhänger sind die Vorfälle in Herford, wo Sympathisanten des sog. Islamischen Staats auf offener Straße Jesiden angegriffen haben. Moderatorin Christiane Kaess spricht unentwegt von „mutmaßlichen Islamisten“. Für mich spricht daraus eine Mischung aus falschverstandener Dezenz, Zurückhaltung und Unterwürfigkeit, die ich schwer begreife. Ich hab noch nie gehört, daß man von „mutmaßlichen Neonazis“ spricht, wenn irgendwo die NPD oder „Kameradschaften“ demonstrieren. Und zwar auch dann nicht, wenn auf solchen Demos gar keine Stimmung für „den Nationalsozialismus“ gemacht wurde.
Solchen Leuten – selbst wenn sie als zwar schräg anzuschauende, doch gewaltlose Gruppe laufen; sie „marschieren“ ja nie, wie es immer behauptet wird – drückt man den Stempel „Nazi“ jedes Mal umstandslos auf, sogar das „Neo“ wird oft weggelassen. In Herford nun kam es zu regelrechten Krawallen und Messerstechereien, aber die artige Journalistin tut, als sei unklar, ob das wirklich auf’s Konto von Islamisten ging – oder ob die nur so getan haben, als wären sie welche. Vielleicht geht sie einfach von hochdifferenzierten Individuen aus, die sich ungern klassifizieren lassen.
Ein Fremder aus Elea
Und das hat man / haben wir also anscheinend nötig: Säen, hegen, pflegen, um einen Bruchteil zu ernten.
Naja, was hilft?
Besser nicht auf Salat bauen. Bohnen und Erbsen können Schnecken weniger anhaben. Mohn auch nicht. Aber mit Mohn gibt's andere Probleme.
Übrigens, sehr erschrocken mußte ich feststellen, daß Schnecken Ginkgobäume wie Salat fressen. Aber an andere gehen sie nicht ran.
Ich habe hier bisher am meisten Freude mit Ebereschenkultivaren (Granatnaja, um genau zu sein) und blauen Heckenkirschen. Letztere sind dieses Jahr endlich mal reif geworden und haben vorzüglich geschmeckt (so gegen Mitte Juni, zeitgleich mit den Wilderdbeeren). Granatnaja und Co. kommen noch.
Auch sind dieses Jahr ein paar Kornelkirschensamen aufgegangen. Das ist hier großes Glück. Hoffentlich wachsen sie so gut, wie ihr Vorfahr im botanischen Garten in Tartu. Die muß nicht vor Schnecken schützen, aber vor Mäusen.
Und alles andere muß man vor Hasen schützen. Ich hatte eine Zirbe leichtsinnig ungeschützt stehen lassen, nun ja, sie lebt immerhin noch, aber schön ist's nicht.
Die Hasen hier sind übrigens riesig, Schulterhöhe vielleicht 35cm. Wahrscheinlich sollte ich an einer Hasenfalle basteln.
Die Äpfel haben zum Teil Probleme mit Wespen, aber zum Teil auch nicht, eher zum größeren nicht.
Eßkastanien wachsen hier leider nicht, aber immerhin leben noch zwei von acht Weißeichen, auch wenn ich nicht recht weiß, was daraus wird. Wär natürllich toll, wenn wenigstens eine groß wird. Die anderen Eichen, deutsche und Roteichen, wachsen ordentlich, nun ja, die Säuleneichen halt etwas langsamer, hatte 50 eingebuddelt und weiß immer noch nicht, wieviele davon Säuleneichen werden, aber wahrscheinlich so 3 oder 4.
Und Araukarien wachsen hier leider nicht. Das sind sind die zwei Bäume, bei denen es mir Leid tut. Für Kiwis hingegen gibt's Ersatz, nämlich Aktinidien (Kiwi berries auf englisch, Strahlengriffel auf deutsch, nun ja, die ganze Familie heißt so).
Und was Walnüsse und Verwandte angeht... irgendetwas wächst da wie verrückt, während die anderen bisher ausgesprochen mickrig aussehen. Auch die Eiben, welche ich gepflanzt habe, wachsen nur so la la und tragen bisher nichts, was ich ausgesprochen ärgerlich finde. Ebenso wie die Pflaumen und Kirschen.
Aber die eine Aronie trägt zuverlässig. Naja, nur schmecken tun die nicht besonders toll. Immerhin, als Zusatz zum Apfelsaft geeignet.
Ja, es ist schon seltsam mit Bäumen, einige wollen wachsen, andere nicht. Bisher sind eigentlich nur drei bisher richtig gut dabei, eine Bergulme, nur der Schönheit wegen gepflanzt, eine Granatnaja-Eberesche und eben die Butternuß oder Texasnuß, oder was auch immer das genau ist, ich weiß es nicht.
O.k., die Gankgos eigentlich auch, aber die haben halt mit den Schnecken zu kämpfen. Es heißt, die seien durch die Eiszeit zurückgedrängt worden. Schwer zu glauben, Kälte halten die aus. Wahrscheinilch haben sich einfach die Schnecken weiterentwickelt im Laufe der Zeit des Bestehens der Ginkgoliden.