Diese satirische Karte bringt die verzerrte westliche Wahrnehmung Rußlands und seiner wahren geostrategischen Lage in der Gegenwart auf den Punkt.
Das Bekenntnis „Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen“ wird nicht nur durch die ständigen Auslandseinsätze entwertet; auch der Verlauf der Ukraine-Krise läßt den Verdacht aufkommen, daß es damit so ernst nicht mehr gemeint sein kann. Endlich stehen wir ja auf der richtigen Seite, dürfen dem „Reich des Guten“ als Teil einer neuen „Koalition der Willigen“ beispringen – für human rights, Pussy Riot, and democracy, gegen den „Aggressor Putin“, der die „Krim annektiert“ habe und sich aufmache, Osteuropa wieder heim ins neue Sowjetreich zu holen.
Der Pastor sagt es, der Hosenanzug sagt es auch und von der Leyendarstellerin hören wir das gleiche, und auch die führenden Medien predigen es. Sanktionen müssen her, um Russland zu „strafen“ – warum muß ich bei diesem Wort sofort an Charlie Chaplin alias Diktator Hynkel denken? (“ … und sie straffen, straffen, straffen“).
Für welches Vergehen und mit welchem Recht soll Rußland „bestraft“ werden? Die NATO hat sich seit dem Fall der Mauer beständig von einem Verteidigungsbündnis zu einem Angriffsbündnis entwickelt (Jugoslawien, Afghanistan, Libyen) und nimmt heute mit verschiedenen Kooperationsangeboten mehr und mehr eine globale Gestalt an. Zu Beginn des Jahres 2012 zählte die NATO 28 Staaten als Mitglieder. Zwölf davon traten dem Bündnis in insgesamt drei Erweiterungsrunden (1999, 2004, 2009) seit dem Ende des Kalten Krieges bei. Bis auf Albanien, Kroatien und Slowenien handelt es sich dabei allesamt um frühere Mitglieder des Warschauer Paktes. Für Bosnien-Herzegowina, Montenegro und Mazedonien gibt es sogenannte „Membership Action Plans“ – der letzte Schritt vor der Aufnahme als Vollmitglied. In Georgien (2003) und der Ukraine (2004) sollten die westlich gesteuerten „Farben-Revolutionen“ den Weg für die Vollmitgliedschaft in der NATO ebnen; Aserbaidschan und Kasachstan werden umworben.
Die Absicht hinter der Einkreisung Rußlands hat „Dr. Brz“ Zbigniew Brzezinski (The Grand Chessboard, 1997) offengelegt, sie ist auch mehreren offiziellen Dokumenten zu entnehmen – Rebuilding America’s Defenses (2000), Nuclear Posture Review (2001) – oder der von fünf hochrangigen ehemaligen NATO-Generälen im Jahre 2007 veröffentlichten Denkschrift Towards a Grand Strategy for an Uncertain World. Letztlich läuft alles auf die Schaffung einer globalen NATO mit nordatlantischer Identität hinaus, Die EU fungiert dabei als eine Art „ziviler Arm“ der NATO; Rußland soll als Rivale des „Empire of Chaos“ (Pepe Escobar) ausgeschaltet werden.
Der 2010 zum Präsidenten der Ukraine gewählte pro-russische Viktor Janukowitsch löste per Dekret eine Kommission auf, die sich seit 2006 mit einem Beitritt der Ukraine zur NATO befaßt hatte. Janukowitsch wollte die Ukraine nicht nur als blockfreien Staat erhalten, sondern er setzte im November 2013 auch das Assoziierungsabkommen mit der EU aus. Daraufhin wurde er mit der Unterstützung des Westens weggeputscht, noch bevor die von ihm im Februar 2014 angekündigten vorgezogenen Präsidentschaftswahlen stattfinden konnten. Als Folge beschloß das Regionalparlament der Krim im März 2014 die Abspaltung von der Ukraine und am 16. März fand das Referendum über den Anschluß der Krim an Rußland statt. Da Rußland aufgrund der aggressiven Expansionspolitik der NATO auch noch den Verlust seines Marinestützpunktes Sewastopol befürchten mußte, griff es zu.
Die vereinigte westliche Propaganda spricht seither von Annexion. Was auf der Krim geschah, war aber keine Annexion, so der Strafrechtler und Rechtsphilosoph Reinhard Merkel in der FAZ (7. 4. 2014), sondern eine Sezession, die Erklärung der Abspaltung von der Ukraine und die durch ein Referendum bestätigte Ausrufung der staatlichen Unabhängigkeit. Darauf folgte der Antrag auf die Aufnahme in die Russische Föderation, den Moskau annahm. Die Abspaltung war zwar aus der Sicht der Ukraine verfassungswidrig, aber die ukrainische Verfassung bindet Rußland nicht. Der Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider ergänzt: Nicht Staaten sind souverän, sondern die Menschen als Bürger! „Das Verbot der Sezession ist überwiegende Auffassung jedenfalls der freiheitsvergessenen deutschen Staatsrechtslehre … Diese Lehre ist falsch. Sie doktriniert den Staat als unberührbares politisches Gebilde, das mit allen Mitteln des Staates erhalten werden darf und muß, gar durch Intervention anderer Staaten“ („Der Kampf um die Krim als Problem des Staats- und Völkerrechts“, 2014). Welche Ironie: Machte man sich die Logik der USA und ihrer EU-Vasallen zu eigen, dann hätten sich die „rebels“ der dreizehn neuenglischen Kolonien niemals von Großbritannien abspalten und für unabhängig erklären dürfen.
Mit Hilfe des Westens wurden in Kiew Kräfte an die Macht geputscht, die mit Fug und Recht als faschistisch oder neonazistisch bezeichnet werden können. Sogar dem gewiß nicht übermäßig abendlandkritischen Londoner Guardian wurde es zu viel, denn bereits am 29. Januar 2014 stand dort zu lesen, daß Faschisten, Oligarchen und die westliche Expansion die Schuld an der Krise in der Ukraine trügen. In aller Offenheit nennt der Autor Seumas Milne die Organisation „Rechter Sektor“ (Prawyj Sektor) und die rechtsextreme, antisemitische Svoboda-Partei, deren Anführer Oleg Tyahnybok die Ukraine von der „Moskauer Judenmafia“ befreien möchte. Im Dezember 2013 erhielt er bei gemeinsamen Presse- und Fernsehauftritten Zuspruch vom Obama-Gegner John McCain (der sich durch Sätze wie „bomb bomb bomb Iran“ als Vordenker profiliert hat). Die Svoboda-Partei war auch eine treibende Kraft bei dem Fackelzug der 15.000 zu Ehren Stephan Banderas am 1. Januar 2014, dessen Aufständische an der Seite der Wehrmacht kämpften und für den Tod zehntausender Polen während der „ethnischen Säuberungen“ der Jahre 1942–44 verantwortlich sind. Eine andere unappetitliche Erscheinung ist das Bataillon Asow, eine rechtsradikale Miliz, die auf Helmen und Uniformen die Wolfsangel auf gelbem Grund und die schwarze „Haken-Sonne“ führt. Da ist es keine Überraschung, daß Premierminister Jazeniuk Russen als Untermenschen („subhumans“) bezeichnete, von denen die Ukraine gesäubert werden müsse.
Aufklärung wird in diesen Tagen fast nur von alternativen Webseiten betrieben, ansonsten ist es geradezu abenteuerlich, wie in Deutschland mit diesen unsäglichen Umtrieben umgegangen wird, wie Politik, „Qualitätsmedien“, Rundfunk und Fernsehen sich winden, verharmlosen und verschleiern, um die häßliche Fratze der in der Ukraine vom Westen gestützen Marionetten vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Sollte der von oben verordnete „Kampf gegen Rechts“ als Staatsraison eine politische Lebenslüge der Bundesrepublik sein?
Aber es gibt auch Anlaß zur Hoffnung: „Das Treiben des rechten Mobs in der Ukraine bleibt in der Bundesrepublik weitgehend unbeachtet“, schrieb vor kurzem eine Tageszeitung, die dazu ein ganzes Dossier veröffentlichte. Ihr Name ist: Junge Welt. Und einer der wenigen Politiker, die zu den Vorgängen dort Klartext spricht, ist Gregor Gysi.
Das konservative Lager sollte sich daher selbstkritisch die Frage stellen, warum es versäumt, die politische Steilvorlage zu nutzen, die sich ihm durch die Ukraine-Krise bietet, warum es sich nicht entschieden von den westlichen Machenschaften distanziert. Der Wunsch, es dem Iwan zu zeigen, läuft zwar unseren Interessen zuwider, ist aber offenbar leider Teil der „deutschen Identität“, vor dem sich auch der deutsche Konservative so leicht nicht befreien kann. Das hat jedoch nichts mit Völkerpsychologie zu tun, sondern mit schlechter Tradition.
eulenfurz
Das ist sowieso alles verwirrend: Ein "Gebietsrevisionismus" ist laut Verfassungsschutzberichten und Verbotsverfügungen dann verfassungsfeindlich, wenn er sich auf ein Gebiet bezieht, aus welchem die Bevölkerung gewaltsam vertrieben wurde (Ostgebiete). Aber gemäß herrschendem Handeln dann legitim, wenn er sich auf ein Gebiet bezieht, dessen Bevölkerung in übergroßer Mehrheit die Abspaltung forderte (Krim).
Das Thüringer Oberlandesgericht führt in seinem Beschluß Az.: 9 W 140/13 zur Verfassungsfeindlicheit eines Vertriebenenvereins aus:
Angesichts der Unterstützung von (Bürger-)Kriegsparteien durch BRD-Regierung und -Opposition erfüllen DIE alle Maßstäbe für eine Verfassungsfeindlichkeit (wohingegen der Gebietsrevisionismus des inkriminierten Schlesiervereins laut OLG nicht gegen das Verfassungsgut verstößt).
Das ist doch spektakulär - der Verfassungsschutz hat jahrelang die Falschen stigmatisiert!
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