jeden Trend wittern und als „unbequeme Aufdecker“ im Hochfrequenzbereich reüssieren. Vorgestern Überfremdung (SOS Abendland, Albtraum Zuwanderung und Vorsicht Bürgerkrieg), gestern Finanzcrash (Mit Gold durch die Krise), heute Selbstversorgung (Mein Feld, mein Wald, mein Teich): Ulfkotte stellt zu jedem Thema ein süffiges Buch zusammen. Mit seinem neuen Titel – Gekaufte Journalisten – allerdings kehrt er zu seinen Wurzeln zurück:
Ulfkotte, Jahrgang 1960, ist ein Vollblutjournalist. Er schrieb an vorderster Front für die Leitmedien, lange Jahre für die FAZ, später für Gruner + Jahr. Ein akademischer Genuß ist auch die neueste Veröffentlichung des zornigen Vielschreibers nicht. „Unsere Alpha-Journalisten haben einen totalen Blackout (… ) Ganz dicht scheinen die dort nicht mehr zu sein“, so tönt es von der ersten Seite. Das klingt nach extremer Einfühlung in den Stammtischbesucher.
Jedoch: Erstens nimmt die sprachliche Qualität von Gekaufte Journalisten im Verlauf des Buches zu, zweitens sind es in der Tat haarsträubende Zustände, von denen Ulfkotte zu berichten weiß. Er tut es aus erster Hand, und er verpackt seine wirklich tiefgreifende Medienschelte in die Form einer Selbstbezichtigung: Er betont wiederholt, daß (und inwiefern) er über lange Jahre Teil jenes Zirkels war, den man Medienmafia wird nennen dürfen – und daß er (der bei vielen Aufträgen damals immerhin sein Leben empfindlich auf’s Spiel gesetzt hatte) sich heute dafür schämt.
Dieses Buch ist mitnichten eine Pauschalwatsche gegen die „Mainstreammedien“, sondern ein akribisch recherchierter, durch ausführliche Anmerkungen sowie ein Personenregister zusätzlich aufgewerteter Sündenkatalog aus der Feder eines Innenseiters. Unter den fünf Kapiteln ist das erste („Simulierte Pressefreiheit: Erlebnisse bei Verlagen“) das längste. Ulfkotte berichtet hier vor allem aus seiner Zeit bei der FAZ, wo er siebzehn Jahre als Redakteur im Ressort Außenpolitik angestellt war. Er (damals ein „eitler FAZke“) schildert, inwiefern Korrespondenten mit politischen Lobbyorganisationen verflochten sind, wie US-Fördergelder bereitstehen, um deutsche Mediennutzer im proamerikanischen Sinne zu beeinflussen, wie mit Mitarbeitern verfahren werden kann, die sich weigern, mit dem Bundesnachrichtendienst zusammenzuarbeiten und wie das „anrüchige System“ funktioniert, das hinter Journalistenpreisen steht.
Keinesfalls handelt es sich hierbei um Verschwörungsprosa: Ulfkotte braucht keine obskuren Netzseiten zu zitieren, er nennt Roß und Reiter. Im zweiten, viel zu kurzen Kapitel widmet er sich anhand der beispielhaften Berichterstattung zu Thilo Sarrazin und zu der Arbeitsmarktöffnung für Rumänen und Bulgaren (heute-journal, jubelnd: dies seien „die Preußen des Balkans“) den Mechanismen der gleichgeschalteten Meinung. Für das Kapitel „Alpha Journalisten auf Linie mit den Eliten“ hat Ulkotte tabellarisch zusammengestellt, welche Vorschreiber mit welchen einflußreichen Organisationen (Bilderberg, Atlantik-Brücke, Atlantische Initiative, American Jewish Comittee) verbändelt waren oder sind.
Freilich erscheint nicht restlos alles, was hier als Skandal! offenbart wird, wirklich skandalträchtig oder offenbarungswürdig. Das ist deshalb schade, weil dadurch die Konturen jener Angelegenheiten verwischt werden, die als himmelschreiende Mißstände angesehen werden müssen. Bei den aufgezählten Missetaten eines Alexander von Schönburg etwa (der als sozialer Absteiger, wie der Autor genüßlich erwähnt, „Zigaretten schnorrte“, wiewohl er ein Buch übers Nichtrauchen geschrieben hat; der einmal Heiligabend mit dem 25.Dezember verwechselte und dem Ulfkotte vorwirft, wegen seiner Adelskontakte sich habe „einkaufen“ lassen) darf man vermuten, daß hier eine Privatfehde ausgetragen wird.
Auch daß die FAZ neue Bücher von FAZ-Redakteuren redaktionell erwähnt, wird man nicht als unredlich empfinden müssen, des weiteren bleibt Ulfkotte einen Nachweis schuldig, inwiefern Burschenschaften (Mitglieder beispielsweise: Markus Söder, Kai Diekmann, Rezzo Schlauch) als relevante Netzwerke tätig sind.
Was schlägt der Autor vor? Organe der Desinformation kündigen, Staatsfernsehen (ARD und ZDF streichen jährlichen 7,5 Milliarden Zwangsgebühren ein!) abschalten, den verantwortlichen Herausgebern und Redakteuren die Gründe dafür schreiben. Vielleicht ist auch dies ein hoffnungsloses Unterfangen: Ulfkotte zitiert aus einer Schrift des Londoner Verteidigungsministeriums. Demnach ist es gut denkbar, daß man gar nicht mehr ausschalten kann. Prognositiziert wird – und zwar nicht vom Buchautor, sondern von den Mächtigen aus London! – daß um das Jahr 2035 jedes Kind mit einem implantierten Chip versorgt sein wird.
Udo Ulfkotte: Gekaufte Journalisten. Wie Politiker, Geheimdienste und Hochfinanz Deutschlands Massenmedien lenken, Rottenburg: Kopp 2014, 336 S., 22.95 € – hier bestellen.
Marcus Junge
1. Nur weil er "viele" Bücher schreibt, bedeutet das nicht, daß diese untauglich sind. Außerdem sind viele davon Themengleich, Islam (und Geheimdienste), weshalb er wahrscheinlich das Quellenmaterial vorrätig hat und im Thema steht, weshalb dann durchaus mehrere Veröffentlichungen, zum gleichen Themenkomplex, in kurzer Zeit, auch mit Hilfe von Co-Autoren, wohl keine Hexerei sind.
2. Skandalisiert er selber gar nicht alles, was im Buch steht, sondern formuliert stellenweise sehr bedächtig.
3. Soll das eine Trilogie werden, also sollte man vom ersten Buch nicht gleich den Inhalt aller 3 erwarten.