Die 15. IfS-Sommerakademie versammelte unter dem Schlagwort der „Kulturkritik“ eine handverlesene, äußerst heterogene Auswahl an Referenten, die das breite, ja fließende thematische Feld im Rahmen eines Wochenendes darzustellen vermochten. Rund 50 Teilnehmer unterschiedlicher politischer Couleur wurden von Dr. Erik Lehnert mit einigen einleitenden Worten auf das kulturkritische Programm vorbereitet.
Neben Martin Lichtmesz, Dr. Frank Lisson, Dr. Michael Rieger und einigen weiteren Referenten war es zunächst Dr. Baal Müller vergönnt, mit einem Vortrag zu Ludwig Klages und Theodor Lessing die Akademie zu eröffnen. In gewohnter, unnachahmlicher Baal-Manier wurde der „Der Geist als Widersacher von Seele und Erde“ im Sinne Klages’ und Lessings thematisiert – ein lebensphilosophischer Zugriff, der mit der „modernen“ Zivilisation in radikaler Weise auf Kriegsfuß steht. Mit Michael Rieger folgte ein Referent, der die kulturkritische Traditionslinie der Konservativen Revolution bis in die Gegenwart nachzeichnete, und dabei unter anderem an ökologische Kulturkritik seitens Wilhelm Röpkes und Herbert Gruhls anknüpfte. Rieger zeigte auf, wie stark etwa die Positionen Röpkes und Gruhls vom Geist der konservativen Revolutionäre beeinflusst wurden. Die anschließende, kontroverse Diskussion verdeutlichte, daß rechte Ökologie definitiv ein grundlegendes Thema ist, über welches zukünftig noch gesprochen werden muß.
Nachdem das Referat „Krisis und Kritik. Formation und Deformation gegenwärtiger Kultur“ einen kritischen Blick auf die derzeit vorherrschende westliche Unkultur warf, untersuchte Martin Lichtmesz „Metapolitisches in der Popkultur“. Beide Referate bedingten sich in soweit, als das Lichtmesz durch ausgewählte Beispiele visuell verdeutlichte, wie die internationale „Medienmafia“ in den letzten Jahrzehnten zur kulturzersetzenden Reeducation der Europäer beigetragen hat, ja sie sogar maßgeblich bestimmte. Das passende Fallbeispiel Conchita Wurst verfolgte die Teilnehmer dank Lichtmesz’ visueller Vor- und Ausführungen das komplette Wochenende und wurde praktisch zum erschreckenden, wiederkehrenden Mantra.
Frank Lisson und der österreichische Maler Clemens Maria Fuchs suchten wiederum andere, subtilere Zugänge zur Kulturkritik. Fuchs beschrieb hierbei die klassische Malerei als einen kulturkritischen Gegensatz zu den zeitgenössischen Kunstformen, deren zersetzenden Siegeszug er bereits mit Pablo Picasso heraufziehen sieht. Das Für und Wider der Nostalgie abwägend, erklärte Lisson im nachfolgenden Vortrag, daß die moderne Massen- und Konsumgesellschaft maßgeblich ein Produkt der Entwurzelung des Menschen aus seiner Heimat und Geschichte sei. Nur durch die gebetsmühlenartige Verteufelung der eigenen Geschichte und Identität sei die derzeitige, historisch einzigartige Situation der deutschen Kultur und Gesellschaft entstanden. Martin Heideggers „Schwarze Hefte“ wurden abschließend von Erik Lehnert vorgestellt. Heidegger selbst habe zwar nie von Kulturkritik gesprochen, sei jedoch ein unabdingbarer Bestandteil der rechten Kulturkritik.
Neben dem angesetzten Thema war es doch vor allem der Abschied Dr. Karlheinz Weißmanns vom IfS, dessen Klärung die Teilnehmer in Schnellroda interessierte. Götz Kubitschek und Erik Lehnert nahmen hierzu Stellung und beantworteten alle aufkommenden Fragen mit spürbarer Ehrlichkeit und unter Verweis auf die Bedeutung Weißmanns in der mit seinem Weggang abgeschlossenen, ersten Ära des Instituts.
Daß eine zweite Ära eingeläutet sei, wurde augenscheinlich: Die Teilnehmer tagten in einem neuen, großen Vortragsraum und hatten die Gelegenheit, einen Blick in das neue Buchlager des Verlags zu werfen. Auch wurde im Vortragsraum die IfS-Ausstellung “Die Konservative Revolution in Deutschland” präsentiert, und ein halbes Dutzend älterer Hörer folgte der Einladung des Instituts zu einem spontanen, sonntäglichen Besuch der Akademie.
Die folgenden IfS-Akademien haben also einen gesicherten Platz für die Zukunft. Die neuen Räumlichkeiten paßten perfekt zur Stimmung auf dem Rittergut. Die heterogenen Teilnehmer, vom interessierten AfDler bis zum aktivistischen Jugendlichen, fanden zusammen und übersprangen den von mancherorts herbeigewünschten, trennenden Graben mit Leichtigkeit.
Liberal? Konservativ? Rechts? Debatte ohne Distanzierung war möglich! Es wurde für jeden Anwesenden spürbar, weshalb diese IfS-Akademien einen besonderen Wert haben. Sie versammeln eine Gruppe, die sich ganz selbstverständlich zusammenfindet, ohne sich zu verbergen.
Das Themenheft “Kulturkritik” der Sezession ist übrigens soeben erschienen und kann erworben werden.
Nils Wegner
Was dazu unbedingt noch zu sagen ist: Das neue Heft der Sezession kann mühelos für sich allein stehen, besonders durch die passende Klammer von Pro- und Epilog; gleichwohl stellt sie auch durch ergänzende und flankierende Beiträge für die Teilnehmer eine optimale Ergänzung zur themengleichen Akademie dar.