Man muß dem Siedler-Verlag unterstellen, daß er alles dafür tut, damit dieses Buch möglichst keine kontroverse Debatte auslöst. Nicht anders ist die verniedlichende Buchbeschreibung zu erklären, in der es heißt, Collier sorge sich vor allem um die Länder der ärmsten Milliarde und skizziere »gerechte Einwanderungsregeln«, »von denen möglichst viele Menschen profitieren und die keiner Gesellschaft schaden« sollen. Wer so etwas vernimmt, erwartet das x‑te Plädoyer dafür, armen Afrikanern bei ihrer Flucht nach Europa zu helfen und bestehende Barrieren abzubauen.
Dabei ist dieses Buch eine echte Bombe, die, an der richtigen Stelle zur Explosion gebracht, mit den Blütenträumen der führenden Migrationsexperten aufräumen könnte. Collier ist Entwicklungsökonom an der Universität Oxford und beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit der »untersten Milliarde« der Weltbevölkerung, über die er 2007 einen lesenswerten Bestseller geschrieben hat. Bereits darin beschäftigte er sich mit Migration und bezeichnete sie zum einen als ein »Sicherheitsventil« und zum anderen als große Gefahr, da der »Aderlaß von Fachkräften« es den ärmsten Ländern der Welt beinahe unmöglich mache, politisch und ökonomisch auf die Beine zu kommen.
Colliers neues Buch Exodus setzt hier an und ist allein schon aufgrund der Herangehensweise des Forschers ein Genuß. Anders als die meisten seiner Kollegen fragt Collier nicht nur individualistisch nach dem Wohl der Migranten, sondern analysiert auch auf der Basis unanfechtbarer empirischer Studien die Situation in den Herkunfts- und Aufnahmeländern.
Für die Aufnahmeländer stellt er fest, daß eine moderate Zuwanderung keine nennenswerten Probleme verursache. Der Westen habe jedoch mit einer sich beschleunigenden Masseneinwanderung zu kämpfen, die in den nächsten Jahrzehnten ihren Höhepunkt erreichen dürfte. Dies auch noch aufgrund eines angeblichen Fachkräftemangels oder der Überalterung der Gesellschaft zu begrüßen hält Collier für absurd. Die Politik der offenen Tür sei brandgefährlich, da sie zum einen Anreize für die Migranten schaffe, ihr Leben aufs Spiel zu setzen, um auf halsbrecherischen Wegen nach Europa zu gelangen. Zum anderen schade sie den Ländern der untersten Milliarde am allermeisten.
Diese stecken in einem schier unlösbaren Dilemma: Viele Bürger wollen weg, haben dazu aber nicht die finanziellen Mittel. Nach Europa auswandern kann folglich nur die perspektivlose Mittelschicht, die jedoch die einzige Kraft sein könnte, um das eigene Land voranzubringen. Aus dieser Konstellation ergeben sich eine Reihe von Problemen, die Collier wie kein zweiter in seinem Buch analysiert: So bewirken Entwicklungshilfe und das »Business der Barmherzigkeit« (Volker Seitz) in dem seltenen Fall sinnvollen Einsatzes, daß sich noch mehr Menschen eine Auswanderung leisten können. Diese Menschen fehlen wiederum dabei, politische und ökonomische Fortschritte zu stabilisieren. Das heißt, daß der Westen durch falsche Anreize der untersten Milliarde genau die soziale Vielfalt entzieht, die man sich hierzulande von den Zuwanderern verspricht.
Ökonomisch haben diese Länder somit niemals eine Chance aufzuholen. Auch politisch betrachtet sind die Folgen verheerend. »Menschen können protestieren, oder sie können auswandern«, bringt Collier es auf den Punkt. Man könnte sogar so weit gehen, die falsche Migrationspolitik des Westens mit dafür verantwortlich zu machen, daß sich korrupte Regierungen in Afrika an der Macht halten können.
Um diesen unbequemen Argumenten etwas entgegenzuhalten, wird häufig die individuelle Entscheidungsfreiheit des Migranten betont. Auch hier hat Collier genauer hingeschaut: Studien zeigen, daß selbst die Auswanderer, die in ihrem Zielland mehr verdienen als in ihrer Heimat, im Schnitt nicht glücklicher sind als zuvor. Jahre nach ihrer Auswanderung zeigen sie sich sogar weniger glücklich als zuvor. Trotzdem wird die Einwanderung aus den ärmsten Ländern der Welt in den Westen in den nächsten Jahrzehnten weiter zunehmen. Das habe einen einfachen, technischen Grund, erklärt Collier nüchtern: Die Ansiedlungskosten für die Nachzügler seien deutlich geringer als für die ersten Einwanderer.
Um das eigene Haus zu verteidigen, müßte Europa oder der Westen deshalb deutliche Zeichen setzen. »Jeder, der mit dem Boot kommt, sollte automatisch zurückgeschickt werden. Erst wenn das durchgesetzt wird, werden die Leute aufhören, es zu versuchen.« Mit diesem Vorschlag als Reaktion auf die Katastrophe von Lampedusa 2013 dürfte Collier viele Kollegen schockiert haben. Jedoch ist diese Maßnahme tatsächlich eine, die für alle Involvierten am besten wäre: Für Europa, weil die Aufnahme weniger Flüchtlinge möglich sein muß, die Integration einer großen Masse dagegen in neue Sackgassen führt. Für die Herkunftsländer, da jede Auswanderungswelle der Klugen weiteren Schaden anrichtet. Und sogar für die Migranten selbst wäre ein Verbot der Überfahrt nach Europa hilfreich, da zu viele diese Abenteuerreise nicht überleben und diejenigen, die es schaffen, in Europa häufig nur auf dem Abstellgleis Platz finden.
Exodus. Warum wir Einwanderung neu regeln müssen von Paul Collier kann man hier bestellen.
Marcus Junge
Wir brauchen keine Einwanderung und müssen daher dort auch nichts regeln. Asyl ist keine Einwanderung! Nur weil die Spezialdemokraten der BRD, samt ihrer politischen Justiz, dies seit Jahrzehnten anders machen, als vorgesehen und vorgeschrieben, muß und darf man dies jetzt nicht "regeln", sondern muß mit dem groben Besen diese Rechtsbrecher aus allen Posten und Ämtern fegen.
Außerdem müssen wir die Ausbürgerung und Ausreise der schon eingeschleusten Schätze und Talente endlich anpacken, regeln, durchführen.