Revolutionärs Edgar Julius Jung. Wir schließen uns dieser Analyse, nicht jedoch der Wortwahl an: Mehrheiten zu bilden und als Vertreter einer bestimmten Masse von Wählern im Parlament zu agieren, kann (muß?) unappetitlich enden. Stehen wir damit endlich einmal in einer Front mit Hans-Olaf Henkel, jenem Europa-Abgeordneten der AfD, der sich für seine Parteimitglieder schämt (sofern sie nicht seiner Meinung sind)?
Zur Erinnerung: Henkel äußerte vor ein paar Tagen in der ZEIT, er schäme sich ab und an in Grund und Boden für die Goldgräber, Ideologen und Karrieristen in seiner Partei. Ob er sich auch ein wenig für sich selbst schämt, weil er seit seinem Parteieintritt im Winter doch eine flotte Karriere hingelegt (Europa-Abgeordneter!) und erfolgreich nach Gold gegraben hat (rund 200 000 € kann ein MdEP jährlich an Gehalt, Spesen und Zulagen abschöpfen)? Vermutlich nicht, vermutlich hält er derlei für sich und seinen Anspruch für angemessen.
Die Rechten möchten er und seine Freunde aus der Wirtschaft jedenfalls gern aus der AfD “ausschwitzen”, und weil Henkel in der Wirtschaft (und ein wenig im Jazz) unser Schicksal sieht, sind die Frontstellungen klar:
1. Hans-Olaf Henkel ist der AfD nicht beigetreten, weil unser Volk eine andere Politik verdient hat, sondern weil er – und nicht nur er – einen politischen Ersatz für die pulverisierte FDP sucht. Wie zu hören ist, bewerben sich auf die Referentenstellen der drei AfD-Landtagsfraktionen eine Menge Leute, die zuvor ihr Brot unter der liberalen Fahne verdient haben und nun einfach ein paar Büros weiter ihren Tisch aufstellen möchten. Das wird ganz im Sinne Henkels sein, der als Gesicht des großangelegten Liberalisierungsversuchs der AfD gelten darf.
2. Henkel ist zynisch wie jeder Liberale: Er redet gut von den Vielen, wenn er sie als Kunden und Käufer ansprechen möchte, schlecht, wenn er in ihnen so etwas wie eine störende, noch nicht geschmierte und eingekaufte Gewerkschaft sieht – und ganz schlecht, wenn er sie für nicht käuflich hält.
3. Wir stellen uns den Werdegang Henkels innerhalb der AfD etwa so vor: Beobachtung des politischen Börsenwerts der AfD und der FDP; Eintritt nach Sondierungsgesprächen mit Lucke; Durchmarsch in Spitzenämter aufgrund in Aussicht gestellter finanzieller Aufrüstung der Partei; Ärger darüber, daß die konservativen Ostverbände mit glänzenden Stimmanteilen Fraktionen bilden können; Kursbestimmungsversuche mittels Vorstandsanweisung; Verblüffung darüber, daß eine Partei etwas anderes ist als ein Unternehmen; Steigerung des Drohpotentials samt Abgrenzung von der eigenen Basis.
4. Eskalieren wird das alles, wenn im kommenden Jahr im Europa-Parlament die Abstimmung über das Freihandelsabkommen TTIP ansteht.
Interessant ist, daß nun Alexander Gauland – seines Zeichens Parteichef und Fraktionsführer in Brandenburg – Henkel riet, die Partei zu verlassen, falls es ihm darin nicht mehr gefalle. Wie darf man diesen Schuß vor den Bug des ebenso finanzstarken wie einflußreichen ehemaligen Wirtschaftsführers verstehen? Als ehrliche, weltanschaulich gefütterte Aufwallung gegen den Verkauf der Partei an die Wirtschaft? Hoffentlich.
Frauke Petry hat nun jedenfalls einen kleinen Teppich ausgerollt, auf dem Henkel zurück in die parteiinterne Eintracht wandern kann, ohne zu stolpern: Henkel habe sich nicht vorstellen können, daß es in der AfD nicht nur Akademiker gebe. Wir wollen nun nicht darauf herumreiten, daß damit implizit jeder Nicht-Henkel zugleich vermutlich ein Nicht-Akademiker ist, sondern blicken amüsiert bis gespannt auf die kommenden Wochen und das Können jener Handwerker, die diesen Pudding an die Wand genagelt haben.
Birne Helene
Wer kann mir die Frage beantworten:
1.) Ist es wahrscheinlich, dass es in einer Partei, AfD, dauerhaft einen Spagat zwischen libertären oder pseudolibertären FDP-HENKELS und nationalkonservativen Vertreten geben kann? Oder muss sich eine Kraft durchsetzen?
2.) Was passiert, wenn die FDP-Henkels gehen? Sind es dann noch 6 % der Wähler, die, die Partei wählen?