Nationalerziehung oder Urmenschen bei Maischberger

pdf der Druckfassung aus Sezession 15/Oktober 2006

sez_nr_152von Angelika Willig

Die deutsche Nation wird vor dem Fernseher erzogen: Keine Serie hat wirkmächtiger das „So-sollst-Du-sein" vermittelt als die Lindenstraße. Ein besonderes Phänomen sind die talkshows: Wer zuschaut, behält niemals Inhalte. Er lernt vielmehr, wer überhaupt mitreden darf, wie man mit jemandem reden muß, dessen Meinung man gar nicht hören will und - das wichtigste - daß das allgemeine Gerede ein Wert an sich sei. Im Grunde weiß am Ende gar keiner mehr, was geredet wurde. Und ob überhaupt.


Eigent­lich hät­ten sie schon am 19. Sep­tem­ber ein­zie­hen sol­len: die Rech­ten im Ers­ten. San­dra Maisch­ber­ger hat­te den NPD-Vor­sit­zen­den Udo Voigt ein­ge­la­den, wie es heißt auf Betrei­ben von Michel Fried­man, der end­lich mal ohne Dro­gen genie­ßen woll­te. Ver­geb­lich: die Pro­gramm­ge­wal­ti­gen luden wie­der aus mit der Begrün­dung, sie könn­ten für den Fort­be­stand der BRD nicht garantieren.
In den fol­gen­den Wochen soll sich, wie man hört, Jür­gen Haber­mas höchst­per­sön­lich ein­ge­schal­tet haben: Ein Dis­kurs, der eini­ge Teil­neh­mer aus­schließt, so der Gelehr­te, bedeu­te in einer Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­sell­schaft das glei­che wie Gefan­ge­nen­la­ger im Kom­mu­nis­mus. Wer sol­ches dul­det, ris­kiert einen gefähr­li­chen his­to­ri­schen Rückschlag.
Trotz­dem: Voigt kommt nicht in Fra­ge, und so einig­te man sich beim Sen­der für die nächs­te Maisch­ber­ger-Run­de auf zwei rechts­extre­me Schwät­zer ohne beson­de­res Amt. Außer­dem Haber­mas sel­ber, einen Rechts­extre­mis­mus-Exper­ten und eine Par­fü­me­rie-Ver­käu­fe­rin aus dem KaDe­We als blon­den Blick­fang und Vol­kes Stimme.

Mode­ra­to­rin: „Sie sind Jahr­gang ’65. Dani­el Cohn-Ben­dit hat gesagt, Links­extre­mis­mus hält jung, wür­den Sie das glei­che auch vom Rechts­extre­mis­mus behaupten?”
Herr A: „Haupt­sa­che, das Volk ist jung.”
Herr B: „Das hät­te ich mir den­ken kön­nen, daß Sie hier wie­der Braun­hem­den vor­füh­ren, die alle blö­den Vor­ur­tei­le bestätigen.”
Herr A: „Wer bei den Reps war, das sagt schon alles.”
Herr B: „Ich war nie­mals Mit­glied der Republikaner.”
Haber­mas: „Das fin­de ich so wun­der­bar, daß bei den Nazis die­se Streit­kul­tur herrscht. Da müs­sen wir einhaken.”
Mode­ra­to­rin: „Aber nun sagen Sie doch mal was zu der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern.”
Herr A: „Das ist völ­lig uninteressant.”
Herr B: „Das ist völ­lig uninteressant.”
Ver­käu­fe­rin: „Jugend ist eine Fra­ge der inne­ren Einstellung.”
Herr B: „Wie kann man eine Par­tei wäh­len, die zwar gute Absich­ten, aber weder die per­so­nel­len Res­sour­cen hat noch …”
Herr A: „Wah­len sind Scheiße.”
Herr B: „Außer­dem besteht das deut­sche Reich fort.”
Herr A: „Wah­len sind immer Scheiße.”
Haber­mas (inter­es­siert): „Ste­hen Sie auf dem Boden der frei­heit­lich-demo­kra­ti­schen Grundordnung?”
Herr A: „Ich bin Sozialist.”

Mode­ra­to­rin: „Ich mer­ke, daß das gar nicht so ein­fach … Was sagen Sie als Fachmann?”
Exper­te (lau­ernd): „Was ver­ste­hen Sie denn über­haupt unter ‚Volk‘?”
Herr A: „Ent­schul­di­gung, aber ich habe noch Bewährung.”
Herr B: „Unter Volk ver­ste­he ich ganz ein­fach das Subjekt.”
Haber­mas: „Bezie­hen Sie sich dabei auf Hegel?”
Herr B: „Ich bin Hartz-Empfänger.”

Exper­te (taut auf): „Wis­sen Sie was, ich schrei­be seit fünf­zehn Jah­ren über Rechts­extre­mis­mus und habe nie begrif­fen, was euch eigent­lich umtreibt. Ich füh­le mich in die­sem Sys­tem rund­um zufrieden.”
Herr A: „Weil Sie einen Job haben und schwul sind.”
Mode­ra­to­rin (dreht sich erschro­cken nach hin­ten): „War­um haben wir eigent­lich kei­nen Men­schen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund eingeladen?”

Ver­käu­fe­rin: „Ich woll­te auch schon mal NPD wäh­len. Aber dann habe ich gedacht: Was machen die, wenn die Ame­ri­ka­ner uns ein­fach aufkaufen?”
Exper­te: „Ein guter Einwand.”
Exper­te: (zu Herrn A) „Von Ihnen gibt es ja so eine Theo­rie … (Herr A schaut stolz Herrn B an) Ich habe das gele­sen. Es hört sich aber ziem­lich nach rus­si­schem Erd­öl an.”
Herr B: „Wir wol­len hier nicht über Hit­ler reden.”
Exper­te: „Wer in die­sem Land die Wahr­heit sagt, redet auto­ma­tisch über Hitler.”
Herr A (fle­xi­bel): „Viel­leicht möch­ten Sie mal an unse­rem Arbeits­kreis ‚Homo­se­xua­li­tät und Natio­nal­so­zia­lis­mus‘ teil­neh­men, immer donnerstags.”
Mode­ra­to­rin: „Das geht aber nicht, daß Sie die Sen­dung für Ihre Ter­min­an­sa­gen nutzen.”

Mode­ra­to­rin: „Wie sehen Sie denn die Dar­stel­lung von Extre­mis­mus in den Medien?”
Exper­te: „Ich bin immer noch der Mei­nung, daß man da mög­lichst objek­tiv sein muß.”
Ver­käu­fe­rin: „Carl Schmitt wür­de dem widersprechen.”
Herr B: „Sie lesen Staatstheorie?”
Ver­käu­fe­rin: „Den Namen hab ich bloß in der Deli­ka­teß­ab­tei­lung aufgeschnappt.”
Haber­mas: „Ich bin ja jetzt Christ.”
Alle (vol­ler Über­ra­schung): „Was? Sie glau­ben nicht mehr an den Menschen?”
Haber­mas (denkt nach): „Jetzt mehr an Gott.”
Herr B: „Ich bin Mit­glied der Pries­ter­bru­der­schaft Pius X.”
Herr A: „Nicht schlecht. Unse­ren Freund Allah kann man mit Odin aber mehr scho­cken. Den kennt er näm­lich noch gar nicht.”
Mode­ra­to­rin: „Nun sind wir von der Land­tags­wahl wie­der ziem­lich weit abgekommen.”
Exper­te (bedeu­tungs­voll): „Ganz im Gegenteil.”
Mode­ra­to­rin (zur Ver­käu­fe­rin): „Wür­den Sie mit einem Nazi ins Bett gehen?”
Ver­käu­fe­rin: „Ja, wenn er Por­sche fährt auf jeden Fall – sonst wür­de ich’s mir noch­mal überlegen.”

Mode­ra­to­rin: „Nun ist ja in der letz­ten Woche ein wei­te­res wich­ti­ges Ereig­nis eingetreten.”
Exper­te (horcht auf): „Nazi­zen­trum in Delmenhorst?”
Mode­ra­to­rin: „Bun­des­prä­si­dent Köh­ler ver­langt eine Bil­dungs­of­fen­si­ve. Was sagen Sie denn dazu?”
Exper­te: „Genau, jetzt mal ech­te Sachargumente.”
Herr A: „Was der Herr Bun­des­prä­si­dent sagt, haben wir schon mal prä­gnan­ter ver­nom­men: Die deut­sche Jugend soll sein hart wie …”
Herr B: „Im Spie­gel steht es auch: wir brau­chen mehr Zucht und Ord­nung. (Pau­se) Der letz­te Reichs­kanz­ler ist ja ein Para­de­bei­spiel für undis­zi­pli­nier­ten Lebens­wan­del, und was dabei herauskommt.”
Haber­mas: „Und was schla­gen Sie vor?”
Herr B: „Eine Eli­te von 10.000 Mann, der Rest bleibt analphabetisch.”
Ver­käu­fe­rin: „Und wie soll ich dann mei­ne SMS schreiben?”
Exper­te: „Das ist verfassungsfeindlich!”
Herr A: „Volks­feind­lich!”
Herr B: „Aber kos­ten­güns­tig. Lesen Sie mei­nen Arti­kel in eigen­tüm­lich frei.”

Haber­mas: „Ich möch­te doch noch ein­mal auf den, wie ich mei­ne, nicht unbe­denk­li­chen Bei­trag im Spie­gel zurück­kom­men. Nicht die Furcht (streckt den Zei­ge­fin­ger vor) ist das klas­si­sche päd­ago­gi­sche Mit­tel, son­dern der Eros.”
Exper­te (sar­kas­tisch): „Ich sage Ihnen was, eines Tages wer­den wir Pro­gres­si­ven noch den Knüp­pel des Sale­mer Dis­zi­plin-Pre­di­gers Bueb gegen eine natio­na­le Begeis­te­rung einsetzen.”
Haber­mas (zufrie­den): „Die neue Unüber­sicht­lich­keit. Mein Buch­ti­tel von vor 20 Jahren.”

Mode­ra­to­rin (schaut in ihre Unter­la­gen): „Die NPD setzt sich für den Erhalt länd­li­cher Schu­len ein. War­um haben wir nichts dafür getan?”
Haber­mas: „Weil dort mit Vor­lie­be Behin­der­te und Bril­len­trä­ger gehän­selt wer­den. Auch für den inter­na­tio­na­len Kon­kur­renz­kampf sind Zwerg­schu­len kei­ne gute Vorbereitung.”
Herr A: „Wir brau­chen kei­nen bes­se­ren Unter­richt, son­dern bes­se­res Erbgut.”
Herr B: „Die Ler­nen­den haben doch nicht des­halb kei­ne Chan­ce, weil sie nichts ler­nen, son­dern sie ler­nen nichts, weil sie sowie­so kei­ne Chan­ce haben. Die Bil­dungs­de­bat­te ist bür­ger­li­che Ideologie.”
Haber­mas: „Das klingt jetzt ganz marxistisch.”
Herr B: „Das ist Band Drei­zehn, soll­ten sie auch ruhig mal wie­der zur Hand nehmen.”
Ver­käu­fe­rin: „Wir soll­ten alle Eng­lisch kön­nen im Haus. Von wegen Inter­na­tio­nal und so. Aber gera­de in der Kos­me­tik gibt es so kom­pli­zier­te Din­ge, die kann man gar nicht übersetzen.”
Exper­te (wit­ternd): „Haben Sie kei­ne Pro­ble­me mit der jüdi­schen Her­kunft von Karl Marx?”
Herr A: „Doch, aber noch mehr Pro­ble­me hät­ten wir ohne sei­ne Politökonomie.”

Mode­ra­to­rin: „Wir soll­ten mal ver­su­chen, ein Resü­mee zu ziehen.”
Herr B: „Ich hät­te mir den Auf­ent­halt außer­halb des Ghet­tos irgend­wie auf­re­gen­der vor­ge­stellt. Mal von den Damen abge­se­hen, da kön­nen unse­re doch noch nicht ganz mithalten.”
Mode­ra­to­rin: „Ich mei­ne, ob es sich lohnt, mit Nazis zu diskutieren.”
Haber­mas: „Ich fin­de schon.”
Ver­käu­fe­rin: „Ich fin­de, wir soll­ten mal rich­ti­ge ein­la­den, das sind doch gar kei­ne richtigen.”
Exper­te: „Blö­der bin ich nicht gewor­den. Viel klü­ger aber auch nicht.”

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