gelungen, den Protestzug nach einem guten Kilometer zu blockieren. Die Polizei war nicht willens, die rund 200 sitzenden Blockierer aus dem Weg zu räumen. Nach einer halben Stunde löste sich der Protestzug friedlich auf. Kositza und ich waren mittendrin, die Stimmung auf der Rückfahrt schwankte zwischen Ernüchterung und Trotz.
Was ist strategisch jetzt noch möglich? Uns ist nämlich, als stünde das Projekt PEGIDA seit gestern abend auf der Kippe.
- PEGIDA versammelte 7500 Demonstranten hinter einigen sehr maßvollen, vernünftigen Forderungen und betonte die Friedfertigkeit des Protests.
- Trotz dieser beiden für die bürgerliche Bewertung von PEGIDA entscheidenden Kriterien haben die Politik und ihr ausführender Arm, die Polizei, die Blockade des Protestzuges zugelassen. Um das klar zu sagen: 200 Blockierer kann man binnen weniger Minuten beiseitezerren, wenn der politische Wille dazu gegeben ist. Außerdem kann man natürlich von vornherein den Zug nicht in eine bauliche Mausefalle lotsen.
- Wir waren – wie gesagt – mitten im Protestzug. Ich führte vielleicht zehn Gespräche – die Teilnehmer sind absoluter bürgerlicher Durchschnitt: ein ehemaliger Offizier, zwei Studenten, ein Rentnerehepaar, ein Autoschlosser, ein Lehrer aus Leipzig, eine Verkäuferin und ihr Mann. Dennoch formiert sich nun über die radikalen Antideutschen hinausreichendes Bündnis gegen die PEGIDA.
- In dieses Bündnis haben sich mittlerweile die TU Dresden und die Semperoper als bürgerliche Institutionen eingereiht. Von beiden Institutionen gibt es keine Distanzierung von den Methoden der Antifa, und es gibt auch niemanden, der nach einer solchen Distanzierung fragen würde. Noch ist es nicht so, daß von Seiten der Politik zu Blockaden und Menschenketten aufgerufen würde, aber man läßt sich bereits für einen gegen PEGIDA gerichteten Stimmungszusammenhang mißbrauchen. Das war an der MDR-Berichterstattung so ab 21 Uhr gut zu hören – wie da nach und nach die Sätze einrasteten und alles in eine Einheitsfront genen PEGIDA gestellt wurde.
- Problematisch ist die kriminelle Vergangenheit eines der Organisatoren. Er sprach das gestern aus, berichtete, daß er seine Strafe abgesessen habe und betonte, daß die Bürgerbewegung wichtiger sei als seine Person, er also sofort zurücktreten würde, sollte er mehr Schaden als Nutzen bringen. Wie dem auch sei: Bachmann hat keine besonders bürgerliche Karriere hinter sich, und das wird natürlich nun ausgebreitet.
Dies alles zeigt, daß die Strategie der Normalität, des Spaziergangs und der Minimalforderungen bisher zwar aufging, gestern aber den Kippunkt erreicht hat: Sollte die Konfrontation in Gewalt umschlagen, werden die Bürger wegbleiben. Der radikale Rest wird dann den radikalen Rest von überall her anlocken, und als Ganzes wird dieses Gebilde dann kriminalisierbar sein.
Es muß also an den kommenden Montagen gelingen, die Zahl der Protest-Spaziergänger nochmals zu steigern und auf einer anderen Demonstrationsroute ans Ziel zu bringen, und zwar wiederum gewaltfrei und mit dem bürgerlichen Habitus, der PEGIDA bisher und noch immer nicht zum Ziel eines breiten. städtischen Gegen-Bündnisses gemacht hat. Welche Maßnahmen stehen zur Wahl?
- Man könnte sich einen Verbündeten aus der Politik holen, der mehr Autorität der Polizei und der Politik gegenüber mitbrächte. Aus unserer Sicht ist ja die AfD der geborene Partner dieses bürgerlichen Protestes, und diese Partei könnte zweierlei leisten: Sie könnte sich ihrer Basis vergewissern (denn nichts anderes geht da spazieren), und sie könnte zweitens mit dafür sorgen, daß der Frust über die Gegenwehr nicht in Gewalt, dumme Parolen und damit in einen Verlust der Normalität umschlüge.
- PEGIDA könnte zweitens über andere Bewegungsstrategien nachdenken (Sternmarsch, wilder Spaziergang in Gruppen vom Ort der Auftaktkundgebung zu dem der Abschlußkundgebung): Die antideutsche Antifa hat nämlich in der Tat noch kein breites Bündnis auf die Straße gebracht und gerade einmal 700 bis 800 Gegendemonstranten mobilisieren können, von denen ein kleinerer Teil aus Berlin, ein größerer aus Leipzig angereist war. Was nun, wenn in Leipzig auch demonstriert würde, wenn die LEGIDA in Leipzig also die dortige Antifa bände, und zwar am selben Tag? Der Leipziger Ableger muß nun also lieber bereits in der nächsten Woche mit seinen Montagsdemonstrationen beginnen, und nicht erst Mitte Januar.
Es ist schon ernüchternd, daß die Politik in Dresden den Volkswillen (der sich in PEGIDA ziemlich machtvoll äußert) vor eine solche Zerreißprobe stellt und auf der anderen Seite aufs dem Haß der Antifa so etwas wie einen Volkswillen zu konstruieren sucht. Ebenso ernüchternd ist, daß diejenige Partei, die eine Alternative sein möchte, die Gelegenheit dieser klaren Positionierung nicht beim Schopfe packt.
Fazit: Am kommenden Montag muß der Spaziergang wieder zu einem erfolgreichen Abschluß kommen. Dieser Abschluß hätte gestern auch an der Elbe und vor der Blockade erfolgen können – nichts ist schlechter als ein Auseinandergehen ohne Befehlsausgabe für den kommenden Montag. Des weiteren sollte es rasch zu entlastenden Demonstrationen in Leipzig, Halle oder auch Berlin kommen. Würzburg hat gestern immerhin demonstriert (hier ein Bericht), aber das ist im Sinne der Entlastung leider ein bißchen zu weit weg:
Hesperiolus
Mit welchem Recht positionieren sich TU Dresden und Semperoper als politische Akteure gegen eine doch wohl zugelassene Kundgebung? Dürfen die das? Leben wir in einem freien Rechts- oder wirklich schon in einem ideologisch derart durchkorrumpierten Gesinnungswächterstaat?