Okay, „in den Flüchtlingen und in jedem anderen Ausländer begegnet uns Jesus Christus selbst“. Wenn’s so ist, dann hätte der Hirte von den hundert Millionen Christen nicht schweigen dürfen, die heute in über 50 Ländern weltweit verfolgt werden. Und nicht von jenen flüchtenden Christen, die in den vergangenen Wochen von muslimischen Mitfahrern über Bord ins Meer geworfen wurden, weil sie angesichts eines Unwetters nach Christenart zu beten begannen. Nicht schweigen hätte er dürfen von jenen zahlreichen Vorfällen in deutschen Asylheimen, in denen Christen selbst auf vermeintlich sicherem Boden ihres Lebens nicht sicher sind, weil sie von Andersgläubigen attackiert werden.
Das alles sind Geschehnisse, die selbst einem Konsumenten der Massenmedien nicht entgangen sein dürften. Bischof Feige aber entblödete sich nicht, von einer dumpfen „Fremdenfeindlichkeit“ zu reden, die „seit einigen Wochen auf bestimmten Demonstrationen zum Ausdruck“ (Sag nicht das Wort! – Warum eigentlich nicht?) gebracht werde. Die dazu führe, daß sich ein „zwölfjähriger Moslem“ in Dresden Montagsabends nicht mehr auf die Straße traue.
Wegen PEGIDA etwa? Wo sie laufend beteuern, nichts gegen „den Islam an sich“ zu haben? Oder aber wegen der hetzerischen Berichterstatttung über PEGIDA, der wohl auch Feige erlegen ist? Feige spricht über die „irrationalen Ängste“ des „Stammtischs“ und übersieht (passend zu jenem, auf den in der Bergpredigt angespielt wird, “Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?“) die eigenen „irrationalen Ängste“.
Ich bemerke während der Fastenpredigt, daß neben mir Sohn und Tochter im Anhang des Gotteslobs blättern. „Was macht ihr da?“ hauche ich streng. „ Na, die Lebensgeschichten der guten Heiligen und Seligen nachlesen. Du hast doch mal gesagt, das machst du immer, wenn du so einen lauten Piepton im Ohr hast.“
Ich merke bald, daß das Piepen so laut nicht sein kann. Als vorne jene Frau als vorbildlich gerühmt wird, die „weil es im nahegelegenen Aufnahmelager keinen Strom gab, täglich die Handys von Flüchtlingen aufgeladen“ hat, merk ich, daß die Kinder sich anstoßen und leise kichern.
Der Pfarrer liest weiter vor. Die Rede von Wirtschaftsflüchtlingen sei ungerecht:
„Wer kann es Menschen, die in notvollen Verhältnissen leben, verdenken, wenn sie sich – von den Medien weltweit über den Luxus anderswo in Kenntnis gesetzt – eines Tages auf den Weg machen, um dort vielleicht ein besseres Leben zu finden? Sind nicht Millionen von Menschen in unserem Land selbst die Nachfahren von Zugewanderten, Vertriebenen und Flüchtlingen, die hier für sich eine neue Heimat und eine bessere Zukunft gesucht haben? Und wären, wenn man nach 1989 in Ostdeutschland nicht bald die D‑Mark eingeführt hätte, nicht viele DDR-Bürger ebenfalls zu „Wirtschaftsflüchtlingen“ geworden?“
Wer so redet, dem ist nicht zu helfen. Ich erinnere mich an meinen persönlichen Kontakt zu Bischof Feige. Vor vielen Jahren hatte meine Tochter eine (als sehr anstrengend empfundene) Firmvorbereitung hinter sich gebracht. Kurz vor dem Firmdatum gab es einen Sonntagsgottesdienst mit dem Bischof. Wow, yeah!, so läßt sich diese Stunde umreißen. Es wurde wild getrommelt. Die Kirche wurde gerockt mit widerspenstigen neuen Liedern („Füllt den Wein nicht in die alten Schläuche, zwängt die junge Kirche nicht in alte Bräuche“ etc.), man schunkelte, klatschte und stampfte wild.
Ich schrieb am gleichen Tag an meine Patin: „Den Bischof nehm ich in Schutz, er kann ja nichts dafür.“ Sie schrieb zurück: „Ein Bischof, der sich so etwas bieten läßt, ist kein Hirte. Er hat seine Möglichkeiten. Wenn er sie nicht nutzt, soll er Deine Tochter nicht firmen.“
Das war der Zeitpunkt, als wir geistlich auswanderten. Meine freundlich vorgetragene Kritik hatte der Bischof damals nicht beantwortet, seinen formalen Segen zur Firmungsdelegation aber gegeben. Als glückliche Exilantin hörte ich heute seine Worte. Es gibt solche und solche Christen. Die einen riskieren ihr Leben, die anderen nicht mal ihre Lippe. Mt 3,12:
„Schon hält er die Schaufel in der Hand; er wird die Spreu vom Weizen trennen und den Weizen in seine Scheune bringen; die Spreu aber wird er in nie erlöschendem Feuer verbrennen.“
23.2. 2015 – Klagen wir nicht oft, die Leitmedien würden abweichende Haltungen diskreditieren oder „totschweigen“? Tun sie doch gar nicht! Heute früh im Deutschlandradio ein geradezu extrem verständnisvolles Expertengespräch über bestimmte Normabweichler. Genauer: über Pädophile.
Sebastian Edathy, so begann die Klage, sei ja „öffentlich längst verurteilt“. Die „Skandalisierung“ überwiege leider die Sachkenntnis. Weniger der zum Gespräch geladene Experte, der klinische Sexualpädagoge Christoph Ahlers, mehr der dradio-Moderator gab schier alles, um die ungerechte „Vorverurteilung“ von Pädophilen zu brandmarken. Es sei doch vielleicht nichts Schlechtes daran, wenn Leute, die sich zu „Kindern hingezogen fühlen“ (Achtung, Wortwahl! Wer, gerade unter Eltern, täte das nicht?), versuchten, über „besagte Photos Kontrolle über sich auszuüben“? (Subtext: Wenn die sich an Bildern aus dem Netz aufgeilen, tun sie das doch aus Verantwortungsbewußtsein, damit sie sich nicht auf der Straße ein Kindlein schnappen!)
Heute, so der Moderator, sei es noch undenkbar, daß ein Politiker frank & frei bekenne, er sei pädophil. (Subtext: Das war bei Homosexuellen vor ein paar Jahrzehnten nicht anders. Heute hingegen wird es weit und breit akzeptiert!) Ja, sagte Herr Ahlers, der Gedanke sei heute noch nicht vermittelbar, daß diese „Ausformung einer Sexualpräferenz Teil einer Persönlichkeit sei, die nichts darüber aussage“, was der Betreffende „auf der Handlungsebene tut“.
Bedauert wurde gemeinsam, daß es heute mit den „verhaltensabstinenten Pädophilen“ noch nicht so sei wie mit den „trockenen Alkoholikern“, denen jeder auf die Schulter klopfe und ihr Verhalten rühme. Einig war man sich auch, daß es eine gesellschaftliche Anstrengung geben müsse, mit diffusen Ängsten in der Bevölkerung vor straffällig gewordenen, aber “trockenen“ Pädophilen aufzuräumen.
24.2. 2015 – Wann und wie wurde ich politisiert? Wann: sehr früh jedenfalls. Eine Rolle spielte der Flucht- und Vertreibungshintergrund meiner Eltern. Er war immer präsent. Ich erinnere mich an eine Szene, da war ich elf: In unserer Lokalzeitung erschien in der Randspalte der Name meines Vaters. Grund: sein zwanzigjähriges Betriebsjubiläum.
„E. Kositza arbeitet seit 20 Jahren bei der Firma xy. Dort ist der gebürtige Pole für (…) zuständig.“ Das gab einen Aufruhr! Gebürtiger Pole! Ich weiß noch genau, wie der Papa sich an jenem Samstag ohne Frühstück aufs Rad schwang und in die Stadt zum Redaktionshaus düste. Um dort „Köpfe zu waschen“! Wie er zurückkam und sagte, die Verantwortliche war ein Mädchen, keine Ahnung von nix, der hab ich erstmal die deutsche Geschichte erklären müssen. Er habe sie gefragt, ob sie im Unterricht geschlafen habe. Er habe ihr beigebracht, das Wroclaw mal Breslau hieß, usw.
1946 hatte meine Oma, gebürtige Deutsche und in Deutschland wohnhaft, die Aufforderung erhalten, bis zum nächsten Morgen ihre Kinder und exakt einen Koffer zu packen. Eins der Kinder war mein Vater. „Ich als gebürtiger Pole“ ist bis heute ein geflügeltes Wort in unserer Familie. Es wird bei allerlei Tatsachenverdrehung und Geschichtsklitterung angebracht.
Heute gab mir meine Mutter einen Brief. Hier, sagte sie, ich hab das mal aufgeschrieben, ich weiß gar nicht, wem ich das schicken soll. „Du weißt sowas doch.“ Weiß ich in dem Fall nicht. Dem Statistischen Bundesamt?
Sehr geehrte Damen und Herren, wie ich heute erfahren habe, werde ich als Bundesbürgerin mit Migrationshintergrund geführt. Dabei bin ich seit je Deutsche. Sie dürfen mich nicht falsch verstehen. Ich finde, beides sollte nichts Ehrenrühriges sein. Weder das Deutschsein noch der Migrationshintergrund. Aber man sollte doch bei der Wahrheit bleiben.
Was ich tragisch finde: Als 1945 die Russen über die Oder nach Oberschlesien einrückten, durchkämmten sie das Gebiet nach deutschen Männern. Mein Vater hatte sich mit Kollegen im Wald versteckt. Er war Bahnangestellter. Er war nie Soldat gewesen. Die Russen fanden ihn. Er war unbewaffnet. Er hatte nie eine Waffe getragen. Sie brachten ihn auf seinen Hof, erschossen ihn und überfuhren die Leiche vor den Augen meiner Mutter und meiner älteren Geschwister mit dem Panzer. Seine einzige Schuld: Deutscher gewesen zu sein. Deshalb, nur deshalb mußte er sterben. Meiner Mutter ging es nicht gut im dann polnisch gewordenen Oberschlesien. Sie durfte nicht mal in ihren eigenen Wänden deutsch mit uns sprechen, das wurde durch Fenstergucker und – horcher überwacht. Erst 1958, da hatten wir unsere Hoffnung schon fast aufgegeben, wurde ihr Ausreiseantrag in die Bundesrepublik bewilligt. Mein Vater mußte sterben, weil er Deutscher war. Und ich werde heute als „Bürgerin mit Migrationshintergrund“ erfaßt. Irgendwas läuft da schief. Er verletzt jedenfalls meine Gefühle.
Mit freundlichen Grüßen, E. Kositza.
birne helene
"Irgendwas läuft da schief. Er verletzt jedenfalls meine Gefühle."
Das interessiert die Herrschaften nicht. Sie wollen ihre Ziele um jeden Preis durchsetzen. Diese Leute haben die deutsche Mutter, die Kinder erzog, abgeschrieben und setzen auf ALI und FATIMA als "Neudeutsche". Deswegen kann uns auch der tiefste innere Hass gegenüber diesen Leuten antreiben. Dieser zielorientierte Hass, der keine Grenzen kennen darf, muss natürlich nach außen hin elegant kaschiert werden, weil Hass nicht gesellschaftsfähig ist. Aber wir alle haben ein Recht diesen Hass in einiger Zeit befriedigt zu sehen, und das Ganze "demokratisch mit Ich-Botschaften und genderorientierter Interkulturalkompetenz".