„Wir müssen morgens extrem schnell arbeiten.“ – Eine Marginalie zum Thema Lügenpresse

von Jakob Altenburg

Von Montag bis Samstag veröffentlicht die Internetseite perlentaucher.de jeden Morgen...

einen “Rund­blick durch die Feuil­le­ton­de­bat­ten”, der auch auf Spie­gel Online (“Heu­te in den Feuil­le­tons”) zu lesen ist. 2003 gab’s dafür den Grim­me Online Award, mit der Begründung:

„Täg­lich ab 9 Uhr lie­fert der Per­len­tau­cher dem Kul­tur­in­ter­es­sier­ten einen ver­läss­li­chen Zuge­winn an Lebens­zeit und Ori­en­tie­rung: ‘Heu­te in den Feuil­le­tons’ destil­liert in knapp kom­men­tier­ter Form die Quint­essenz aus den deutsch­spra­chi­gen Feuil­le­tons“. Mitt­ler­wei­le liest der Per­len­tau­cher am frü­hen Mor­gen auch aus­län­di­sche Zei­tun­gen und Maga­zi­ne, und so war am 9. März 2015 unter der Über­schrift Ideen fol­gen­des zu lesen:

Der fran­zö­si­sche Pre­miem­ins­ter (sic) Manu­el Valls fällt mal wie­der durch eine über­ra­schend hell­sich­ti­ge Äuße­rung auf. Der lin­ke und popu­lä­re Phi­lo­soph Michel Onfray hat in Le Point – hier etwas ver­kürzt – gesagt, er habe lie­ber mit dem rechts­extre­men Phi­lo­so­phen Alain de Benoist unrecht als mit dem lin­ken Phi­lo­so­phen Ber­nard-Hen­ri Lévy recht. Dar­auf Manu­el Valls laut Huffpo.fr in einem Radio­in­ter­view: „Wenn ein bekann­ter, von vie­len geschätz­ter Phi­lo­soph wie Michel Onfray sagt, dass Alain de Benoist, der die Neue Rech­te in den Sieb­zi­gern und Acht­zi­gern form­te und in gewis­ser Hin­sicht die ideo­lo­gi­schen Grund­la­gen für den Front Natio­nal leg­te, bes­ser sei, als Ber­nard-Hen­ri Lévy, dann muss man wohl sagen, dass hier die Maß­stä­be ver­lo­ren gehen.“

Nach der Anmer­kung des Kom­men­ta­tors “Tra­duc­tion Correcte”

Apro­pos Michel Onfray: Ihre Dar­stel­lung ist nicht „etwas ver­kürzt“, son­dern schlicht falsch. Auch der hell­sich­ti­ge Valls liegt völ­lig dane­ben, denn Onfray hat fol­gen­des gesagt:

„… Con­cluez si vous vou­lez que je pré­fè­re une ana­ly­se jus­te d’Alain de Benoist à une ana­ly­se injus­te de Minc, Attali ou BHL et que je pré­fé­rais une ana­ly­se qui me paraisse jus­te de BHL à une ana­ly­se que je trou­ve­r­ais injus­te d’Alain de Benoist … Les Papous vont hur­ler! Mais ils ne me feront pas dire que je pré­fè­re une ana­ly­se injus­te de BHL sous pré­tex­te qu’il dit qu’il est de gau­che et que Pierre Ber­gé, Libé­ra­ti­on, Le Mon­de et le Nou­vel Obser­va­teur, par­don, L’Obs affir­ment aus­si qu’il le serait…“

änder­te der Per­len­tau­cher sei­nen Ein­trag zuerst in (Ände­run­gen fett):

(Ergänzt um 10.04 Uhr) Der fran­zö­si­sche Pre­miem­ins­ter Manu­el Valls fällt mal wie­der durch eine über­ra­schend hell­sich­ti­ge Äuße­rung auf. Der lin­ke und popu­lä­re Phi­lo­soph Michel Onfray hat in Le Point – hier etwas ver­kürzt – gesagt, er habe lie­ber mit dem rechts­extre­men Phi­lo­so­phen Alain de Benoist unrecht als mit dem lin­ken Phi­lo­so­phen Ber­nard-Hen­ri Lévy recht. Dar­auf Manu­el Valls laut Huffpo.fr in einem Radio­in­ter­view: „Wenn ein bekann­ter, von vie­len geschätz­ter Phi­lo­soph wie Michel Onfray sagt, dass Alain de Benoist, der die Neue Rech­te in den Sieb­zi­gern und Acht­zi­gern form­te und in gewis­ser Hin­sicht die ideo­lo­gi­schen Grund­la­gen für den Front natio­nal leg­te, bes­ser sei, als Ber­nard-Hen­ri Lévy, dann muss man wohl sagen, dass hier die Maß­stä­be ver­lo­ren gehen.“ Michel Onfray ver­wahrt sich in einem Blog­ein­trag gegen Valls’ Darstellung.

und weni­ge Zeit spä­ter in (Ände­run­gen fett)

(Ergänzt und kor­ri­giert um 10.04 Uhr) Der fran­zö­si­sche Pre­miem­ins­ter Manu­el Valls fällt mal wie­der durch eine über­ra­schend hell­sich­ti­ge Äuße­rung auf. Der lin­ke und popu­lä­re Phi­lo­soph Michel Onfray hat in Le Point – hier etwas ver­kürzt – gesagt, er zie­he zur Not eine kor­rekt­re (sic) Ana­ly­se des rechts­extre­men Phi­lo­so­phen Alain de Benoist einer inkor­rek­ten des Ber­nard-Hen­ri Lévys vor. Dar­auf Manu­el Valls laut Huffpo.fr in einem Radio­in­ter­view: „Wenn ein bekann­ter, von vie­len geschätz­ter Phi­lo­soph wie Michel Onfray sagt, dass Alain de Benoist, der die Neue Rech­te in den Sieb­zi­gern und Acht­zi­gern form­te und in gewis­ser Hin­sicht die ideo­lo­gi­schen Grund­la­gen für den Front natio­nal leg­te, bes­ser sei, als Ber­nard-Hen­ri Lévy, dann muss man wohl sagen, dass hier die Maß­stä­be ver­lo­ren gehen.“ Michel Onfray ver­wahrt sich in einem Blog­ein­trag gegen Valls’ Darstellung.

und ant­wor­te­te dem genann­ten Kommentator:

Hier der Link zu den voll­stän­di­gen Zita­ten bei Michel Onfray: https://mo.michelonfray.fr/tele…

So kann sich jeder selbst ein Bild machen. Den Link für­gen (sic) wir auch oben in der Pres­se­schau ein.

Der hak­te erneut nach:

Mir ist der Streit zwi­schen Onfray und Valls („Manu­el Valls est un cré­tin“) herz­lich egal, aber mich stört, daß der Per­len­tau­cher, mein täg­lich Brot in Sachen Feuil­le­ton, nicht sau­ber recher­chiert und über­setzt: Wo bit­te bezeich­net Onfray de Benoist als „rechts­extrem“, wo bit­te spricht er davon, des­sen Ana­ly­sen „zur Not“ vorzuziehen?

Dar­auf­hin der Perlentaucher:

Dass Benoist ein Autor der extre­men Rech­ten ist, dürf­te als ver­bürgt gel­ten. Onfray hat es nicht dazu­ge­sagt, weil es in Frank­reich all­ge­mein bekennt (sic) ist. Das „zur Not“ steht in unse­rer Para­phra­se, wir schrei­ben es ncht (sic) Onfray zu,. (sic) Wir müs­sen mor­gens extrem schnell arbei­ten, da pas­sie­ren auch Feh­ler. Dan­ke für die Korrektur.

Den Schluß­punkt setz­te “Tra­duc­tion Correcte”:

Dann arbei­ten Sie doch bit­te ein wenig lang­sa­mer, so lang­sam, daß Ihre Sorg­falt und Red­lich­keit nicht dar­un­ter leiden! 😉

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Kommentare (4)

Unke

13. März 2015 11:24

Großartig, vielen Dank!
Es ist DDR 2.0: die "richtige" Gesinnung diffundiert bis in die kleinsten Verästelungen. Man fragt sich was die Eleven auf der Journalistenschule so lernen... vermutlich nichts.

Steffen

13. März 2015 15:51

Die gesamte Kaskade an Lächerlichkeiten des Kulturbetriebs "in a nutshell", wie es der Angelsachse zu sagen pflegt.
Schlecht recherchierte "instant" Informationen für oberflächlich Schnelllebige, moralisches Vorkauen (oder doch eher Verdauen) samt der Markierung unbeliebter Objekte mit einschlägigem Vokabular - und um dem ganzen die Krone aufsetzen zu können, der "Grimme Online Award" für diese Farce.

Stephan

14. März 2015 03:09

Das „zur Not“ steht in unserer Paraphrase, wir schreiben es ncht (sic) Onfray zu,. (sic)

Auch in indirekter Rede darf das Originalzitat selbstverständlich nicht verfälscht werden. Und wer "extrem schnell" arbeitet, lässt Dinge aus, und er verschreibt sich von mir aus. Er dichtet aber keine Details ("zur Not", "rechtsextrem") hinzu.

Mein Gott, kann man nicht einfach einmal intellektuell ehrlich sein? Hat denn heutzutage jeder so einen Bekehrungswunsch und Bevormundungsdrang - frei nach dem Motto: "die Wahrheit trau' ich mir selbst zu und niemandem sonst"?

Kreuzweis

14. März 2015 12:56

Sehr erhellend, sehr musterhaft!
Daß hier Übersetzungsfehler vorlägen halte ich für wenig glaubhaft. Eher dürfte es ein zwanghafter Drang zum Lügen und Verleumden sein. Aus dem Impressum:

"Thierry Chervel, geboren 1957, hat Musikwissenschaften studiert. Er war Redakteur bei der taz (Film, Musik, Tagesthemen), Kulturkorrespondent für die Süddeutsche Zeitung in Paris und Redakteur auf der Berliner Seite der Süddeutschen. Mitbegründer des Perlentauchers.
Er hat auch an der Website für seinen jüngst verstorbenen Vater Marc Chervel (https://www.marc-chervel.fr) mitgearbeitet."

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