Wenn Wissenschaftler im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung fordern, Deutschland bräuchte bis dahin um die 15 Millionen „Fachkräfte“ aus Nicht-EU-Staaten, dann ist das ein Schlag ins Gesicht meiner Generation.
Im Klartext heißt das nämlich, daß diese Wissenschaftler es meiner Generation nicht zutrauen, Deutschland halbwegs über die Runden zu bringen. Gibt es für dieses Mißtrauen nun irgendwelche nachvollziehbaren Gründe?
Nein! Nicht im Geringsten. Man kann meiner Generation viel vorwerfen. Ihr mangelt es an Idealismus, sie ist opportunistisch und sie interessiert sich nicht für die Vergangenheit ihres Volkes. Aber eines zeichnet diese Generation definitiv aus, was den technokratischen Wissenschaftlern eigentlich sogar gefallen müßte: Mindestens seit 1945 hat es keine solch pragmatische Generation wie meine gegeben.
Diese Generation ist dermaßen leistungsbereit, daß sie anscheinend alle anderen Dinge, die das Leben ausmachen könnten, vergißt. Es gibt in meinem Bekanntenkreis zwei Sorten von Menschen: solche, die unermüdlich arbeiten und noch keine Kinder haben; und solche, die sich sehr bewußt für eine Familiengründung entschieden haben und in den nächsten 35 Jahren alle damit verbundenen Entbehrungen und Konsequenzen gerne tragen werden.
Niemand in meiner Generation wird meckern. Niemand wartet darauf, daß irgendwann einmal andere unseren Wohlstand erarbeiten. Das können wir selbst gut genug.
Wir sind eine selbstbewußte Generation, weil sich durch die weitverbreitete Geburtenverweigerung unserer Elterngeneration die meisten Türen wie von selbst öffnen. Wir werden zu jeder Zeit einen Arbeitsplatz finden und können es uns sogar erlauben, mit unserem Chef über unsere „Work-Life-Balance“ zu debattieren.
Pragmatismus – das bedeutet auch, daß wir die nötige Härte mitbringen, um im 21. Jahrhundert bestehen zu können. Wir erwarten keine Rente mit 65. Zugleich fehlt uns das Mitleid für kinderlose Rentner, deren Ersparnisse dafür draufgehen, daß sie sich ihre letzten Lebensjahre im betreuten Wohnen oder Altersheim versorgen lassen.
Wir sind übrigens auch klug genug, um zu wissen, daß es zu unserem eigenen Vorteil ist, wenn ein paar Polen, Spanier oder Griechen bei uns aushelfen, wenn es tatsächlich einen Engpaß gibt – etwa, wenn in einer ländlichen Gegend sich kein einheimischer Arzt mehr finden läßt, der die Behandlung unserer Eltern übernimmt. Dann freuen wir uns, wenn ein Einwanderer diese Aufgabe übernimmt, damit uns der Krankendienst erspart bleibt.
Warum aber nun 15 Millionen Afrikaner und Asiaten dafür nötig sein sollen, daß es uns auch in Zukunft gut geht, das leuchtet uns nicht ein. Nichts gegen Afrikaner und Asiaten, wir sind schließlich wahnsinnig stolz auf unsere Toleranz und Weltoffenheit, aber zwei mal drei hat eben nur bis kurz nach 1968 vier ergeben.
Zwei Google-Suchanfragen reichen aus, um die Fehler der tollkühnen Rechnungen der Einwanderungsbefürworter zu entlarven: Drei von vier Flüchtlingen, die vor zehn Jahren nach Dänemark kamen, sind heute arbeitslos. Wenn das mit den 15 Millionen neuen „Fachkräften“ genauso laufen sollte, müßten wir für über elf Millionen Menschen zusätzlich sorgen. Sorry, das Risiko ist uns zu groß, denn in Großbritannien sieht es nicht besser aus. Das Land profitierte zwar von europäischer Zuwanderung, mußte aber in den letzten Jahren 120 Milliarden Pfund an Verlusten durch Einwanderung von außerhalb Europas verbuchen.
Würden wir bei unserer eigenen Lebensplanung genauso verantwortungslos rechnen wie die Bertelsmänner dieser Republik, hätte Deutschland ein echtes Problem. Dann wären wir nämlich wirklich bald Pleite. Aber keine Sorge: Wir bleiben pragmatisch.
Wilhelm Mayrhuber
Hoffen wir, dass Sie Recht behalten Herr Menzel! Ich - drei Jahre älter als Sie - kann bestätigen:
-Wer im Alter kinder- und mittellos ist, hat selten Mitleid verdient
-Wer an einen gottgegebenen Anspruch auf staatliche Rente glaubt, ist nicht ganz dicht
-Gegen harte Arbeit habe ich nichts - und erst recht nicht gegen Selbständigkeit