Nationale Verantwortung und globale Gerechtigkeit

Der englische Politologe David Miller, der in Oxford lehrt, ist in Deutschland ein Unbekannter.

Felix Menzel

Felix Menzel ist Chefredakteur des Schülerblogs blauenarzisse.de.

Das ist des­halb scha­de, weil sein Buch Natio­nal Respon­si­bi­li­ty and Glo­bal Jus­ti­ce (2007) bes­tens dafür geeig­net wäre, die der­zei­ti­ge Debat­te über Flücht­lin­ge und ille­ga­le Ein­wan­de­rer voranzubringen.

Mil­ler ent­wirft in dem Buch eine Gerech­tig­keits­theo­rie „für eine Welt der Unter­schie­de“ und geht dabei in einem Kapi­tel expli­zit auf das Pro­blem der Ein­wan­de­rung ein. Er meint, wir könn­ten „nicht gänz­lich gleich­gül­tig“ gegen­über dem Schick­sal aller Men­schen sein, „selbst wenn wir in kei­ner­lei Bezie­hung zu ihnen stehen“.

Da ist etwas, was wir ihnen schul­den. Ein sol­ches locke­res Ver­ständ­nis von Welt­bür­ger­tum sagt jedoch nicht, was die­ses „Etwas“ ist und ver­pflich­tet uns erst recht nicht zu einer glei­chen Behand­lung aller Men­schen in einem sub­stan­ti­el­len Sinne.

Bezo­gen auf Flücht­lin­ge und Ein­wan­de­rer stel­le uns dies vor eine Wahl: Ent­we­der sor­gen wir dafür, daß die grund­le­gen­den Rech­te der Men­schen in ihrer Hei­mat geschützt wer­den oder wir müs­sen ihnen gestat­ten, in ande­re Gemein­schaf­ten zu zie­hen, wo dies gewähr­leis­tet ist. „Ein­fach die Gren­zen dicht zu machen und nichts Wei­te­res zu unter­neh­men, ist hier kei­ne Opti­on, die sich mora­lisch ver­tei­di­gen läßt“, betont Miller.

Aus­ge­hend davon erklärt der Poli­to­lo­ge, war­um es bes­ser ist, etwas für die Men­schen in ihrer Hei­mat zu tun, anstatt sie ein­wan­dern zu las­sen. Wer auf glo­ba­le Unge­rech­tig­keit mit offe­nen Gren­zen ant­wor­te, sor­ge nur dafür, daß es den ganz Armen, die sich kei­ne Migra­ti­on leis­ten kön­nen, mit­tel­fris­tig noch schlech­ter gehen wird. Bei offe­nen Gren­zen ergibt es logi­scher­wei­se für die ärms­ten Län­der kei­nen Sinn mehr, in Bil­dung zu inves­tie­ren, da die klügs­ten Köp­fe sowie­so aus­wan­dern. Genau­so sehe es auch beim The­ma Gebur­ten­kon­trol­le aus:

Sol­che Staa­ten haben wenig oder gar kei­nen Anreiz, der­ar­ti­ge Maß­nah­men zu ergrei­fen, wenn sie ihren Bevöl­ke­rungs­über­schuß durch inter­na­tio­na­le Migra­ti­on „expor­tie­ren“ kön­nen, und weil sol­che Maß­nah­men gewöhn­lich unpo­pu­lär sind, besteht ein posi­ti­ver Anreiz, sie nicht zu verfolgen.

Bereits die­se Argu­men­te müß­ten eigent­lich genü­gen, um den Hyper­mo­ra­lis­ten zu bewei­sen, daß sie an der fal­schen Stel­le hel­fen wol­len. Statt Flücht­lin­ge am bes­ten gleich von der liby­schen Küs­te abzu­ho­len, wäre es doch zum Bei­spiel viel wich­ti­ger und effek­ti­ver, sich auf den Kampf gegen den welt­wei­ten Hun­ger zu kon­zen­trie­ren. Schließ­lich sind über 800 Mil­lio­nen Men­schen unter­ernährt und ca. 30.000 ver­hun­gern jeden Tag.

Doch das Pro­blem ist natür­lich kom­ple­xer. Das weiß auch Mil­ler. Er kri­ti­siert des­halb die Ten­denz, die Men­schen­rech­te auf eine viel zu umfas­sen­de Wei­se aus­zu­le­gen. Obwohl es in den letz­ten Jahr­zehn­ten noch nicht ein­mal ansatz­wei­se gelun­gen ist, die vier Frei­hei­ten (Mei­nungs- und Reli­gi­ons­frei­heit, Frei­heit von Not und Furcht) welt­weit durch­zu­set­zen, erhe­ben Men­schen­recht­ler immer neue For­de­run­gen. Dazu gehört auch ein angeb­li­ches „Men­schen­recht auf Einwanderung“.

Von so etwas zu spre­chen, ist jedoch gro­ßer Unfug. Zu den exis­ten­ti­el­len Rech­ten des Men­schen zäh­le zwar die Bewe­gungs­frei­heit, erklärt Mil­ler. Es sei des­halb ein Ver­bre­chen, Men­schen ohne Grund auf engs­tem Raum ein­zu­sper­ren. Sehr wohl müs­se es aber Staa­ten gestat­tet sein, Men­schen die Ein­rei­se zu ver­wei­gern. Für Flücht­lin­ge muß sicher­ge­stellt sein, daß sie eine genü­gen­de Anzahl von Optio­nen haben. Frei­heit bedeu­tet jedoch nicht, immer alle Optio­nen offen zu haben. Man kön­ne auch immer nur die Frau hei­ra­ten, die einen auch hei­ra­ten möch­te, und eben nicht jede.

In der der­zei­ti­gen Situa­ti­on müß­te dies zur Fol­ge haben, inter­na­tio­na­le Richt­li­ni­en zu eta­blie­ren, „nach denen Flücht­lin­ge ent­spre­chend den vor­han­de­nen Kapa­zi­tä­ten der Gast­län­der auf­ge­nom­men, unter­ge­bracht und, falls not­wen­dig, inte­griert wer­den“, so Mil­ler in einem kürz­lich geführ­ten Interview.

Ohne sol­che Richt­li­ni­en muß jede Gesell­schaft ernst­haf­te Anstren­gun­gen unter­neh­men, um die Ver­tei­lung der Las­ten und ihre quan­ti­ta­ti­ven Ober­gren­zen ange­mes­sen ein­zu­schät­zen. Falls doch mehr Flücht­lin­ge ankom­men, muß es mög­lich sein, die Flücht­lin­ge in ande­re Län­dern zu schi­cken – solan­ge ihre Men­schen­rech­te dort garan­tiert wer­den können.

Statt ein Grund­recht auf Asyl bereit­zu­stel­len, soll­te die Bun­des­re­pu­blik sol­che inter­na­tio­na­len Richt­li­ni­en ein­for­dern und sogar noch eini­ge Schrit­te wei­ter­ge­hen: Wenn jetzt aus­führ­lich dar­über gespro­chen wird, wie der Wes­ten Flucht­ur­sa­chen in Afri­ka und Asi­en bekämp­fen könn­te, ist dies der zwei­te Schritt vor dem ers­ten. Zunächst ein­mal müs­sen wir erwar­ten, daß die Her­kunfts­län­der der Aus­wan­de­rer selbst etwas dage­gen unter­neh­men, Maß­nah­men gegen die Über­be­völ­ke­rung ergrei­fen und Asyl­sys­te­me instal­lie­ren, die es mög­lich machen, die meis­ten Flücht­lin­ge der Regi­on aufzunehmen.

In mei­nem Büch­lein Die Aus­län­der. War­um es immer mehr wer­den habe ich mich noch etwas aus­führ­li­cher mit David Mil­ler beschäftigt.

David Mil­ler: Natio­nal Respon­si­bi­li­ty and Glo­bal Jus­ti­ce. 298 Sei­ten. Oxford 2007.

Felix Menzel

Felix Menzel ist Chefredakteur des Schülerblogs blauenarzisse.de.

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Kommentare (17)

Heinrich Brück

30. April 2015 09:11

Würden die Deutschen in einem Volksstaat leben, der sich nicht moralisch
verteidigen müßte, sondern politisch, und hätte dieses Volk eine Deutsche Verfassung, eine Nationalerziehung, dann würde deutsches Recht gelten und nicht schon wieder die Menschenrechte.
Nationale Verantwortung heißt, die große Lüge von den Menschenrechten
zu erkennen, die Grenzen dicht zu machen, Ausländer nicht wie Inländer
zu behandeln, und einen gesunden Egoismus staatsmännisch umzusetzen.
Die Weltbevölkerung wächst, die damit einhergehenden Tötungen werden
erschreckende Ausmaße annehmen, und hierbei Kapazitäten zur Verfügung zu stellen, käme einem nationalen Selbstmord gleich.
Globale Gerechtigkeit? Anstatt die Weltherrschaft anzustreben, kann wirklich nur einem Engländer einfallen, und die Staaten moralisch zu erpressen, die Völker durch Vermischung aufzulösen, wäre eine nationale
Gerechtigkeit zum Schutz der Völker und ihrer Staaten zuerst auf
der Tagesordnung.
Die Menschenrechte sind ein Konstrukt moralischer Erpressung, für die große Politik untauglich. Völker können sich nur in Nationalstaaten
organisieren, existieren, oder in der NWO der Menschenrechte untergehen.

Rosenkranz

30. April 2015 09:36

Die Zahl der Menschen nimmt zu, weil es durch die moderne Medizin immer mehr Kinder schaffen, die ersten schwierigen Jahre zu überleben. Auch für eine Frau ist das Risiko bei der Geburt zu sterben, deutlich geringer, als es noch vor vielen Jahrhunderten der Fall war.

Ist es denn ein Segen, wenn wir in den sogenannten Entwicklungsländern Hilfe leisten? Die Entwicklungshilfe in Afrika hat nur dazu geführt, daß viele Afrikaner denken: Der "Weiße Mann" hat Geld. Wir müssen nur laut genug betteln und er baut uns Häuser, Brunnen, Schulen und Krankenhäuser. Das damit auch ein Teil der afrikanischen Kultur stirbt, versteht sich von selbst.

Man kann aus einem Afrikaner keinen preußischen Beamten machen. Deshalb bin ich dafür diese Länder in Ruhe zu lassen, sie mit unserem Lebensstil nicht zu belästigen und sich selbst so abzuschotten, wie die Japaner.

Noch eines zum Hunger. Auch in den etwas dichter besiedelten Gebieten Afrikas müßte niemand an Hunger leiden. Aber wenn man aus rassistischen Gründen die weißen Farmer vertreibt (Südafrika, Simbabwe), die Ausbreitung der Wüsten beschleunigt (durch zu intensive Weide- und falsche Landwirtschaft), sich das Land von fremden Mächten nehmen läßt, ständig mit den Nachbarn im Konflikt ist, sich in die Katastrophe hinein zu zahlreich vermehrt und erwartet das andere helfen kommen, statt selbst tätig zu werden, dann regelt das die Natur auf die harte Weise.

Jeder hat sein Schicksal. Wir sind in diese Zeit hinein geboren worden und müssen damit klarkommen. Wir in Europa mit unserer eigenen Schwäche, unserer Seins-Vergessenheit. Die Menschen in den Entwicklungsländern eben mit fehlenden Grundbedürfnissen. Ich sehe nicht, daß es uns besser geht. Vielleicht haben wir zur Zeit mehr materiellen Luxus, aber unsere Zukunft sieht wesentlich düsterer aus.

Carsten

30. April 2015 10:17

Mir fliegt gerade der Hut hoch:

"Gerechtigkeitstheorie" - wenn ich das schon höre!
"Da ist etwas, was wir ihnen schulden" - nix schulde ich denen!
"Grenzen dicht ist keine Option" - doch!
"keine Option, die sich moralisch verteidigen läßt" - muss ich auch nicht!
"30.000 verhungern jeden Tag" - sorry, Problem der Afrikaner!
"wie der Westen Fluchtursachen in Afrika und Asien bekämpfen könnte" -
der Westen soll sich endlich einfach raushalten!

Jacobi

30. April 2015 11:00

Heinrich Brück:

...die große Lüge von den Menschenrechten...

Nun ja, eine Lüge sind sie ja nicht...

All das, was Miller vorschlägt und auch Sie, Herr Menzel, in ihrem Buch "Die Ausländer" vorbringen, ist der reinen Vernunft entsprungen, die jedoch im totalen Gegensatz zu dem steht, was die derzeitigen Meinungsführer mit ihrer utopischen Weltverbesserungsansicht bewegt.

Unseren Ideen wird einfach kein Raum geboten, und wir können, trotz aller Anstrengung, diese Ideen einfach nicht unter die Leute bringen in der Form, dass sich bei den Leuten etwas tut. Sie nehmen sie zwar auf, nicken vielleicht und stimmen zu - aber daraus ergibt sich nichts, es findet keine Reaktion statt. Wie Lemminge machen sie weiter. Scheinbar geht es Vielen einfach noch zu gut, laufen weiter in ihren Hamsterrädern und damit sie nicht auf andere Gedanken kommen, wird ihnen ein Fernseher, das neueste Iphone und alle zwei Jahre Fußballgroßereignisse vorgesetzt. Lethargisch ist der Zustand - zumindest im Westen, bei den Saturierten in Stadt und auf dem Land.

Was tun?

gerdb

30. April 2015 11:19

Wenn man bedenkt das jedem Schwarzafrikaner ungefähr ein Jahresdurchschnittseinkommen monatlich ausgezahlt wird, ist der Anreiz einfach zu gross.
Wieviele Deutsche würden nicht auch in andere Länder gehen für monatlich 15000 Euro geschenkt und längeres ausharren auf den Verwaltungsgerichten oder mit geduldetem Status?
Man kann die Leute nicht hierher locken und sich dann nicht um sie kümmern!

Gustav Grambauer

30. April 2015 11:51

Mich stören die sonstigen metapolitischen und metakulturellen Positionen von Kurtagic, aber seinen Titel

https://www.alexkurtagic.info/books.html
("Ja, Afrika muss zur Hölle gehen")

empfehle ich ausdrücklich.

Es ist eine Tragödie, ein Paradoxon und eine Ironie der Geschichte, sich zur Lektüre der am klarsten herausgearbeiteten Gegenposition heute ein Buch aus dem angelsächsischen Kulturkreis beschaffen zu müssen, denn was man bei K. nachlesen kann war noch bis vor kurzer Zeit unausgesprochen Konsens in Deutschland - das meine ich vor allem angesichts des völlig gegensätzlichen früheren Verständnisses von Kolonialpolitik in Westeuropa und Deutschland.

Allgemein gesprochen liegen der Analyse des Gegenstands im Kopf des jeweiligen Analysten zwei Weichenstellungen auf tieferer Ebene zugrunde:

1. Wenn man aus der Wohnung des Nachbars Gewalkt wahrnimmt - ist es dann eo ipso selbstverständlich, einzuschreiten oder muß dem erst noch die Abwägung des Rechtsgutes der Privatsphäre vorausgehen?

2. Ist es Aufgabe des Weltstaates, das Individuum vor dem Nationalstaat zu schützen oder gerade umgekehrt?

Diese Fragen werden sich von allein beantworten, das Eichelburg-Pendel erweist sich bereits heute stärker als als die intellektuell ausgelebten hypermoralischen Moden der Postmoderne:

https://www.hartgeld.com/media/pdf/2011/Art_2011-190_PolitschesPendel.pdf

Die linke Hypermoral ist tot, die neue Auseinandersetzung findet zwischen der Rechten und desjenigen Teils er Neue-Seidenstraße-Achse statt, welche den Progressismus über den Untergang der Postmoderne hinwegretten will, siehe zugespitzt hier:

https://www.bueso.de/artikel/historischen-wurzeln-des-gruenen-faschismus

Auch demgegenüber wird sich das "Pendel" als stärker erweisen, siehe wiederum deren Gegenpol:

https://www.faz.net/chinesische-universalismuskritik-wer-menschheit-sagt-will-betruegen-1939346.html

- G. G.

Simon

30. April 2015 14:53

"Die Menschenrechte sind ein Konstrukt moralischer Erpressung, für die große Politik untauglich."

Naja...

Die USA haben unter Verweis auf die Menschenrechte ein globales Imperium geschaffen und die Deutschen haben unter Verweis auf ihre Volksrechte ein Drittel ihres Territoriums und ihre Souveränität verloren.

Wenn der Verweis auf Menschenrechte für die große Politik "untauglich" ist, warum hat es sich dann auf ganzer Linie durchgesetzt?

Es ist wohl eher umgekehrt, selbst und gerade wenn man konsequent nationale Interessen verflogt, muss man das öffentlich immer mit dem Verweis auf die Menschenrechte tun.

In die Welt hinauszuposaunen, dass man nur egoistische Ziele verfolgt, ist taktisch dumm und damit gerade kein kluger Egoismus.

Karl Martell

30. April 2015 21:18

"Bezogen auf Flüchtlinge und Einwanderer stelle uns dies vor eine Wahl: Entweder sorgen wir dafür, daß die grundlegenden Rechte der Menschen in ihrer Heimat geschützt werden oder wir müssen ihnen gestatten, in andere Gemeinschaften zu ziehen, wo dies gewährleistet ist. „Einfach die Grenzen dicht zu machen und nichts Weiteres zu unternehmen, ist hier keine Option, die sich moralisch verteidigen läßt“, betont Miller."

Wer sind denn "wir"? Und WER stellt uns vor eine so dämliche Wahl? Wieso sind "wir" für die Welt verantwortlich? Wer kümmert sich in Grönland um meinen Arbeitsplatz, um meine Rechte? Wer in China beschützt meine Familie? Darf ich nach Israel "flüchten? Als betuchter Rentner? Nein!
Denn ich als weißer Europäer genieße kein Schutzrecht. Ganz im Gegenteil! Der Einzelne hat heute genug Sorgen damit, sich mit seiner Familie zu behaupten. Wie kann da jemand auf die Idee kommen, "wir" wären auch noch für andere zuständig? Menschenrechte? Sind weiße Europäer keine Menschen?

Ständig werden wir der Welt als Abschaum vorgeführt, sollen aber für das "Glück und Wohlbefinden" der "Menschheit" verantwortlich sein? Hallo?

Kann den anderen Völkern vielleicht mal jemand sagen, das sie für sich selbst verantwortlich sind!? Und das man sein Land in der Not NICHT verläßt, sondern energisch anpackt!? Das man seines eigenen Glückes Schmied sein muß?

Bernhard

30. April 2015 21:18

Der Roman "Sea Changes" von Derek Turner ist ebenso aktuell. Hier wird das Drama der Invasion aus mehreren Perspektiven, vom Eindringling über die Unterstützer bis zu den machtlosen Konservativen, kritisch betrachtet.

Diese Invasion hat gerade erst begonnen. Wir werden noch mit Besiedlungskolonisten regelrecht geflutet.

Wer keine Sachbücher liest (das gibt es tatsächlich!), sollte zu diesem Roman greifen.

Heinrich Brück

1. Mai 2015 12:17

Ich staune, warum man sich Grenzen im Denken setzen könnte. Wie in
einem Gefängnis.
Ein philosophisches Volk im Knast der Menschenrechte. Oder haben
diese Rechte auch für die Deutschen Geltung?
Im Schatten der Menschenrechte wird Hitler täglich relativiert. Aber
die moralischen Deutschen, die Kämpfer für die Menschenrechte, arbeiten
fleißig an Hitlers Nachruhm.
Die Freiheit ist nicht für jedermann zugänglich, denn sie ist nicht eingesperrt in irgendwelchen Gesetzestexten, und deshalb machen andere
die Politik.
Mit der Moralkeule schaffen sie sich in dieser Welt keinen Respekt. Man
spuckt sogar auf ihre Leiche (auch im Namen der Menschenrechte,
wenn es denn unbedingt sein muß).
In der Politik ist die Moral eine Lüge, sonst wäre die Diplomatie überflüssig.
Die Deutschen wollen nicht mehr töten, also wollen sie nicht mehr
sein. Was aber auch wieder nur ein Widerspruch wäre.
https://www.geolitico.de/2015/05/01/das-geld-das-hitler-ermoeglichte/

lunaria

2. Mai 2015 09:01

Fragen an vernünftige Rechte

1. Der Multilateralismus ist in der Krise. Den überkommenen internationalen Institutionen, wie IWF, Weltbank und WTO, aber auch den Vereinten Nationen, von den exklusiven Klubs G7 bis G20 gar nicht zu reden, mangelt es nicht nur an Effektivität bei der Lösung globaler Probleme wie Bürgerkriege und Terrorismus und bei der Bereitstellung globaler öffentlicher Güter wie Finanzstabilität oder menschenwürdiger Arbeit. Oft fehlt ihnen auch die notwendige Legitimität, die zur Durchsetzung wirksamer Problemlösungen notwendig ist.

2. Linke aller Couleur befürchten den großen Gegenschlag gegen die Globalisierung in Form von Renationalisierungstendenzen oder gar neue Nationalismen mit zunehmendem Protektionismus, Balkanisierung und Xenophobie. Rechte wollen Freiheit des wirtschaftlichen Handelns und wünschen sich den Nationalstaat? Wie geht das heute zusammen?

3. Kann ein „neuer Multilateralismus“, der der Verwirklichung von Menschenrechten und nachhaltiger Entwicklung verpflichtet ist, gegen demokratische Nationalstaaten aufgebaut werden. Oder ist nur beides zugleich möglich und erstrebenswert?

4. Welche Institutionen können Reregulierung und Umbau der globalen Finanzmärkte durchführen? Wie soll dieser Prozess aussehen?

5. Ist TTIP ein imperialistisches Projekt zur Sicherung der Vorherrschaft der transatlantischen Geld-Machteliten, eine Wirtschafts-Nato zugunsten der Superreichen?

Langer

2. Mai 2015 10:17

Entweder sorgen wir dafür, daß die grundlegenden Rechte der Menschen in ihrer Heimat geschützt werden oder wir müssen ihnen gestatten, in andere Gemeinschaften zu ziehen, wo dies gewährleistet ist. „Einfach die Grenzen dicht zu machen und nichts Weiteres zu unternehmen, ist hier keine Option, die sich moralisch verteidigen läßt“, betont Miller.

Wieso denn? Wie waere es mit dem Konzept der Selbstverantwortung? Die Leute sollten mal alle in Ruhe gelassen werden, damit sie endlich anfangen koennen, sich selber um ihre Probleme zu kuemmern. Der Europaer ist nicht fuer den verhungernden Afrikaner zustaendig, sich dort einzumischen, verwehrt dem Afrikaner die Moeglichkeit, zu lernen und sich selbst zu helfen und bringt ihn in Abhaengigkeit. Noch mal: Das geht uns nichts an!

Hartwig

3. Mai 2015 11:43

Auf faz.net erschien unlängst ein Artikel, der auf intellektuelle Kreise Afrikas Bezug nahm. Konkret ging es um einige Artikel einer Plattform, auf der sich afrikanische Intellektuelle vernetzen.
Der für alle überraschende Tenor: "Wir Afrikaner schaffen es nicht ohne den weißen Mann." Die afrikanischen Herrschaftseliten plündern die eigenen Völker aus und bieten nicht die geringste Entwicklungsperspektive. Die afrikanischen "Völker" und Stämme (die sich nicht durch die aktuellen Staatsgrenzen abbilden) werden keine Chance erhalten, sich dieser Herrschaftsschicht zu entledigen. Im Fazit (und auf mehrmalige Nachfrage des Interviewers) wurde bestätigt, dass eine Rekolonialisierung zu wünschen wäre. Hinzu kamen ein paar Floskeln von "keine Ausbeutung" und "auf Augenhöhe" etc.
Ich zitieren hier sinngemäß und aus dem Gedächtnis. Der Link auf faz.net ist bestimmt noch zu finden.

Stil-Blüte

3. Mai 2015 15:13

Nationale Verantwortung und globale Gerechtigkeit

Diese Überschrift rein addiert, nicht einmal mit Fragezeichen, und Begriffen, die jedes Tagesblättchen jeden Tag herbetet, führt uns kaum weiter 'Verantwortung'... 'Gerechtigkeit' sind Schutzfloskeln, geschändete ausgehöhlte Begriffe der Linken, sind sie den Vormächten willkommen.

Verantwortung ausüben, verantwortlich sein, im wirklichen Sinne des Wortes können wir nur in einem begrenzten, uns gut zugänglichem Umkreis, es sei denn wir sind so grandiose Persönlichkeiten wie Bismark.

Wenn wir das im Kleinen vernachlässigen, werden wir es recht bald zu spüren bekommen. Anders bei den Herrschaften oben oder draußen: Ununterbrochen schwafeln sie von 'Verantwortung übernehmen', tun es aber nicht, wenn es schiefgeht. Sie sagen es nur, bleiben aber im Amt. Es gibt keine Konsequenzen ihrer Verantwortungslosigkeit. Sogar diejenigen, die bestraft werden, sind nur Sündenböcke. Daher, lieber Herr Lehnert, die ich Sie und Ihre Arbeit sehr schätze, kann ich diesmal damit wenig anfangen. Daß das ein heikler Ansatz ist, zeigt mir am deutlichsten

@ lunaria,
mit dessen Fragenkatalog ich nun gar nichts anzufangen weiß.

Daher orientiere ich mich eher an meinen (nicht unseren) unmittelbaren Verhältnissen halten (nicht umsonst ist dieses Wort im deutschen doppeldeutig): eigene - fremde Interessen, eigene - fremde Sitten/Kultur, Sympathie - Empathie, gesunder Menschenverstand - politische Korrektheit, Modernität - historisch Gewachsenes/Tradition, Impulse für das, was zu schaffen ist - geistige Ausflüge ins politisch Abstrakte/Allgemeine.

Verhältnismäßigkeit ist das, was ich immer wieder auf's Neue abfrage.

Hartwig

3. Mai 2015 16:52

Es war nicht faz.net sondern welt.de und hier ist der Link:

https://www.welt.de/kultur/article118718883/Warum-die-Weissen-nach-Afrika-zurueckkommen-sollen.html

Stil-Blüte

4. Mai 2015 11:20

@ Hartwig

Der Gedanke ist mir auch schon von alleine gekommen.

Die meisten haben bis heute die Definitionshoheit der Kolonialisierung, heute würde man Globalisierung sagen, als Schande akzeptiert.

Liest man dann Reiseberichte u. a. Dokumente aus Zeiten einzelner Persönlichkeiten, ist neben der Abenteuerlust auch eine große Aufgeschlossenheit zu spüren.

Ich denke an all die Missionare, Ärzte - Vorzeigekandidat Albert Schweizer -, Archeologen, Anthropologen, die sich diesen Völkern, Stämmen, Ethnien mit Hingabe gewidmet haben, damit wir ihre Sprachen (Verschriftung der Dialekte) Kunst (Picasso) und Kultur (Tänze, Rituale) schätzen lernen.

Es liegt in der Natur der Sache, daß so etwas immer zwiespältig, ambivalent ist. Der erste Antropologe, der einen Stamm der Urwaldindianer entdeckt und beschrieben ist gleichzeitig ein Eindringling in ihre einmalige Beschaffenheit. Danach wird, trotz größter Behutsamkeit, nichts mehr so sein wie bisher.

MaxxMurxx

15. August 2015 17:54

Ich hatte erwartet, daß von "geschichtlicher Verantwortung" westlicher Staaten und unserer im Besonderen schwadroniert wird. Das das demnächst einer unserer kollektiven Berufserinnerungspfleger so macht, halte ich für sehr wahrscheinlich. Mit einem Tritt ins kollektive Schambein läßt sich eben viel erreichen. Deshalb wird unsere Vergangenheit auch immer finsterer - im Gegensatz zu echten Erinnerungen.

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