SELLNER: Anstoß für die Kampagne war, daß wir als Identitäre Bewegung in Österreich Anfang dieses Jahres ein Stadium erreicht haben, das Agieren im größeren Stil ermöglichte und erforderte. Wir haben das “Projekt”, im deutschsprachigen Raum eine identitäre Alternative zu Multikulti und altrechten Ideologien aufzubauen, vor drei Jahren mit einigen ganz konkreten Zielsetzungen begonnen.
Eine echte “Front der Patrioten”, die das gesamte patriotische Lager geistig und strategisch eint und die linke metapolitische Hegemonie in Wort und Tat überwindet, ist das Fernziel. Um es anzusteuern, mußte erst einmal eine vernetzte, handlungsfähige und profilierte Gruppe als Akteur und Avantgarde heranwachsen.
Diesen Zweck erfüllt die IBÖ mittlerweile großteils – obwohl es noch viel Potential für Verbesserung gibt. Wir hätten gerne noch ein paar Jahre in Vernetzung, Strukturierung und Professionalisierung investiert, aber die derzeitigen Entwicklungen lassen keine Verzögerungen zu. Mit der Kampagne gegen den Großen Austausch haben wir unser Schiff quasi “zu Wasser gelassen”.
Wir springen nicht mehr von Thema zu Thema. Die vielen kleinen, aktivistischen “Nadelstiche” in ganz Österreich müssen zu einer zentralen Stoßkraft vereinigt werden. Statt vieler abwechselnder Parolen muß und wird ein Begriff durchhalten und sich durchsetzen.
Der “Große Austausch” beschreibt in kommunizierbarer und doch eindringlicher Weise das, was hinter Islamisierung, Überfremdung, Ausländergewalt etc. eigentlich steht. Als “Feindbegriff” ist er dazu prädestiniert, das Lager zu einen. Er versammelt es jedoch nicht gegen einen Scheingegner, “den Moslem”, “den Ausländer”, “den Schmarotzer”, sondern gegen den Hauptfeind: unsere Politiker, Priester, Journalisten und Konzernchefs, die uns verraten haben.
Inwiefern ist es gelungen, den Begriff vom “Großen Austausch” in den öffentlichen Diskurs einzuführen und eine Debatte anzustoßen?
SELLNER: Auch dieses Ziel, mit diesem Begriff die Empfindung für eine Entwicklung zu sensibilisieren und Debatten zu beeinflussen, verläuft in mehreren Phasen. Der erste Schritt ist, den Großen Austausch im ganzen patriotischen Lager bekanntzumachen und in den allgemeinen Sprachgebrauch übergehen zu lassen. Mehr und mehr wird er dann auch in die mediale Debatte eindringen. Wir haben mit unseren Aktionen im letzten Monat bereits einige Medienmeldungen provoziert, in denen unser Begriff übernommen wurde.
Auch wesentliche Portale und Multiplikatoren des patriotischen Lagers haben über den Begriff und die Kampagne berichtet. Vor allem das gesammelte und grafisch aufbereitete Datenmaterial wird sehr gut aufgenommen.
Welche Erfolge konnte die IBÖ seit Kampagnenstart verzeichnen?
SELLNER: Es hat sich wieder gezeigt, dass eine aktive Kraft nur in der Aktion ihre Kraft erhalten oder gar wachsen kann. Im vergangenen Monat wurden in ganz Österreich zehntausende Flugzettel und sonstige Materialen verteilt, Kundgebungen abgehalten, unzählige Transparente aufgehängt und vieles mehr. Mit Beginn der Kampagne hat sich auch eine fieberhafte Aktivität in den sozialen Netzwerken entfaltet.
Unser Plan, so gut wie jeden Tag eine vorbereitete Grafik oder Meldung zu bringen, eine eigene Kampagnenseite, sowie eine “Offensive” auf Twitter zeigen bereits ihre Früchte. Vor allem das Mobilisierungsvideo hat sich massiv verbreitet. Das wird sich alles noch steigern. Unsere Zugriffszahlen, Mitgliedsanträge, Newslettereintragungen, “Likes” und so weiter steigen rascher als je zuvor. Auf Twitter waren sicher noch nie zuvor so viele Patrioten “aktiv”.
Auch im “echten Leben” trägt die Kampagne Früchte. Der Zustrom an neuen Aktivisten reißt nicht ab, und die österreichweite Koordinierung von Aktion und Parole hat ein gutes Zusammengehörigkeitsgefühl geschaffen. Der buchstäbliche “Höhepunkt”, die Besetzung der “Agentur für Grundrechte” der EU in Wien, hat uns kurz vor der Demo auch einiges an medialer Aufmerksamkeit gebracht.
Im Hinblick auf die Demonstration am kommenden Samstag: Was hat sich seit der ersten identitären Demonstration im Mai 2014 in Wien und Österreich getan? Wie laufen die Vorbereitungen?
SELLNER: Die Bewegung ist, wie gesagt, österreichweit “handlungsfähig” geworden. Das heißt, wir haben klare Organisationen, eine Hierarchie, Kommunikationswege, Fachgruppen. Aktionen werden koordinierbar und Entwicklungen über längere Zeiträume sichtbar, was es ermöglicht, sich ständig zu verbessern. Viele Aktivisten befassen sich intensiv mit politischen Kampagnen und sozialen Medien.
Die kommende Demo wird wieder ein Gradmesser sein und soll natürlich die erste, bei der wir 250–300 auf die Straße brachten, übertreffen. Die Vorbereitungen sind weitgehend abgeschlossen. Die Materialien sind da, die Anmeldungen sind durch und wir sind heiß, wieder auf die Straße zu gehen, um in unserer Stadt unsere Parolen zu rufen.
Die Kampagne wird aber mit der Demo nicht enden. Sie ist erst der Startschuß, und unabhängig vom 6. Juni haben wir bereits weitere Pläne und Ideen für Aktionen, die für großes Aufsehen sorgen werden.
Wie beurteilen Sie die länderübergreifende Kampagnenfähigkeit im deutschsprachigen Raum? Welche Entwicklungen haben bei der Identitären Bewegung in der Bundesrepublik stattgefunden?
SELLNER: Die IBÖ hatte einerseits einen gewissen “Startvorsprung” gegenüber der IBD. Ein zweiter entscheidender Faktor ist, daß sie aus bestimmten Gruppen und “Denkzirkeln” entstand, die bereits eine gewisse strategische Vernetzung und weltanschauliche (neurechte) Basis aufwiesen. Dadurch ist der angesprochene Prozeß der Profilierung und Strukturierung hier ein wenig fortgeschrittener.
Doch die IBD wird oft – typisch für euch Deutsche – unter Wert verkauft und Österreich, insbesondere Wien, etwas idealisiert. Insgesamt sehe ich derzeit eine echte Aufbruchstimmung, ein aktivistisches Schwarmverhalten in der IBD. Ich komme kaum mehr damit nach, die vielen Aktionen zu registrieren und weiterzuverbreiten. Oft wird auch Gesicht gezeigt, und wie bei der österreichischen Kampagne werden spontane Kundgebungen abgehalten. Zahlreiche Freunde der IBD werden am 6. nach Wien kommen.
PEGIDA und AfD haben hier sicher auch eine Rolle gespielt. Es geht jetzt darum, dieses aufgelockerte Potential, diese anpolitisierten “freien Radikalen” in eine Form zu bringen, zu strukturieren und mit ihnen Kampagnen zu starten. Wie die Geschichte der IBÖ – von der Votivkirchenbesetzung bis zur ersten Demo – gezeigt hat, wird das nicht über Kongresse, Schulungen und Gespräche, sondern nur über spektakuläre Aktionen, einprägsame Bilder und starke Begriffe klappen.
Eine aktive Gruppe überlebt und besteht nur in der Aktion, im Voranschreiten. Ihre Einheit bildet sich immer in den Bugwellen großer, begeisternder Aktionen. Ziel muß es also sein, den niederschwelligen, autonomen “Routineaktivismus” mit der Zeit in große, inszenierte Kampagnen zu transformieren, zwischen denen es auch ruhigere Planungs- und Anlaufphasen geben darf.
Zwei, drei solcher großen, intensiven, deutschlandweiten Kampagnen könnten dem Lügengebäude der Multikultis in dieser kritischen Phase den entscheidenden Schlag versetzen. Das ist kein idealistischer Wunschtraum, sondern eine klare, pragmatische Strategie, die von einem Planziel zum nächsten, Phase für Phase, zu unserer identitären “Reconquista” führen wird. Der Weg ist klar, er muß nur beschritten werden.
Argus
Etwas optimistisch, der junge Mann. Aber das braucht man wohl, um Kraft zu schöpfen, diese Aktionen durchzuziehen.