Einen Zwitschern

Heute war Blütenfest im Nachbardorf. Ich war mit Frau und vier Kindern dort. Die Kleinen sangen ein paar Kindergartenlieder...

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

vor und mach­ten Fin­ger­spie­le. Die Alten sof­fen und dämpf­ten die Stim­men nicht. Der Auf­tritt war also ein gut­ge­mein­ter Rein­fall. Aber es wird kei­ne Kon­se­quen­zen geben. So wars schon immer, und so wirds immer sein.

Auch ich habe einen gezwit­schert. Ehr­lich gesagt: sogar drei. Es waren drei Bier unter pral­ler Son­ne, aus­ge­ge­ben von zwei von­ein­an­der unab­hän­gi­gen Dorf­grö­ßen. Die Bie­re kamen vom Fas­se, waren schlecht gekühlt und dif­fun­dier­ten viel­leicht auf­grund­des­sen direkt in den Blut­kreis­lauf. Das Gesangs­duo into­nier­te den “izi­bi­zi tini­wi­ni hono­lu­lu strand­bi­ki­ni”, aber mir gefiels plötz­lich, und ich wuß­te, obwohl ich noch nicht seit immer hier lebe: So wars hier immer, und so wirds hier immer sein.

Klar: Sau­fen ist Urlaub im Kopf, und es erstaunt mich immer wie­der, wie nach zwei, drei Bier das Sprö­de und das Ego­zen­tri­sche abfal­len, Fün­fe immer gera­de sind und jene Selig­keit Ein­zug hält, die mit dem Prä­fix Bier- eines der Schlüs­sel­wor­te zum Ver­ständ­nis der deut­schen See­le ist. Man bil­det spon­tan einen Ver­ein, klärt offe­ne Fra­gen im Hand­um­dre­hen und schlürft die Ver­füh­rung jenes Ur-Kom­mu­nis­mus, den es nur am Stamm­tisch gibt: Übers Jahr gerech­net, glei­chen sich die Run­den wie­der aus.

Ich bin mir sicher: Ich hät­te min­des­tens noch­mal die sel­be Dosis zu  mir genom­men und die Gute-Nacht-Ritua­le mit den Kin­dern mei­ner Frau über­las­sen, wenn ich geahnt hät­te, daß ich heu­te noch über die­se 68-Dis­kus­si­on wür­de stol­pern müssen.

Nach der Lek­tü­re kann ich nur aus­ru­fen: Ihr Fischers, Ihr Dutsch­kes und Haber­ma­sens die­ser Welt – grün­det eine Reli­gi­ons­ge­mein­schaft! Vier, fünf über­ra­schen­de Jün­ger kann ich Euch twit­tern, und sie wer­den die von Euch errich­te­ten Tabu­zo­nen und Herr­schafts­mit­tel aus frei­en Stü­cken und mit ihrem eige­nen Blog verteidigen.

Grund­gü­ti­ger!

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

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