wo rund zwei Wochen zuvor ein ähnliches Fest seinem Höhepunkt entgegenfiebert. Statt Alexander Graf Lambsdorff spricht hier Götz Kubitschek.
Die Anzahl der bunten Mützen hat sich verdoppelt, Ausstattung und Ambiente sind spartanischer, wirken weniger arrangiert. Die Deutsche Burschenschaft, der “umstrittene” und medial immer wieder attackierte Dachverband der burschenschaftlichen “Rechtsausleger” hat ebenfalls zur Zweihundertjahrfeier geladen.
Für diesen Verband waren die letzten Jahre ein Kampf im Innern. Man mußte Federn lassen dabei. Die vermeintlich Liberalen haben dem Verband überwiegend den Rücken gekehrt. Was übrig geblieben ist, wird von vielen als letzte ernsthafte Bastion des burschenschaftlichen Erbes betrachtet. Andere bezeichnen die bis zuletzt Standhaften als kläglichen Rest einer verstreichenden Epoche.
Diskussionen um den deutschen Widerstand, die große Frage danach, wer wahrhaftig Deutscher ist und wer nicht, schließlich die andauernden Angriffe von innen und außen – die nationale burschenschaftliche Sache vor dem Aus? Sollen die 200 Jahre des Kampfes am Ende lediglich für die schleichende Eingliederung in ein akzeptiertes System der Moderne gewesen sein?
In Eisenach liegt noch vieles im Argen, doch die Uhren ticken anders als in Jena, Coburg oder Bad Kösen. Graf Lambsdorff hätte in Eisenach sicher nicht gesprochen, verkündete der stellvertretende Präsident des Europäischen Parlamentes stolz in Jena. Er vergaß dabei eine Feinheit zu erwähnen: Graf Lambsdorff wäre hier auch niemals eingeladen worden. Denn obgleich die Deutsche Burschenschaft bereits seit Jahren, vielleicht Jahrzehnten ihre gesellschaftliche Akzeptanz verloren hat, aus Sicht des Republiktreuen gänzlich marginalisiert erscheint, stehen in dieser verbleibenden Enklave noch die drängenden Fragen im Vordergrund.
Und so waren es ganz bewußt nicht die großen, repräsentativen Namen dieser Republik, die am diesjährigen Burschentag zu Wort kommen sollten. Vielmehr waren mit Dr. Menno Aden und Götz Kubitschek zwei Köpfe geladen, die fernab der gesellschaftlichen Toleranz ihre Spur ziehen. Doch viel wichtiger noch: Es wurden Fragen ausgesprochen, Inhalte diskutiert und Lösungen angeboten, die andernorts keinen Platz mehr haben, gar überhaupt nicht als solche wahrgenommen werden.
Was daran nun so wichtig ist, offenbart der Blick in die Reihen der nonkonformen, rechten Publizistik. Wohin man blickt, sind Mitglieder verschiedener nationaler Männerbünde involviert. Ob Sezession, Junge Freiheit oder Blaue Narzisse, die rechte Publizistik zehrt und profitiert auch von jenen, die zuvor eine männerbündische Erziehung genießen durften. In Österreich ist das traditionell sogar noch viel stabiler, und die FPÖ lebt ganz maßgeblich aus dem burschenschaftlichen Milieu.
Doch auch innerhalb der Alternative für Deutschland (AfD) spielen Waffenstudenten seit Beginn eine große Rolle – sowohl auf der einen als auch auf der anderen Seite des politischen Grabens. Die Identitäre Bewegung im gesamten deutschsprachigen Raum wird ebenfalls maßgeblich von Personen aus dem korporativen Milieu getragen.
Martin Sellner zum Beispiel, ein bedeutender Kopf der IBÖ und seit kurzem überdies Autor von Sezession im Netz, ist Verbindungsstudent in Wien. Viele weitere Identitäre sind ebenfalls korporativ verwurzelt.
Die Anzahl und Relevanz jener politisch Aktiven, die aus den Reihen der politisch gefestigten Deutschen Burschenschaft stammen, sind dabei überdurchschnittlich hoch. Die weltanschauliche, gesellschaftliche und explizit männerbündische Erziehung der Burschenschaften innerhalb der Deutschen Burschenschaft ist somit nicht nur eine notwendige Grundlage für all jene, die fernab der gesellschaftlichen Akzeptanz für Volk und Vaterland zu streiten gedenken. Vielmehr bieten diese Burschenschaften einen Rahmen, indem die freie Rede noch gestattet ist. Die Häuser und Etagen sind ideologische Panzerdeckungslöcher, an denen die Wucht der Moderne zumindest teilweise folgenlos verpufft.
Und so sind es oft die ersten Worte der Neuen innerhalb der eigenen Reihen: daß jene Art der freien Rede nirgendwo in dieser Republik noch möglich sei. Es ist das Gefühl der Freiheit innerhalb einer unfreien Moderne, die sich selbst als so sehr frei bezeichnet; es ist die Selbstbefreiung vom Druck des Etablierten und Erlaubten, gar das Zerschlagen des geistigen Kartenhauses, das Schule, Elternhaus und Gesellschaft über Jahre errichtet haben, das junge Männer heute in nonkonforme Männerbünde treibt. Überall, wo diese geistige Freiheit innerhalb einer Burschenschaft in den Hintergrund gerät, also die allmächtige Republik ihr Fähnlein errichtet hat, wird nicht länger um die Traditionen von 1815 gekämpft.
Konservative Männerbünde wirken also wie ein Nährboden, sind Vorbereiter und Lenker einer geistigen Befreiung und Entwicklung. Wer sich selbst ehrlich zurückerinnert, wird in vielerlei Hinsicht feststellen können, daß ein ernsthaftes politisches oder publizistisches Engagement ohne die korporative Prägung vermutlich nie mit dieser Sicherheit und diesem Wille betrieben worden wäre. Es ist exakt jene Aufgabe, die nationale Männerbünde heute wahrnehmen müssen.
Statt davon zu fantasieren, in den kommenden Jahren wieder zu gesellschaftlicher Relevanz zurückzufinden und aktiv in den politischen Betrieb eingreifen zu können, ist es die zentrale und wichtige Aufgabe des Lebensbundes, junge mutige Männer auszubilden und in andere, wirkungsvollere Strukturen und Positionen zu entlassen.
Diese Aufgabe ist keineswegs marginal. Sie ist edel und elementar. Daß eine solche Aufgabe nur dann fruchtbar wirken kann, wenn sich die entscheidenden Köpfe von den Träumen der Rückkehr in die etablierte bunte Gesellschaft gelöst haben, wenn das Ringen um staatliche und mediale Anerkennung kein Thema sind, ist eine bittere, doch zentrale Erkenntnis. Der nationale Männerbund ist nicht länger Teil dieser Gesellschaft. Er muß, ja darf es auch nicht sein. Weshalb Applaus und Zuspruch von Parteien und Medien für die Traditionslinien von 1815 kein gutes Zeichen sind, dürfte klar sein.
Zurück nach Eisenach. Götz Kubitschek spricht. Die Corona übt sich in beeindruckender Stille. Heute, zur Zweihundertjahrfeier, steht keine Jubelrede auf dem Programm. Die Zeiten der Selbstbeweihräucherung sind vorbei. Kubitschek spricht von den großen Problemen unserer Zeit, der Zukunft des deutschen Volkes. Wie geht es weiter im Sog einer Zeit, die der Entgrenzung in jeder Hinsicht Tür und Tor geöffnet hat? Er erinnert die anwesenden Burschenschafter daran, daß die Zukunft mutige Männer benötigen werde. Die „Verteidigung des Eigenen“ hat dieser Tage oberste Priorität. Die Corona erhebt sich und trinkt mit Götz Kubitschek auf eine Zukunft der Mutigen.
Welchen Weg die jungen Männer in diesen Reihen gehen werden, wird die Zukunft zeigen. Rückgrat und Nährboden der entscheidenden Männer der Zukunft? Oder lediglich Druckventil der Moderne? Die Zeichen stehen auf Sturm im Staat. Die Standhaften der Deutschen Burschenschaft werden ihren Teil beitragen. Alle anderen sind längst Öl im Getriebe der großen Maschine.
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+ Am 30. Juni erscheint die Festschrift zur 200. Wiederkehr des Gründungstages der Burschenschaft am 12. Juni 1815 in Jena; sie umfaßt mehr als 1200 Seiten, ist in Leinen gebunden und kostet 88 €.
+ Der Festvortrag Götz Kubitscheks erscheint in vollständiger Fassung in der kommenden Ausgabe der DB-Verbandszeitschrift Burschenschaftliche Blätter
+ Alle Bildrechte liegen bei der Marburger Burschenschaft Germania
Lars Brandenburg
Eisenach, der Gegenentwurf zu Jena! Krasser können die Bilder nicht sein und es sollte klar sein, wo die deutsche Jugend stehen muß. Und die Aufgabe unserer Bünde ist tatsächlich eine sehr schwere, scheitert sie doch oft schon an eigentlich banalen Dingen wie Zuverlässigkeit, Elan und dem Willen. Sehr treffende Artikel, Herr Vbr. Stein. Vielen Dank dafür!