dieser resultiere aus der menschlichen Natur. Der Mensch strebe nun einmal beständig nach mehr Geld, Macht und Erfolg. Nicht weit ist es dann zu dem Gedanken, der Staat solle deshalb die Unternehmer einfach machen lassen und der „unsichtbaren Hand“ des Marktes vertrauen.
Dahinter steckt die Annahme, umso freier die Wirtschaft agieren könne, umso innovativer sei sie auch. Der Staat hingegen sei ein reiner Verwaltungsapparat, der Erfindergeist durch übermäßige Bürokratie einbremse.
Ob diese Annahme auch stimmt, hat die Ökonomin Mariana Mazzucato in ihrem Buch Das Kapital des Staates. Eine andere Geschichte von Innovation und Wachstum (2014) überprüft. Sie kommt dabei zu einem, für manchen vielleicht sehr überraschenden, Ergebnis: Alle wirklich bedeutenden Erfindungen der letzten Jahrzehnten seien nur zustande gekommen, weil der Staat das finanzielle Risiko getragen habe.
Der Staat als „tollkühner“ Initiator von Innovationen? Ja, bei den meisten radikalen, revolutionären Innovationen, die den Kapitalismus vorangetrieben haben – von Eisenbahnen über das Internet bis aktuell zur Nanotechnologie und Pharmaforschung –, kamen die frühesten, mutigsten und kapitalintensivsten „unternehmerischen“ Investitionen vom Staat.
Angelehnt an John Maynard Keynes fordert Mazzucato deshalb, der Staat solle jene Entscheidungen treffen, „die niemand trifft, wenn der Staat sie nicht trifft“. Subventionen nach dem Gießkannen-Prinzip zu verteilen, ist demnach falsch. Steuergelder in risikoreiche Grundlagenforschung zu investieren, dagegen genau der richtige Weg.
Mazzucato gelingt es in ihrem Buch auf beeindruckende Weise, zu belegen, warum als innovativ geltende Unternehmen wie Apple erst so erfolgreich werden konnten. Sie kamen zum einen in den Genuß finanzieller Zuwendungen vom Staat, zum anderen verstanden sie es besser als ihre Konkurrenten, öffentlich finanzierte Technologie, die sehr häufig zunächst für militärische Zwecke entwickelt wurde, schnell zum Einsatz zu bringen. „Tatsächlich steckt im iPhone nicht eine einzige Technologie, die nicht staatlich finanziert wurde“, betont Mazzucato.
Nun gibt es allerdings ein Problem für alle Staaten der Welt: Selbst wenn ihre Innovationspolitik erfolgreich ist, zählen sie am Ende zu den Verlierern, weil die global agierenden Unternehmen zwar auf die öffentlich finanzierten Forschungsergebnisse zurückgreifen, dann aber größtenteils im Ausland ihre Produkte herstellen und später verkaufen. Durch Steuervermeidungsstrategien gelingt es ihnen zudem, daß der Staat, der die Investitionen getätigt hat, kaum dafür belohnt wird. Eine kluge Innovationspolitik sorgt also weder für zusätzliche heimische Arbeitsplätze noch für höhere Steuereinnahmen.
Langfristig muß dieses Dilemma zu einer Negativspirale führen: Wenn es sich für den Staat nicht mehr lohnt, in Innovationen zu investieren, funktioniert der Prozeß der „schöpferischen Zerstörung“ (Joseph Schumpeter) nicht mehr richtig. Doch dies wirkt sich nicht nur auf den technischen Fortschritt aus, den mancher vielleicht sogar für verzichtbar hält bzw. ihn ebenfalls kritisch hinterfragt.
Indem der Staat in Zeiten der Globalisierung weiterhin Risiken kollektiviert, aber auf der anderen Seite eine Privatisierung von Gewinnen zuläßt, sägt er am eigenen Ast und wird sich dazu verleiten lassen, weniger auf Bildung und Forschung zu setzen und statt dessen nach anderen Wegen zu suchen, um ein Wirtschaftswachstum zu simulieren, das er braucht, damit seine Elite wiedergewählt wird.
Der auf den ersten Blick einfachste Ausweg ist es dabei, auf Masseneinwanderung zu setzen und billige Arbeitnehmer sowie Konsumenten anzuwerben, bei denen sich immer neue Bedürfnisse hervorrufen lassen. Das Konzept dahinter: Masse statt Klasse!
Siddharta
"Wachstumszwang" als Folge von Innovationsanreizen? Ich erinnere mich noch dunkel an Binswangers oekologisch bedenklichen Wachstumszwang aufgrund des Zinses. Natuerlich verbinden sich mit Innovationen externe Effekte, welche sich nicht immer internalisieren lassen. Aber daraus einen Bogen zur Masseneinwanderung zu machen, scheint mir weit hergeholt. Die Industrienation Japan hat eine vergleichbar niedrige Geburtenrate wie Deutschland und lehnt Massenimmigration kategorisch ab. Stattdessen setzt man dort auf erhoehte Effizienz durch Automatisierung und Roboter.