daß er casual genug gekleidet ist. Da ist Platz genug für einen mächtig ‘dicken Hals’. Diese Art Kragenformen platzen nie.“ Sag ich.
Einwand von X: „Oh doch! Es gärt gewaltig. Wart nur ab. Das wird ein heißer Herbst. Aber noch ist Deckung angesagt. Bis es wirklich alle merken!“
Ich: „Abwarten, na klar. Wie schon seit ein paar Jahrzehnten. Immer dasselbe. Diese Hoffnung: Bald ist der Zenit überschritten. Bald kapiert’s auch der letzte. Bald…“
Immer ist „bald“. Immer ist die Apokalypse nah. Und der Zeitpunkt, aus der Deckung zu treten. X begreift nicht, daß er der wahre Verhinderer ist. Nicht er persönlich. Denn X ist Viele. X hat Angst: erstens, daß es „noch schlimmer“ wird; zweitens davor, aus der Reihe zu tanzen.
Dabei fühlt X sich bereits als Widerständler. Beweise:
- a) er hat die ZEIT längst abbestellt, den SPIEGEL auch;
- b) er kauft regional statt international, Kraft-Ketchup kommt ihm nicht in die Tüte;
- c) er hat sich nie einreihen lassen in proasyl-Menschenketten, in Unterschriftenlisten für linke Umtriebe etc.;
- d) er hält CDU/SPD/FDP schon seit längerem für unwählbar;
- e) er hat sorgfältig betrieben, daß sein Kind nicht auf die multikulturelle Schule vor Ort, sondern an einem gehobeneren Ort unterrichtet werden kann;
- f) er grüßt Frl. Y von der Kreis-Linken ganz bewußt nicht mehr, hat hingegen Herrn Z von der AfD neulich überdeutlich und mit einem offenen Lächeln zugenickt;
- g) er hat in der Volleyballgruppe jüngst vorgeschlagen, das monatliche Abendtreffen nicht beim Türken/Chinesen/Inder/Thailänder, sondern im „Goldenen Anker“ zu veranstalten;
- h) er hat in einem persönlichen Gespräch mit dem Leiter der örtlichen Volksbank durchaus zu verstehen gegeben, daß er die derzeitige Asylpolitik als Asylirrsinn versteht,
- i) er gibt neuerdings im Internetforum XYZ unter dem vielsagenden Nickname euchgehtsvielzugut ordentlich Zunder. Dort erhält er durchaus heftigen Gegenwind, aber: Er steht seinen Mann!
- j) hat er seine Kinder „ganz bewußt“ Josef und Luise genannt, er nennt dies eine „provokante Tat an sich“ und glaubt bemerkt zu haben, daß manche Eltern über diese traditionelle Namenswahl raunend die Köpfe zusammenstecken.
Das ist alles nicht nichts. Es ist mehr, als regelmäßig bei Burger King und Döner Ali einzukehren, Grün zu wählen, taz zu abonnieren und sein Kind Freedom oder Glory zu nennen.
X (der sich, wie gesagt, aus zahlreichen Ixen zusammensetzt) würde aber
- a) „derzeit“ nie bei PEGIDA auftauchen. Denn dort haben sie („hört man so“) Leute, die photographieren und identifizieren. Er läßt sich
- b) seine Sezession an die Adresse von Oma liefern. Die hat nichts zu verlieren (siehe Hirnhunde)!
- c) hat er seine guten Ratschläge an die asylkritische Bürgerinitiative vor Ort absenderlos verschickt, weil: die Zeiten sind so,
- d) ist er immer noch in der CDU: weil irgendwann die Zeit schon kommt, wo auch da die richtigen Weichen gestellt werden,
- e) hat er seinem Kind die „eher mainstreamige bis linke“ Version des Geschichtstatbestands XY vorbereiten geholfen, weil: Noten sind heute halt alles,
- f) hat er „eher nur zum Schein“ in einer offenen Abstimmung für den Sexkoffer abgestimmt, weil man sich nicht „vorzeitig outen“ sollte,
- g) hat er einen Mordsschaff mit den unterschiedlichen email-Adressen, die er unterhält und mit der Verschlüsselung; er hält es für einen subversiven Akt, bei Focus unter wodiegefahrwächst unter bei dem strammlinken Magazin XY unter davilagomez zu „posten“, und zwar: Tacheles!
X sagt von sich, er taktiere „aus dem Hinterhalt“. Er sei nur einer von x‑hunderttausend Schläfern, die dann hervortreten werden, wenn… ja, wenn? Wann?
E.
„X“ beschreibt die Konservativen in Deutschland ganz trefflich. Also das Gros der Sezessions- und der JF-Abonnenten, letztere wahrscheinlich noch mehr. Ein entscheidendes Problem für dieses Verhalten ist die Angst der Statusnivellierung (Familie, Beruf, Bekannte, Sportverein usw.). Letztlich aber auch die fehlende Solidarität im „eigenen Lager“. Und so warten alle schön weiter auf die Vorreiter, um nach einem erfolgreichen Vorbreschen dieser, mit auf den Zug aufspringen zu können. Und wenn es schief geht, haben es all die anonymen Kommentatoren bereits im Vorfeld gewusst und sind außen vor.