„Das bist du“. Dieses Wort meint: Alles, was dir im Leben begegnet, begegnet dir nicht dir zufällig. Es begegnet dir als Spiegel deines Charakters, als Antwort des Lebens auf dich selbst. Nun denn:
Alles was sich an widerwärtigen und verachtenswerten Unarten, an Niedertracht und Oberflächlichkeit, an Dummheit und Verderbtheit hierzulande bei unseren eigenen Leuten angesammelt hat, wird uns durch die Zumutungen der Zuwanderung gespiegelt – verstärkt um den Faktor 10.
Zur Klärung vorab: Mir geht es nicht um das moralisierende „Du hast selbst Schuld!“ gegenüber dem Individuum, das für sich betrachtet sogar schuldlos sein kann, sondern um Selbsterkenntnis mit Blick auf das, was der Linke gern als „gesellschaftliche Umstände“ bezeichnet. Also „tat tvam asi“ frei nach Marco Ferreri („Das große Fressen“). Diesem Ansatz ist auch geschuldet, daß die gewählte Form der sprachlichen Darstellung im Folgenden hier und da die Grenze zum Vulgären streift. Wohlan denn, frisch ans Werk!
Gier
Die Gier ist der grundsätzliche Charakterzug des westlichen Zivilisationsmenschen – sein Alltag ist von Grund auf geprägt durch sie. Stets auf der Suche nach dem billigsten Preis, immer auf der Pirsch nach Vorteilsnahme jedweder Art sind wir (je nach dem erreichten Grad des charakterlichen Verfalls) zu fast jeder Schandtat bereit, sofern sie uns nur ein wenig Gewinn einträgt.
Denkt man gelegentlich auch mal daran, wer den Billigwahnsinn der Verbrauchermärkte möglich macht? Nein, aber wir werden darauf gestoßen. Es sind zum nicht geringen Teil Billiglohnarbeiter in eben jenen Ländern Asiens, deren Bewohner hier nun Einlaß begehren, um sich ihren Teil am Wohlstand zu sichern (gewiss, die Einlaß Begehrenden kommen auch aus Ländern ohne ausgeprägte Sweatshop-Strukturen).
Unseren Wohlstandsmüll schließlich exportieren wir freigiebig und bedenkenlos nach Afrika. Doch das funktioniert auf Dauer eben nicht: Unsere Gier schlägt gerade in einem derart hohen Maße auf uns zurück, daß man schon fast – in Anlehnung an biblische Dimensionen – von einer Plage reden könnte („Asylantenplage“, ein böses Wort).
Sexbesessenheit
Eine weitere Antriebswurzel des durchschnittlichen Mitteleuropäers ist eine krankhaft übersteigerte Sexualität. Man beklagt hemmungslose Zuwanderer, verweist auf die steigende Vergewaltigungs- und Belästigungszahlen im Umfeld asylantischer Unterkünfte. Doch was verrät der Blick in den Spiegel? Wer verbringt denn einen Großteil seiner Freizeit auf einschlägigen Internetseiten, wer ist denn da so alles als Sextourist in Drittweltländern unterwegs, wessen Dasein ist denn durch und durch pornografisiert, wer läßt denn als alkoholisierter Kegelbruder umgehend alle Hemmungen fahren, wenn sich nur die geringste Chance auf einen außerehelichen Beischlaf bietet (notabene: das gilt auch für die Kegelschwester)?
Und wer glotzt notgeil aus der Wäsche, sobald ein primitives Reizwort fällt? Richtig: Es sind unsere einheimischen Nachbarn m/w und Kollegen m/w, unsere Freunde m/w, Verwandten m/w und vielleicht gelegentlich sogar wir selbst m/w. Eine fehlgeleitete, übertriebene Sexualität schlägt auf uns zurück – vor allem auf die Freundinnen, Frauen, Töchter. Denn sie werden zu Objekten der enthemmten Geilheit anderer.
Alles soll gratis sein
Man gibt sich irritiert, belustigt oder schockiert, wenn ein Zuwanderer aus dem Orient oder Afrika in aller Unschuld bei der Aufnahmebehörde anfragt, wann und wo er denn sein Haus und sein Auto in Empfang nehmen könne. Doch die Auffassung, daß alles Gute im Leben umsonst sein müsse, ist auch hier weit verbreitet. Man geniert sich vielleicht, so direkt nachzufragen wie der in die Irre geführte Mensch aus dem Südland, doch insgeheim träumen wahrscheinlich auch recht viele Hiesige vom Schlaraffenland, in dem ihnen die gebratenen Hühnchen und Täubchen ins weitgeöffnete Maul fliegen.
Zwar ist die politische Linke hier schon deutlich hemmungsloser, doch der Wunsch, für einen möglichst geringen Einsatz möglichst viel zu erhalten, hat längst auch das sich selbst als bürgerlich verstehende Lager erfasst. Mit genau dieser Mentalität werden wir nun durch die Auswüchse der Zuwanderung konfrontiert. Die Leute aus der Fremde wollen nichts anderes als wir. Wären wir anders, würden sie nicht kommen wollen.
Nur vom Feinsten, bitte
Vom Feinsten ist dem westlichen Durchschnittsmenschen gerade mal gut genug – mit welchem Recht eigentlich? Sollte das Besondere nicht dem Besonderen vorbehalten bleiben und deshalb seine Singularität und Seltenheit wahren? Stattdessen Gourmet-Lachs, Gourmet-Steaks, Gourmet-Schinken, erlesene Spitzenweine und Schampus für Herrn Jedermann zum Superbilligspottpreis – warum sollte der Fremde da nicht auch für sich nur vom Feinsten fordern, auf Markenware bestehen, Billigklamotten oder gar bereits Getragenes als unzumutbar und beleidigend zurückweisen? Nur weil er nicht selbst zahlt? Das ist doch Integration par excellence: Wir wollen so sein wie ihr! Denkt der Durchschnittseuropäer nicht genauso? Das Beste ist für ihn gerade mal gut genug und alles andere taugt nicht? Na also. Diese schamlose Hybris wird ihm derzeit kräftig um die Ohren gepfeffert.
Entwurzelt
Weltoffen, international, kultursensibel, überall zu Hause – so gibt er sich, der hiesige Durchschnittsmensch westlicher Prägung. Längst spricht er englisch besser als deutsch, denkt nur noch in grenzüberschreitenden Kategorien, seine Lebensmittel kommen aus allen Erdteilen, auch sein sonstiger Geschmack orientiert sich eher am Exotischen als am Eigenen (welches Eigene eigentlich? Hat er es nicht längst vergessen oder weggeworfen?). Und jetzt kommen Millionen Fremdlinge in sein Land – Sozialtouristen zwar und keine Selbstzahler wie er, doch ansonsten mit ganz ähnlichem Hintergrund: Sie haben keine Beziehung mehr zu ihrer Heimat, sie gaben diese freiwillig preis, kehrten allem Eigenen den Rücken, um am westlichen Wohlstand zu partizipieren. Die frisch Entwurzelten besuchen gerade die schon etwas länger Entwurzelten. Doch die solcherart heimgesuchten traditionell Entwurzelten reklamieren plötzlich voller Panik genau jenes Eigene, von dem sie allenfalls eine unscharfe Vorstellung, eine blasse Ahnung noch haben. Wo war es doch gleich? Richtig – man hat es längst schon weggeworfen. Es war ja nicht mehr gut genug.
Vereinzelung im Niemandsland
Zum Entwurzeltsein gehört nicht allein der Heimatverlust, sondern auch der Verlust der sozialen Bindung – und sind wir Individualisten und Hedonisten nicht gerade hierin Weltmeister? All die gewollt Kinderlosen, die niemanden außerhalb ihrer „sozialen Netzwerke“ im Internet haben; all die Bindungs- und Beziehungsunfähigen, die zu niemandem gehören; all die sozial Verarmten, die niemand vermissen würde, wenn sie eines Tages nicht mehr da wären – ihnen stehen nun all die alleinreisenden und doch zur Rudelbildung fähigen „jungen Männer“ gegenüber. Das ist die Antwort des Lebens auf den Willen zur Selbstzerstörung, auf ein frevelhaftes Wüten gegen Gemeinschaft und Familie.
Medienabhängigkeit
Alle Zuwanderer scheinen im Besitz moderner Smartphones zu sein – ein Rätsel zwar eingedenk der bitteren Not, der sie angeblich entflohen, doch auch nichts Besonderes. Hängen nicht auch unsere eigenen Leute – ganz gleich ob Manager oder Unterschichtler – pausenlos am Smartphone wie die Junkies an der Nadel, nur eben süchtig nach Klatsch, nach Kontakt, nach Bestätigung, nach stündlich neuer Ablenkung vom eigenen Elend, die leblos wirkenden Augen stumpf auf das Flackern des Displays gerichtet, als könnte von dorther Erleuchtung kommen? Die uns da massenhaft aus der Fremde entgegengetreten sind nicht anders. Sie sprechen zwar nicht unsere Sprache, glauben nicht an unsere Werte und sehen anders aus. Doch das Smartphone verbindet uns auf denkbar unangenehme Weise: Sieh her, tat tvam asi. Wir werden gespiegelt.
Nach mir die Sintflut
Man weist mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf die vermüllten und mit Fäkalien beschmierten Lager- und Wohnstätten der Zuwanderer? Drei Finger weisen auf den Ankläger zurück. Denn zum Vergleich bieten sich die großen Musikfestivals an, wie sie jeden Sommer zu Dutzenden in Deutschland stattfinden und die fast ausschließlich von Autochthonen besucht werden. Die Müllberge sind zum Fremdschämen, die Bilder der Verwüstung am Tag der Abreise mit zerstörten, verlassenen Billigzelten und ‑grills lassen an den Durchzug von Barbarenhorden denken, die verdreckten Sanitäranlagen und der bereits am zweiten Tag das Gelände überlagernde Gestank nach Erbrochenem legen Zeugnis ab vom zivilisatorischen Stand des eigenen Nachwuchses. Die Zuwanderer sind da nicht anders. Sie halten uns den Spiegel vor. Nur weigern wir uns, die eigene Fratze mit der fremden Fratze in Verbindung zu bringen – ein bedauerlicher Sehfehler.
Gewalt
Gewalttätige Fremdlinge? Gewiß, darüber sprechen sogar BKA und Polizeigewerkschaft ganz offen. Aber häusliche Gewalt, Missbrauch von Kindern, gewalttätige Fußballfans, gewalttätige Asoziale – all das gibt und gab es auch in Deutschland. Wer in der falschen Gegend etwas Falsches sagt oder falsch guckt, kriegt was auf die Fresse. Das war in den 70ern oder 80ern nicht anders, wenn man als halbwegs behütet aufwachsender Jugendlicher an heimische Schläger geriet (man nannte sie damals, lustiges Wort, „Halbstarke“). Eine häßliche Sache, gewiß. Nun bekommen wir es von anderer Seite vorgelebt – verstärkt um den Faktor 10. Sehen wir nicht die Wurzeln böser Gewalt auch in uns?
Chance
Nein, ich will nichts beschönigen – meine Botschaft ist nicht: Die Fremden sind gar nicht so schlimm, denn sie sind wie wir. Meine Botschaft ist vielmehr: Wir, die wir uns auf- und erregen, sind im Kern nicht anders. Und genau deshalb ist die Zuwanderung wirklich eine riesige Chance – allerdings gänzlich anders als Politik, Medien und Wirtschaft sich das ausmalen. So sehr anders, daß Politik, Medien und Wirtschaft sich noch wünschen werden, sie hätten der Zuwanderung niemals Tür und Tor geöffnet oder ihr das Wort geredet. Die Auswüchse der Zuwanderungen konfrontieren uns heimatlos gewordene Heimische nämlich mit unserem eigenen Versagen, unseren Fehlern, unserer hässlichen Seite, unserer ganzen Schäbigkeit und Ignoranz. Wenn wir das erkennen, liegt darin ein gewaltiger Ansporn, das Verfehlte abzustreifen, sich der alten Haut zu entledigen und ein anderer, ein tieferer Mensch zu werden, der das Eigene wiederentdeckt und zu lieben lernt. Vielleicht erkennen wir dann auch endgültig den Verrat, den wir vor allem mit der ungezügelten Gier an uns selbst begangen haben.
Andreas Kammnagel
Bei fast allen Punkten möchte ich irgendwie widersprechen, aber wahrscheinlich eher aus dem Reflex einer moralischen "Verteidigung des Eigenen" - was mir, hätte ich es versucht, wohl schwerlich gelungen wäre. Sicher, es gäbe viele einzelne Gegenbeispiele, aber Meyers Tendenz ist schon treffend.
Dem letzten Punkt möchte ich allerdings uneingeschränkt zustimmen, dazu eine Beobachtung an mir selbst: Die neue Stimmung im Land macht einem das eigene Mann-Sein und die damit verbundenen Aufgaben wieder bewusster, Deutschland findet wieder in der Wirklichkeit statt, Körperlichkeit, Haltung und Bekanntenkreis rücken in der inneren Prioritätenliste wieder ein paar Ränge nach oben. Dieses realistischere Leben wird in der Tat vieles verändern.