Abendlands nichts anfangen.“ Dieses Zitat stammt von Björn Höcke, er hat bestätigt, diese Auffassung im Rahmen einer Vortragsveranstaltung der Jungen Alternative (JA) geäußert zu haben. Höcke liegt damit auf einer Linie mit großen Teilen gläubiger Juden. Das hat Karlheinz Weißmann ausgeführt:
Es seien vor allem die Juden, die in der Verwässerung der Gegensätze und Unvereinbarkeiten zwischen Christentum und Judentum eine Gefahr für die unverwechselbare Identität und den klaren kultischen Umriß des eigenen Glaubens sähen.
Der Historiker Karlheinz Weißmann, Gymnasiallehrer wie Höcke, führte dies in der Jungen Freiheit vor knapp zehn Jahren in einem sehr erhellenden Forum-Beitrag aus, man findet ihn im JF-Archiv. Die beiden zentralen Passagen stehen im hinteren Drittel des kenntnisreichen Textes.
Weißmann interpretiert in der ersten Stelle die Formel vom “jüdisch-christlichen Abendland” als ein Zeichen von Schwäche in der Selbstvergewisserung der eigenen Identität:
Das unmittelbare In-Beziehung-Setzen von Heidentum und Christentum wirkt auf den heutigen Leser ähnlich befremdend, wie es auf Chesterton gewirkt hätte, wenn eine direkte Ableitung des Christentums aus dem Judentum vorgenommen worden wäre. Diese Auffassung hat sich eigentlich nur etablieren können in einem historischen Augenblick, in dem die Fähigkeit erlahmte, Unterschiede – zwischen Religion, Kulturen, Völkern – wahrzunehmen. Im Judentum ist das Bewußtsein der Differenz aber immer besonders scharf ausgeprägt geblieben, eben weil von diesem Bewußtsein Existenz oder Nichtexistenz der Gemeinschaft abhängen konnten.
In der zweiten Stelle zieht Weißmann dann die Schlußfolgerungen aus seinen Ausführungen:
Tatsächlich ist die christliche Botschaft außerhalb der Grenzen Israels mit viel größerer Bereitwilligkeit aufgenommen worden als jemals im Einflußbereich des Judentums, und das hat seine historische Entfaltung bestimmt. Diesen Prozeß rückgängig machen zu wollen, ist ein ebenso lächerliches wie sinnloses Unterfangen, und wenn es wider Erwarten Erfolg hätte, würde es nur zerstören, was die christliche Identität verbürgt. Das Christentum als Christentum ist keine Variante des Judentums. Die Trennung beider lag im Plan Gottes oder wenigstens in der Logik der geschichtlichen Entwicklung.
Es wäre richtig und wichtig – gerade für die Junge Freiheit selbst – Björn Höcke auf der Grundlage dieses wichtigen Textes von Weißmann auf allen Kanälen zu verteidigen und das Echo der Medienkampagne nicht noch zu verstärken. Unterschiede und Antagonismen festzustellen, ist Identitätsstiftung – Weißmann dixit.
Remigius
Die Bereinigung der von Herrn Höcke erzeugten Flurschäden wird langsam sehr aufwendig. Für sich genommen ist jede seiner Aussagen wohl richtig, aber es hätte ihm doch klarsein müssen, wie man sie interpretieren würde. Er hätte die liberale und linke Weigerung, natürliche Unterschiede zwischen Menschen zur Kenntnis zu nehmen, besser am Genderthema festgemacht. Wer ihn oder seine Partei jetzt verteidigen will, kann sich aber nicht mehr wie beim Genderthema auf gesunden Menschenverstand und menschliche Erfahrung stützen oder an diese appellieren, sondern braucht solide Kenntnisse der Soziobiologie, geduldige und verständige Zuhörer und viel Zeit. Politisch sind die Ergebnisse verheerend.
Das gleiche gilt für seine Äußerung zum Judentum, wobei diese auch inhaltlich an die Grenzen geht, denn wesentliche Elemente abendländisch-europäischer Identität und Kultur beruhen u.a. auf der Naturrechtslehre, die ohne das Alte Testament nicht entstanden wäre. Natürlich kann ich die Äußerung inhaltlich trotzdem noch irgendwie rechtfertigen, aber er macht es einem wirklich nicht leicht.