… – aber so staunt man als Mutter auch über die eigene Brut. Wir waren heute im Freibad, und zwar nicht von Schnellroda aus, sondern im Rhein-Main-Gebiet. Früher, sonniger Vormittag, die Wiese war noch leer, im großen Becken zogen ein Dutzend strammer Alter seine Runden. Wir wollten ans kleinere Becken, wohlig beheizt, das Wasser wärmer als die Luft. Drin tobte eine Schulklasse.
Meine Sechsjährige, ganz leise in mein Ohr: “Mama, was sind denn das für Leute?”
“Na, wohl Schüler, die hier nach dem Schwimmunterricht spielen dürfen.”
“„Aber… die sind ja alle so… so sehr dick?”
“Die essen vielleicht nichts Gutes! Das gibt’s! Oder die hängen zuviel in der Stube herum, vorm Fernseher oder am Computer! Laß die sich doch ruhig austoben, die haben’s nötig! Aber es ist doch noch Platz für Euch, springt doch mal rein!”
Die Tochter (der Wildfang der Familie) stand bald wieder bei mir: “Mama, das ist bestimmt keine Schulklasse. Ich glaub, das sind alles Ausländer.”
“Ach, ich hör die nur deutsch sprechen! Und wenn?”
“Nee, die sprechen aber ganz komisch, und lauter böse Wörter. Außerdem sehen die doch anders aus. Nicht nur so dick, die haben ja alle ganz schwarze Haare.”
“Die sprechen nicht komisch, das ist eine Art hessisch, nur bißchen anders. Ich versteh das ganz gut. Hm, böse Wörter? Welche denn?”
“Das böse Wort mit A und das mit SCH. Mama, das ist bestimmt ein Sonderkurs für dicke Ausländer. Kann doch sein?”
“Schau mal, erstens sind da doch zwei Lehrerinnen dabei. Und zweitens, guck, die beiden Jungen in den kurzen Badehosen, die sind doch ganz dünn und nicht so wild. Mit denen könntst Du mal spielen.”
Eine Minute später war sie wieder da: “Die verstehen mich gar nicht, und die sprechen wirklich eine ganz andere Sprache. Und die anderen sagen die bösen Wörter jetzt auch zu den Lehrerinnen! Als die Lehrerinnen geschimpft haben, daß die uns in Ruhe lassen sollen, waren die ganz frech! Mama, ich trau mich da gar nicht rein!”
Also: Weil’s den Kindern gar zu wild zuging, ließ ich sie auf dem Spielplatz spielen. Erst später gingen wir ins Becken, dann, als die Klasse fort war und sich auch die Rentner ins kleine Becken wagten. Mangels Betrieb war die Schwimmbadkasse nicht besetzt, der Bademeister kam zum Abkassieren vorbei. “Mit diesen Umständen zahlen Ihre Kinder natürlich heute nichts”, radebrechte er, „ist nicht immer schöne Zustände, hm?”
In den USA, dem Urland der political correctness, nennt man das affirmative action – postive Diskriminierung zugunsten ethnischer Minderheiten. Sechs Euro gespart, ist ja auch was.