Natürlich war es richtig, Gründe, Hintergründe und Abgründe zu analysieren. Natürlich kann man es als Fanal sehen. Aber was folgt daraus? Was könnte daraus folgen?
Eine ewig währende Jammertirade? Hysterische Klageweiber (auch männliche) auf Speed beherrschen die Szene, den barmenden Apologetinnen der Willkommenskultur nicht unähnlich.
Es ist alles gesagt. Die Fakten sind bekannt, alle Argumente sind ausgetauscht, alle Theorien gesponnen. Und nun? Wird sich etwas ändern? Die weitere Destabilisierung der Verhältnisse ist zu erwarten, kein Diskurs, keine Großdemo, kein Wahlergebnis, kein Politikerrücktritt, kein Generalstreik wird die Barbarisierung stoppen.
Warum also weiterreden? Gibt es keine wesentlicheren Themen, ist da nichts Wichtigeres? Schweigen ist mitunter der beste Beitrag zu einer nicht enden wollenden Diskussion.
Ich rede auch nicht der beherzten Tat des Einzelnen oder einer kleinen, zu allem entschlossenen Gruppe das Wort. Welcher Tat denn überhaupt? Welche Tat wäre wohl groß genug, um das aufzuhalten, was da geschieht und noch geschehen wird? Doch was geschieht denn da wirklich? Weiß es jemand?
Ich rede aber erst recht nicht der Verzweiflung oder der Desillusionierung das Wort. Ich neige nicht zur Depression, ich bin Optimist und vielleicht in mancher Hinsicht sogar ziemlich abgebrüht. Ich nehme die Dinge zur Kenntnis, treffe einige private Vorkehrungen.
Moralische Empörung und diese ganze aufgeregte Getue egal von welcher Seite finde ich anstößig und abstoßend zugleich, hege ich doch den hässlichen Verdacht, daß manch einem die Ereignisse nicht ungelegen kamen. Doch das eigentliche Übel ist, daß man dem, was man bekämpft, verhaftet bleibt. Man wird ihm ähnlicher, verliert sich gar in ihm.
Nehmen wir ein paar grundlegende Dinge zur Kenntnis: Wo der eine oder andere noch sein fades argumentatives Süppchen auf trübe qualmenden Feuerchen zu kochen meint, treiben wir alle doch längst im großen Hexenkessel. Dieser Hexenkessel ist nicht auf Köln beschränkt oder auf Deutschland, sondern ist ein globaler. Die Dinge sind in radikaler Auflösung bei zunehmender Dynamisierung des Prozesses.
Der Prozeß hat sich verselbständigt; sinistre Planer mit Fledermausohren, die so etwas wie die Flutung Europas mit – vornehm ausgedrückt – kulturfremden Elementen vielleicht dereinst aus Gründen der Habgier, aufgehübscht durch akademische Überlegungen, angestoßen haben könnten, dürften inzwischen selbst die Hosen gestrichen voll haben (man riecht es förmlich: Kot und teuerstes Parfüm). Es gibt keinen Fleck auf diesem Planeten, der noch Sicherheit böte – weder uns noch denen. So sieht es aus. Scheinbar. Scheinbar, weil auch der Hexenkessel nicht ewig brodeln wird und eine ganze andere Sicherheit zum Vorschein kommen wird. Eine Sicherheit, die wir immer schon hatten und immer haben werden.
Was ich persönlich zu tun gedenke? Ich werde abwarten. Ich bin, weil ich zwar blaue Augen habe aber doch nicht blauäugig bin, auf mancherlei gefasst, sogar vorbereitet. Aber nichts wird mich aus der Ruhe bringen. Es wird eine große Schmelze geben, die die westliche Welt ebenso wenig überstehen wird wie die islamische (von China ganz zu schweigen).
Wer meine bisherigen Beiträge gelesen hat, wird verstehen, daß mich das erwartbare Verschwinden der westlichen Welt nicht unbedingt vor Trauer erstarren lässt – mit ihr verschwände viel geistiger Unrat, viel Oberflächlichkeit und einiges an unterirdischer Obszönität. Und da die um nichts weniger unwürdige islamische Welt im selben Orkus abstrudeln wird, wäre auch dieses Problem gelöst. Mich bewegt eher die Frage, was bleibt. Auf dieses Bleibende versuche ich mich zu besinnen. Ich sehe mich nicht als Christ, bin aber Meta-Physiker durch und durch.
Ich lasse Ruhe in mein Leben einkehren und heitere Gelassenheit. Ich freue mich, wenn die auswärts studierenden Kinder mal wieder vorbeischauen. Freue mich auf Zweisamkeit mit meiner Frau, genieße den eingelagerten Wein (ich lagere übrigens ständig Nachschub ein, leere also nicht einfach so den Keller), koche gern, lese gerade in diesen Tagen bevorzugt Platon, Jakob Böhme und Heidegger. Außerdem die Marmorklippen, um das Urbild der Rautenklause vor Augen zu haben.
Ich gucke in das Grau des Himmels über Nordwestdeutschland, sehe dort Farben (auch ohne Weinkonsum). Ich tausche mich mit Freunden aus, Köln ist kaum noch ein Thema (was keine Geringschätzung der Opfer ausdrückt, wie hinzuzufügen ich mich beeile). Ich gehe weiter meinem Broterwerb nach, streife durch die Landschaft (auch bei Regen), musiziere, pflege meine kleine prähistorische Sammlung, pflanze dorniges Gestrüpp ums Haus, unbeeindruckt durch bald wahrscheinlich allgegenwärtige Banden Schutzsuchender und einen impotenten Staat, der nichts zu meinem Schutz vor jenen Schutzsuchenden unternehmen wird.
Das, was ich praktiziere, sei ein feiger, eines Rechten unwürdiger Ausstieg aus dem Bereich des Politischen? Nichts weniger als das. Es ist die Einkehr in die Mitte des Politischen, in das, was jede Polis im Kern ausmacht. Es ist die Einkehr in das Eigene. Fehlt es, wird nichts Bestand haben.
Thomas Wawerka
"Das Private ist politisch!" (?)
Schweigen ist mitunter der beste Beitrag zu einer nicht enden wollenden Diskussion.
Das wird mir auch immer deutlicher.