Am 3.1. haben wir in Offenbach/Main (sehr bürgerlicher Vorort) einige einprozent-Aufkleber rumkleben sehen. Wer das wohl war? Ich hatte die Dinger längst vergessen. Vorgestern gingen wir dieselbe Strecke: Sie klebten immer noch. Hab nicht ausprobiert, ob /wie leicht sie ablösbar sind. Kleinere Tochter: „Ich glaub, die Leute hier sind sich zu fein für alles. Also auch dafür, an Aufklebern rumzurubbeln.“
28.1. 2016
Alle unsere älteren Kinder haben Aufkleber auf ihren Notizblöcken, die man „einschlägig“ nennen könnte. An der Uni führt das zu interessanten Begegnungen, die Seiten füllen könnten. Der Sohn hat auf seinem Hausaufgabenheft den schönen Sticker „Am Montag ist Peggy da!“ Heute wurde er von Klassenkameraden (6. Klasse) gefragt, wer diese Peggy denn sei. Er: „Weiß nicht, ob ihr schon mal von Pegida gehört habt?“ Antwort: „Öhm… ja… Pegida… diese Terrorgruppe, die dauernd Anschläge macht, oder?“
29. 1. 2016
Auf der Post lese ich täglich die erste Seite der dort ausgestellten BILD. Riesen-Schlagzeile heute (aus dem Gedächtnis):
6 Monate Haft für Asylbewerber! Weil er Socken klaute!
Kleiner: Richterin: Sie nutzen unser System aus. Aha, die explizite refugees welcome-Orgie samt Aktionslogo vom Spätsommer wurde halbwegs fallengelassen, nun kommen sie mit „Hintergründen“, wie krass & superpreußisch kleine Schelmereien frierender Willkommener hierzulande geahndet werden. Supertaktik der neuen Chefredakteurin!(Nebenbei: 1998 hatte die BILD noch knapp 4,5 Exemplare pro Ausgabe verkauft, heute sind es nicht mal zwei Millionen.)
Zwischenfrage: äh, was ist eigentlich aus #Kölnhbf geworden? Die Rede ging doch von fieser Männergewalt gegen Frauen? Ist der entsprechende Aufschrei schon verhallt?
Nee, die Feministinnen haben jetzt halt ein anderes großes Ding; es heißt stopbildsexism.com. Özdemir, Hofreiter, Katja Kipping und die Süßmuth haben schon gegen die Praxis des freiwilligen & bezahlten Zurschaustellens nackter Frauenkörper unterzeichnet. Den kruden Wortlaut der Petition möchte ich unseren Lesern nicht vorenthalten:
BILD.de sowie BILD, Deutschlands meist verkaufte Zeitung, beeinflussen unsere Gesellschaft. 2012 bemerkten sie, dass das Frauenbild, das sie verbreiten, respektlos und menschenunwürdig ist: sie verbannten das BILD-Girl von Seite 1. Doch seitdem findet es sich noch immer im Zeitungsinneren der BILD und rankt offensiv auf der Hauptseite von BILD.de. Wir fordern die Abschaffung des BILD-Girls. Doch mehr ist nötig um eine Kultur des Respekts zu schaffen“.
Muß sagen: Ich (mit der BILD aufgewachsen) hatte schon immer eine gelinde Verachtung sowohl für die sich anpreisenden Ladies als auch für die männlichen „User“. Aber hier & jetzt kommt mir dieser Aufschrei wie eine Kampagne vor unter dem Motto „Ich hätt‘ gern mal ein Problem!“
30.1. 2016
Unsere Neunjährige hat’s nicht so mit der räumlichen Orientierung im Großen. Es kann vorkommen, daß wir durch Bad Lauchstädt fahren und sie sagt: „Gell, wir sind jetzt ganz in der Nähe von der Oma?“ – „Bitte? Die Oma wohnt am Bodensee, das ist ein paarhundert Kilometer entfernt.“ – „Achso! Ich dacht nur, weil, hier sieht’s grad so ähnlich aus.“ Ähnliches gab es bereits öfter.
Heute: Wir fahren durch Merseburg, die Hauptstraße entlang. Tochter: „He? Ich sag bestimmt wieder was ganz Falsches, aber sind wir in Offenbach?!“
Sie denkt nicht in Räumen und Entfernungen, sie denkt in Bildern. Wir schleichen im Auto (Berufsverkehr) von Ampel zu Ampel. Von links nach rechts und rechts nach links queren dunkle Typen lässig die Fahrbahn (logisch: nicht an der Ampel, wie uncool wär das!!), Handabklatschen neben dem Seitenfenster, üppige Rotzflashes klatschen aus Mündern auf den Boden. Vor dem Kebapladen rechts eine kleine Traube rumhängender fremder Jungmänner, vor dem Imbiß links von uns eine größere. Am Bahnhof gar ein kleineres Großtreffen definitiv allochthoner Adoleszenter. Nur Männer.
Sohn, herablassend zur Jüngeren: „Mann, Offenbach! Superorientierung! [sic!] Nur weil‘s so aussieht!“ Er ist gerade in einer abenteuerlichen Wettphase und wendet sich an die größere Schwester auf den Beifahrersitz: „ Würdest Du jetzt für – sagen wir: 10 Euro allein in den Bahnhof gehen?“ Schwester: „Halt einfach den Mund. Das ist kein Spiel. Und übrigens, Du weißt eh: Ich hab nie Angst.“
Winston Smith 78699
Auweia, der Kebap entpuppt sich nun doch als das verführerische trojanische Pferd der Invasion. Ich bin schuld am Untergang des Abendlands, weil ich Döner mag, und Pizza und auch Kaffee.
Deutschlands zu Durchhalteclowns verkommene Kabarettisten werden ja nicht müde, mir das zu erklären. Dass sich nur keiner von denen für einen so ausgelutschten Gag schämt. Kennt jemand diese Filmaufnahme von einer Unterhaltungssendung im späten Goebbelsfunk, in der auch noch das Lachen verordnet wurde?
Also geben wir mitsamt dem Döner doch gleich auch die arabisch-indischen Zahlen zurück. Und die Mohammedaner geben die Idee mit der Buchreligion an die Juden zurück. Und die alliierten Streitkräfte geben den
Sieg an die zurück, die das Automobil erfunden haben. Und die Migranten ihre Arbeitsplätze und Versicherungen. Wo kämen wird denn da hin, wenn man sich aus einer Kultur nur das Angenehme rauspickt?