Lehramtsstudenten oder bereits fertige Lehrer. Daß Angehörige gerade der politisch umhergeworfenen, staatsbediensteten Berufsgruppe Interesse an alternativen Betrachtungsweisen unserer gesellschaftlichen Malaise zeigen, verwundert – allerdings nur auf den ersten Blick. Sezession-Literaturredakteurin Ellen Kositza macht auf eine Analyse der Ursachen aufmerksam: die Lehrerdämmerung.
Das besprochene Buch des 2014 emeritierten Leipziger Philosophieprofessors Christoph Türcke verspricht im Untertitel, zu ergründen, was die neue Lernkultur in den Schulen anrichtet. Um die Vernachlässigung des Forderns zugunsten des Förderns geht es da, um “Kompetenz-” statt Wissensvermittlung und um die ununterbrochene, hochwissenschaftlich unterfütterte Rücksichtnahme auf angenommene Befindlichkeiten der “lieben Kleinen”, die man nicht mit harten Benotungen und strikter Fehlerkorrektur traumatisieren dürfe.
Lehrer sind den jeweiligen Bildungsplänen ihrer Bundesländer unterworfen; diese gilt es zu studieren, um über die neuesten Tendenzen der de-formierten Gesellschaft auf dem Laufenden zu sein. Wohin der Weg führen wird, ist ungewiß, doch können sich spätestens nach dieser feinsinnigen Analyse der Bildungsmisere weder Eltern noch Lehramtsanwärter herausreden, sie hätten von all dem nichts gewußt.
Wenn, wie in der filmischen Rezension geschildert, etablierte high brows dem Autor und seinem Werk ein Beschwören »reaktionärer« Bildungsprinzipien vorwerfen, dann zeugt das vor allem von einer Gefühlslage: der Angst davor, daß die in Gesetzesentwürfen und ministeriellen Richtlinien offen nachzulesenden, aber ignorierten Mechanismen der Indoktrination und Ver-Bildung (endlich) ans Licht einer breiten Öffentlichkeit gezerrt werden könnten. Allein deshalb lohnt es bereits, Türckes Buch zur Hand zu nehmen – hier entlang zur Bestellung! Unten nun das Video.
Lehrkraftzersetzer
Sehr geehrte Frau Kositza,
vielen Dank für Ihr Aufgreifen dieses Themas.
Der neue Lehrplan 2016 für die "Gesellschaftswissenschaftlichen Fächer" in Rheinland-Pfalz hat als Zielsetzung "Demokratiefähigkeit" (S. 1). Leider ist der Lehrplan nicht zur Unterrichtung der Landesregierung gedacht, die sich vor der Wahl z.B. durch mangelnde Diskursfähigkeit und Verleumdung auszeichnete. Die Kompetenzorientierung gipfelt jetzt darin, dass am Ende der oftmals einstündigen Klassenstufe 8 (7, 9 und 10 dann zweistündig) die Reichsgründung 1871 erreicht sein soll. Wenn man bedenkt, dass die Schulbuchausleihe sowie der Lehrerwechsel von Klasse 8 nach Klasse 9 ein Sabotieren des Lehrplans erschwert und dass die Mehrheit der Lehrer auch im Jahr 2016/17 in Klassenstufe 7 nicht anders unterrichtet als bisher - man kann froh sein, wenn die meisten im frühen Mittelalter die Klasse 7 beenden -, dann weiß auch der eingefleischte SPD-Funktionär, dass die Stoffverteilung für Klasse 8 eine Idiotie ist. Derselbe Funktionär nickt trotzdem den Lehrplan ab, da ihm dann in Klasse 9 und 10 endlich genug Zeit zur Verfügung steht, um nach einem Jahr Inkompetenzorientierung die Schüler wenigstens in deutscher Verbrechensgeschichte, der besten psychologischen Grundlage für den Großen Austausch, ausgiebig zu unterweisen. Als ideales Hilfsmittel wählen verblendete oder blendende Lehrer "Das waren Zeiten 2" https://www.ccbuchner.de/titel-1-1/vom_19_jahrhundert_bis_zur_gegenwart-3025/ für Klasse 9/10 aus. Das Titelbild mit einem dunklen, ernsten Kaiser Wilhelm II. und einer weißgewandeten Anne Frank, erhöht und lächelnd dahinter, bildet den bisherigen Höhepunkt an Geschmacklosigkeit (Instrumentalisierung von Anne Frank usw.). "Täter - Opfer", "Schuld - Sühne" und v.a. "Dunkeldeutschland - Helldeutschland" sollten sich nach zwei Jahren Indoktrination eingeprägt haben. Und vieles, vieles mehr... Der Lehrplan durfte übigens nicht "im Zeitraum von sechs Monaten vor einer Wahl zum Zweck der Wahlwerbung verwendet werden" (S. 168). :)))