In jenem Streifen gehe es um einen Schwarzen, der bei einer rechtsradikalen Partei Karriere macht, weil er „der deutscheste Deutsche“ sein will. Nun seien die ambitionierten jungen Filmleute mit VW-Bus und Megafon rund um Pegida gekreist und hätten unter anderem geschrieen, Lutz Bachmann sei undeutsch, weil kriminell, und Kriminelle gehörten abgeschoben.
Das habe vielfältige Reaktionen produziert. (Nachfrage bei Bachmann und ein paar Pegida-Besuchern: Nichts mitbekommen davon.“ „Wann, diesen Montag? Bestimmt nicht.“)
Am Mittwoch las ich eine Kritik auf Welt.de.
“Das wirklich Unangenehme an diesem Film ist aber nicht der Film selbst, es ist die moralische Erpressung, mit der er arbeitet. Natürlich muss man sich über Nazis lustig machen, das ist wichtig. Aber die Witze müssen eben gut sein. Natürlich darf es politische Kunst geben, aber die Kunst muss zunächst einmal als Kunst ästhetisch berühren. (…)“Der schwarze Nazi” unterscheidet sich in seiner moralischen Arroganz nicht von den letzten Performances von Ai Weiwei, der sich als toter Flüchtlingsjunge für ein Foto an den Strand gelegt oder Rettungsdecken an die Cinema-For-Peace-Gäste verteilt hat, die munter Selfies damit machten. Der Zweck heiligt nicht die Mittel, und schlechte Kunst ist niemals heilig, sondern einfach nur schlecht.”
Am Donnerstag sah ich mir den Filmtrailer an und fand ihn nicht so schlecht.
Ich mußte zweimal laut lachen. Donnerstagabend hatte ich Lust auf Kino. „Der schwarze Nazi“ ist ein Niedrig-Budget-Ding, realisiert durch Crowdfunding, er läuft nur an wenigen Orten und zu spärlichen Terminen, bislang anscheinend aber stets ausverkauft.
Ich schaute ihm mir im übervollbesetzten kleinen Vorführraum eines linken Kinos an. Einer der Regisseure war anwesend, Karl-Friedrich König, freundlicher Kerl mit sympathisch-offenem Gesicht. (Klar: Lookism. Pardon.) Mit seinem Bruder Tilman fungierte er als Regisseur und Drehbuchautor. Beide sind Söhne des bekannten Antifa-Pfarrer Lothar König und Brüder der Thüringer Landtagsabgeordneten Katharina König (DIE LINKE). (Tochter, die mit war, meinte nebenbei: „Ulkig eigentlich, daß ein Urlinker seinen Kindern solche irgendwie reaktionären Namen gibt-!“)
Der Film, in Leipzig (und Jena, wenn ich mich nicht getäuscht haben) spielend, erinnerte ein wenig an den vorjährigen Streifen „Heil“ des ehemaligen Piusbruderschaftanhängers Dietrich Brüggemann, deshalb („Ideenklau“; die Königbrüder wollen die Idee zuerst entwickelt haben) hatte es wohl auch eine Kontroverse unter den Filmemachern gegeben.
Und, war er so lustig wie der Trailer, so doof, wie ihn der Staatsfunkbericht auf mich wirken ließ oder so schlecht, wie der WELT-Autor ihn fand? Naja.
Darum geht´s: Sikumoya Mumandi, Lehrer aus Kinshasa, schwärmt für Goethe, Schiller und die gesamte deutsche Kultur. Nette Szene, wie er melancholisch den Osterspaziergang memoriert und dabei in den blauen Himmel schaut, der sich doch (das soll es wohl bedeuten) grenzenlos über die ganze Welt spannt. Leider ist es schwer für unseren hochintelligenten und sensiblen „Siku“, als (Neu)Deutscher anerkannt zu werden. Wie ihn alle immer anstarren! Sein nettes Lächeln mit bösen Blicken vergelten!
Nachdem er aus dem Koma erwacht, in das ihn Leipziger Neonazis geprügelt haben, sieht Siku als erstes am krankenhäuslichen Überwachungsgerät seinen brandneu erworbenen deutschen Paß lehnen.
Da beschloß er, der „deutscheste“ Deutsche zu werden. Er läßt sich von der rechtsradikalen NPO (Nationale Patrioten Ost, mit schön gespieltem Vorsitzenden) als Integrationsbeauftragter anwerben. Siku überflügelt rasch das Programm der Partei – er will nun alles „Undeutsche“ und „Kulturfremde“ ausmerzen, wenigstens ausweisen.
Hm. Eine seltsame Art der Groteske. „Moralische Erpressung“ empfand ich, anders als der WELT-Kritiker, nicht. Es ist eher der vielfach mißlungene Versuch, die „Nazi-Weltsicht“ mit ihren eigenen Argumenten zu schlagen. (Motto: „Da sieht man mal, wie krass widersprüchlich diese Rechten denken!“)
Die NPO-Leute sind gegen den Zuzug von „Kulturfremden“. Siku Mumandi beschließt , daß Westdeutsche als „kulturfremd“ zu gelten haben und bekämpft werden müssen. Oder: Mumandi zieht im ausgerasteten Modus durch die Gänge des Abeitsamts und schleift als „arbeitsscheu“ empfundene deutsche Hartzanwärter aus dem Gebäude, setzt sie in Abschiebungsabsicht in den Fernzug. Was freuten sich da die Zuschauer! Genauso, als Mumandi gegen einen Vordenker der Neonazipartei agitiert, der aufgrund von Meinungsdelikten bereits mal im Gefängnis saß. Mit Kriminellen arbeite er, Mumandi, nicht zusammen! Übergroße Freude im Publikum.
Als es am Ende allerdings so aussieht, als wolle Mumandi (der endlich gemerkt hat, daß die Neonazis ihn nur benutzen wollten) seine faulen Kameraden tatsächlich vergasen – na, immerhin da erstarb jedes Gelächter.
Komisch war also, daß wir immer dann kicherten, wenn es ansonsten ruhig blieb im kleinen Saal. Und umgekehrt keinen Lachimpuls verspürten, wenn alle anderen grölten.
Es gab durchaus Szenen, bei denen ich lachen mußte. Nämlich dort, wo die Wiedererkennungsmomente (rechtsradikale Szene und gutmenschliches Staatsbürgertum) groß und einigermaßen subtil waren: Wie Steve, der blondgescheitelte „Barde“ der nationalen Szene in weinerlicher Stimmung ein Lied an „Oma, Opa! Ihr ward Helden!“ komponiert. Wie germanengläubige Blutsbrüder eine hochpathetische Feuer- und Fackel-Inszenierung mit Odingedenken exerzieren. Darüber kann man schon mal herzlich lachen, zumal die Szenerien hier nicht ins Absurde gingen, sondern ziemlich authentisch anmuteten.
Ulkig übrigens, daß dabei mein fester Glaube, das es genuin linke und rechte Visagen gäbe, reichlich erschüttert wurde. Vermutlich sind ja die Schauspieler und Statisten im weiteren Sinne Weggefährten der linken Könige. Das Gewand der extremen Rechten paßte ihnen gut, besonders an der Gestalt einer Neonazi-Freundin delektierten wir uns.
Als beste Szene erschien uns jene, wo Siku Mumandi als Kostgänger einer bürgerlichen Initiative „Weltoffenes Sachsen“ (oder ähnlich) im klischierten Afrikanergewand in der Fußgängerzone Prospekte verteilen und dabei genauso einladend lächeln soll wie seine verspießerten weißen Kombattanten. Im Hintergrund läuft dabei eine supersofte musikalische Dauerschleife, in etwa: „Offen für die Welt – bunt für alle – Sachsen!“
Derartiges mal in Szene zu setzen ist keine Kunst, klar. Für einen harmlosen linken Unterhaltungsfilm taugt es aber allemal.
Wuderlich
Sehr schöne Filmkritik, Frau Kositza.
Die abstruse Werbung "Dresden ist bunt" gibt es wirklich und sie geht vielen auf den Geist, weil sie überall dort auftaucht, wo der Tourist Kultur statt Multikulturalismus sucht, was so manchen von einem Besuch in Dresden bzw. dessen Kulturtempeln abhält...
Den "schwarzen Nazi" gibt es auch wirklich, zumindest trat der Student Ferdinand aus Kammerun zwei mal bei PEGIDA auf und beschwor die Deutschen, deutsch zu bleiben. Siehe: https://youtu.be/IaLWovyQ8A0 ...Entweder haben die Regisseure das alles halbwegs künstlerisch/satirisch verarbeitet oder sie haben ohne Kenntnis der Realität diese vorweggenommen, weil sie in ihrer linksbunten Realität nicht glauben können / dürfen, dass ein Afrikaner für die Interssen des deutschen Volkes eintritt. Das die "Dresden ist bunt" -Werbung abschreckend wirkt, realisieren inzwischen Wirte, Hotelies und selbst der Intemdant des berühmten Kabaretts "Herkuleskeule". Wenn man poitische Propanganda macht, kommen eben weniger Zuschauer. Die Linksintellektuellen verlieren gerade die Deutungshoheit und haben es bis jetzt noch nicht gemerkt...