auf dem Prof. Dr. Günter Scholdt seinen Beitrag zur Reihe “Berliner Schriften zur Ideologienkunde” vorstellte. Sein Werk Die große Autorenschlacht. Weimars Literaten streiten über den Ersten Weltkrieg ist dabei historische Studie und zugleich eine zur Literatur der Zwischenkriegszeit.
Nach einer kurzen Einführung durch Institutsleiter Dr. Erik Lehnert begann Scholdt seinen Vortrag, der jedoch weniger eine bloße Zusammenfassung des Buchinhalts als vielmehr eine Art “Lektüreanleitung” darstellte.
Denn die Auseinandersetzung unter den deutschen Zwischenkriegsintellektuellen um die Bewertung des Ersten Weltkriegs, geführt in Romanen, Gedichten, auf Vortragsveranstaltungen und insbesondere in Zeitungsartikeln, stellte nicht weniger als eine Art »ersten Historikerstreit« dar, von dem ausgehend die »seelischen Verwerfungen« der Vergangenheitsbewältigung bereits seit einem Jahrhundert über der Geschichte lägen.
Schriftsteller wirkten aufgrund ihrer Verbreitungskanäle stets im besonderen Maße als “Volkshistoriker”, die sich in der Weimarer Republik mit auch und gerade geschichtspolitisch intendierten, also vor dem Hintergrund der Vergangenheit auf eine gegenwärtige Wirkung hin vorgebrachten, »teils drastischen Aussagen zur Zeit« hervortaten.
Anhand zahlreicher schriftlicher Zeugnisse von Tucholsky, Kästner, Döblin, Jünger, Beumelburg und diverser Manns belegte Scholdt nicht nur die jeweiligen politischen Absichten der Literaten, sondern auch ihre vielfach bewiesene Fähigkeit zur Wende um mindestens 180 Grad:
Insbesondere Kurt Tucholsky und Alfred Döblin taten sich hierbei hervor, hatten diese bald lautstarken Pazifisten und Antimilitaristen doch jeweils noch unmittelbar vor Kriegsende Hoffnungen auf einen Siegfrieden bekundet und unbedingten Kampfeswillen des deutschen Heeres eingefordert.
Gemäß Scholdts dezidierter Ansicht, daß es – wie in der literarischen “Neuen Sachlichkeit” – »keine Geschichte, sondern nur Geschichten« gebe, ziehen in seiner Autorenschlacht über 50 deutsche Autoren vorüber, die einen umfassenden Einblick in das geistige Leben der Weimarer Republik liefern.
Dieser Überblick geht, ebenso wie Scholdts Schlußfolgerungen, damit weit über den im durchschnittlichen Schulunterricht vermittelten Bildungsstand hinaus, wonach es nur “gute” Pazifisten à la Remarque und “böse” Bellizisten und Nationalisten vom Zuschnitt Ernst Jüngers gegeben hätte. Allein schon, um diesen verqueren Eindruck zu korrigieren, lohnt Günter Scholdts Buch die Lektüre.
+ Günter Scholdt: Die große Autorenschlacht. Weimars Literaten streiten über den Ersten Weltkrieg, Berliner Schriften zur Ideologienkunde, Bd. 5, Berlin 2015. 284 S., 15.00 € – hier bestellen!