unter dem Titel Rubikon. Deutschland vor der Entscheidung eine Analyse der Lage Deutschlands vorgelegt. Wir rufen hiermit einen Rezensionenwettbewerb aus und geben – lektüreschwer – einige Leitfragen vor:
1. Weißmann geht davon aus, daß wir in einer geschichtlichen Phase “beschleunigter Prozesse” stünden und daß die Karten nun neu gemischt würden. Steht Deutschland wirklich vor der Entscheidung, hat also ein Wörtchen mitzureden – oder ist die Entscheidung längst gefallen?
2. Weißmann leitet – als Historiker kann er nicht anders – die gegenwärtige Lage aus der Geschichte ab und hält deren Kategorien weiterhin für gültig. Gibt es diesen Fluß, diesen Rubikon überhaupt noch, oder irrt das deutsche Volk nicht bereits längst jenseits aller Bewegung durch ein Gelände, in dem zur Orientierung die an ihr Ende gekommene Geschichte nicht mehr hilft?
3. Weißmanns Rat – nach 250 Seiten – lautet, keinesfalls ungeduldig und revolutionssüchtig zu agieren, sondern abzuwarten, bis “der Tag des Baues” gekommen sei. Wenn alle zuwarten – wer bereitet dann den Baumeistern das Feld? Wo stünden die Demonstrationsbündnisse, Bürgerbewegungen und Parteiflügel heute vielleicht bereits, wenn die Abwartenden nicht abgewartet hätten?
Wir haben unsere Auffassung zu Weißmanns Versuch bereits in der Schublade liegen, warten aber die Rezensionen unserer Leser ab
- bis zum 1. Juni kann man an die Adresse wegner(at)antaios.de eine knackige Meinung zum Buch einreichen.
- Die drei besten Einreichungen werden mit einem Buch prämiert, vielleicht mit “Fluß ohne Ufer” von Hans Henny Jahnn oder “Mündungsfeuer” von Gregor Hauser oder “Alles fließt” von Heraklit …
Carsten
Ad 1. Stimme W. zu. Beide Lager (für/gegen Deutschland) nehmen Fahrt auf, beide Lager mobilisieren. Die Mobilisierung, das Gezwungensein sich zu positionieren, bedeutet leider auch eine tiefere Spaltung des Volkes. Aber die Würfel sind noch nicht gefallen, denn Geschichte verläuft nie linear. Kein Mensch hätte 1987 zehn Mark darauf gewettet, dass zwei Jahre später die Mauer fällt.
Ad 2. Die Kategorien der Geschichte sind insofern "am Ende", weil das 21. Jahrhundert nicht die Verlängerung des 20. ist, sondern ganz neue Prozesse das Koordinatensystem verschoben, bzw. aufgelöst haben. Der Ausgang des Konfliktes wird aber zunehmend von externen Mitspielern bestimmt (Polen, Tschechien, Ungarn etc.), die erst durch ihre EU-Mitgliedschaft auf der politischen Karte aufgetaucht sind. Auf sie kann man zumindest Hoffnung setzen.
Ad 3. Zum Abwarten ist keine Zeit mehr. Wer abwartet wird zum Objekt, das waren wir lange genug und können wir uns nicht mehr leisten. Aktion ist angesagt, offen (Pegida) oder subversiv (IB). Da ist noch "viel Luft nach oben". Also: weniger Bücher schreiben, mehr Transparente aufhängen. Das tut aber nur, wer noch Hoffnung hat. Oder schon genug Wut.