Keine Demo, wo sie nicht auftauchen, keine Aktion, die sie nicht fotografieren, ja seit neuestem wird sogar jeder Tweet von mir von eifrigen Antifaschisten dokumentiert. Zeit, daß ich mich einmal ausführlicher der Antifa und ihrer Bedeutung für uns widme. Meine steile These, die ich gleich vorwegnehmen will, lautet:
Die Antifa hat eine wichtige ideengeschichtliche Bedeutung für unser Lager.
Ich konnte die linke Szene nie wirklich ernst nehmen. Eine Gruppe, die das „Anti“ im Namen trägt und sich daher aus dem „Dagegen“ definiert, wirkt auf mich immer erbärmlich und sekundär.
Es ist die Perspektivlosigkeit, das letzte und verzweifelte Ideologie-Minimum einer einst gewaltigen ideengeschichtlichen Kraft, das aus diesem „Anti“ spricht. Das politische Projekt der Linken ist tot. Der Marsch durch die Institutionen und die kulturelle Machtübernahme gemäß Gramsci hat ihnen zwar prestigeträchtige, gut bezahlte Posten gebracht, doch irgendwo am Weg dorthin haben sie jeden revolutionären Geist verloren. Es gibt eigentlich keine echten „Linken“, sondern nur mehr Linksliberale. Das heißt, der Anspruch auf eine wirklich linke Staatspolitik ist längst ad acta gelegt. Die Linke übernimmt im von ihr so heiß gehaßten Liberalismus die Rolle des moralischen Feigenblatts und geistigen Kammerjägers.
Immer matter und müder wirken die Attacken gegen „Staat, Nation und Kapital“. Lediglich wenn es gegen „die Nazis“ geht, wenn die Sturmglocken der BRD die “Friedensvolksgemeinschaft gegen Rechts” (Stephan Grigat) auf die Marktplätze läuten, fühlt sich die Antifa in ihrem Element. Sie ist zu einem Schoßhündchen der bestehenden Ordnung und einem Stützpfeiler des Status quo geworden.
Man überläßt ihr prinzipiell ihre Hausprojekte und autonomen Zentren. Man blickt gönnerhaft über den wahnwitzigen Vandalismus „linker Aktivisten“ hinweg und ist immer „gesprächsbereit“. Dafür vollstrecken die Linksextremen als geduldete Stiefeltruppe die herrschende Ideologie gegen alle Dissidenten. Tatsächlich ist die Antifa-Gewalt, die in den allermeisten Fällen für die Täter folgenlos bleibt, der Fluchtpunkt, auf den jeder „Nazi-Vorwurf“ hinausläuft. Die Presse weiß das sehr gut. Sie wissen, daß die mediale Markierung als „Nazi“, zumindest in Westdeutschland, eine Art Vogelfreiheit bedeutet, in der die Opfer den frei und feige operierenden linksextremen Privatinquisitoren ausgeliefert werden.
Den Vergleich, was geschehen würde, wenn Rechte Häuser dauerhaft besetzen, Drohbesuche bei Firmen machen, Autos anzünden und linke Politiker in ihren Büros überfallen würden, ersparen wir uns hier. Jeder in Deutschland weiß, daß die Antifa keine echte Repression erleidet. Possen wie um die Rigaer Straße zeigen in der folgenden „Kriegserklärung“ letztlich nur, was sich die Linken alles erlauben können. Während die rechten Strukturen in regelmäßigen Repressions-Intervallen komplett zerschlagen wurden, wächst der linksautonome Sumpf in seinen Netzwerken und Operationsbasen rechtlich unbehelligt, medial unbeachtet und mit Steuergeld gefüttert seit Jahrzehnten vor sich hin. Verfolgt werden maximal Einzeltäter – und auch das nur selten und inkonsequent.
Trotz dieser gemütlichen Lage, trotz einer jahrzehntelangen ununterbrochenen Tradition an Wissen, Techniken, Geld und Personal bringt die linke Szene nichts zustande. Im Grunde hat sie sich seit dem Ende der RAF mit ihrer Rolle als „Kammerjäger“ des Systems abgefunden. Ideologisch bewegt sich wenig. Das letzte „große Ding“, das einen neuen Anfang hervorrufen hätte können, die Spaltung der Szene in Antiimps und Antideutsche, ist längst wieder im Sand verlaufen. Zwischen den tausend peinlichen, belanglosen Streitigkeiten über politisch korrekten Sprachgebrauch ist die „autonome“ Szene zu einem bräsigen und langweiligen Konsens geronnen. (Sogar die Bahamas ist nicht mehr das, was sie einmal war.)
Der Grund dafür liegt meiner Ansicht nach auf der Hand: Die ideengeschichtliche Aufgabe der Linken ist vorbei. Ihre politische Theorie ist am Ende. Ihre Geschichtsphilosophie greift nicht mehr. In der Vergangenheit liegen nur Zusammenbrüche, die Gegenwart wird nicht verstanden und vor der Zukunft hat man Angst. Eine fiebrige Apokalyptik macht sich breit.
Das, was von Adorno und Co in der Kritischen Theorie vorhergesehen und mitbewirkt wurde: der Verlust jeder bestimmten Negation, jeder konkreten und positiven Vision einer geschichtlichen linken Aufgabe und ihres Trägers findet nun sein Endstadium. „Daß Auschwitz sich nicht wiederhole“, ist der letzte Imperativ einer ideen‑, strategie- und visionslosen Selbsthilfegruppe für jene, die mit dem kapitalistischen Betrieb der Moderne nicht zurechtkommen, aber zu zaghaft oder zu beschränkt sind, seine ideologischen Grundlagen zu hinterfragen. Um diesem Imperativ zu folgen, der nur mehr ein schwacher Abglanz der marxschen Zielvorgabe einer „Welteinrichtung“ ist, müssen überall die „Auschwitzwiederholer“ aufgedeckt und attackiert werden. Hier ist oft der Wunsch nach einer geschichtlichen Aufgabe und einem sinnhaften, abenteuerlichen Leben Vater des Gedanken. Wenn sie nicht vorhanden sind, werden die Hitler-Wiedergänger einfach frei erfunden. Die Antifa braucht ihre Neonazis wie ein Verdurstender das Wasser. (Genau an dieser immer absurderen Ausweitung des Nazivorwurfs und ihrem immer verrückterem exterminatorischen Antipatriotismus wird die Linke am Ende selbst zugrunde gehen.) Gerade der Black Block und das Phänomen der drogenaffinen Pop-Antifa des letzten Jahrzehnts entlarven das gesamte linke Projekt als das, was Sorel schon vor einem Jahrhundert erkannt hat: eine verzweifelte Suche nach einem Mythos. Der Erlebnis- und Gewaltkult der Linken, der schon in Sartres Vendee-Existenzialismus vorgeprägt war, kommt in der linksautonomen Subkultur zu sich selbst. Der spannende Kampf „um“ ihre Ideale, die gemeinschaftlichen Stimmungen des Hasses, der (Schaden-)Freude und Selbstgerechtigkeit, die er auftut, ist für sie letztlich wichtiger „als“ die Ideale selbst.
Als Sorel das bewußt wurde, wurde er Faschist.
Und genau dieser Begriff führt uns zum zweiten Teil meines Artikels, in dem ich den Nutzwert der Antifa für eine europäische Reconquista analysieren werde. Neben ihrer Gewalt ist die Antifa stets die Avantgarde, wenn es darum geht, den ohnehin schon extensiven „Nazivorwurf“ in seiner Bedeutung auszudehnen. Jeder Begriff hat einen „Begriffskern“ und einen „Begriffshof“. Für die Antifa ist aber, getreu Dimitrows Kapitalfaschismusthese, jeder ein latenter Nazi, der nicht fanatisch am linken Projekt mitarbeitet. Der selten dämliche Begriff vom „Extremismus der Mitte“, der 2015 sogar Eingang in den österreichischen Verfassungsschutzbericht fand, besagt, daß im Grunde in jederm besorgten Bürger ein latenter Neonazi steckt. „Ich bin kein Nazi, aber“, die von ihrem eigenen omnipräsenten Nazivorwurf selbst erzwungene Floskel, mit der jeder politisch Korrekte einwanderungskritische Positionen einleiten muß, wurde den Linken daher in den letzten Jahren zum „Nazi-Bekenntnis“.
Diese aberwitzigen Extensionen und Entgrenzungen des Nazivorwurfs, (für Rassismus etc. gilt dasselbe) zielen letztlich auf ein totalitäres Kritikverbot am Multikultiprojekt ab. Das ist natürlich ein demokratiepolitischer Skandal. Es ist einer der Hauptaspekte unseres sanften Totalitarismus. Es ist das letzte Aufgebot der „Festung Multikulti“, des luftdicht verschlossenen Gedankenbunkers der herrschenden Elite, die jeden Kontakt zur kritischen Masse verloren hat.
Gleichzeitig wirkte und wirkt dieser allgegenwärtige und tatsächlich lebensbedrohliche Nazivorwurf aber auch wie ein Katalysator auf die rechte Theoriebildung. In einer seltsamen dialektischen Wechselwirkung brachten die Linken damit letztlich die Neue Rechte und die neuen patriotischen Bewegungen hervor, die sie eines Tages als 4. politische Theorie beerben werden.
Auch schon lange vor der Identitären Bewegung vollzog die unterdrückte rechte Szene in der Hitze des Meinungsgefechts eine diffuse chemische Transformation, die auch ich am eigenen Leib miterlebte. Als ich in „die Bewegung“ trat, gab es ein wildes Durcheinander an altrechten Positionen, Rückgriffen auf Alternativ-Versionen (wie Nationalrevolutionäre oder Faschisten) und progressive Versuche der Neuformulierung. Begleitet wurde dieses Gezerre durch ein wildes Changieren des Stils und der Organisationsformen. Konkret war (und ist) man in diesem Lager aber keinen Schritt weiter als die Antifa. Was sich am Ende durchsetzte, war ein altrechter Kompromiß, der sich vor allem in der gemeinsamen Mode, Musik und im Feindbild ausdrückte. Nach einigen Bieren blätterte sogar bei „Nationalen Sozialisten für Israel“ jeder ethnopluralistische Putz ab. Dennoch kann man viele zirkulierende Positionen womöglich als „protoidentitär“ bezeichnen.
Woran jeder Versuch einer Neuformulierung und damit Verortung jenseits des politisch neutralisierten Sektenwinkels (teils mit Bezügen zum NS) scheiterte, war letztlich dieser altrechte Kompromiß, der zwischen der Außen- und Innenwirkung notwendig eine unüberwindbare Barriere schob. Wie man nach außen wirkte, war das eine, aber wer „reinkam“ und drinnen bleiben wollte, war und wurde notwendig „Nationaler Sozialist“, Faschist etc., oder er ging wieder. Und viele gingen.
Damit war, strategisch betrachtet, der Wirkungskreis dieser Gruppen von Anfang an auf einen vernachlässigbaren Bruchteil der Bevölkerung beschränkt. Und das zu Recht. Wie die Ideologie der Antifa so bietet auch der Nationalismus, als 3. politische Theorie, keine ideengeschichtliche Antwort auf die großen Fragen, vor der unser Volk und alle Völker heute stehen.
Es war auch die ständige Attacke der Antifa, ihr ständiger Druck, der aus diesem unehrlichen und inkonsequenten Flickwerk, aus den Überresten des europäischen Faschismus und Nationalismus die Abspaltung und Geburt einer Neuen Rechten hervortreiben mußte. Diese ist, wenn sie wirklich neu und wahrhaftig, das heißt von der Seinsfrage angesprochen ist, immer auf dem Weg zu einer 4. politischen Theorie. Sie ist weiters notwendig von der „linken“, aber auch von der „liberalen“ Kritik beeinflußt, geläutert und an ihr gereift. Der permanente, totale und unversöhnliche Nazivorwurf der Antifa gegen jede Fassung nationaler Identität, der permanente Vorwurf eines Chauvinismus, Vernichtungswillens, Konstruktivismus, des versteckten kapitalistischen Herrscherinteresses etc. wirkte wie eine Katharsis. In dieser mußte jeder, der sich mit der linken Kritik in der abendländischen Ideengeschichte auseinandersetzte, eine gewisse Berechtigung erkennen, wie das auch Heidegger tat:
„Man mag zu den Lehren des Kommunismus und zu deren Begründung in verschiedener Weise Stellung nehmen, seinsgeschichtlich steht fest, daß sich in ihm eine elementare Erfahrung dessen ausspricht, was weltgeschichtlich ist. (…) Wer den «Kommunismus» nur als «Partei» oder als «Weltanschauung» nimmt, denkt in der gleichen Weise zu kurz“. (Heidegger, Über den Humanismus, GA9, S. 340f)
Die geistige Anstrengung und die aufrichtige Suche beim Versuch einer Neuergründung und Neuformulierung nationaler Identität jenseits der obigen Vorwürfe führen notwendig zu einer radikalen Kritik der Moderne. Diese Kritik geht über die verkürzte und verblendete Modernekritik des NS und des Faschismus hinaus. Sie muß zuletzt auch in den geistigen Vorläufern der real existierenden Nationalismen und Faschismen mit Heidegger die Machenschaft, den Nihilismus und neuzeitlichen Subjektivismus orten und kritisieren. Man muß, wie der Denker sagte, auch gelegentlich „unbarmherzig gegen die Traditionen“ sein, wie etwa gegen die deutsche „Tradition“ des Franzosenhasses.
Blickt man nicht nur Jahrzehnte, sondern Jahrhunderte zurück, so erkennt man die Rollen und Aufgaben von Liberalismus, Sozialismus und Nationalismus in der Moderne. Den großen Anspruch, die untergegangene christliche Glaubenswelt als politische Religion zu ersetzen, hat letztlich keine politische Theorie eingelöst. Dem Nationalismus in seiner Rolle von 1848 bis 1945, nach Nolte, „gerecht zu werden“, bedeutet sicher keine Übernahme des antifaschistischen Verdikts. Doch wer kein Quellen-Historiker und Archivar des Alten sein will, sondern aktiv eine politische Entscheidung sucht, wird sich nicht mehr wohlüberlegt in die Tradition einer dieser großen ideologischen Entwürfe stellen können.
Die Antifa, die letztlich – gerade in ihrer antideutschen Prägung – nichts anderes ist als der verselbständigte Selbstekel des „Volksgeistes“, hat die wichtige Aufgabe, die kritischen Geister aus der stickigen Zwischenwelt der Postmoderne wieder in die Ideengeschichte zurückzutreiben. Daß diese kritischen Geister sich heute notwendig im „rechten“ Lager finden, sich dort in „neurechten“ Kreisen sammeln, von denen aus sie auf die Suche nach sich selbst gehen, ist der geistesgeschichtlichen Lage geschuldet.
Als Menetekel und Hürde, als Prüfstein und Gegner ist sie, auf geistiger Ebene weit mehr als auf der Straße, eine fruchtbare intellektuelle Herausforderung. Der Tag ihrer Verwindung wird der sein, an dem es uns, den „Neurechten“, gelingt, eine neue bewegende Vision zu finden, die nicht nur die bereits Erreichten und Überzeugten, sondern auch die Gewohnheitslinken, am Ende eben unser ganzes Volk, ins Mark trifft und damit der Antifa jede Unterstützung entzieht.
Die Unterstützung, die sie im linksintellektuellen Lager hat, der Ekel und Haß der Augsteins vor dem eigenen Volk, ist nicht nur ein neuartiges pathologisches Phänomen. Er hat ein gewisses geschichtliches Herkommen und vielleicht sogar den Kern einer Berechtigung. Er ist vielleicht sogar eine ideologisch entfremdete Entartung der bitteren Worte Hölderlins und Nietzsches über „ihre“ Deutschen. Was würden die Dichter heute sagen, wenn sie ihre Deutschen heute in all ihrer Dekadenz, Traditionsvergessenheit, in ihrem sinn- und ziellosen Dasein sehen könnten?
Ich möchte der Antifa, die mit ihrem Haß, mit ihrem leidenschaftlichen Vernichtungswillen, mit ihrer staatlich finanzierten Bespitzelung und ihren pauschalen Vorurteilen ständiger Begleiter und Impulsgeber für mein politisches Leben war, an dieser Stelle herzlich danken. Sie war die scharfe Peitsche, die mich und andere aus der geistigen Trägheit einer Szene getrieben und zu einer Bewegung gemacht hat, die sich den wahren Herausforderungen der Zeit stellt. (Wie immer bei allen wichtigen Veränderungen geschah das nicht in einem trägen Gesamt-Kompromiß dutzender Kleingruppen, sondern im Aufbruch einer überzeugten Kleingruppe mit Gesamtvertretungsanspruch.)
Unser Volk und die Völker Europas kranken an etwas Tieferem, das letztlich auch den Beweggrund aller linken Straßenaktivisten ausmacht, denen ich mich immer verbundener fühlte als linksliberalen Maulhelden: es ist der Nihilismus und die Frage nach einem sinnvollen und guten und gerechten Leben in einer Welt, die nicht mehr dieselbe wie vor 100 Jahren ist.
Wo der raumvergessene linke Universalismus mit seiner neurotischen Ausblendung nicht auf das Erwachen der Kulturen und Identitäten reagieren kann, verfehlt die Alte Rechte mit Nationalismus und/oder Biologismus das, was als ethnokulturelle Identität überepochal auch das „Nationale“ ausmacht.
Die eigentliche Frage nach dem „telos“ und nach einem Lebenssinn beantworten die Linken mit einer in der Realität kraft- und farblos gewordenen One-World-Utopie, die nur mehr in den Kindergarten-Malbüchern bunt ist. Die altrechten Nationalisten kennen hier nur einen dumpfen Darwinismus, die „Lebensweitergabe um des Lebens willen“, welche niemals in der gesamten bekannten Geschichte einem Volk den notwendigen Antrieb zum Daseinserhalt gab.
Auch die dritte und vielleicht wichtigste Frage in der heutigen hypermoralischen Gesellschaft, die Frage nach dem „richtigen Leben“ wird von beiden falsch beantwortet. Die Linken predigen einen widersprüchlichen moralischen Universalismus, der heute an seiner verantwortungslosen Grenzenlosigkeit zerbricht und als einzigen Antrieb den pathologischen Schuldkult kennt. Die Altrechten und Nationalisten wollen eine Rückkehr zum engen Horizont einer tribalistischen Ethik und verkennen dabei, dass wir in einer Epoche leben, in der unumkehrbare Informationsfortschritte und technische Möglichkeiten eine gesellschaftliche Gleichgültigkeit für den Rest der Welt ausschließen. Der Antrieb für diese Haltung ist am Ende meist doch wieder ein verklausulierter rassischer Chauvinismus. Am Ende steht hinter beiden Ideologien der neuzeitliche Subjektivismus, der in seiner Brille jede Daseinsfrage nach Herkunft, Gemeinschaft, Solidarität, Menschlichkeit, persönlicher Freiheit und Endlichkeit ideologisch verzerrt.
Als ich erfuhr, dass die Präsidentschaftswahl in Österreich wiederholt werden soll, war ich zuerst euphorisch und in Eroberungsstimmung. Langsam wurde mir aber wieder eine Sache bewusst: Egal wer gewinnt, das Land bleibt gespalten. Die Hofer-Wähler und die Bellen-Wähler werden einander nicht loswerden. Wir werden miteinander leben müssen. Wir werden mit ihnen leben müssen. Ja mehr: Wir werden sie aus ihrer eigenen geistigen Einbunkerung retten müssen!
Sie hatten ihr 68. Jetzt ist der Ball bei uns. Aber wer sind wir und was wollen wir?
Natürlich führt die Zuspitzung, die Europa heute erlebt, auch zu einer Stärkung der Alten Rechten und ihrer nationalistischen, tribalistischen und chauvinistischen Ideologie. Wenn unsere Länder überschwemmt und islamisiert, unsere Frauen und Töchter vergewaltigt werden und unsere Volkswirtschaften zusammenbrechen, ist das Klima für ein nationalistisch-rassistisches Revival denkbar günstig.
Doch es ist klar, dass auch ein Nationalismus redivivus niemals das ganze Volk hinter sich sammeln, niemals die Studenten, die Kulturszene, die Journalisten etc. für sich gewinnen könnte. Der Grund dafür ist eben nicht nur „Umerziehung“, sondern die ideengeschichtlich bedeutende Rolle der Kritik, die sie vertreten. (Ich habe das in meinem ersten Blogbeitrag angedeutet.)
Sie sind damit notwendig Komparsen und Korrektive, nicht aber die Akteure einer Veränderung. Diese kann nur entstehen, wenn der Druck und die Wut der materiellen Verschärfung der Lage in einer geistigen Verschärfung gesammelt werden. Eine geistige Verschärfung, die von der taktisch-strategischen Ebene auch auf die weltanschaulich-philosophische umschlägt.
Die deutschen und französischen Neuen Rechten und vielleicht insbesondere wir in Österreich haben hier eine ausgezeichnete Aufgabe. Als Erben des extremsten Nationalismus, als Enkel derjenigen, die alles auf die Spitze getrieben haben, stehen wir in einem besonderen historischen Gefüge. Wir sind Erben einer seltsamen Tradition aus Geist und Barbarei, Archaischem und Modernem. Unsere Vorfahren haben Unvorstellbares erlitten und unvorstellbar leiden lassen. Sie haben nie Dagewesenes geleistet und sich nie Dagewesenes geleistet. Hoffnungen und Träume, Verrat und Enttäuschungen – wir leben in den Nachwehen einer emotionalen Eruption, die eine gewisse generative Lethargie und Antriebslosigkeit der Nachkommen durchaus rechtfertigt. Aber wir müssen uns erneut stellen. Unsere Flucht in die Geschichtslosigkeit endete im Jahr 2015, als die Geschichte in Form der „refugees“ in unser Land „flüchtete“.
Anders als der englischsprachige Raum, dessen rechte Intelligenz fast ausschließlich in den altrechten Mustern des „white nationalism“ auf die Lage reagiert, und die slawischen Völker, denen man einen postsowjetischen Revanche-Nationalismus nicht vorwerfen kann, sind wir diejenigen, die aus dem ganzen Wahnsinn, der aufgestauten Emotionen, Wünsche und Abgründe, der endlosen Langeweile und Sehnsucht nach einem Ereignis einen neuen Mythos erfahren können, in dem sich erst eine neue Thymosspannung bilden kann.
Dieser Mythos muß als Erzählung an unsere geistige Tradition anknüpfen, die Geschichte in ihren Höhen und Tiefen, Herrlichkeiten und Verbrechen annehmen und sich in der denkerischen Höhe jener befinden, deren Metaphysik, (d.h. Welt- und Menschenbild) heute global geworden ist: Kant, Hegel, Nietzsche, Freud und Marx.
Das alles, man wird darauf gewartet haben, erschließt und eröffnet sich uns nur über den größten Denker der Moderne, Martin Heidegger. Peter Trawny bemerkte unlängst bei einem Vortrag, daß in Heideggers Denkweg auch noch die Gefahr des Philosophischen, sein Selbstverrat an die Ideologie lebe. Die Versuche, der Philosophie „diese Gefahr auszutreiben“, also das Denken politisch korrekt zu formen und zu kanalisieren, erkennt Trawny aber als die eigentliche Gefahr der Moderne. In der Freiheit liegt immer auch die Möglichkeit zum Irrtum. Abenteuerliches Denken kennt keine Tabus und muß sich auch der Gefahr des Irrtums aussetzen. Alles anderes mündet in der geistigen Entropie eines kritischen Rationalismus und einer erstickenden, politisch korrekten Sozialtechnik.
Wir selbst kommen geschichtlich gesehen aus dieser „Irre“ und das spannende Chaos, das wir aus ihr mitbringen, ist vielleicht das letzte, was das Abendland wieder in Bewegung setzen könnte. Eine Bewegung, die zu einer Besinnung führt, die Machenschaft beendet, statt sie als „Jude“ oder „Nazi“ personalisiert „vernichten“ zu wollen, und – ja, so weit gehe ich – ein menschenwürdiges Leben für alle anstrebt, ohne dabei den Weltstaat und die Lüge Menschheit zu propagieren. Letztlich keine perfekte und befriedete Welt, aber eine, in der man „ohne Angst verschieden sein kann“.
All diese Ideen und Visionen gären derzeit in einigen Wenigen, von denen sich die meisten, aber nicht alle in der Identitären Bewegung sammeln. Die haben noch nicht zum Begriff gefunden. Auch die IB ist vielleicht nicht der Weisheit letzter Schluß, sondern eine Leitersprosse. Ich weiß nur, daß es, flüchtig und verborgen, eine uneingelöste und hochtrabende europäische Sehnsucht gibt, deren „Aufenthaltswahrscheinlichkeit“ heute im neurechten Lager am höchsten ist. Ihre Umsetzung in Taten, Bilder und Worte wird sich gegen den Prüfstein der Antifa durchsetzen.
Wie Walter Benjamin im Einklang mit Nietzsche erkennt, ist es notwendig, daß diese ersten Schritte unzeitgemäß, lächerlich und absurd erscheinen. Sie sind nämlich das „ganz Andere“ zum gewohnten Einerlei. Nur eine gesunde Prise Ironie und eine gewisse Unschärfe und Ablehnung gegen die endgültige Systematik, eine gewisse Unordentlichkeit ist vielleicht zu dieser Aufklärung über die Endlichkeit der Aufklärung in der Lage. Darin kommt vielleicht den traditionell unphilosophischen, unsystematischen und schlampigen Österreichern und ihrer Vereinigung von barocker Geistigkeit und östlicher Ungeformtheit eine besondere Rolle zu.
All diese Gedanken und Ideen verführen, überfallen mich immer dann, wenn ich sie nicht durch konkreten Aktivismus bändigen kann. Am Ende sind es jedoch Fragen, die nicht nur rein denkerisch beantwortet werden können. Hugo von Hofmannsthal, der Stifter des Begriffs „konservative Revolution“, der in der IBÖ gerade wiederentdeckt wird, sagt: „Der Glaube an Europa ist das geistige Fundament unseres geistigen Daseins. Ihn mit deutlichen Worten zu verleugnen, hätte niemand den Mut, so kommt alles darauf an, daß er durch aufbauende Taten immer wieder bekannt werde.“
Da ich und andere diesen Taten treu bleiben werden, werden wir der Antifa auch weiterhin auf der Straße begegnen. Es kommt aber darauf an, daß wir ihnen auch geistig begegnen und uns mit ihnen auseinandersetzen. In dieser Begegnung gilt es, tiefer zu sehen als sie und sich trotz aller Niedrigkeit und Bosheit nicht auf ihr Spiel einzulassen, bis zuletzt die Offenheit und Gesprächsbereitschaft zu bewahren. Denn sie sind ein Teil von uns. Sie sind unsere Brüder, sie sind „deutscher“ als die meisten Deutschen und leiden ehrlich und mit uns an dieser Zeit. Sie sind das verdinglichte und leibhaftige schlechte Gewissen, die immer noch unüberwundene Auseinandersetzung mit unserer Geschichte. Vor allem aber sind sie und ihr universalistisches Korrektiv die aufdringliche, schmerzhafte und unbarmherzige Frage nach dem Sinn eines deutschen und europäischen Daseins im 21. Jahrhundert. Wenn wir uns dieser Frage nicht stellen, wird es kein solches Dasein geben. Und nirgends ist diese Frage in persona der Antifa quälender und unvergeßlicher als bei uns. Am Ende, das ist meine Hoffnung, kann ein neues Kapitel die alten Spaltungen überwinden, kann sich im Scheitern von Multikulti und der Hitze der Invasion Europas eine echte Erneuerung statt einer komödiantischen Wiederholung des tragischen ideologischen Bürgerkriegs abspielen.
Es liegt an uns. Der Ball liegt bei uns. An die Antifa gerichtet möchte ich diesen Text mit einem schönen Zitat von Drieu la Rochelle beenden, das er niederschrieb, kurz bevor er sein eigenes Leben beendete:
„Ihr werdet mir nicht entkommen, ich werde euch nicht entkommen.“
Heiner Kronental
Mit Verlaub, der Text ist doch bloß eine matte pseudointellektuelle Erhöhung der roten SA – um sich selber als großen Geist zu produzieren. Natürlich mit den üblichen aufgeblasenen Schlüsselworten, also Garnierung mit Adorno und, na klar, Heideggerchen darf bei sowas auch nie fehlen. Hier werden Probleme gefunden und auseinanderklamüsert, die außer Herr Sellner niemand gesucht hat. Weshalb man im Text mehr über Herrn Sellner erfährt als über die Antifa. Denn die Antifa besteht einfach aus antidemokratischen Schlägern mit Gruppentrieb, oft mit, oft aber auch ohne nennenswerte Ideologisierung. Zumal die Soziologie der Antifa gut bekannt ist, das sind heutzutage meist Freizeitantifanten, im Gegensatz zu früher usw. Also, da gibt es keine großen Geheimnisse, keinen Bedarf nach Adornosierung hoch 2, keine unbedingte Notwendigkeit nach geschichtsphilosophischen (grässlich) Einordnungen. Solche Texte dienen ausschließlich sich selbst.