Game Jam
Flucht und Vertreibung05.–07.08.2016, Berlin
Drei Tage Kreativität, Innovation und eine entspannte Atmosphäre. Entwickeln Sie mit Kreativen aus ganz Deutschland Ihre eigenen Spiel-Ideen!
Unser Ziel: Games-Prototypen zum Thema “Flucht und Vertreibung”.
Der bpb:game jam bietet den Teilnehmenden offene Barcamp-Sessions und einen Working Space, um mit den Schaffensprozessen und den ethischen Dimensionen digitaler Spiele zu experimentieren.
Nebenfrage: Gibt es keinen lässigeren Ausdruck für „Vertreibung“?
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16. 8. 2016 – So viele Kartoffelkäfer waren selten. Kinderarbeit. Ich bin der Sklaventreiber. Allerdings streiche ich in einer Viertelstunde so viele Invasoren ab wie alle beteiligten Kinder. Wettbewerbsstimmung hilft wenig. Gerade die Maden werden als eklig empfunden. Igittigittgejaule.
Wir kippen Käfer und Maden ins Hühnergehege. Ein gigantischer Wimmelplatz. Die dummen Hühner glotzen und scharren. Keines will picken. Verwöhntes Gesocks! Wir müssen rein ins Gegehe und die Schädlinge selbst eliminieren. Unschön! Unerklärlich: Total abgefressene Pflanzen, dennoch eine Musterernte. Ad Grambauer: Ich weiß, Rudolf Steiner rät ab, weil Kartoffeln träge machen… Nicht unser Problem!
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17. 8. 2016 – Vor gut einem Jahr wurde die ICE-Strecke zwischen Erfurt und Halle eröffnet. Die Gleise sind nur anderthalb Kilometer vom Rittergut entfernt. Leiderleider ohne Zwischenhalt Schnellroda! Heute warte ich länger mit dem Mittagessen auf die Neugymnasiastin. „Was war denn los?“ – „Der Bus hat auf der Brücke gehalten. Und gewartet, bis der ICE durchgefahren ist. Ich glaube, der Busfahrer fand das am tollsten.“ Ich liebe die Provinz.
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18.8. 2016 – Wenn ich (Vollmond!) nicht schlafen kann, greife ich gern zu Schmökerware. Sehr beliebt: die „Kleine Enzyklopädie – Die Frau“, DDR-Kulturgut. Ich mag dieses Buch. Das von einem gelehrten Autorenkollektiv verfaßte Handbuch zu allen erdenklichen Themen mit weiblicher Relevanz (von „Sexualdifferenzen im Krankheitsbefall“ über die günstige und anmutige Körperhaltung beim Warten auf den Bus, Schminktechniken, altersgemäße Kleidung bis zur Bedeutung der „Frau im Kampf um den Frieden“) ist 1961 erstmals erschienen. Bis 1989 erlebte es zahlreiche Auflagen.
Die gesamtdeutsche Frau von heute müßte mehrere Dutzend Bücher einkaufen, um derart umfassend über sämtliche eventuelle Alltags- und Problemlagen informiert zu sein. Kompendien mit umfassendem Anspruch blühen nur in Gesellschaften, die sich multipler Narrative enthalten.
Hier gab es keine mißlichen Lagen und keinen Grund zu jammern (übers Älterwerden, über Diskriminierung, über Problemkinder). Es gab Herausforderungen, die bewältigt werden konnten – zum Teil mit bedenkenswerten Anleitungen! Die sinnstiftende Großerzählung hinter dem knapp tausendseitigen Leitfaden geht von einer vierfachen Bestimmungen der Frau aus, ohne diese Aufgabenfelder als Belastungen zu apostrophieren: Mutter, Hausherrin, Gefährtin des Mannes, Erwerbstätige.
Ich griff heute Nacht aus folgendem Grund auf dieses Buch zurück: Mir sind diesen Sommer wieder viele Angler begegnet. Das liegt an meiner Freiwasserschwimmleidenschaft. Wieviele Angler waren es wohl, verteilt über all die Seen und Weiher? Sechzig, siebzig? Frauenquote: null. Manchmal ist das rätselhaft. Daß Frauen selten eine Karriere als Maurer oder Schiffsbauschlosser anstreben, erklärt sich eigentlich von selbst, dergleichen, was Hobbies wie Motocross oder Boxen angeht.
Bei anderen Berufsfelder oder Leidenschaften bin ich unsicher. Eine Tochter hatte mal den Berufswunsch Höhlenforscherin. Sie suchte einen Praktikumsplatz. Auffällig: Unter allen akademischen Höhenforschern war keine Frau. Die DDR nun hatte sich das „Wirksamwerden der Frauen“ (sic!) in klassischen Männerberufen schon zu Zeiten auf die Fahnen geschrieben, als „Gendermainstreaming“ noch nicht erfunden war. Und dennoch, obwohl es heißt (meine Ausgabe von “Die Frau” datiert auf 1977), die Frau habe sich „im Arbeitsprozeß in allen Wirtschaftsbereichen und Industriezweigen durchgesetzt“, haben manche Berufsfelder ganz magere Frauenquoten, obwohl sie nicht mit körperlich äußerst anstrengender Arbeit verbunden sind:
Gerade ein Viertel aller Uhrmacher war weiblichen Geschlechts, desgleichen bei den Feinmechanikern, noch viel weniger bei den Funkmechanikern und den Tankwarten. Nur 0,4 % aller Fernkraftfahrer waren weiblich – eine dieser raren Frauen arbeitet übrigens seit vielen Jahren bei Antaios.
Nun, was ist mit dem Angeln? Wir hatten heute Kindergeburtstag. Ein Klassenkamerad der feiernden Tochter, Jungangler aus Passion, klärt mich auf. Ich zitiere den Wortlaut: „Es gab mal eine Frauensparte. Da wurde eine von einem Wels ins Wasser gezogen, die ist ertrunken. Eine andere ging auf Karpfen. Die hatte so was von Muskelkater, richtig derbe, die mußte aufgeben. Da haben die anderen Frauen sich gesagt: Nee, das lassen wir lieber. Und deshalb haben wir jetzt nur Männer. Ist so.“
Ach so!
Carsten
Ich weiß, warum Frauen nicht angeln:
Haben Sie schon mal zwei Angler beobachtet, die stundenlang schweigend auf ihre Ruten starren und ab und zu einen Schluck aus der Bierpulle nehmen? Frauen könnten nicht so dasitzen ohne zu reden.