Warum der Feminismus ständig die Straßenseite wechselt (hier einsehen und bestellen). Ausgehend von den Ereignissen der Neujahrsnacht in Köln und anderswo beleuchtet die Publizistin das krasse Mißverhältnis zwischen »Refugees-welcome«-Fanatismus und Selbstbestimmung der Frau – ein unauflöslicher Widerspruch zwischen liberalen Idealen. Wir stellten ihr einige Fragen zum Thema.
SEZESSION: Seit den frappierenden Übergriffen zum Jahresbeginn, die das spöttische Wortspiel vom Rapefugee hervorbrachten, ist viel passiert. Zuletzt etwa rief der linke Szenetreff “Conne Island” in Leipzig um Hilfe, weil es zu allerlei Körperlichkeiten von Seiten ausdrücklich eingeladener “Flüchtlinge” kam; in Oberbayern gibt es, wie auch anderswo, offenbar inzwischen konkrete Gefahrenzonen für Frauen und Mädchen. Wieso vernimmt man zu diesen ständigen Vorfällen wenig bis gar nichts aus der frauenbewegten Ecke – wieso ein #aufschrei bei billigen Herrenwitzen, nicht aber bei hochaggressiven Belästigungen und Vergewaltigungen?
KOSITZA:Im Grunde, so kraß muß man es sagen, müßte hier wohl ein Psychiater mit pathologischen Begrifflichkeiten aufklären! Das Tabu, die Masse der übergriffigen Täter konkret, nämlich ethnisch, zu benennen, könnte man aus der deutschen Mentalitätsgeschichte nach 1945 herleiten. Lieber steckt man – in diesem Fall: frau – tüchtig ein, als eine Dichotomie à la fremde Täter – deutsche Opfer zu beklagen. Wobei es in diesem Fall ja nicht mal exklusiv um deutsche Opfer ginge! Die Leidtragenden sexualisierter Migrantengewalt sind keinesfalls vorrangig deutsche Frauen. Die Vielzahl der sogenannten Ehrenmorde auf deutschem Boden werden ja nicht an autochthonen Frauen verübt. Man tut jedenfalls so, als sei es ein Genderproblem, das irgendwie mit ubiquitären patriarchalen Rollenmustern zu tun habe und nicht mit kulturellen und reilgiösen Bedingtheiten. Der Old-School-Feminismus, den man der Emma rund um Alice Schwarzer nachsagt, war da, anders als die Aufschreitussis im neofeminstischen Lager, übrigens schon immer ziemlich aufmerksam und deutlich. Aber auch die Emmas eiern immer wieder ziemlich herum.
SEZESSION: Ihre Heimatstadt, Offenbach am Main, war eine der ersten ethnisch gekippten Städte der Bundesrepublik. Wie, wenn überhaupt, hat Sie die Zeit dort hinsichtlich des Spannungsverhältnisses zwischen Einwanderern und angestammten Frauen geprägt – und haben Sie seit Ihrem Umzug nach Sachsen-Anhalt eine Art “West-Ost-Gefälle” in Sachen “bedauerliche Einzelfälle” feststellen können?
KOSITZA: Na klar. Was heute hier und da tabubruchmäßig aus einzelnen Publizistinnen herausplatzt, nämlich, daß es fast ausschließlich sogenannte Südländer sind, die Frauen auf der Straße belästigen, war bereits in den achtziger Jahren meine Erfahrung im Rhein-Main-Gebiet. Und was das West-Ost-Gefälle angeht: Das sprengt vermutlich sogar die Landesgrenzen! Ich erinnere mich an ein Pirinçci-Zitat, das ungefähr so lautete: Wenn eine fremde Männerhorde in meiner Heimat die Frauen dort belästigte, würde man die Kerle an ihren Eiern an der nächsten Straßenlaterne aufhängen. Dermaßen “östlich” sind die Verhältnisse hier bei uns in den frischen Bundesländern sicher nicht, aber daß eine Silvesternacht in Dresden oder Bautzen eskalieren könnte wie in Köln, scheint mir unvorstellbar.
SEZESSION: Zum Jahresbeginn sprach Michael Wiesberg von einem durch die Massenübergriffe eingeleiteten »Ende der Autosuggestionen«. In der etablierten Politik ist davon außer Wahlkampfrhetorik bislang wenig zu vernehmen gewesen. Glauben Sie, daß es auf Frauenseite – ob nun feministisch oder nicht – zu einem allmählichen Umdenken gekommen ist oder kommen wird? Wie könnte sich die Problematik weiter entwickeln?
KOSITZA: Es gehört zu den hoffnungsfrohen Symptomen unserer Zeit, daß die Grenzen des Sagbaren sich erweitert haben.Keine muß heute noch verdruckst äußern, daß ihr “diese Typen” wieder an der Umkleidekabine aufgelauert haben, wenn es ganz konkret wieder “diese Marokkaner” waren. Andererseits sind die Bemühungen nicht zu verkennen, das Ganze wieder auf die Ebene eines Genderproblems zu hieven. »Nein heißt Nein« ist ja so eine Hausfrauenweisheit, die uns nun als Zauberformel für weltweit jeden Fall der Fälle verkauft wird. So will man ein Problem in den Griff bekommen, mit einer Art Privatvertrag nämlich, ohne das wirklich Problematische benennen zu müssen.
SEZESSION: Der Untertitel Ihres Buchs ist nicht zuletzt auch eine Anspielung auf die Nummer der Emma von Ende Februar, in der Alice Schwarzer und andere Autorinnen die Vorfälle der Neujahrsnacht aufgriffen – und das laute Schweigen um die ihnen zugrunde liegenden Verhaltensweisen unserer “Neubürger”. Was aber ist davon geblieben? Wenn nicht einmal prominente, wackere und ausgesprochen mitteilungsfreudige Feministinnen über längere Zeit ihre Stimmen erheben und gesellschaftlichen Druck aufbauen, um derartiges für die Zukunft möglichst auszuschließen: Was bleibt dann noch übrig? Gibt es eine “Moral von der Geschicht’ ” und eine zu ziehende Lehre?
KOSITZA: Sie deuten es schon richtig an. Im schlechten, aber realistischen Fall sind dies alles Rückzugsgefechte. Die böseste Moral von der Geschicht ist die: Die Letzten beißen die Hunde. Nein-heißt-Nein, Wendokurse, Pfefferspray, Trillerpfeife und Deeskalationsdialoge: Es mag sein, daß klug beraten ist, wer sich ein bißchen wehren, herauswinden und elegant sprinten kann. Was es letztlich austrägt, zeigt jeder Blick auf demographische Daten. Wiviele Millionen Afrikaner tragen sich derzeit mit dem Gedanken an Auswanderung gen Europa? 300? Und wären “Afrikanerinnen” gemeint, würde man es heutzutage auch so mitteilen. Es ist paradox: Unsere westliche Gesellschaft wird immer weiblicher in ihren Äußerungsformen und gleichzeitig immer gefährlicher für Frauen.
Ellen Kositza: Die Einzelfalle. Warum der Feminismus ständig die Straßenseite wechselt, Schnellroda 2016. 160 S., 13 € – hier einsehen und bestellen!
Arminius Arndt
Deswegen wäre es im Sinne der politischen Subversion durchaus eine Idee, eine Frauenquote bei der Zuwanderung aktiv einzufordern, d.h. pro Mann muss mindestens 1 Frau zuwandern, sonst heißt es für alle anderen Männer: draußen bleiben (damit braucht man im Ergebnis dann vermutlich auch keine Obergrenzen mehr).
Warum sollen nur männliche Migranten von den Segnungen unserer besten aller möglichen Republiken profitieren?
(Ironie)