in dem die hermetisch von der Außenwelt abgeschlossenen Diskutanten nur noch ihre eigenen Worte vernehmen, die endlos wiederholt werden. Dieser Verstärkereffekt erzeugt vor allem negatives Feedback. Es dröhnt und schrillt immer lauter, jeglicher Sinn bleibt auf der Strecke.
Kaum ein anderes Modell kann die derzeitige Situation besser beschreiben als die Echokammer – ob rechts oder links, man redet nicht miteinander, sondern untereinander oder gar im Selbstgespräch. Das dafür aber um so lauter, denn es dient schließlich dem Zweck der Selbstvergewisserung und Selbstbestätigung. Und nur das ist erwünscht – man berauscht sich am Klang der eigenen Worte. Doch die anschwellende Lautstärke in der Echokammer fördert den Hall, nicht aber die Verständigung.
Das Internet ist das ideale Medium für die Kultivierung eines solchen politischen Solipsismus – Meinungen werden mit Volldampf herausgeblasen, zirkulieren aber im Wesentlichen nur in den jeweiligen Follower-Gruppen, wo sie nicht selten üble Dünste verursachen. Eine nennenswerte Außenwirkung im Sinne einer konstruktiven, problemlösungsorientierten Debatte haben sie nicht. Dafür geschieht etwas anderes: Der permanent in den verschiedenen Echokammern abgelassene heiße Dampf führt, wie sowohl in Deutschland als auch in den USA derzeit gut zu beobachten ist, zu einer Überhitzung des politischen Klimas.
Eine solche politische Klimaerwärmung hat Folgen: Die Kultur der Debatte verdorrt, die Wüste wächst. Daß in Wüsten vor allem Religionen wie der Islam gedeihen, ist kein Zufall und treibt die kulturell-politische Erhitzung weiter voran – es wird heißer werden als jemals zuvor. Der Islam ist ein Musterbeispiel dafür, wie es sich anfühlt, wenn nur das ewige Echo der eigenen Worte gilt und alles andere Gotteslästerung ist. Im säkularen Maßstab und derzeit noch etwas milderer Form vollzieht sich Ähnliches seit einigen Jahren in unseren Medien und Parlamenten: Nur das eigene Wort zählt – und sei es auch noch so verworren oder gar erwiesenermaßen falsch.
Gibt es einen Ausweg aus der Echokammer? In der Spieltheorie der 60er und 70er Jahre gab es die sogenannte Drehpunktperson (Pivot player). Solche Drehpunktpersonen sorgen zwischen der Hauptkultur und der Subkultur für einen Ideenaustausch. Auf diese Weise wurden linke Utopien gegen allen anfänglichen Widerstand nach und nach salonfähig – in Politik, Wirtschaft, Medien und Kirchenkreisen. Der anfängliche Widerstand bröckelte und brach bald auf breiter Front ein. Auf heutige Verhältnisse übertragen heißt das: Jemand, der konservative bzw. rechte Ansichten hegt, als solcher in einer sezessionistischen Subkultur verkehrt, beruflich aber beispielsweise als Unternehmensberater tätig ist, kann – persönliche Integrität, einen gewissen Charme und ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit vorausgesetzt – durchaus Einfluß auf Unternehmerkreise ausüben.
Es ist das Prinzip der Schleuse: Wasser fließt von der einen in die andere Kammer, es findet ein Ausgleich statt, bis Subkultur und Hauptkultur einander auf Augenhöhe begegnen und der eigentliche, vom Vermögen her durchaus fruchtbare Austausch beginnt. Natürlich könnte es sein, daß die heutige linksgrüne Hauptkultur sehr viel spießiger, neurotischer und verklemmter auf solche Drehpunktpersonen reagiert als die damalige konservative Hauptkultur – was immerhin einen guten Witz abgäbe.
Sollte diese friedliche Durchdringung heute nicht mehr funktionieren, bliebe wahrscheinlich nur die Gewaltlösung. Wohlgemerkt nicht die Gewalt des zu allem entschlossenen Partisanen, sondern die weitaus stärkere Gewalt der Fakten. Diese Gewalt der Fakten überschallt jedes Echo, knackt jede Echokammer wie ein Bunker buster.
In der griechischen Mythologie war die Echo übrigens eine äußerst begabte Geschichtenerzählerin. Sie unterhält die Zeus-Gattin Hera aufs Trefflichste, währenddessen Zeus seinen erotischen Abenteuern nachgeht – ein klassisches Ablenkungsmanöver. Als Hera dahinterkommt, beraubt sie Echo der Sprache – Echo ist fortan nur noch in der Lage, das letzte an sie gerichtete Wort zu wiederholen.
Sollte es nicht unser Anliegen sein, die Echo von ihrem Bann zu erlösen und wieder zu einer begabten Geschichtenerzählerin zu machen? Gut erzählte Geschichten haben anders als Meinungen den Vorteil, daß sie sehr anschaulich, geradezu sinnlich nacherlebbar und lebensweltlich verankert sind. Deshalb hört man ihnen viel lieber zu als reinen Meinungsäußerungen. Gut erzählte Geschichten können die Welt verändern.
Winston Smith 78699
Aber wo denn die guten Geschichten erzählen? Die Echokammern werden ja mit Fleiß erzwungen. Foren für Querdenker verschwanden. Auf den großen Jedermann-Austauschplattformen wie Facebook und youtube wurde man auf den Kanälen der Etablierten allenfalls noch beleidigt, wenn nicht gar gleich, still und heimlich, ganz gelöscht, und zwar dies sogar durchgereicht unter offiziell vermeintlichen Gegnern.
Ich hatte mir vorurteilsfreie Diskussion mit vor allem Fragehaltung vorgenommen und wurde recht bald ausgeblockt, schrittweise immer mehr. Pöbler hingegen blieben sichtbar - ein Indiz für Desinformation und Psychopolitik: die Löschung und Blockade auf den Kanälen der Verantwortlichen ist nicht nach innen gerichtet im Sinne einer Selbstvergewisserung, sondern als Illusion nach außen, als Vorspiegelung von Meinungsfreiheit und Inszenierung eines bösen autochthonen Volkes unter gutwilliger, kluger, toleranter Regierung für die internationale Öffentlichkeit. Daher betone ich wie immer: die Vorbereitung der Vorgänge reicht weiter zurück, im Internet war massive politische "Tätigkeit" zu spüren, welche nicht als solche erkannt werden wollte.
Übrig blieben SiN, PI, Tichy, Achgut, Compakt, eine zeitlang noch Kopp und dann noch kleinere. Ehrlich gesagt landete ich hier erst nach Rauswurf überall sonst. Mag man diese Portale als Echokammer bezeichnen, so wurden sie doch dazu durch Abschottung von den anderen aus.