Caroline Sommerfeld
Eva Menasse: Heimito von Doderer. Leben in Bildern, Deutscher Kunstverlag, Berlin/München, 2016. 87 S., 22 €.
Zuerst Doderers “Dämonen” oder “Die Merowinger oder die totale Familie” lesen. Wer dann nach der lesenden Erstbegegnung mit dem österreichischen Schriftsteller schlechthin, Heimito von Doderer (1896–1966), außer Amüsement und Glück auch Anflüge von Voyeurismus verspürt, der sei zu Eva Menasses Bildbiographie anläßlich des 50. Todesjahres eingeladen. Endlich eine Biographin, die ihren Autor nicht verachtet. Dafür gäbe es genug Gründe: seine anfängliche Begeisterung für das Dritte Reich, sein durchaus sozial devianter Habitus inklusive Gewaltphantasien und autistischer Arroganz. Menasse liebt ihn trotzdem und läßt Photographien erzählen, ergänzt mit klugen Seitenkommentaren. “Ein Wunder nimmt man in sich auf, aber man diskutiert nicht mit ihm.” (Doderer, Tangenten).
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Nils Wegner:
Domenico Di Tullio: Wer gegen uns?, Schnellroda: Antaios 2014. 288 S., 22 €
Die Geschichte (beinahe schon ein Bildungsroman, aber ein guter!) von Flavio, Giorgio, Giulia und »dem Anwalt«, die im alltäglichen Wirbel rund um die CasaPound Italia zusammenfinden, hat bereits für Aufmerksamkeit bei Freund und Feind gesorgt. Ihre Aura bleibt ungebrochen: Di Tullio erzählt keine Märchen, sondern klopft einen (post-)modernen Mythos auf seine Substanz ab. Und das klingt nicht hohl, sondern massiv und rauh und glänzt finstern, wie ein Lied von Zetazeroalfa – es gilt: Assaltando rideremo!
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Siegfried Gerlich:
Martin Luther: Tischreden, Berlin: Insel 2016, 139 S., 14 €
Rechtzeitig zum Reformationsjubiläum ist im Insel-Verlag eine bibliophil ausgestattete Sammlung von Luthers Tischreden erschienen, die eine kleine Kostbarkeit darstellt, da hier — anders als bei den übrigen neueren Ausgaben — die originale Idiomatik und Orthographie beibehalten wird. Dem Herausheber Christian Lehnert war daran gelegen, die literarische Fremdheit des Lutherdeutschen zu bewahren, um dessen poetische Kraft noch deutlicher hervortreten zu lassen. Und hierfür lese man die Stammtischreden dieses größten deutschen Populisten am besten laut!
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Lutz Meyer:
Rob Salzig: Systemfehler. Band I (Das Chaos) und II (Der Aufstand), Schnellroda: Antaios 2016, jeweils 298 S., beide Bände im Paket 22 €
Einen Preis für schöne Sprache wird Rob Salzig mit seinem Erstling wohl nicht gewinnen. Auch gerät ihm manche Figur arg klischeehaft – in dieser Hinsicht fühlte ich mich beim Lesen glatt an die Karl-May-Lektüre meiner Kindheit erinnert. Dieser in zwei Bänden erschienene Kriminalroman ist vor allem lesenswert, weil das der (durchaus spannenden) Handlung zugrunde liegende Großereignis mit der Grenzöffnung 2015 tatsächlich stattgefunden hat. Salzig schildert, wie sich die Dinge vom totalen Chaos bis zum Ausbruch eines Bürgerkriegs hätten entwickeln können. Wohl nichts für den skandinavisch konditionierten Krimifreund, aber wegen der Brisanz des Themas eine klare Empfehlung.
Raskolnikow
Potzblitz,
meine Pedale sprangen augenblicklich von einem, permanent affektive Nervenzustände anzeigenden, 60°-Fußwinkel in einen geradewegs idealen Zustand; es erschien in diesem Jahre ein Bildband des Ritters ...?
Selbst der künstliche Taschengrus (H&Q Bestell-No. 10736) wird mich heute nicht mehr in unkontrollierbare Wutzustände versetzen können.
Da ich als vorgeschobener Sub-Knecht des "Vereins für rythmisch richtiges Gehen und Herren-Neo-Gymnastik" im Osten amtiere, ist es mir eine Freude die Ordre nach Schnellroda zu transmittieren! Vielleicht bestelle ich derer zwei Exemplare und schenke das Duplikat dem Dr. Döblinger, auf daß seine Bande das arbiträre Dreschen wieder aufnehme und allen Individuen mit Schmieröl-Gesinnung Plomben appliziere.
Vielen Dank für den Wink!, rufe ich hinab in die Gletscherspalte zu Frau Sommerfeld ...
R.