Szene-Kaleidoskop IV: Lessing, Lästige, Liberalenghetto

»Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!« Was auch immer man persönlich von der Aufklärung...

Nils Wegner

Nils Wegner ist studierter Historiker, lektorierte 2015–2017 bei Antaios, IfS und Sezession und arbeitet als Übersetzer.

und ihrem Kan­ti­schen Dog­ma hal­ten mag: Dahin­ter zurück geht es wohl trotz Gué­non und Evo­la nicht mehr. Begrü­ßen muß man das nicht; beden­ken alle­mal. Eine klei­ne Hand­rei­chung gibt es nun gedruckt:

Am 7. Sep­tem­ber hielt der Schrift­stel­ler Jörg Ber­nig die dies­jäh­ri­ge “Kamen­zer Rede in St. Annen”; Kubit­schek ver­wies einen Monat spä­ter aus Anlaß des Tags der Deut­schen Ein­heit dar­auf. Ber­nigs – nach eige­ner Aus­sa­ge – »Ein­mi­schung« ist wert­voll, weil es nicht aller Tage vor­kommt, daß die absur­de Welt­be­glü­ckungs­po­li­tik unse­rer Tage an ihren eige­nen auf­klä­re­ri­schen Maß­stä­ben gemes­sen und fol­ge­rich­tig ver­wor­fen wird! Die Rede liegt in erwei­ter­ter Form und mit eini­gen Bei­ga­ben nun gedruckt zum Spott­preis von drei Euro vor. Bei der her­aus­ge­ben­den Arbeits­stel­le für Les­sing-Rezep­ti­on der­zeit ver­grif­fen, sind bei Antai­os noch rund 20 Exem­pla­re zu haben – ein­se­hen und bestellen!

In Hal­le hat wäh­rend­des­sen die Vogel­grip­pe Ein­zug gehal­ten und die Beset­zung von “Laut Gedacht” dezi­miert. Das tut der Sen­dung jedoch kei­ner­lei Abbruch, denn es gibt immer genug Wun­den, in die sich Fin­ger legen las­sen: Dies­mal pas­sen­der­wei­se vor allem die schil­lern­den bun­ten Vögel, die die hie­si­ge Sozi­al­de­mo­kra­tie so zu bie­ten hat, von Mar­tin über Hei­ko bis hin zu Aydan. Bit­te nicht anstecken!

Eine gan­ze Rei­he demons­tra­tiv libe­ra­ler ame­ri­ka­ni­scher Pro­mi­nen­ter hat­te vor der US-Prä­si­dent­schafts­wahl ange­kün­digt, im Fal­le eines Wahl­siegs Trumps das Land zu ver­las­sen. Nicht in Rich­tung Mexi­ko, denn so weit ging die Nächs­ten­lie­be dann doch nicht; Kana­da soll­te das Ziel sein. Damals hiel­ten sie den Erfolg Hil­la­ry Clin­tons alle für ausgemacht.

Seit dem Wahl­tag ist nun noch nichts pas­siert, und das hat weni­ger mit der Kol­li­si­on mit der Rea­li­tät zu tun (die ein Tumb­lr-Nut­zer aus­ge­rech­net unter dem Namen “Gegen­ver­ach­tung” in die­sem gehäs­si­gen Bild zusam­men­ge­faßt hat) als viel­mehr mit dem Grund­mo­tiv der Libe­ral angst: Aus der siche­ren, selbst­re­fe­ren­ti­el­len Bla­se her­aus­ge­drängt zu werden.

Die Lösung des Pro­blems hat nun aus­ge­rech­net das selbst eher links­li­be­ra­le Kaba­rett­for­mat “Satur­day Night Live” – einen Exodus der post­mo­der­nen Bour­geoi­sie in ihre eige­ne Gated com­mu­ni­ty! Wie “viel­fäl­tig” es dort dann aus­se­hen wird und war­um es dort weder Poli­zis­ten noch Feu­er­wehr­män­ner gibt, muß man gese­hen haben:

Nils Wegner

Nils Wegner ist studierter Historiker, lektorierte 2015–2017 bei Antaios, IfS und Sezession und arbeitet als Übersetzer.

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Kommentare (12)

Ein gebürtiger Hesse

29. November 2016 13:36

Wahrlich, wie es in "The Bubble" zugeht, muß man tatsächlich gesehen haben. Ein tolles Filmchen! Man staunt, allemal von Deutschland aus, wie rasch (und nicht zuletzt sportlich) die US-Medien sich an die neue Lage seit der Trump-Wahl adaptieren. Kann man sich vorstellen, daß Ähnliches hier geschehen würde, so die AfD 2017 die absolute Mehrheit holte (he, das ist das einzige Gedankenspiel, das eine Parallele darstellt)? Nicht wirklich, oder?

Julius Fischer

29. November 2016 15:00

Das Video "The Bubble" ist köstlich: "We don't see color here, but we celebrate it." Das erinnert stark an die Grünen, bei denen bei Aufnahmen von Parteiversammlungen so viele Biodeutsche zu sehen, wie sonst bei keiner anderen Partei. Das ist zumindest mein Eindruck.

Carsten

29. November 2016 19:51

Der Bubble-Film erinnert mich an die wahre Realsatire von einem Gutmenschen-Öko-Dorf irgendwo im Osten, das die härtesten Einwanderungsgesetze der Welt hat und 100 % autochthon ist!

thotho

29. November 2016 21:56

Bubble: findet man in Wiener Bezirken sicherlich genauso wie in Berlin oder Hamburg, ...

Geniales Video, finde ich ;)

Platon

30. November 2016 02:02

Etwas OT, aber passt zu Betrachtungen über die Szene: Volker Weiß hat ein neues Buch über die Neue Rechte geschrieben, das im März erscheinen wird:

https://www.klett-cotta.de/buch/Gesellschaft_/_Politik/Die_autoritaere_Revolte/79925

Mal sehen... :-D

Monika

30. November 2016 09:35

alternative Bubbles findet man auch in Tübingen.
In den Wagenburgen, nach denen die entsprechende Mentalität benannt ist. Da findet man viele einheimische Kinder, sogar ein Mädchen in altdeutschen Lederhosen habe ich dort schon gesehen ( auf Nachfrage: "nicht vegan, aber doch nachhaltig" )
Lustig auch die ökologisch korrekte Sonnwendfeier. Das Feuer wird erst entzündet, wenn "die Qualität des Holzes noch auf mögliche, beim Brand entweichende Schadstoffe geprüft worden ist"
https://www.tuepedia.de/wiki/Sonnwendfeuer

Alexander

30. November 2016 09:48

Zu dem von Ihnen angesprochenen Buch, Platon, heißt es bei klett-cotta:
"Mit seinem kenntnisreichen Blick in die deutsche Geschichte zerschlägt er die zentralen Mythen der Neuen Rechten [...]. [...] Die frappierende Erkenntnis: 'Abendländer' und Islamisten sind in ihrem Kampf gegen Selbstbestimmung Waffenbrüder. Ein aufklärerisches Buch, das die Dürftigkeit der neuen Bewegungen schonungslos entlarvt [...]."

Man weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll. In einem jedoch bin ich mir sicher: Es wird ein Buch werden, das die Dürftigkeit eines Volker Weiß schonungslos entlarvt.

cherusker69

30. November 2016 10:33

Bubble, tja die kann man täglich bei Lanz und und anderen Formaten sehen, sie suhlen sich in ihrer Welt wo jeder zweite Satz von "gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, Menschenverachtung geschwafelt wird.
Ein schmieriges Theater das da stattfindet..Das ist eine Beleidigung sogar für die niedrigste Intelligenzstufe.

deutscheridentitärer

30. November 2016 14:25

„Mit seinem kenntnisreichen Blick in die deutsche Geschichte zerschlägt er die zentralen Mythen der Neuen Rechten […]. […] Die frappierende Erkenntnis: ‚Abendländer‘ und Islamisten sind in ihrem Kampf gegen Selbstbestimmung Waffenbrüder. Ein aufklärerisches Buch, das die Dürftigkeit der neuen Bewegungen schonungslos entlarvt […].“

Sehr lustig, das stimmt.

Wobei, in gewisser (!) Hinsicht verstehe ich dieses "Gleichsetzen" von Islamisten und sagen wir, Patrioten, so verleumderisch es natürlich daherkommt.

Aber die für den Liberalen irritierende Tatsache, dass beide Gruppen ein Ideal über das vergötterte "gute Leben" stellen, ist z.B. eine Schnittmenge.

Auch sehe ich die Islamisten als Bestätigung meiner Auffassung, dass es ein Rückzug aus dem Lebenskampf eben nicht geben kann, ohne dass ein anderer das ausnutzt und in das aufgegebene Vakuum vorstößt.

Allerdings:

Ich hatte in letzter Zeit Zweifel, ob das Denken der "Neuen Rechten" zwar nicht dürftig (das ist nun wirklich haltlos, nirgends gibt es ein farbigeres Kalleidoskop von Denkern), aber doch auf einenm historischem Phantasma, nämlich dem des Nationalismus aufbaut.

Die "konstruktivistische Wende" in der Nationalismusforschung durch Anderson, Hobsbawm, Gellner und Wehler ist zwar nicht so platt "dekonstruktivisitisch" wie sie als Waffe in den Händen unserer Gegner daherkommt (alle erkennen den Nationalismus als Realität an, und begehen nicht den falschen Schluss von der "Konstruktiertheit" einer Identität auf deren Falschheit oder gar Nichtexistenz zu schließen).

Aber die Tatsache, dass so viele unserer Landsleute mit dem gleichen Unbegreifen vor dem Gefühl nationaler Identität stehen wie vor bspw. Religion, kann leider nur allzu leicht als Indiz dafür aufgefasst werden, dass das Nationale seinen identitätsstiftenden Charakter verloren hat und nur noch bei einigen romantischen Nachzüglern des Weltgeistes Wirkung entfaltet.

Letztlich habe ich mich aber mit der Unsicherheit, ob man wirklich richtig liegt, abgefunden und vertrete halt meine kollektive Identität, die ich eben nun mal empfinde, auch wenn viele der Leute die ich darin eingeschlossen sehe dies nicht erwidern.

Vielleicht liegen wir wirklich falsch und Grundgesetz und FDGO sind die neuen Leitbilder der Zeit, die eine multikulturelle Gesellschaft braucht, aber angesichts der emotionalen Dürftigkeit, die diese Ordnung und ihre Anhänger ausstrahlen, lhänge ich lieber einem strahlenden Trugbild an und bin dabei in guter Gesellschaft.

Sven Jacobsen

30. November 2016 21:36

Danke für den Hinweis, es war amüsant. Es ist immer ein gutes Zeichen, wenn die Leute anfangen, über sich selbst lachen zu können.

hildesvin

30. November 2016 21:49

@ Monika 09.35: E i n Wahrzeichen gilt nur: Das Vaterland zu retten!

Stil-Blüte

30. November 2016 23:07

@ deutschidentitärer

Aber die Tatsache, daß so viele unserer Landsleute mit dem gleichen Unbegreifen vor dem Gefühl nationaler Identität stehen...

Ja, das muß man zur Kenntnis nehmen. Was früher s e l b s t v e r s t ä n d l i c h war, muß man sich immer wieder b e w u ß t machen. Das hat zur Folge, daß das National b e w u ß t s e i n keine Natur-, sondern eine Kunstform, eine Konstruktion ist.

Andererseits möchte ich daran erinnern, daß die DDR, nachdem sie schon preußische Traditionen wiederentdeckt hatte (z. B. Friedrich II. wurde Unter den Linden aufgestellt), auch die Nationalliteratur, das nationale kulturelle Erbe als Gemeinsamkeit von Ost- und Westdeutschland zur Geltung brachte. Wenn man das als lebendigen Schatz ansieht, hat man auch Kommunisten, Russen, Liebhaber der klassischen Musik, Japaner, Juden, alle Deutschsprachigen und -lernenden im Boot.

Wird hier genug auf diesen Schatz zurückgegriffen? Haben sich nicht viele große blühenden Kulturepochen auf verflossene Zeiten zurückgegriffen, um sich zu erneuern? Nicht einmal die Französische Revolution ist allein ausgekommen; ohne an Rom anzuknüpfen.

Renaissance, deutsche Klassik, Romantik, Wagner, Architektur der Gründerzeit mit Anleihen aus allen vorhergehenden Epochen (Neo-) auf Bahnhöfen, Rathäusern, Brauereien, Kirchen, Museen - angereichert durch Rückgriffe auf die Vergangenheit.

Das muß man sich mal 'reinziehen': Ehemalige Industriebauten werden Kulturtempel! Und dann sehe man sich mal in der platten amerikanisierten Barackenkultur der Gewerbegebiete um.

Lange Rede, kurzer Sinn: Mehr denn je unser Nationalbewußtsein über die Kultur der Vergangenheit vergegenwärtigen, gerade hier. Gerade im Advent wird einem ja bewußt, wie lange es her ist, als zum ersten Mal 'Es ist ein Ros' entsprungen' oder 'Maria durch den Dornenwald ging' oder das 'Weihnachtsoratorium' erklungen ist.

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