Das war’s. Diesmal mit: Vornamenhits, einem impotenten Holocaustforscher und antikapitalistischer Mutterschaft

11.1.2017 -- Ben und Mia! Die beiden sind also als die beliebtesten Vornamen des Jahres 2016 ermittelt worden.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Da es hier­zu­lan­de kei­ne amt­li­che Sta­tis­tik gibt, wur­de wie üblich auf diver­se Stan­des­amt- und Kran­ken­haus­da­ten zurück­ge­grif­fen. 196.000 Neu­ge­bo­re­nen­na­men hat man dabei erfaßt. Also ein gutes Vier­tel der letzt­jäh­rig in Deutsch­land gebo­re­nen Kinder.

Sehr ulkig (und jedes Jahr stau­nens­wert): Der aller­exo­tischs­te Jun­gen­na­me unter den „Top 50“ lau­tet „Mats“, bei den Mädels ist es wohl „Isa­bel­la“. Es wirkt, als sei­en unse­re aus­län­di­schen Mit­bür­ger ent­we­der extrem gebär­mü­de oder sämt­lich so inte­griert, daß der dun­kel­häu­ti­ge­re Nach­wuchs, der frü­her Moha­mad, Yus­suf oder Büs­ra gehei­ßen wur­de, plötz­lich Leon, Maxi­mi­li­an oder Maria benannt wird. Machen vie­le neu­deut­sche Asia­ten ja schon lan­ge in der Tat so.

Oder muß man von einem gro­ßen Zufall reden? Und alle Alis und Rach­idas befin­den sich aus­schließ­lich unter den Namens­da­ten, die eben nicht erfaßt wer­den konn­ten? Sprich: Lüge, Lücke oder Wunder?

Die Öster­rei­cher hand­ha­ben das nun anders, dort gibt es eine Bun­des­an­stalt, die sich um Vor­na­men­sta­tis­tik küm­mert. Und sehr geschmei­dig! Der deut­sche Vor­na­men­for­scher Knut Bie­le­feld (der seit vie­len Jah­ren die deut­sche Hot­list ermit­telt) lobt das smar­te Vor­ge­hen unse­res Nachbarlandes.

Erst­mals wur­den auch ety­mo­lo­gisch glei­che Vor­na­men zusam­men­ge­fasst, dazu hat Sta­tis­tik Aus­tria zusam­men mit dem Insti­tut für Cor­pus­lin­gu­is­tik und Text­tech­no­lo­gie der Öster­rei­chi­schen Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten eine umfang­rei­che Lis­te der Vor­na­men­va­ri­an­ten erstellt.

Heißt: Bei­spiels­wei­se unter dem in Öster­reich dritt­be­lieb­tes­ten Mäd­chen­vor­na­men „Maria“ wer­den nun auch irgend­wie „ver­wand­te Namen“ sub­sum­miert: „Maa­ri­yah“, „Meri­y­em“, „Moira“, Mari­jam“. Unter dem dritt­be­lieb­tes­ten männ­li­chen Vor­na­men „Jakob“ fin­den wir auch „Jacub“, „Gia­co­mo“, „Yacoub“, „Jakow“ usw.

Zum Favo­ri­ten „Alex­an­der“ zäh­len eben­falls „Alas­ta­ir“, „Alek­san­dru“, „Eskan­dar“, „Isken­der“ und ande­re. Younes und Yunus, typi­sche Ara­ber­na­men, gehen als „Jonas“ durch.

Was soll man sagen? Schall und Rauch? Oder Omen?

12.1.2017 – Stol­per­te bei der ZEIT-Lek­tü­re zufäl­lig über eine Kino­wer­bung; Die Blu­men von ges­tern. Regis­seur: Chris Kraus. Oh! Kraus ist nicht nur Groß­nef­fe der von mir ver­ehr­ten Dich­te­rin Oda Schae­fer (die wie­der­um die Frau von Horst Lan­ge, Kubit­scheks und mein Her­zens­schrift­stel­ler war), son­dern auch Regis­seur eines mei­ner abso­lu­ten Lieb­lings­fil­me, Poll von 2010. Ein Meis­ter­werk! Viel­fach gesehen!

Ich sah mir dar­auf­hin kurz den Trai­ler des neu­en Films von Kraus an. Na klar, ein Muß!

Es wur­de der bis­lang schrägs­te Abend des Jah­res. Wie ist ein sol­cher Film – bereits viel­fach preis­ge­krönt auf Fes­ti­vals und von der Kri­tik (ein paar Aus­nah­men: Spie­gel und Tages­spie­gel) beju­belt – eigent­lich mög­lich? Und: mög­bar? Immer­hin wur­de die­ser Film auch von der offi­ziö­sen Bewer­tungs­stel­le mit dem Prä­di­kat „beson­ders wert­voll“ aus­ge­zeich­net, und er wur­de aus den übli­chen För­de­rungs­töp­fen finanziert.

Ich weiß es nicht. Chris Kraus, die­ser genia­li­sche Regis­seur, kann mir die­se Fra­ge auch nicht wirk­lich lösen. Ich lese im papier­nen Wer­be­mit­tel zum neu­en Film sei­ne Aus­sa­ge: „Wir leben in einer Zeit, in der man dem rech­ten Wahn­sinn mit allen Mit­teln die Stirn bie­ten muss, war­um also nicht mit anar­chi­scher Fröhlichkeit?“

Anar­chie also!, im Zei­chen des Holo­caust – na hoppla!

Es geht um Toti­la Blu­men. Der Vier­zig­jäh­ri­ge ist ein renom­mier­ter Holo­caust­for­scher. Extrem popu­lä­rer Autor zum The­ma. Er arbei­tet in der soge­nann­ten „Zen­tral­stel­le“ und darf den ganz gro­ßen Ausch­witz­kon­greß mitorganisieren.

Toti­la ist ein Fana­ti­ker. Er erlaubt nicht, daß in der „Zen­tral­stel­le“, deren Tagungs­raum ein gigan­ti­sches Ausch­witz­pos­ter schmückt, irgend­was „geknab­bert“ wird. Da wird er zum Tier, denn: Respekt­lo­sig­keit gegen­über den Opfern!

Er faßt es nicht, daß jemand sich erlaubt, pri­vat deut­sche Lyrik zu lesen. Denn: Deut­sche Gedich­te nach Ausch­witz! No-go.

Er hat Ver­ständ­nis dafür, daß sei­ne neue Assis­ten­tin es begrü­ßens­wert fän­de, wenn alle Deut­schen Schä­fer­hun­de eli­mi­niert würden.

Holo­caust­ex­per­te Toti­la hat aber einen ganz grund­sätz­li­chen Knall; nein, meh­re­re. Er ist ein unzu­rech­nungs­fä­hi­ger Gewalt­tä­ter, ein bru­ta­ler Schlä­ger. Er ist psy­chisch schwer krank, dar­über hin­aus impotent.

Er erlaubt sei­ner Frau, sich meh­re­re Lieb­ha­ber zu hal­ten, er sucht sie gele­gent­lich gemein­sam mit ihr aus. Die bei­den haben eine schwar­ze Toch­ter (wört­lich: „Ersatz­kind“). Toti­las gelieb­ter Groß­va­ter war ein pro­mi­nen­ter Nazi und Juden­mör­der. Geheim hält Toti­la, daß er, der Holo­caust­star­au­tor, selbst eine Ver­gan­gen­heit als Neo­na­zi hat.

Nun wird ihm die­se fran­zö­si­sche Assis­ten­tin Zazie auf’s Auge gedrückt, Enke­lin eines Holo­caust­op­fers. Auch Zazie ist offen­sicht­lich nicht ganz dicht. Sie flippt aus, als sie mit Toti­la in einen Mer­ce­des stei­gen soll. In einem Mer­ce­des sei ihre Groß­mutter ver­gast wor­den! (Toti­la, genervt: Aus­ge­rech­net Mer­ce­des hat kei­ne Ver­ga­sungs­wa­gen hergestellt.)

Sie flippt eben­falls aus, als Toti­la unsen­si­bel „pol­ni­sche Putz­frau­en“ lobt! Und auch, als der Star­his­to­ri­ker ihre „kör­per­li­chen Vor­stel­lun­gen“ nicht erwi­dern will.

Es sei doch, so Zazie, ganz natür­lich, daß trau­ma­ti­sier­te Opfe­ren­kel mit Täte­ren­keln inti­me Bezie­hun­gen ein­ge­hen wol­len. Ein Bar­bar, der sol­che Wün­sche zurück­wei­se! Tol­le, im Dop­pel­sin­ne, Dia­lo­ge: „Du bist immer so nega­tiv!!!“ – „Ich bin Holo­caust­for­scher! Ich muß nega­tiv sein! Dafür wer­de ich bezahlt!“

Hier haben sie alle nicht mehr alle. Die Zen­tral­stel­len-His­to­ri­ker sind schlim­me Zyni­ker oder Kaf­fee­tan­ten, der Spon­sor des Ausch­witz-Kon­gres­ses (Daim­ler-Benz) wür­de sein För­der­sümm­chen durch­aus erhö­hen, falls die pro­mi­nen­te Über­le­ben­denred­ne­rin sich bereit­erklär­te, sich einen Mer­ce­des­stern anzustecken.

Sogar die­se Shoa-Über­le­ben­de, Frau Rubin­stein, hat ganz offen­sicht­lich einen Dach­scha­den: Sie möch­te lie­ber über Sex und Schön­heits­ope­ra­tio­nen reden und fährt jedem über den Mund, der das nicht hören will. Denn: Wer habe schon gelit­ten wie sie?

Nö, eine „kla­re Hal­tung“ (auf der Film­wer­bung abge­druck­tes Kri­ti­ke­re­ti­kett) hat die­se Ver­gan­gen­heits­be­wäl­ti­gungs­ko­mö­die auf gar kei­nen Fall. Die Blu­men von ges­tern ist ein Film über Deutsch­land. Toti­la Blu­men, die­ser kran­ke, durch­ein­an­de­re, labi­le, impo­ten­te anti­fa­schis­ti­sche Erb­na­zi ver­kör­pert sein Land. Zumin­dest einen Teil davon. Ande­re Aspek­te wer­den von den Neben­dar­stel­ler per­so­ni­fi­ziert. Alle: halt­los, heil­los. Wie soll­te man da aus­ge­rech­net von „Hal­tung“ reden?

Sel­ten solch einen ver­rück­ten Film gesehen.

 

13.1.2017 – Die all­ge­mein (und von mir per­sön­lich auch) hoch­ge­schätz­te Lite­ra­tur­kri­ti­ke­rin Ursu­la März hat in der ZEIT einen Groß­ar­ti­kel ver­faßt: über Mut­ter­schaft als Akt der anti­ka­pi­ta­lis­ti­schen Rebel­li­on. Ach­tung, Frauenthema!

Sie hat zusam­men­ge­rech­net, daß sie als Mut­ter 1900 Stun­den ihres Lebens mit „Her­um­ho­cken“ ver­brach­te. 30mal war sie in der Kin­der­bi­blio­thek, 1200mal hat sie abends vor­ge­le­sen usw. Frau März ver­mu­tet, daß sie durch die­se ihre müt­ter­li­che Lebens­pra­xis quer zu der „von for­cier­ten Effi­zi­enz­nor­men gepräg­ten Lebens­kul­tur“ stand. Wie sympathisch!

Ursu­la März ärgert sich über ihre eben­falls kind­ha­ben­den Kol­le­gin­nen, die sich mit Ekel abwen­den, wenn sie end­lich durch einen tol­len Schreib- und Busi­ness-Auf­trag „vom Anblick glotz­äu­gi­ger Frau­en erlöst waren, die auf Spiel­plät­zen Bana­nen­brei von den Fin­gern schlecken“.

Die klu­ge Frau März berich­tet, wie sie sol­che Atti­tü­den gekränkt haben. Zumal sie selbst gele­gent­lich Bana­nen­brei von genau jenen Fin­gern schleck­te, mit denen sie her­nach viel­ge­le­se­ne Lite­ra­tur­kri­ti­ken über Nobel­preis­trä­ger geschrie­ben habe! Frau März ruft den am Sand­kas­ten her­um­sit­zen­den Müt­tern zu: „Eltern­schaft hat in einer Kul­tur wie unse­rer was Revo­lu­tio­nä­res! Sie ist der Sand im Getriebe!“

Ist sie das? Na, um so bes­ser. Ich selbst hielt mein eige­nes Tun bis­lang für nor­mal, not­wen­dig und für gar kein revo­lu­tio­nä­res Wag­nis. Net­ter & kei­nes­wegs ent­le­ge­ner Gedan­ke, es so zu drehen.

Aber Frau März schreibt von hohem Roß. Ihr anti­ka­pi­ta­lis­ti­sches Mama­tum ist ja – und sie betont es – gerecht­fer­tigt von ihrer unge­heu­ren publi­zis­ti­schen Akti­vi­tät. Die typi­sche Mut­ter, die sich dem kapi­ta­lis­ti­schen Erwerbs­zwang wider­setzt (oder ein­fach nur ohne sol­che kom­pli­zier­ten Hin­ter­ge­dan­ken für ihre Kin­der da sein will), ist nor­ma­ler­wei­se nicht neben­bei renom­mier­te Lite­r­ar­tur­kri­ti­ke­rin. Sie ist im Nor­mal­fall auch nicht neben­bei Pro­fes­so­rin, Minis­te­rin oder Künstlerin.

Nö, sie ist im Nor­mal­fall pau­sie­ren­de Schuh­ver­käu­fe­rin, Grund­schul­leh­re­rin oder Kran­ken­kas­sen­an­ge­stell­te. Sie wid­met Jah­re ihres Lebens dem Nach­den­ken über Sand­kas­ten­kon­flik­te und den Mini-Sor­gen der ein­ge­mach­ten Brut. Ein Hoch auf die­se ver­kann­ten Unzeitgemäßen!

Märzens „Kampf­schrift“ ist hin­ge­gen ein Arti­kel einer intellektuellen/akademischen Mut­ter für intellektuelle/akademische Müt­ter und kei­nes­falls ein Ent­schul­di­gungs­ta­bleau für die Nor­mal­mut­ter, die ihren (sicher: „gefühl­ten“) Erzie­hungs­auf­trag ernstnimmt.

Im Gegen­teil, die bei ihren Kin­dern rum­ho­cken­de, kochen­de und Haus­auf­ga­ben betreu­en­de Nor­mal­mut­ter wird sich nach der ZEIT-Lek­tü­re fra­gen, ob sie es nicht über­treibt mit ihrem drö­gem Glucken­tum ohne selbst­ge­schrie­be­ne Arti­kel über Nobelpreisträger.

Frau März ist Jahr­gang 1957. Ihr Ein­zel­kind ist gera­de volljährig.

Ich soll­te ihre gigan­tisch wir­ken­den Punk- und Aus­stei­ger­mut­ter-Zah­len mal für mich selbst hoch­rech­nen. Dann wirkt der März-Arti­kel so, als wür­de einer, der ein­mal ein fleisch­lo­ses Gericht bestellt hat, gleich den kämp­fe­ri­schen Super­ve­ge­ta­ri­er mimen!

Bei Märzens auf­ge­zähl­ten 30 H&M‑Besuchen, vier Staf­feln “Germany’s Next Top­mo­del” und drei Tokio-Hotel-Kon­zert­be­su­chen kann ich trotz einer Viel­zahl von Töch­tern nicht mit­hal­ten. Ich schrei­be bewußt nicht: leider.

Ich fin­de auf mei­ner Lis­te hin­ge­gen ein Dut­zend Eltern­aben­de, ein paar hun­dert Vor­le­se­stun­den, ein paar hun­dert gekoch­te Mahl­zei­ten etc. mehr.

Wenn Frau März sich nun auf der Kip­pe zum nichts­nut­zi­gen Ver­tröd­ler­tum sieht: Ich selbst hab die­se Gren­ze zwi­schen anti­ka­pi­ta­lis­ti­schem Streik und bor­nier­tem Mut­ter­be­ruf (trotz gele­gent­li­cher nicht­haus­fräu­li­cher Tätig­keit) ver­mut­lich längst über­schrit­ten. Mit rund 20.000 soge­nann­ten Rum­hock­stun­den undsoweiter.

Wenn eine renom­mier­te Intel­lek­tu­el­le wort­reich ihre Ein­kind­teil­zeit­mut­ter­schaft ver­tei­di­gen muß (wie­wohl ihr das, kein Wun­der, gut­ge­launt gelingt), dann sind wir schon „weit“ gekom­men, scheint mir! Ich bin ja selbst noch mit­ten­drin in der anti­ka­pi­ta­lis­ti­schen Super­re­vo­lu­ti­on. (Bana­nen­brei gab´s bei mir nie.) Immer­hin: Gut zu wis­sen, daß man Teil eines revo­lu­tio­nä­ren Aktes ist. It‘ s so easy.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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Kommentare (10)

Großstadtpauker

16. Januar 2017 11:23

Hat Daimler auch Gaswagen im Programm ? Darf der Daimler das ? Daß der das darf . 

https://www.faz.net/aktuell/technik-motor/auto-verkehr/mercedes-e-200-ngd-mit-erdgas-bequem-abschalten-13417226.html

Meier Pirmiin

16. Januar 2017 11:49

Namen sind im höchsten Grade Kulturkampf. Beeindruckend bleibt, wie Muslime und Juden in dieser Hinsicht zu ihrer Kultur zu stehen pflegen. Dasselbe gilt im Allgemeinen für den spanisch-portugiesischen und slawischen Kulturkreis. Beliebige und vergleichgültigte Namengebung, oft noch von Fernsehserien und vom Sport beeinflusst, gilt vorwiegend für Christen und Nichtmehrchristen im deutschsprachigen Raum, wobei mit neumodisch "Mia" oder dergleichen sicher niemand seine Verehrung für die Muttergottes ausdrücken will. Noch interessant aber, dass die Sängerin "Madonna" ihre Tochter "Lourdes" taufte, in Mexiko ist "Lupita" beliebt als Referenz an den Wallfahrtsort der Muttergottes von Guadeloupe. Die baskische Spitzentennisspielerin Garbine Muguruza hat ihren Namen vom 1854 von Papst Pius IX. verkündeten Dogma von der Unbefleckten Empfängnis Mariä, welches Dogma in der Schweiz und in Deutschland den Kulturkampf mit auslöste, wobei Garbine zugleich im höchsten Grade baskisch und katholisch ist. Ein stolzes Denkmal von Identität.  In der Schweiz waren ab dem Mittelalter Chuenz oder Kueni (Konrad) und Ueli nach den süddeutschen Bischöfen Konrad und Ulrich nebst Hans die beliebtesten Männernamen, bis tief ins 20. Jahrhundert hinein, während Horst und Uwe als radikal unschweizerisch galten: Überfremdung von draussen rein, natürlich auch Jürgen, bei uns sagt man Jörg oder Jürg oder dann rätoromanisch Gieri, oder auch "Schorsch" vom Französischen her. Mit der Zeit wurden aber dann nordische Namen wie Björn und Nils, Niels Hintermann, Schweizer Lauberhornsieger 2017,  Mode. Unter den ausländischen Namen wurde Kevin beliebt, wobei man sich nicht bewusst war, dass es sich um einen ausgesprochen katholischen irischen Heiligennamen handelte.   Einen unglaublichen Rückgang stellt man seit Jahrzehnten beim Namen "Elisabeth" fest, wobei sich "Lisa" noch einigermassen hält. Dabei bezeichnete  der rechtskatholische Kulturkämpfer Alban Stolz aus Bühl/Baden in seiner Biographie der gesamtdeutschen und ungarischen Heiligen Elisabeth von Thüringen dieselbe als die "beliebteste Frau des Abendlandes  nach der Muttergottes". Jenes Buch erreichte über 100 Auflagen.  Ur-christlich und zugleich deutsch wären natürlich Bärbel, Margarethe oder Gretchen und natürlich Katharina, welch letzterer Name sich noch erfreulich hält, alle drei haben es zu den 14 Nothelfern gebracht, siehe Wallfahrtsort Vierzehnheiligen in Bayern. Zum deutsch-jüdischen Gegensatz dichtete Paul Celan in der "Todesfuge".

"Dein goldenes Haar Margarethe, dein aschenes Haar Sulamith."

Jüdische Frauennamen wie Sarah und sogar Abigail setzten sich im angelsächsischen Raum bei strenggläubigen und fundamentalistischen Protestanten durch, wobei Lea neuerdings ein Modename ist, dessen jüdischer Charakter nicht allen Eltern bewusst ist. Stark ausser Gebrauch gekommen ist die Gewohnheit, für Kinder den Namen des Taufpaten oder der Taufpatin zu verwenden, so wie es heute immer mehr Paten gibt auch für zunehmend kaum mehr getaufte Kinder. Der Vorname der Paten spielt in der Regel keine Rolle. Namengebungen können  aus politischer Euphorie erfolgen, so in der Schweiz um 1800 Bonaparta, Helvetia und Victoria, letztere als Jubelname für einen napoleonischen Sieg, die Namen dieser drei Arzttöchter aus Langenthal wurden nach dem Sturz Napoleon wieder geändert. In der Sowjetunion kamen Lenina und Stalina vor, auf welche Namen in Italien Don Camillo allerdings nicht taufen wollte. Meine nächsten Verwandten in Richtung Zukunft heissen Marie Antoinette und Sophie, womit eine politisch-geschichtliche Präferenz und die Philosophie irgendwie zu Ehren kommen. Sophie erblickte das Licht der Welt 1976 am Tage, da der Tod von Heidegger in den Nachrichten gemeldet wurde. Einer gelungenen Probelektion über Heidegger und Nietzsche verdankte ich dann bald darauf meine langjährigste Stelle als Lehrer der Philosophie, obwohl ein gewerkschaftlich orientierter Kollege und Dr. phil. nachdrücklich vor dieser Wahl gewarnt hatte. Meine mehrfache Erwähnung im Buch "Die unheimlichen Patrioten", einem linken Feindlexikon, erwies sich als nur bedingt karriereförderlich. Es gibt Namen, die stehen im Buche des Lebens und andere, welche nun mal eher eine Hypothek darstellen. Für den Ruf seines Namens ist man am Ende selber verantwortlich.

PS. Ergänzung zur historischen Namenspraxis bei den Juden. Es war zumal zu früheren Zeiten üblich, dass zum Beispiel ein Jude namens Scholem sich in Schule und Öffentlichkeit Gerhard nennen liess, jüdisch intern aber Gershom. Gershom Scholem war ein zeitweiliger Kollege von Carl Schmitt, welch letzterer sich gemäss Briefwechsel Ernst Jünger - Carl Schmitt im guten Sinn über seinen jüdischen Kollegen äusserte.

Ernst-Fr. Siebert

16. Januar 2017 12:23

Erst nachdem ich Ihr, Frau Kositza, "Mit rund 20.000 sogenannten Rumhockstunden undsoweiter." gelesen hatte, habe ich oben nachgeschaut. Ich meinte dort "Rumbockstunden" gelesen zu haben. Naja, hätte oben vielleicht auch gepasst :-))

Gruß nach Schnellroda

Schöne Neue Welt

16. Januar 2017 15:46

Tut mir leid, aber ich kann diese "sympathischen linken Spinner" in Filmen nicht mehr sehen. Ich finde teilweise Lars von Trier Filme gut, weil die zeigen, wie verlogen diese "linke Moral" ist. Was ich auch noch ganz gut fand, war die Rolle der Lucy in dem Film "Schande" mit John Malkowich. Eine Supergrüne, die sich (aus Schuldgefühlen oder um sich Jesus-like für die Sünden der Welt zu bestrafen?) selbst masochistisch auf dem Altar der politischen Korrektheit selbst opfert. Es hat mich gewundert, dass so ein Film durch die Zensur kam.

PAule

16. Januar 2017 17:11

"dass so ein Film durch die Zensur geht" (@schöne neue Welt) und "Wie sollte man da ausgerechnet von „Haltung“ reden?" (@Ellen Kositza)

Beide Fragen sind mit der gleichen Antwort zu versehen: "Past schon!". Verrücktes ist eben Normal, wenn man nur verrückt genug ist. Dann sind die Verrückten halt Vorbilder mit der richtigen Haltung. Streng selbstzerstörerisch, anti-deutsch und PC-förderwürdig.

Kasi

16. Januar 2017 17:11

Der Film ist doch nur ein Vehikel, um Förderknete abzusahnen. Und das ist noch gar nichts: Ich habe neulich Werbung für ein "Holocaust-Tanztheater" gesehen mit der Überschrift "getanzter Holocaust"!! Das Bild zeigte vier Erwachsene, die auf einer Bühne sowas wie Sackhüpfen betrieben. Und das war keine Satire! Eine wirklich lustige Satire gabs in einem Comic von Peter Puck, in dem auf einem Baumarkt-Prospekt mit dem "Preis-Holocaust" geworben wird!

marodeur

16. Januar 2017 18:06

Das Neugeborenen-Phänomen ist relativ leicht zu erklären. Dazu braucht es keine Verschwörungstheorien. Laut offizieller Statistik hatte 2015 jedes 5. Neugeborene keine deutsche Staatsbürgerschaft. Das sind ca. 180.000 der 740.000 Geburten. Davon stellen die Türken die größte Gruppe mit ca. 21.500 (3% der Grundmenge). Geht man jetzt davon aus, dass die einzelnen Ethnien eine gewisse Bandbreite und unterschiedliche Vorlieben für der Wahl der Lieblingsnamen haben, dann ist sehr schnell klar, warum Aische und Murat (noch) keine Chance auf die Top-50 haben. Wer es nicht glaubt, der möge bitte eine Stichprobe auf den jeweiligen Klinikseiten machen. Dort trifft man in den Geburtsanzeigen i.d.R. einen Mix aus den Top-50 und allerlei Migrantennamen.

Kositza: Von Verschwörung redet auch keiner. Trotzdem überzeugt mich Ihre Argumentation nicht. Daß "nur" jedes 5. Neugeborene keine dt. Staatsbürgerschaft hatte, heißt doch nicht, daß die all die Fremdstämmigen (oder auch nur ein nennenswerter Teil davon) mit dt. Staatsbürgerschaft ihre Kinder nun Mats und Lili nennen. Und was die gewisse Bandbreite der Namensvorlieben versch. Ethnien angeht: In Deutschland ist diese Bandbreite seit etwa 70 Jahren schon extrem ausgeprägt. In fast alle europ. Ländern gibt es solchen Wechsel von Namensmoden nicht,; Polen, Engländer, Spanier und Italiener schöpfen bei der Namensgebung im Schnitt aus einem viel kleinerem Fundus. Kurz, das fehlen von wenigstens Yusuf oder Mehmet/Mohamed in den Toplisten erklärt sich mir nicht.

 

Mein persönlicher Favorit war übrigens vor ein paar Jahren auf den Seiten einer Meininger Klinik zu finden: Channel Chantal Gertrud Uschpelkat, 3500g

Kositza  hatte vor Jahren hier schon mal auf den Chantalismus hingewiesen.

marodeur

17. Januar 2017 12:19

@Kositza:

"Daß 'nur' jedes 5. Neugeborene keine dt. Staatsbürgerschaft hatte, heißt doch nicht, daß die all die Fremdstämmigen (oder auch nur ein nennenswerter Teil davon) mit dt. Staatsbürgerschaft ihre Kinder nun Mats und Lili nennen."

Von 'nur' habe ich nicht geredet. Ich finde die Statistik erschreckend. Es gibt kaum eingebürgerte Türken, da diese bekanntlich eine besonders enge Verbindung zum Heimatland haben. Der erste Jahrgang der doppelten Staatsbürger kommt erst später in die Statistik.

"Kurz, das fehlen von wenigstens Yusuf oder Mehmet/Mohamed in den Toplisten erklärt sich mir nicht."

Yusuf und Mehmet fehlen nicht. Yusuf ist auf Platz 138 und Mehmet kommt auf Platz 227. Beide Namen haben einige Plätze gutgemacht im Vergleich zum Vorjahr.

Der Gehenkte

17. Januar 2017 12:34

Einfach mal gegoogelt "Mohammed Vorname" und gleich auf diese Erklärung gestoßen.

https://www.beliebte-vornamen.de/25450-mohammed-deutschland.htm

Unter den Zugereisten der letzten beiden Jahre befinden sich viele Araber. Dort sind koranische Namen sehr weit verbreitet, meiner persönlichen Erfahrung nach der Name Mohammed am häufigsten. Sollten die sich über Familiennachzug in einigen Jahren replizieren, dann ist ein starker Anstieg solcher Namen - Hussain, Omar, Saladin, Salim, Hakim etc. - zu erwarten. Die Frage ist einfach zu zeitig gestellt. Im Übrigen vergleichbar mit der Frage nach der Kriminalitätsrate - auch die kann sinnvollerweise erst gestellt werden, wenn die "Integration" vollzogen wurde oder gescheitert ist.

Milo

17. Januar 2017 21:46

Das mit den Namen finde ich gar nicht so einfach. Hat auch keiner gesagt, ich weiß. Aber: Wir haben zum Beispiel nichtsahnend unser erstes Kind Aeneas genannt. Kann man machen, wenn man 'ne Macke mit griechischen Sagen hat. Muß man nicht. Aber das daraus dann irgendwann E-ni wird, das zumindest hätte keiner von uns geahnt. Ich will jetzt nicht alle Namen durchgehen, aber unser viertes Kind sollte eigentlich Leberecht heißen. Es kam nicht dazu, unter anderem, weil das Kind sich als weiblich herausstellte. Aber in ruhigen Momenten bin ich manchmal froh, daß es eben kein Leberecht wurde, wobei ich diesen Namen nicht nur für unglaublich schön sondern eben auch und offensichtlich als Weisung verstehe.

Aber das Kind muß damit sein Leben verbringen. Und sei es Mats, Sophie oder Marie, alle an der Spitze der Listen. Sie sind vielleicht alle zusammen und einzeln besser als Leberecht, weil sie heute so vergeben werden. Leberecht nicht.

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