In seiner ersten Amtswoche hat er nicht weniger als zwölf Executive orders (Dekrete) erlassen und damit unterstrichen, daß er es eilig hat, seine Wahlversprechen umzusetzen.
Die wichtigsten Entscheidungen betreffen zwei Prestigeprojekte Obamas, nämlich die US-Gesundheitsreform („Obamacare“), die Trump innerhalb eines unbestimmten Zeitraums abschaffen will, und die zweite den Ausstieg aus dem transpazifischen Freihandelsabkommen TPP, das zwar zu Ende verhandelt, aber noch nicht ratifiziert worden war, weil der US-Kongreß die Zustimmung verweigert hatte. Mit dem Ausstieg aus diesem Abkommen ist auch die Realisierung des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP unwahrscheinlich geworden. Doch damit nicht genug: Trump will auch das inneramerikanische Freihandelsabkommen NAFTA neu verhandeln.
Das Abkommen habe aus Sicht von Trump insbesondere für Mexiko und Kanada Vorteile, den Vereinigten Staaten indes vor allem Nachteile gebracht. Trump hat angekündigt, bessere Konditionen für die USA auszuhandeln. Wenn sich die NAFTA-Mitglieder dem verweigern sollten, drohte der US-Präsident vorsorglich schon einmal mit dem Ausstieg aus dem Abkommen.
US-Firmen, die ihre Produktion nach Mexiko verlagern wollten, stellte Trump bereits Strafzölle in Höhe von 35 Prozent in Aussicht. Davon könnten unter anderem auch deutsche Autobauer wie z.B. BMW betroffen sein. Aus der Sicht Trumps sollte jedes in den USA verkaufte Auto auch dort zusammengebaut worden sein.
En passant: Das Hochziehen von sog. „tarifären Handelshemmnissen“ wie Strafzöllen ist immer eine Maßnahme minderer Intelligenz. Deutlich effektiver sind „nichttarifäre Handelshemmnisse“, zu einem von denen sich z.B. das US-Rechtssystem ausgewachsen hat, daß für europäische Konkurrenten von US-Unternehmen mittlerweile eine Vielzahl von Minenfeldern bereithält. Man lese in diesem Zusammenhang einmal den Artikel „Fahnder im Dienst des Imperiums“ in der neuesten deutschsprachigen Ausgabe der Le Monde diplomatique (Januar 2017), in dem Autor Jean-Michel Quatrepoint zu dem Ergebnis kommt, daß die „Aggressivität der US-Strafverfolgungsbehörden“ die „europäischen Unternehmen und Banken zunehmend“ lähme; die seien dabei, ihre Handelsbeziehungen „neu zu ordnen und an die angelsächsischen Normen anzupassen“.
Die US-Behörden und Ministerien seien daran interessiert, möglichst viele Rechtsstreitigkeiten mit ausländischen Unternehmen vom Zaun zu brechen; nicht zuletzt deshalb, um ihre Budgets aufzubessern, mit denen dann wieder neue Leute angestellt werden, die sich wie Trüffelschweine an die Fersen der unliebsamen ausländischen Konkurrenz heften. Nicht zuletzt werden einige hochspezialisierte Anwaltskanzleien „gemästet“, die unter anderem die Geschäftstätigkeit von „Sündern“ überwachen, was die Strafsummen nur weiter wachsen läßt. Daß sich die USA bisher trotz dieser Minenfelder als Künder und Deuter des Freihandels und der Globalisierung inszenieren konnten, rundet das Bild ab.
Doch zurück zu Trump: Nicht wenige Kritiker sehen in seinem Vorgehen einen Angriff auf die Idee des Freihandels, der seit Ende des Systemantagonismus zwischen Ost und West eine so gut wie unangefochtene Leitbildfunktion genießt. Motor dieses Leitbildes waren bisher die USA, die es zu einem wesentlichen Bestandteil ihrer monopolaren Weltordnung machten. Implizit sollte der freie, unbegrenzte Handel den Weg zu einer Weltgesellschaft ebnen, in der kriegerische Konflikte der Vergangenheit angehören.
Nicht erst der Philosoph John Gray, einst „Cheftheoretiker“ der britischen Premierministerin Margaret Thatcher, die zusammen mit US-Präsident Ronald Reagan wirtschaftspolitisch das einläutete, was heute gern als „Neoliberalismus“ bezeichnet wird, hat diese Vorstellung als „Utopie“ gekennzeichnet. So schrieb er in seinem Buch Die falsche Verheißung (dt. Ausgabe Berlin 1999), daß allein in den USA der „Glaube an die Weltzivilisation noch lebendig“ sei:
Während des Kalten Krieges fand er seinen Ausdruck im Antikommunismus. Heute, in der postkommunistischen Ära, beseelt er die amerikanische Idee eines Freihandels.
Mit Trump findet nun ein einschneidender Leitbildwechsel statt, der an den Grundfesten der Globalisierung rüttelt, deren Rahmenbedingungen bisher mehr oder weniger von den USA diktiert worden sind. Das alles geschieht im Namen der amerikanischen Arbeiter, für die der (mögliche) Ausstieg aus bestehenden oder geplanten Freihandelsabkommen eine “großartige Sache” sein soll.
Ob es sich im Fall des Ausstiegs aus TPP wirklich um eine „großartige Sache“ für den amerikanischen Arbeiter handelt, wird sich indes noch zeigen müssen. Aus geostrategischer Sicht jedenfalls handelt es sich um einen gravierenden Fehler. An dieser Stelle sei noch einmal daran erinnert, daß es weder bei dem transpazifischen noch bei dem transatlantischen Freihandelsabkommen in erster Linie um „freie Märkte“ ging. Das TPP gehörte nicht ohne Grund zu den Kernanliegen der Präsidentschaft von Barack Obama, dem es vor allem um einen Rollback und um ein Containment des Wirtschaftsgiganten China ging.
Obama verfolgte mit Blick auf TPP im weiteren die Absicht, aus den USA ein Handelsimperium nach Vorbild des britischen Empire zu machen, wie es der Publizist Malte Daniljuk ausdrückte. Mit den Staaten, die Mitglieder des TPP-Abkommens sein sollten, hat Obama überdies eine Reihe von Verträgen geschlossen, die eine entsprechende militärische Präsenz der USA in dieser Region sicherstellen sollten.
Mit dem transpazifischen Freihandelsabkommen wollte Obama im weiteren seiner geostrategischen Maxime „Pivot to Asia“ (Dreh- und Angelpunkt Asien) Gestalt verleihen und garantieren, daß die USA – in Verbindung mit dem transatlantischen Freihandelsabkommen – auch weiterhin die Regeln der Globalisierung bestimmen.
Trump hat nun das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Nutznießer aus dem Ausstieg aus dem TPP ist nun ausgerechnet das Land, gegen das sich das Abkommen vor allem richten sollte, nämlich China. Die elf verbliebenen TPP-Staaten, allen voran Australien, denken nun darüber nach, China ins Boot zu holen. Mit Blick auf TPP hätte für Trump sehr wohl, und zwar ohne Gesichtsverlust, die Option bestanden, bestimmte Vertragsteile nachzuverhandeln, um die Befürchtungen in den USA, TPP bringe für die Amerikaner Arbeitsplatzverluste und Industrieverlagerungen mit sich, zu zerstreuen.
Inwiefern der Ausstieg aus TPP für den amerikanischen Arbeiter eine „großartige Sache“ sein soll, ist nicht zu erkennen, weil durch den Ausstieg keine zusätzlichen Arbeitsplätze geschaffen werden. Gerade aber die Schaffung von Arbeitsplätzen, und zwar in Millionenzahl, ist das primäre Ziel der Präsidentschaft von Donald Trump; die Meßlatte, an der er hier gemessen werden will, hat er extrem hoch gelegt; womöglich zu hoch.
Wie man es auch dreht und wendet: Der Rückzug aus TPP ist, nach einer Woche Amtszeit, der erste gravierende Fehler Trumps: geostrategisch, weil er in einer für die USA wichtigen Region die Chinesen wieder ins Spiel bringt; handelspolitisch, weil die USA nicht nur hier, sondern auch mit Blick auf andere Freihandelsabkommen die Definitionsmacht über die Regeln der Globalisierung abgeben. Und die kann Trump nicht einfach für obsolet erklären.
Wenn andere in Zukunft darüber bestimmen, nach welchen Regeln der internationale Handel funktioniert, wird das über kurz oder lang negative Rückwirkungen auf die USA selbst haben. Ein Wirtschaftsgigant wie China wird das Vakuum, das Trumps Handelspolitik nach sich zieht, rasch in seinem Sinne zu füllen wissen.
t.gygax
Hilfe ! Geht sogar hier das sattsam bekannte Trump-Bashing los??? Laßt den Mann doch erst mal machen......und welche Qualifikationen hat eigentlich Herr Michael Wiesberg? Wirtschaftswissenschaften?
Ich habe nur meinen gesunden Menschenverstand und der sagt mir, dass dieser Trump das bestmöglichste für sein Land rausholen will, und da hat er von seinem Standpunkt aus gesehen völlig recht.
Möglicherweise muss unser " Staat" dann wieder mehr zahlen, aber die Herrschenden bei uns sind ja sehr geschickt, die arbeitende Bevölkerung finanziell auszubeuten und gleichzeitig ruhig zu stellen....