Einer hat einen besonderen Gang oder eine spezielle Art, bestimmte Laute auszusprechen. Eine riecht nach Männerdeo oder läßt Fragen mit einem Ausrufezeichen enden: Immer wird das in ein (möglichst farbenreiches) Bild eingepaßt – das ist meine Macke.
Heute beim Ringen: Ein Junge heißt Iwein. Das ist wahrlich kein Modename. Iwein aus König Artus’ Tafelrunde! Der Löwenritter! Die Eltern und Namensgeber des Jungen müssen was Besonderes vorhaben mit ihrem Sohn. Das hat was. Bin aber skeptisch. Nehme mir vor, zu Hause zu googlen, ob es einen US-Film gibt mit einem Helden dieses Namens. Denn: Ich bekomm das Bild nicht zusammen. Iwein sieht – gewöhnlich aus.
Ein netter Kerl, klar. Die Mutter hat gemachte Fingernägel, der Vater, tja, ein typischer Vater mit ringendem Sohn. Ich gehe jede Wette ein: Der hatte nie Berührung mit Hartmann von Aue. Aber der Sohn heißt definitiv Iwein, der Name wurde nun zum x‑ten Mal aufgerufen! Mein innerer Film: Da gab es einen belesenen Großvater… Oder: einen herausragenden, geliebten und vorbildlichen Deutschlehrer, der immer alte Geschichten erzählte… Achwo. Die Lösung ist profan: Der Kerl hieß in Wahrheit Divine.
Zu Hause beim Googlen hab ich nur das gefunden, Anfrage in einem Vornamenforum:
Ich suche einen passenden Zweitnamen mit 7! Buchstaben der bei der Aussprache nicht auf N endet! (das ist alles sehr wichtig).Es sollte ein ungewöhnlicher Name sein damit er zu den Geschwistern Destiny Elaine und Dalia Precious passt. Alle Kinder haben bei uns 13 Buchstaben in zwei Namen, auch unser Sohn, Jimmy Lysander, deshalb weiß ich langsam nicht mehr weiter. Mir gehen die Namen aus die meinem Mann gefallen würden. Als “Ausweichname” haben wir Dakota Cayleen, der ist superschön, in unseren Augen, aber mein Mann gefällt Divine noch besser, aber da passt Cayleen nicht dazu, weil beide Namen auf N enden und gleichen Anfang und gleiches Ende habe ich bei allen vermieden, weil ich den Klang einfach nicht schön finde.
Jedenfalls finde ich, unser Volk ist “schon so” bunt genug.
27.2.2017 – Hm, Prominentsein. Zumindest als “Mitgehangene”. Komisch.
Erstens, mit Kindern im Zug. Früher war ich die Glotzerei gewohnt. Frau mit einer Handvoll (oder mehr) offenkundig eigenen Kindern, klar, da wird geguckt. Ist ja auch in Ordnung. Längst bewegen sich die Großen auf eigener Achse. Und zwei, drei Kinder als Anhang sind ja wohl keine Sensation. Aber die da guckt so! Und der dort? Oder der? Und wie die gucken!
Beschließe, es für Paranoia zu halten. Kommt die Tochter von der Zugtoilette: “Mama, stell dir vor, der Mann dort mit dem Rechner, was guckt der sich an auf seinem Bildschirm? Googlesuche nach Götz Kubitschek!”
Zweitens: Heute leider ein Verkehrsunfall. Unschuldig, aber Totalschaden. Rufe die Polizei, muß den Fahrzeughalter durchgeben: “Echt, Götz Kubitschek? Haben wir grade drüber geredet.”
Drittens, “Schulaufsatz” der Kleinsten über die Winterferien: “Manchmal also oft kuken uns Leute an und sagen: aaa das sint die Kinder von dem Götz Kubitschek!! Hier in Spanjen aber haben uns die Leute angeguckt und gesagt: aaa Kinder!! Weil wir an einem Ort waren, wo abselut nur Rentner sind und auser uns gar keine Kinder. Für die leute war das neu!”
28.2.2017 – Apropos große Kinder, die auf eigener Achse unterwegs sind: Die Größte, habituelle Anhalterin, wird von einem freundlichen Herrn mitgenommen. Netter Small talk. Woher genau sie käme? “Schnellroda, wird Ihnen nichts sagen…” – “Aber nicht das Schnellroda mit dem Kubitschek?” (Tochter später zu mir: “Da bin ich erst ein bißchen kopfscheu geworden… Wer weiß…”) Es entspann sich aber ein gutes Gespräch über Armin Mohler, der Fahrer ist langjähriger Kunde des Verlags.
1.3.2017 – Vielleicht sollte ich das nicht tun, Verlagsinterna ausbreiten. Ist natürlich unfein und indezent. Also: pardon! Hier bei Antaios/Sezession gehen pro Woche etwa zwei, drei Manuskripte ein mit Bitte um Abdruck/Buchverlegung. Aus solchem “Unverlangten” sind schon großartige Bücher und Artikel entstanden.
Das meiste können wir leider nicht verlegen, und in der Mehrzahl ist das “leider” in unserer Absage kein rhetorischer Kniff. (Es wurmt mich immer, wenn nach einer freundlichen Absage eingeschnappte, schwer verletzte Abokündigungen oder eine Drohung à la “Ich werde meinen breitgestreuten Kontakten mitteilen, daß Sie kein Interesse an kritischer Literatur…” etc. pp. folgen. Selten, aber immer wieder mal, werde ich wüst beschimpft. Das ist teils lustig, teils traurig. Am Ende verabschiedet man solche Kunden gern.) Die meisten abgelehnten Manuskripte sind schlichtweg zu speziell oder zu wissenschaftlich für unseren Verlag und die Zeitschrift.
Bei wenigen anderen fragt man sich: Wie kommt der Mensch darauf? Daß wir solches Zeug verlegen? Kann man uns so verkennen?
Heute ein im forschen Ton angebotenes Manuskript von X. Über den Endkampf unseres Volkes. Ich könnte genüßlich zitieren, mach ich aber nicht. Kubitschek: “Um Himmels Willen, dieser X! Was für ein trauriger Mut! Ein fetter Krypto-Nazi!” Schlußsatz des Anschreibens von X, den Kubitschek als überheblichen, genußsüchtigen Prahlhans mit echter Profilneurose erlebt hat: “Wetten, daß Sie sich nicht trauen, dieses mein Manuskript in Ihr Buchprogramm aufzunehmen?? Das ist die Scheidelinie, feige und Untergang – oder mit Heroismus zum Sieg!”
Boar, ich zittere immer noch. Hab mir nicht nehmen lassen, den Manuskriptextrakt dennoch kursorisch zu lesen. Es sind ein paar Tippfehler drin, kein Problem, mach ich auch. Über einen stolpere ich jedoch vielmals: Es gehe darum, unser Volk/unsere Nation/unsere Ethnie zu verteigen! Tja. Was macht man damit? Mit dem Teig? Ab in den Ofen, wohin sonst!
2.3.2017 – Unsere Tochter feiert heute eine große Faschingsparty. Im Gymnasium. Mit allen anderen Fünftkläßlern. Heute, einen Tag nach Aschermittwoch. Ob das irgendwie oppositioneller, überkommener DDR-Trotz ist? Atheistische Kontrakultur? Sohn: “Nee. Einfach Sachsen-Anhalt. Wiege der Hochkultur.”
Tweed
Wie heißt es so schön: Ein Volk, ein Teig, ein Rührer!