Mit dieser Gedenkstätte hatten sich die Initiatoren das Ziel gesetzt, einen längst überfälligen Ort der Erinnerung für die deutschen Opfer des Zweiten Weltkrieges durch den alliierten Bombenkrieg, die Vertreibung, die Deportation deutscher Zivilisten und die in den Gefangenenlagern der ehemaligen Kriegsgegner umgekommenen Soldaten der Wehrmacht zu schaffen.
In einer kreisförmigen Anordnung stehen in regelmäßigen Abständen zwölf Steine (Granitwände), den Kreismittelpunkt bildet ein Obelisk, ebenfalls aus Granit. Umrahmt ist das Denkmal von den Bäumen des Parks des ehemaligen Herrenhauses, dies gibt der Gedenkstätte den Charakter eines Haines. Auf den Vorder- und Rückseiten sind die Granitflächen beschriftet, man liest die Opferzahlen (Gesamtzahlen, Bezüge auf einzelne Regionen oder bestimmte Opfergruppen) und die Aussprüche bekannter deutscher Dichter oder die Wiedergabe historischer Inschriften. Die Gedenkstätte bietet den Eindruck eines Ortes würdevoller Erinnerung und Trauer, ohne jegliche Aggressivität, es sei denn, man würde in einer unzutreffenden Interpretation durch den Hinweis auf die Leiden der Opfer nicht nur eine Beschreibung von Tatsachen, sondern eine Anklage an die Verursacher herauslesen wollen.
Wie zu erwarten steht die Anlage unter der diffamierenden und polemischen Kritik der Antifa, einschlägiger politischer Gruppierungen (vor allem der Partei die Linke) und willfähriger Medien. Die Hausherren der Anlage in Guthmannshausen machen denn auch aus guten Gründen die Gedenkstätte nicht der Öffentlichkeit zugänglich. An den Vandalismus gegenüber Denkmälern mit einer nationalen Sinngebung hat man sich mittlerweile gewöhnt. Diese Stätten werden selbst dann geschändet, wenn sie überwiegend nichts mit der Periode des Nationalsozialismus zu tun haben. Die Behauptung, nur Rechtsradikale würden solche Gedenkstätten pflegen, wird noch übertroffen durch dieForderung, die Erinnerung an deutsche Opfer müsse stets in den »Kontext« von NS-Verbrechen gestellt werden. Geschehe dies nicht, sei jedes Gedenken in sich schon eine Relativierung dieser Verbrechen, eine Verkehrung von Ursache und Wirkung und im schlimmsten Falle eine Herabsetzung der Opfer des Holocausts.
Das Projekt der Gedächtnisstätte Guthmannshausen wird durch einen eingetragenen Verein betreut, der auch 1992 der Initiator war. Zum Kreis der Vereinsgründer gehörte auch der Rechtsanwalt Hajo Herrmann, einer der bekanntesten Jagdflieger des Zweiten Weltkrieges. Die Verwirklichung der Gedächtnisstätte, zunächst in Borna in Sachsen vorgesehen, scheiterte 2009 am Widerstand der sächsischen Behörden und auch wohl an Zwistigkeiten innerhalb des Vereins. Eine Trennung von dem durch die Bundesregierung auf Drängen des Bundes der Vertriebenen verfolgten Projekt »Zentrum gegen Vertreibungen« wurde vollzogen, als klar wurde, daß angesichts der Befndlichkeiten europäischer Nachbarn ein Gedenken an die Vertriebenen aus dem deutschen Osten und dem Sudetenland nur im Kontext mit anderen europäischen Vertreibungen zu erwarten war. Auch das Land Thüringen versuchte zweimal mit gerichtlichen Entscheidungen über die Umstände des Erwerbs des Rittergutes Guthmannshausen das Projekt zu verhindern. Angesichts dieser Vorgänge wird die Zukunft erweisen müssen, von welchem Erfolg das mit soviel Idealismus betriebene Projekt begleitet sein wird.
In seinem eindrucksvollen, Depressionen verursachenden Buch über die Vergewaltigungen deutscher Frauen, Mädchen und selbst Kinder durch die Soldaten der Roten Armee (»Frau, komm!«, Graz 2009) stellt Ingo von Münch fest, daß Mitgefühl und Empathie einerseits sowie die Empörung über dies wahrhaft einzigartige Verbrechen andererseits von den Schuldzuweisungen der Deutschen an sich selbst beziehungsweise von der Relativierung der Verbrechen anderer überdeckt werde: »Der Topos der Deutschen als ›Volk der Täter‹ ist offensichtlich eine sehr eigene (deutsche) Verurteilung, die keine Parallele in anderen Ländern findet.« Im Antigone-Drama von Sophokles fordert der Seher Teiresias von Kreon, dem König von Theben, der Polyneikes (dem Bruder der Antigone) das der Sitte entsprechende Begräbnis verweigert, weil sich dieser gegen die Gesetze des Staates vergangen hatte: »Drum gib dem Toten nach und stich nicht weiter ein, auf den, der umgekommen! Welche Heldentat, den Toten nochmals zu töten!« Sophokles läßt keinen Zweifel daran, daß Polyneikes schuldig war. Welche »Schuld« dagegen an Hitlers Politik und Kriegführung, so fragt von V. Münch, hätten die Vergewaltigungsopfer, und welche »Schuld« ordnete Frau Orosz, die derzeitige Oberbürgermeisterin von Dresden, den Bombenopfern des 13./15. Februar 1945 zu?
Mit der Aussage während des »Tages der Heimat« 2014, Vertreibung sei stets Unrecht, hat Bundeskanzlerin Merkel auch die Vertreibung von 14 Millionen Deutschen kategorisiert. Erwartungsgemäß hat sie dies sofort relativiert mit dem Hinweis auf den »von Deutschland entfesselten Krieg und die Verbrechen der Nationalsozialisten«, Millionen von Toten und unermeßliches Leid – dies sei Deutschlands immerwährende Verantwortung. Schon 1986 hat der Historiker Andreas Hillgruber den Forschungsstand über den Untergang des deutschen Ostens 1944/45 wiedergegeben (Zweierlei Untergang). Die Ursachen zur Vertreibung sind auf polnische Vorstellungen von einem neuen Großpolen zurückzuführen, die nach 1918, in der Zwischenkriegszeit und immer noch 1944/47 wirksam waren. Noch stärker waren sie von den Planungen der westlichen Alliierten für eine Nachkriegsordnung in Europa und Stalins Absichten, ein vorgeschobenes Glacis in Mitteleuropa zu schaffen, bedingt.
Die Vertreibung der Deutschen war also nicht durch die deutschen oder sowjetischen Vertreibungsakte zwischen 1939 und 1944 und auch nicht durch den Westtransfer von Teilen der polnischen Bevölkerung verursacht. Unter moralischen Aspekten ist zu bemerken, daß das »lex talionis« des Alten Testaments von den zivilisierten Staaten im Laufe eines Humanisierungsprozesses aufgegeben worden ist. Es beruhte auf dem Prinzip der Vergeltung. Selbst unter diesen Bedingungen aber galt der Grundsatz der Selbstverantwortung. Das entwickelte Völkerrecht des 20. Jahrhunderts beruht darauf, daß die Kriegsparteien, ungeachtet der Ursachen des Kriegsbeginns und der in Anspruch genommenen moralischen Rechtfertigung der Kriegszwecke, an die gleichen rechtlichen Auflagen der Kriegführung gebunden sind. Wenn unter diesen Umständen der alliierte Bombenkrieg mit dem Satz »Wer Wind sät, wird Sturm ernten« gerechtfertigt wird, dann ist dies wohl nur in Deutschland möglich.
Vor diesem Hintergrund war die Errichtung der Gedächtnisstätte in Guthmannshausen eine notwendige Tat, und zu hoffen ist, daß in und an ihr nichts weiter geschieht, als daß würdig den unzähligen deutschen Opfern gedacht wird.