Entnationalisierung der deutschen Wirtschaft

Der US-Marxist Michael Hudson, dessen Buch über den „Finanzsektor“ im Mittelpunkt meines letzten Blogs stand,...

Michael Wiesberg

Michael Wiesberg ist Lektor und freier Publizist.

erin­nert in sei­nen Aus­füh­run­gen u.a. an das über­aus erfolg­rei­che Zusam­men­spiel von Reichs­bank und deut­schen Ban­ken zur Industriefinanzierung.

Die dar­aus ent­stan­de­ne „Ver­schmel­zung von Indus­trie, Bank­we­sen und Regie­rung“ war, so Hud­son, „zwei­fel­los die Haupt­trieb­kraft für den Erfolg der deut­schen Unter­neh­men“. Die­ser „deut­sche Son­der­weg“, den unter ande­rem Tho­mas Hoof in der Sezes­si­on (27 / Dezem­ber 2008) zum The­ma gemacht hat, kann auch als „lang­an­dau­ern­der Kul­tur­kampf“ gedeu­tet wer­den, der im Zwei­ten Welt­krieg „heiß“ gewor­den sei, wie der von Hoof zitier­te deut­sche Wirt­schafts­his­to­ri­ker Wer­ner Abels­hau­ser hervorhebt.

Vor die­sem Hin­ter­grund ist er „als Bru­der­krieg zwi­schen unter­schied­li­chen Zwei­gen der kapi­ta­lis­ti­schen Groß­fa­mi­lie“ zu deu­ten, bei dem die „Besei­ti­gung kor­po­ra­ti­vis­ti­scher Beson­der­hei­ten des deut­schen Wirt­schafts­sys­tems ganz oben auf der Lis­te ame­ri­ka­ni­scher Kriegs­zie­le stand“.

Auch der 8. Mai 1945 konn­te, so Hoof, die­se Tra­di­ti­ons­li­ni­en nicht ein­fach zer­tren­nen, die in der Fol­ge als „Rhei­ni­scher Kapi­ta­lis­mus“ oder als „Deutsch­land AG“ einen neu­en Rah­men fan­den. End­gül­tig gekappt wur­den sie erst von der rot-grü­nen Regie­rung Schröder/Fischer, die sich zum Voll­stre­ckungs­ge­hil­fen der Inter­es­sen der „inter­na­tio­na­len Kapi­tal­märk­te“ mit ihren Epi­zen­tren City of Lon­don und Wall Street mach­te. Mit dem „deut­schen Son­der­weg“ ist es seit­dem vorbei.

Es ist auf­schluß­reich, an die­ser Stel­le noch ein­mal nach­zu­voll­zie­hen, mit wel­chen Mit­teln vor allem die Regie­rung Schrö­der das Erfolgs­mo­dell „Deutsch­land AG“ auf den Schrott­platz der Geschich­te ver­bannt hat, um Deutsch­land „fit“ für die „Her­aus­for­de­run­gen der Glo­ba­li­sie­rung“ zu machen. Der Erfolg scheint den Abwra­ckern der „Deutsch­land AG“ vor­erst recht zu geben: Deutsch­land darf sich als „Export­welt­meis­ter“, der sich indes zuneh­mend den Groll sei­ner Han­dels­part­ner zuzieht, bis­her – schaut man nur auf das nack­te Zah­len­werk – auf der Gewin­ner­sei­te der „Glo­ba­li­sie­rung“ ein­ord­nen; es ist zu einer Art Mus­ter­kna­be des Finanz­markt­ka­pi­ta­lis­mus geworden.

Die­se Pole posi­ti­on hat aller­dings ihren Preis: Vor­bei sind seit der Regie­rung Schröder/Fischer näm­lich die Zei­ten, in denen die bör­sen­no­tier­ten Unter­neh­men in Deutsch­land im Besitz deut­scher Anle­ger waren. Mitt­ler­wei­le sind fast 60 Pro­zent der Akti­en der im Leit­in­dex Dax notier­ten deut­schen Unter­neh­men in aus­län­di­schem Besitz.

Nicht anders als dra­ma­tisch muß die Ver­schie­bung der Anteils­eig­ner bei renom­mier­ten deut­schen Unter­neh­men wie Sie­mens, Daim­ler oder auch Bay­er genannt wer­den; hier sind die Antei­le deut­scher Aktio­nä­re auf ein Drit­tel oder sogar weni­ger geschrumpft. Der Jour­na­list Con­stan­tin Schrei­ber brach­te die­se Ent­wick­lung bereits vor Jah­ren im Titel sei­nes Buches auf den Punkt: Aus­ver­kauf Deutsch­land (2010).

Der heu­te zum Finanz­markt­ka­pi­ta­lis­mus mutier­te Kapi­ta­lis­mus hat sei­ne Wur­zeln im angel­säch­si­schen Raum; er ist, Johan­nes Hoof hat hier die Lini­en aus­ge­zo­gen, Aus­druck des angel­säch­si­schen Wirt­schafts­ver­ständ­nis­ses, das sich grund­le­gend von dem euro­päi­schen, vor allem aber von (mitt­ler­wei­le für über­holt erklär­ten) deut­schen Ord­nungs­vor­stel­lun­gen unter­schei­det. Aller­dings unter­liegt auch das angel­säch­si­sche Wirt­schafts­ver­ständ­nis Meta­mor­pho­sen, was ins­be­son­de­re für Ära Mar­ga­ret That­cher und Ronald Rea­gan gilt.

Deren Namen ste­hen „für einen ideo­lo­gi­schen Gezei­ten­wech­sel“ „in den angel­säch­si­schen Län­dern“; so drück­te es FAZ-Redak­teur Phil­ip Pli­ckert in sei­ner grund­le­gen­den Arbeit Wand­lun­gen des Neo­li­be­ra­lis­mus (Stutt­gart 2008) aus. That­cher führ­te eines der bis­her radi­kals­ten Pri­va­ti­sie­rungs- und Dere­gu­lie­rungs­pro­gram­me durch und ver­än­der­te damit nicht nur Groß­bri­tan­ni­en, son­dern im Ver­bund mit Ronald Rea­gan auch Westeuropa.

Der Weg dort­hin war kei­nes­wegs zwin­gend oder eine Fol­ge immer „offe­ne­rer Märk­te“, son­dern das Ergeb­nis poli­ti­scher Ent­schei­dun­gen. Für die­se „Revo­lu­ti­on“ ste­hen Schlag­wor­te wie Ent­staat­li­chung, Dere­gu­lie­rung, Pri­va­ti­sie­rung, Fle­xi­bi­li­sie­rung, Ent­bü­ro­kra­ti­sie­rung, Sub­ven­ti­ons­ab­bau und Reform des Sozi­al- und Wohl­fahrts­staa­tes. (Lin­ke und rech­te) Kri­ti­ker die­ser Revo­lu­ti­on brin­gen die­se Ver­än­de­run­gen gern mit dem Kampf­be­griff „Neo­li­be­ra­lis­mus“ auf den Punkt.

Seit­dem gilt der Markt als „Natur­ge­setz“, der, wie es Jens Jes­sen in einem Bei­trag für die ZEIT aus­drück­te, zur „Schick­sals­macht“ erho­ben wor­den sei. Von die­sem „Markt“ sei aber nichts als „Dar­wi­nis­mus“ geblie­ben, der die „Aus­son­de­rung schwa­cher Schuld­ner, schwa­cher Staa­ten, schwa­cher Arbeit­neh­mer fei­ert“. Die­ser aus­schließ­lich ren­di­te­ge­trie­be­ne Markt geht ein­her mit Begrif­fen wie Fusio­nen und Auf­käu­fe bzw. Zer­schla­gung von Unter­neh­men, Pri­va­te Equi­ty, Hedge­fonds oder Public Pri­va­te Part­ner­ship, den Leit­be­grif­fen der Ära des Finanzmarktkapitalismus.

Bei die­ser „Aus­son­de­rung“ kann es auch schon ein­mal zu „Kol­la­te­ral­schä­den“ kom­men, die eigent­lich Grün­de genug bie­ten soll­ten, den Aus­ver­kauf deut­scher Unter­neh­men und das Dog­ma „offe­ner Märk­te“ ein­mal grund­sätz­lich zu über­den­ken. Ein schla­gen­des Bei­spiel hier­für ist der Fall des Schwarz­wäl­der Elek­tro­nik-Unter­neh­mens Saba. 1980 wur­den Saba zunächst von dem fran­zö­si­schen Thom­son-Kon­zern über­nom­men, womit der Abstieg begann. Dann stieg die chi­ne­si­sche TCL-Grup­pe ein; nach­dem die Chi­ne­sen das Know-how abge­zo­gen und das Unter­neh­men finan­zi­ell aus­ge­wei­det hat­ten, trie­ben sie es in die Insol­venz. In sei­ner bes­ten Zeit beschäf­tig­te Saba mehr als 6.000 Mit­ar­bei­ter; am Ende waren es gera­de ein­mal 125.

Domi­nie­ren­des Prin­zip die­ser Welt ist das in den USA ent­wi­ckel­te betriebs­wirt­schaft­li­che Kon­zept des Share­hol­der value (dt. Aktio­närs­wert). Der Share­hol­der-value-Ansatz geht auf den US-ame­ri­ka­ni­schen Manage­ment-Pro­fes­sor Alfred Rap­pa­port zurück, der in den 1980er Jah­ren mit der Ver­öf­fent­li­chung des Buches Crea­ting Share­hol­der Value die Grund­la­gen lie­fer­te. Der Durch­bruch des Share­hol­der-value-Kon­zep­tes – so etwas wie die Anti­the­se der bis dahin prak­ti­zier­ten deut­schen Unter­neh­mens­kul­tur – rück­te die kapi­tal­markt- bzw. aktio­närs­ge­steu­er­te Unter­neh­mens­füh­rung mit maxi­ma­ler Gewinn­ori­en­tie­rung, kurz­fris­ti­ger Rech­nungs­le­gung und mög­lichst rascher Gewinn­aus­schüt­tung in den Mittelpunkt.

Nicht die Ver­mö­gens­wer­te in der Bilanz sind seit­dem die Para­me­ter, die den Wert eines Unter­neh­mens bestim­men, son­dern die Sum­me der künf­ti­gen Über­schüs­se an Bar­mit­teln, genannt „Cash­flow“. Das alles über­la­gern­de Ziel ist des­halb die Stei­ge­rung der Divi­den­den und des Akti­en­kur­ses. Nicht mehr die lang­fris­ti­ge Ent­wick­lung eines Unter­neh­mens steht im Fokus, son­dern der kurz­fris­ti­ge Erfolg, der durch die Akti­en­op­tio­nen, die Füh­rungs­kräf­te haben, wei­ter for­ciert wird.

Je höher der Akti­en­kurs des eige­nen Unter­neh­mens, des­to höher der eige­ne Pro­fit. Die Kehr­sei­te: Wenn sich Ren­di­te­er­war­tun­gen nicht erfül­len, kann sich der Kapi­tal­zu­fluß schlag­ar­tig ver­rin­gern, wenn nicht gar ver­eb­ben, und der Bör­sen­kurs sinkt. Hier liegt auch der Grund, war­um selbst erfolg­rei­che Unter­neh­men, wenn sich Ren­di­te­er­war­tun­gen nicht rea­li­sie­ren las­sen, Per­so­nal „abbau­en“ müssen.

Je wei­ter die Antei­le deut­scher Anle­ger an bör­sen­no­tier­ten deut­schen Unter­neh­men sin­ken, des­to grö­ßer wird das Gewicht von US-Glo­bal-play­ers wie zum Bei­spiel Black­Rock – der über fünf Bil­lio­nen Dol­lar an Ver­mö­gen ver­wal­ten soll – oder von Insti­tu­tio­nal Share­hol­der Ser­vices (ISS), einem soge­nann­ten Aktio­närs­be­ra­ter. Es gibt kein deut­sches Akti­en­un­ter­neh­men, an dem, so die FAZ, Black­Rock nicht „im nen­nens­wer­ten Umfang“ betei­ligt sei.

Regie­run­gen sol­len immer dann, wenn sie in Schwie­rig­kei­ten gera­ten, die Num­mer von Black­Rock-Chef Lau­rence („Lar­ry“) D. Fink wäh­len. Black­Rock, das gern im Hin­ter­grund bleibt, gehört im übri­gen zu den Kun­den von ISS, von des­sen Deutsch­land-Chef die Wirt­schafts­wo­che berich­te­te, daß er „Vor­stands­kar­rie­ren brem­sen kann, Auf­sichts­rä­te aus dem Amt kegeln“ und „Kapi­tal­erhö­hun­gen blo­ckie­ren“ könne.

Da vie­le Anle­ger nicht die Zeit haben, auf die Haupt­ver­samm­lun­gen der Unter­neh­men zu gehen, in die sie inves­tiert haben, wer­den „Aktio­närs­be­ra­ter“ beauf­tragt. Die­se instru­ie­ren die (Groß-)Investoren und geben ihnen „Emp­feh­lun­gen“ für wich­ti­ge Abstim­mun­gen. ISS hat eine markt­be­herr­schen­de Posi­ti­on; ent­spre­chend hoch muß der Ein­fluß die­ser Bera­ter ver­an­schlagt wer­den. Aus­län­der mischen sich damit immer mehr in den Kurs „deut­scher“ Kon­zer­ne ein. Dazu bedarf es noch nicht ein­mal eines Auf­tre­tens auf Haupt­ver­samm­lun­gen, wie der Deutsch­land-Chef von Black­Rock gegen­über der FAZ deut­lich mach­te: „Wir neh­men Ver­ant­wor­tung für unse­re Kun­den wahr, indem wir direkt mit dem Manage­ment sprechen.“

Par­al­lel zum Auf­stieg des Mark­tes zur „Schick­sals­macht“ ver­läuft der Nie­der­gang der sozia­len Markt­wirt­schaft, der durch den Pro­zeß der „Euro­päi­sie­rung“ und die Mas­sen­mi­gra­ti­on noch wei­ter an Fahrt gewinnt. Durch den Ver­lust der Wäh­rungs­ho­heit ist die auto­no­me Geld­po­li­tik als wich­ti­ges Instru­ment der Wirt­schafts­steue­rung mit weit­rei­chen­den Fol­gen ver­lo­ren­ge­gan­gen. Mehr und mehr Poli­tik­fel­der und Vor­schrif­ten­be­rei­che wer­den aus der natio­nal­staat­li­chen Hoheit aus­ge­glie­dert, sei es das Kre­dit­we­sen, der Ver­kehr, der Ener­gie­sek­tor, das Fern­mel­de­we­sen oder die Wert­pa­pier- und Kapitalmärkte.

Damit wird der staat­li­chen Sou­ve­rä­ni­tät, die die Vor­aus­set­zung für das bis­he­ri­ge natio­nal­staat­li­che Modell der sozia­len Markt­wirt­schaft bil­de­te, der real­wirt­schaft­li­che und der poli­ti­sche Boden ent­zo­gen. Das gilt ins­be­son­de­re für die deut­sche Alter­na­ti­ve zum angel­säch­si­schen Kapi­ta­lis­mus, der der fran­zö­si­sche Wirt­schafts­wis­sen­schaft­ler Michel Albert in sei­nem 1991 erschie­ne­nen Buch Kapi­ta­lis­mus con­tra Kapi­ta­lis­mus den Namen „Rhei­ni­scher Kapi­ta­lis­mus“ gab.

Die Liqui­die­rung der „Deutsch­land AG“ ist poli­tisch gewollt gewe­sen und wur­de auch und gera­de durch deut­sche Poli­ti­ker nach Kräf­ten beför­dert. Beschleu­ni­gend wirk­ten zum Bei­spiel die Treu­hand­an­stalt und die rot-grü­ne Regie­rung der Ära Ger­hard Schrö­der. Für den Ein­bruch von US-Invest­ment­ban­ken wie Gold­man Sachs oder Wirt­schafts­prü­fern wie Pri­ce­wa­ter­hous­e­Coo­pers in die „Deutsch­land AG“ sorg­te aber zunächst die Treuhandanstalt.

„Vor allem US-Ban­ken wie Gold­man Sachs“, so der Jour­na­list Wer­ner Rüge­mer in sei­nem Buch „Pri­va­ti­sie­rung in Deutsch­land“ (Müns­ter 2008), „arran­gier­ten die gro­ßen Pri­va­ti­sie­run­gen, z. B. des Leu­na-Kom­bi­nats. Dabei trie­ben sie […] die Pro­vi­sio­nen in sol­che Höhen, die bis­her den Top-Ban­ken in Deutsch­land unbe­kannt waren.“ 1998 erfolg­te die Öff­nung des deut­schen Han­dels­bi­lanz­rechts; angeb­lich, um die finan­zi­el­le Lage der Unter­neh­men „trans­pa­ren­ter“ zu machen. Von die­sem Zeit­punkt an war eine mode­ra­te Divi­den­den­po­li­tik nicht mehr mög­lich. Die Inter­na­tio­na­li­sie­rung der Bilan­zie­rungs­re­geln wies den Weg in den Aktio­närs­ka­pi­ta­lis­mus, in dem Invest­ment­ge­sell­schaf­ten den Ton ange­ben bzw. als neue Eigen­tü­mer auftreten.

Im glei­chen Maße wur­de die „Deutsch­land AG“, die nun als nicht mehr „zeit­ge­mäß“ „kom­mu­ni­ziert“ wur­de, als „Welt der Strip­pen­zie­her“ denun­ziert, die ihre Spiel­chen angeb­lich auf „Kos­ten der Effi­zi­enz“ spiel­ten – so pars pro toto Dani­el Schä­fer in sei­ner „Heuschrecken“-Apologie Die Wahr­heit über die Heu­schre­cken (Frankfurt/Main 2007). Die angel­säch­si­schen Fonds hin­ge­gen sei­en „Agen­ten des Wan­dels“, so Schä­fer gera­de­zu eupho­risch, „die den unauf­halt­sa­men Umbau vom rhei­ni­schen Kapi­ta­lis­mus zum angel­säch­sisch gepräg­ten Modell“ beschleu­nig­ten. Es ist bezeich­nend, daß der Han­dels­blatt-Redak­teur Schä­fer für die­ses Buch den „Deut­schen Wirt­schafts­buch­preis 2007“ erhielt.

Die rot-grü­nen „Agen­ten des Wan­dels“ in der Ära Schröder/Fischer taten das Ihri­ge, um den For­de­run­gen des Finanz­markt­ka­pi­ta­lis­mus zu ent­spre­chen. Bei Lich­te betrach­tet ging es ihnen aber um nichts ande­res als um die Ent­na­tio­na­li­sie­rung der deut­schen Wirt­schaft: Rot-Grün sei „ein Bünd­nis gegen den Kon­ser­va­ti­vis­mus“ gewe­sen, kon­sta­tier­te der Öko­nom Gus­tav Horn, „poli­tisch gegen Hel­mut Kohl, öko­no­misch gegen die alte Deutsch­land AG“ (Spie­gel Online, 4. März 2009).

Dabei mach­ten sie Nägel mit Köp­fen, so bei den rot-grü­nen Steu­er­re­for­men, die mit dem Invest­ment­mo­der­ni­sie­rungs­ge­setz im Jah­re 2003 „abge­run­det“ wur­den, das die Erlö­se aus dem Ver­kauf von Unter­neh­mens­an­tei­len steu­er­frei stell­te. Deut­sche Ban­ken redu­zier­ten dar­auf­hin ihre Antei­le an deut­schen Unter­neh­men dras­tisch und inves­tier­ten in neu­en Geschäfts­fel­dern. Gleich­zei­tig erwar­ben sie ­ mit zwei­fel­haf­tem Erfolg, denkt man z.B. an den Nie­der­gang der Deut­schen Bank, welt­weit Betei­li­gun­gen und bau­ten Nie­der­las­sun­gen auf.

Die rot-grü­ne Poli­tik hat­te damit einen ent­schei­den­den Anstoß in Rich­tung Finanz­markt­ka­pi­ta­lis­mus aus­ge­löst, flan­kiert von einer Uni­on, der man­che Regu­lie­rungs­maß­nah­me immer noch nicht weit genug ging. Die Kon­se­quen­zen soll­ten nicht lan­ge auf sich war­ten las­sen. Schnell dräng­ten aus­län­di­sche Invest­ment­fonds auf den deut­schen Markt, mit dem Effekt, daß der Anteil aus­län­di­scher Aktio­nä­re immer wei­ter steigt. Das spä­te­re Her­um­ge­raun­ze des dama­li­gen SPD-Vor­sit­zen­den Franz Mün­te­fe­ring über die „Heu­schre­cken“ (2005) steht damit in einem mehr als ent­lar­ven­den Licht, war es doch gera­de auch sei­ne Par­tei, die eben­die­sen „Heu­schre­cken“ den Weg geeb­net hat.

Wem Rot-Grün mit all dem gefäl­lig war, hat wie­der­um Wer­ner Rüge­mer durch­bli­cken las­sen, der in der lin­ken Wochen­zei­tung Frei­tag vom 11. Febru­ar 2005 Schrö­der wie folgt zitier­te: „Es gibt ein gro­ßes Inter­es­se in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten an der Agen­da 2010.“ So Schrö­der im Novem­ber 2003 auf einer US-Rei­se, auf der er unter ande­rem Lau­da­tio auf San­ford Weill hielt, dem dama­li­gen Chef und Grün­der der Citigroup. Eine Freund­schaft des „Genos­sen der Bos­se“, die sich für die US-Finanz­wirt­schaft in klin­gen­de Mün­ze ver­wan­delt hat, wie Rüge­mer recher­chier­te: „Nicht nur die Agen­da 2010, son­dern auch die Steu­er­re­form 2000 (steu­er­freie Erlö­se aus Unter­neh­mens­ver­käu­fen) gehen nicht zuletzt auf die stil­le, aber erfolg­rei­che Lob­by­ar­beit der US-Finanz­bran­che zurück.“

Wohl auch des­halb beeil­te sich Schrö­der, die Stel­le eines Bun­des­be­auf­trag­ten für Aus­lands­in­ves­ti­tio­nen zu schaf­fen, die er mit Hil­mar Kop­per, damals unter ande­rem Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­der der Deut­schen Bank, besetz­te. Nach Kop­pers Aus­schei­den mutier­te die­se Stel­le zur Bun­des­agen­tur „Invest in Ger­ma­ny GmbH“ (mitt­ler­wei­le in der Wirt­schafts­för­de­rungs­ge­sell­schaft der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land auf­ge­gan­gen), die mit ihren finan­zi­el­len Mit­teln nach Rüge­mer damals drei Außen­stel­len betrieb, näm­lich in New York, Chi­ca­go und Los Angeles…

Die Regie­rung Schrö­der hat, dar­auf sei zur Abrun­dung des Bil­des hin­ge­wie­sen, auch einer neu­en Men­ta­li­tät unter deut­schen Poli­ti­kern, die stell­ver­tre­tend für den Wan­del der euro­päi­schen (Funktions-)Eliten gene­rell steht, zum Durch­bruch ver­hol­fen: Seit­her näm­lich gehört es zum „guten Ton“, daß aus dem Amt geschie­de­ne Poli­ti­ker – so wie in den USA, dem gro­ßen Takt­ge­ber – ihre im Amt geknüpf­ten Bezie­hun­gen via „Dreh­tü­ren­ef­fekt“ schnells­tens ver­gol­den, sei es in Form von Bera­ter­ver­trä­gen, sei es in Form von Geschäfts­füh­rer­pos­ten oder Aufsichtsratsmandaten.

Über den, um es vor­sich­tig zu sagen, Grad von „Gefäl­lig­kei­ten“, der sich in den ent­spre­chen­den „Netz­wer­ken“, die „die Welt regie­ren“ ent­wi­ckelt hat, kann man nur spe­ku­lie­ren. Als „Hubs“ oder gar „Super-Hubs“ (San­dra Navi­di) betrei­ben sie, bes­ser als Rüge­mer kann man es nicht for­mu­lie­ren, (in eige­ner Sache) „stil­le, aber erfolg­rei­che Lob­by­ar­beit“, die sich selbst­ver­ständ­lich bei der „Opti­mie­rung“ des eige­nen Bank­kon­tos bemerk­bar macht.

Michael Wiesberg

Michael Wiesberg ist Lektor und freier Publizist.

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Kommentare (10)

Caroline Sommerfeld

24. April 2017 13:37

Damit wird der staatlichen Souveränität, die die Voraussetzung für das bisherige nationalstaatliche Modell der sozialen Marktwirtschaft bildete, der realwirtschaftliche und der politische Boden entzogen.

Dann ist es ja kein Wunder, daß aus US-amerikanischer Perspektive alle in Frankreich zur Wahl antretenden Kandidaten als "sozialistisch" zu sehen sind. Le Pen steht für einen "nationalistic socialism", nein, nicht falsch zu verstehen, das ist ökonomisch gemeint, und zwar ganz im Sinne von Wiesbergs Ansatz.

Vielen Dank für Ihre Wirtschaftserklärtexte - als Philosophin ist mir Nationalökonomie ein Buch mit sieben Siegeln. Jedes, das aufgebrochen wird, gibt offensichtlich den Blick frei auf ein weiteres Stückerl Apokalypse ...

t.gygax

24. April 2017 15:39

Was hier auf einem ziemlich hohen intellektuellen Niveau erörtert wird, haben einfache Menschen, die sowohl der Worte wie auch des Wissens nicht so mächtig sind, intuitiv schon immer gespürt: "man hat das Gefühl, das man uns kaputtmachen will" Originalzitat einer älteren Frau ( Landwirtschaft) bei der Weinlese in einem fränkischen Dorf im Jahre 1993 ( !) mir gegenüber.

Die Zerstörung Deutschlands in allen Bereichen ( wirtschaftlich, kulturell, sozial, technologisch) wird seit 1990 planmäßig gesteuert und betrieben, und was am schlimmsten ist:  die deutschen Politiker sind nichts anderes als Handlanger des angelsächischen Finanzkapitalismus, der letztlich nur die Ausbeutung der arbeitenden Klassen zugunsten einer privilegierten Luxusschicht inszeniert.

Wer das richtig erkannte war Alfred Herrhausen, Chef der deutschen Bank, und als er diesen Plänen etwas entgegensetzen wollte, wurde er 1989 noch vor der Wende ermordet, und das System entblödete sich nicht, das der RAF zu unterschieben, die zu diesem Zeitpunkt schon  längst nicht mehr existierte. Als der Grüne Alfred Mechtersheimer nach 1990 ähnliche Überlegungen anstellte, wurde er bltzschnell kaltgestellt, und dabei war der  in den Jahren der Friedensbewegung 1981-1985 ein  umjubelter Superstar in der grünen Szene, ich habe das damals alles selbst erlebt.

Felix Treumund

24. April 2017 16:00

„Rot-Grün“ ist Vorreiter, damals beim Sozialabbau und heute bzw. nach der BTW forcierte Masseneinwanderung usw. Belustigend immer wieder die Parolen vor Wahlen, „kämpferisch“ fast so, als ob jetzt die zweite Oktoberrevolution anstehen würde. Aber machen wir uns nichts vor, andere Parteien sind nicht besser, oder glaubt jemand im Ernst, der sog wirtschaftsliberale Flügel der AFD hätte anderes im Sinn als die anderen Parteien? Vielleicht kommen dazu ein paar kosmetischen Einschränkungen in der Einwanderungspolitik, etwa mit der menschenverachtenden Parole von den „nützlichen“ Migranten.

jawohl, Apokalypse trifft es ganz gut....

Gerrit

24. April 2017 16:32

Muss man hier "Bilderberg" oder "Atlantik-Brücke" rufen? Ich habe das selbst immer für Verschwörungstheorien gehalten, aber ich kann das nicht mehr halten. Wenn man sieht, das selbst die Grünen da Abgesandte haben, wundert man sich nicht mehr gar so sehr, wenn ein klassischer Vertreter der Eliten wie Macron nach der ersten Wahlrunde selbst von Erzlinken wie Trittin als der neue Heiland gefeiert wird. Wer drei Jahre nach dem Studium Partner in einer Investmentbank und schon nach vier Jahren Präsidentenberater wird, ist doch wohl ein reichlich untauglicher Retter der Armen und Enterbten. Wenn man dann noch weiß, dass neben Politiker aller Richtungen dort auch einträchtig linke, wie rechte Journalisten mitspielen dürfen, wundert einen auch nicht, dass fast nirgendwo auf diese Fakten hingewiesen wird.

Dag Krienen

24. April 2017 17:50

Sehr schöne Zusammenfassung, zu der man nur gratulieren kann.

Der zentrale politische Unterschied zwischen "rheinischen Kapitalismus" bzw, Deutschand AG (aber z.B. auch Japan AG) und dem "shareholder"-Kapitalismus als realwirtschaftlicher Seite des globalisiertem Finanzkapitalismus besteht m.E. in der faktischen Unsteuerbarkeit des letzteren durch äußere Kräfte. Dieser ist faktisch ein geschlossenes, selbstreferentielles System, um einen Luhmannschen Begriff zu verwenden, dessen Selbstbewegungen seiner Profit- und Akkumulationsimteressen  zwar massive Auswirkungen auf seine Umwelt, d.h. die realen ökonomischen Lebenschancen der Menschen hat. Es gibt aber für diese Menschen de facto keine Möglichkeit, das System etwa zu einer auch nur marginalen Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen Lebensinteressen zu zwingen (Nur individuelle, bedingungslose Kollaboration, in der Hoffnung auf einige Krümel vom Tisch, ist möglich). Dies gilt weitesgehend auch dann, wenn Sie ihre Macht kollektiv aggregieren, d.h. also per Staat geltend zu machen versuchen. Allein ein radikaler  Systemwechsel wäre von außen u.U. her zu werkstelligen, d.h. eine mit erheblichen Risiken behaftetete Zerstörung des finanzkapitalistischen Systems.

Der "rheinische Kapitalismus" war im übrigen von sich aus auch nicht darauf programiert, allen Menschen Gutes zu tun, sondern sollte zuvörerst ebenfalls für eine begrenzte Zahl von Nutznießern vor allem Profite bzw. Kapitalrenditen generieren.  Soweit er aber auch Unternehmerkapitalismus war, in dem das Fortschreiben der Existenz des je eigenen Unternehmens in eine möglichst lange Zukunft hinein ein zentrales Ziel wirtschaftlichen Handels ist, war ihm auch die langfristig angelegte Pflege der Kundschaft und ihrer Wohlfahrt kein völlig fremdes Anliegen. So war es dem Staat und auch den Gewerkschaften noch möglich, in dieses nicht völlig abgeschottete System noch andere Impulse als die bloße Kapitalrenditenvermehrung einzuspeisen.  Der Aufbau sozialer Sicherungssysteme auf nationaler Basis war mit ihm noch machbar.

Ich möchte allerdings davor warnen, die Unterscheidung zwischen den beiden Systemen zu sehr zu nationalisieren. Seinen Ursprung hat der reine "Shareholder"-Finanzkapitalismus zwar im amerikanischen und britischen Raum, er ist aber ein mittlerweile nicht nur ein globalisiertes Phänomen, sondern eine global konstituierende und agierende Macht geworden, ein "Empire" (Hartdt / di Negri) aus eigenem Recht und kein politisches Instrument  eines einzelnen Staates, auch nicht der USA. Die politische Unterstützung für Trump in den USA zeigt ja auch, daß sich auch eine sehr große Zahl  von Amerikanern nicht mehr als Nutznießer, sondern als Opfer dieses System versteht.

Insofern ist der Verweis darauf, daß mittlerweile die Mehrheit der Anteile der deutschen DAX-Konzerne nicht mehr in deutscher Hand sind, zwar ein Indikator für das Ende des "Rheinischen Kapitalismus", mehr aber auch nicht. Denn selbst ein mehrheitlich deutsche Aktienbeteiligung garantiert in diesem Sytem nicht im mindesten irgendeine Berücksichtigung spezifisch deutscher Interessen. Die "deutsche Wirtschaft" als diese ist kaum mehr als die Ansammlung all jener Unternehmen, die ihren Firmensitz aus irgendwelchen, für das System völlig uninteressanten Gründen, ihren Sitz noch in Deutschland haben (die vielen im Familienbesitz befindlichen mittelständischen Unternehmen mildern das Urteil nur ein wenig ab). Daß es der "deutschen Wirtschaft" im Moment recht gut geht, bedeutet schon lange nicht mehr automatisch, daß es auch den Deutschen in der breiten Masse gut geht. Ein Teil mag davon profitieren, daß sie am "Standort Deutschland" bei der Produktion und Disposition, noch, ihr Auskommen findet. Sie kann allerdings immer weniger sein, daß sie ihren Job oder zumindest ihren Status auch in Zukunft wird behalten können. Der Rest muß sich nach einer wirtschaftlichen Nische zzum Durchkommen umsehen, und das immer wieder von neuem, oder wird von der Verwaltungseihgeit Bundesrepublik alimentiert, und zwar durch Umverteilung der Einkommens der noch begünstigten "happy few".

Zum Abschluß noch, zur Illustration des hier Gesagten, ein kleiner Filmtipp: John Carpenters "Sie leben" ("They live") von 1988, Darin werden einem arbeitslosen Bauarbeiter, der immer noch an den "american way" glaubt, d.h. an die Möglichkeit, durch ehrliche und harte Arbeit wieder nach oben zu kommen, im wahrsten Sinne die Augen geöffnet. Nach dem Fund einer seltsamen Sonnenbrille muß er erkennen, daß mittlerweile Außerirdische auf der Erde leben, die den Menschen durch eine spezielle Strahlung ihre Existenz verbergen  und mit heimlichen Botschaften indoktrinieren (zugegeben, das mit den Strahlen ist recht konstruiert). Wie er später erfährt, reisen diese Außerirdischen von Planet zu Planet, um diese zu eigenen Gunsten (im Falle der Erde zusammen mit einigen menschlichen Kollaborateuren) wirtschaftlich wie Zitonen bis zum Letzten auszupressen. Wie üblich in amerikanischen Filmen, gelingt es dem tapferen Bauarbeiter zusammen mit einigen Freunden, die Strahlenquelle gewaltsam auszuschalten und damit die Außerirdischen zu enttarnen.  Der Film endet hier und läßt offen, was nach der allgemeinen Desillusionierung passiert.

Valjean72

24. April 2017 18:53

Vielen Dank für diesen aufschlussreichen Artikel, der für mich einmal mehr zeigt, dass es für eine wahre patriotische Oppostionsbewegung nicht allein mit Anti-Islam-Sprüchen getan ist. Im Gegenteil dieser Ausverkauf, teilweise über Generationen gewachsener Werte stellt für mich schon eine Art von Verrat dar, der noch stärker thematisert werden müsste. Verantwortlich hierfür zu zeichnen sind alle Parteien, die im Bund Regierungsverantwortung ausgeübt haben.

Michael Wiesberg

24. April 2017 19:05

@ t.gygax

Auch wenn das Buch „Das RAF-Phantom“ aus dem Jahre 1992, auf das Sie hier anspielen, viele interessante Aspekte im Hinblick auf das internationale Umfeld herausarbeitet, in dem sich Alfred Herrhausen, der letzte Deutsche Bank-Vorstandsvorsitzende von Format, bewegte, scheint mir die neueste Theorie über den Mord an seiner Person durchaus plausibel:

https://www.spiegel.de/politik/deutschland/herrhausen-mord-neue-theorie-ueber-die-herkunft-der-bombe-a-1005698.html

Gemäß dieser Theorie weist die besondere, bis dahin unbekannte Machart der Bombe in den Libanon, starb doch acht Tage vor dem Mord an Herrhausen der damalige libanesische Präsident René Moawad auf ähnliche Weise. Daß sich die RAF sehr wohl dieser Bombe bedient haben könnte, dafür sprechen u. a. ihre guten Kontakte in den Nahen Osten.

Daß Ex-CIA-Mitarbeiter Robert Baer, der in seiner aktiven Zeit im Nahen Osten und im Libanon tätig war, diese Theorie für plausibel hält, dürfte manchem aber wiederum als Indiz dafür gelten, daß die zentrale Behauptung des „RAF-Phantoms“, nämlich daß die Täter in westlichen Geheimdienstkreisen zu suchen sind, eben doch stimmig sein könnte und Baer als ehemaliger CIA-Mann die wahren Motive zu vernebeln könnte.

@ Dag Krienen

Herzlichen Dank für Ihre interessanten Abrundungen des Gesamtbildes!

Gustav

25. April 2017 00:31

Ein sehr altes Konzept tritt uns hier entgegen:

"Gesagt hatte ich, die politische Ökonomie habe in ihren wichtigsten Teilen,

nämlich in Beziehung auf den internationalen Handel und die Handelspolitik, durch Adam Smith unermeßliche Rückschritte gemacht; durch ihn sei ein Geist der Sophistik — der Scholastik — der Unklarheit — der Verstellung und Heuchelei in diese Wissenschaft gekommen — sei die Theorie ein Tummelplatz zweifelhafter Talente und eine Vogelscheuche für die meisten Männer von Geist, Erfahrung, gesundem Menschenverstand und richtigem Urteil geworden — er habe die Sophisten mit Argumenten versorgt, um die Nationen um ihre Gegenwart und ihre Zukunft zu betrügen. In Erinnerung gebracht hatte ich aus Dugald Stewards Biographie, wie dieser große Geist nicht ruhig habe sterben können, bis alle seine Manuskripte verbrannt gewesen, womit ich habe zu verstehen geben wollen, wie dringend der Verdacht sei, daß diese Papiere Beweise gegen seine Aufrichtigkeit enthielten.

Nachgewiesen hatte ich, wie von Pitt bis Melbourne seine Theorie von den englischen Ministern benützt worden sei, um andern Nationen zum Vorteil Englands Sand in die Augen zu streuen."

Friedrich List, Das Nationale System der politischen Ökonomie, (1841)

Hartwig aus LG8

26. April 2017 21:50

Sehr guter Artikel.

In dem Zuge habe ich "mal wieder" den verlinkten Aufsatz von T.Hoof gelesen. Für mich mittlerweile eine Art Klassiker der SiN-Aufsätze.

Stil-Blüte

26. April 2017 22:46

Die Betrachtung Wirtschaft, Ökonomie, Unternehmertum, Aktiengesellschaften, Banken, Börse, Finanzen findet 'in unseren Kreisen', besser 'in unserem engeren Kreis, leider kaum Beachtung, hat doch Metaphysik, Philosophie, mehr und mehr aktuelle Politik den Vorrang.

Ihr Beitrag zeigt auf erschreckende Weise Verschleiß, Ausverkauf, Verhökern, ja Verramschen von landestypischen, über Generationen aufgebauter, gewachsener Unternehmen/Unternehmungen. 

Sobald Arbeitsplätze erhalten/geschaffen werden, werden 'feindliche Übernahmen' akzeptiert. Hauptsache im Geldbeutel von Stadt und Land, aber auch von privaten Erben klingelt es. Was wurde nicht alles schon verscheuert! Seit der 'Treuhand' sind den privaten 'Investoren' Tür und Tor geöffnet. Das muß man sich mal vorstellen, altehrwürdige Gemäuer, Wälder, Seen, Schlösser stehen da, aber gehören den 'Heuschrecken' aus Amerika, China, den Emiraten... 'Investoren' - Was ist das bloß für eine Berufsgruppe?! Und warum fallen so viele darauf rein?

Nur ein Beispiel im großen Stil aus vielen: Playboy Gunter Sachs. Während starke Unternehmerfamilien darauf achten, daß ihr Unternehmen durch geschickte Heiratspolitik gesichert und nicht vergeudet wird, haben sich o.g Typen wie Gunter Sachs von der Regenbogenpresse mit Skandalgeschichtchen von ihrer eigentlichen Aufgabe ablenken lassen. Heute heiraten Unternehmer nicht mehr ihresgleichen, oder ihre Sekretärinnen (Berthelsmann, Springer), sondern Stars.  Und da gab und gibt es nach '45 Hunderte dieser Fälle. Yet-set statt verantwortliche Unternehmsführung. Nach '89 'Abwicklung. Ein Verrat an ostdeutscher, ehemals blühender mitteldeutscher Industrie im größten Stil durch die 'Treuhand'; der Name nur Hohn: Opfer: Herrhausen.    

Ist zu vermuten, daß die FDP, die die Familienunternehmen, die mittlere Unternehmerschicht noch politisch unterstützte hat, ausgehebelt wurde?

Heute: Manager, Berater, Investoren. Zu hoffen ist, daß die AfD das Gewicht des Kleinkapitalismus, des mittleren Unternehmertums nicht geringschätzt, weil Petry Unternehmerin war.

Hat diese Ivana Trump eigentlich irgendetwas Substantielles über Unternehmerinnen gesagt?  

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