Politisch gehörte er ursprünglich zum Lager der Nationalneutralisten und geriet Anfang der sechziger Jahre an – wie er selbst sagte – parteipolitisch »ungebundene Zirkel der Rechten« um die Zeitschrift Nation Europa und einen Diskussionskreis, der sich in Nachfolge des verbotenen »Bundes nationaler Studenten« (BNS) gebildet hatte.
Aus diesem Zirkel ging dann die Initiative zur Gründung der Zeitschrift Junges Forum hervor, des wichtigsten Organs der nationalrevolutionären »Neuen Rechten«. Diese Publikationsmöglichkeit nutzte Eichberg in der unruhigen Zeit, um seine politischen Ideen zu entwickeln. Seine Mitgliedschaft in der CDU zwischen 1964 und 1968 war dagegen nur Ausgangspunkt einer Unterwanderungsstrategie, die allerdings so erfolglos war wie alle anderen Versuche Eichbergs, praktisch tätig zu werden.
Seine Führungsposition innerhalb der Neuen Rechten hatte auch nichts zu tun mit organisatorischem Talent oder Einsatzbereitschaft, sondern mit einem gewissen Charisma und einer auf der Rechten ungewohnten intellektuellen Angriffslust. Sein erklärtes Ziel war es, die Ideologiefeindschaft und Rückwärtsgewandtheit der deutschen Rechten hinter sich zu lassen. Er setzte deshalb auf Terminologie und Konzepte, die sonst bevorzugt von der Linken verwendet wurden, zitierte in der Auseinandersetzung Lenin oder Mao und übernahm bestimmte Argumente der APO – »Demokratisierung«, Kritik des »Establishments« – nicht aus taktischen Gründen, sondern weil sie ihm zeitgemäß erschienen.
Was Eichberg in den unruhigen Jahren 1967/68 anstrebte, war eine »Alternativpartei«, weder bürgerlich noch marxistisch, die die Dynamik der jugendlichen Revolte in sich aufnehmen und sinnvoll umlenken sollte. Er selbst wollte nicht Kopf, sondern Theoretiker einer solchen Bewegung sein.
Deutlicher als in den Veröffentlichungen, die damals unter seinem Namen erschienen, wird dieses Ziel an jenen Texten, die Eichberg als »Hartwig Singer« schrieb. Seit dem Frühjahr 1967 hatte er unter entsprechendem Pseudonym eine Reihe von Aufsätzen veröffentlicht, die die Möglichkeiten eines »progressiven Nationalismus« ausloteten. Eichberg interessierte sich zwar auch für verschiedene neokonservative Bewegungen, aber sein Hauptaugenmerk galt den »europäischen Nationalisten« und dem Versuch, eine geschlossene rechte Ideologie zu schaffen. Die sollte auf einer »neuen Rationalität« beruhen, die sich später an der Erkenntnistheorie des »Wiener Kreises« orientierte, und Ergebnisse der Sozial- wie Naturwissenschaften nutzen, um mit dem unbrauchbar gewordenen Traditionsbestand – unter Einschluß des Christentums – aufzuräumen.
Eichberg betonte immer das »Futuristische« seines Entwurfs, den er als Ergebnis der Entwicklung eines spezifischen »okzidentalen Syndroms« betrachtete. »Nationalismus« war insofern weder Nostalgie noch »Blut und Boden«, sondern eine revolutionäre Kraft, die erst in der Industriegesellschaft vollständig zur Durchsetzung kam und »nationale Identität« zum Bezugspunkt einer neuen Ordnung machte.
Vieles von dem, was er vortrug, war inspiriert durch das französische Vorbild einer neuen rechten Intelligenz, da der »betonte Irrationalismus des deutschen Nationalismus« seiner Meinung nach hinderte, eine adäquate Weltanschauung zu begründen.
Der Einfluß von Eichbergs Ideen – insbesondere des »Ethnopluralismus« – auf eine ganze Generation der jungen rechten Intelligenz war erheblich, wenngleich seine Sprunghaftigkeit und fehlende Bereitschaft zur Ausarbeitung seiner Weltanschauung letztlich immer mit der Enttäuschung seiner Anhänger endete.
Die Möglichkeiten, Mensch zu sein, sind vielfältig. Die Vielfalt in ihrer Differenzierung zwischen den Völkern schwerwiegender als bei oberflächlicher Betrachtung oft angenommen. Das ist die Grundeinsicht des Ethnopluralismus.
Eichbergs Versuche, die französischen Ansätze auf Deutschland zu übertragen, scheiterten in den siebziger Jahren genauso wie seine Bemühungen, eine akademische Laufbahn einzuschlagen. Daraus zog er zwei Konsequenzen: die Umdeutung des nationalrevolutionären zu einem linken Ansatz und die Übersiedlung nach Dänemark, wo er als Sportsoziologe an verschiedenen Universitäten arbeitete. Obwohl das von der Antifa immer wieder in Abrede gestellt wird, hat sich Eichberg mit seiner »volklichen«, an den skandinavischen Basisnationalismus anknüpfenden Weltanschauung wie seiner theoretischen Konzeption, insbesondere dem Materialismus seiner »Körper«-Auffassung, eindeutig auf die Seite der Linken geschlagen.
Schriften: [Hartwig Singer]: »Nationalismus ist Fortschritt«, in: Junges Forum 3 (1967), Heft 1; [Hartwig Singer]: »Mai ’68. Die französischen Nationalisten und die Revolte gegen die Konsumgesellschaft«, in: Junges Forum 5 (1969), Heft 1; Der Weg des Sports in die industrielle Zivilisation, Baden-Baden 1973; Militär und Technik, Düsseldorf 1976; Nationale Identität. Entfremdung und nationale Frage in der Industriegesellschaft, München 1978; Minderheit und Mehrheit, Braunschweig 1978; Abkoppelung. Nachdenken über die neue deutsche Frage, Koblenz 1987; »Volk, folk und Feind. Grenzüberschreitungen – und eine umstrittene politische Biographie«, in: wir selbst (1998), Heft 1.
Literatur: Frank Teichmann: Henning Eichberg – Nationalrevolutionäre Perspektiven in der Sportwissenschaft. Wie politisch ist die Sportwissenschaft?, Frankfurt a. M. 1991.
Detlef Neustadt
Aus der DDR nach Hamburg gekommen? Na, bei Merkel war es umgekehrt!