Der Beutewert der Deutschen (I)

„Macronismus“ bedeute, so der ehemalige französische Präsidentenberater Emmanuel Todd in einem Interview mit der "Welt", „die freiwillige Knechtschaft zu akzeptieren, zu resignieren“.

Michael Wiesberg

Michael Wiesberg ist Lektor und freier Publizist.

Er bedeu­te, sich den Ban­ken, Deutsch­land und der EU zu unter­wer­fen. „Wir haben“, so Todd, „nur die Wahl zwi­schen Knecht­schaft [= Macron] und Ras­sis­mus [= Le Pen]. Aber man kann sich nicht frei­wil­lig für die Knecht­schaft ent­schei­den.“ Emma­nu­el Macron, da zeigt sich Todd sicher, wür­de als Prä­si­dent dafür sor­gen, daß Frank­reich „durch die eige­ne Eli­te zer­stört“ werde.

So oft Todd mit sei­nen Ein­wür­fen für inter­es­san­te Wen­dun­gen im „öffent­li­chen Dis­kurs“ sorgt, so sehr liegt er dies­mal (bewußt?) dane­ben. Um zu ver­ste­hen, was hier im Rau­me steht, sei eine klei­ne Rück­blen­de in den August 2014 erlaubt; zu die­sem Zeit­punkt war Macron, der mit eini­ger Sicher­heit der nächs­te fran­zö­si­sche Prä­si­dent sein wird, noch Wirt­schafts­mi­nis­ter unter Prä­si­dent Fran­çois Hol­lan­de. Damals for­der­te er in einem Inter­view mit der Süd­deut­schen Zei­tung eine „Neu­grün­dung Euro­pas“.

„Der Sta­tus Quo“ füh­re „in die Selbst­zer­stö­rung“, beton­te Macron, „die Flieh­kräf­te sind zu groß, poli­tisch wie öko­no­misch“. Macron mach­te sich des­halb unter ande­rem für einen neu­en „Euro-Kom­mis­sar“ stark, der die Wirtschafts‑, Finanz- und Sozi­al­po­li­tik der Euro-Län­der koor­di­nie­ren soll. „Die Euro-Regie­rung wür­de geführt von einem Kom­mis­sar mit weit­rei­chen­den Befug­nis­sen“, erläu­ter­te Macron.

Der neue Pos­ten „wäre nicht nur ein Euro-Finanz­mi­nis­ter, son­dern jemand, der auch Inves­ti­ti­ons­mit­tel ver­gibt oder in der Arbeits­markt­po­li­tik mit­re­det“. Macron räum­te ein, daß sein Vor­stoß, der auf eine Trans­fer­uni­on hin­aus­läuft, „von Deutsch­land Tabu­brü­che“ verlange.

Apo­dik­tisch erklär­te Macron: „Eine Wäh­rungs­uni­on ohne Finanz­aus­gleich – das gibt es nicht! Die Star­ken müs­sen hel­fen.“ Die „Star­ken“, das ist vor allem Deutsch­land, dem dann die fet­te Rech­nung prä­sen­tiert wird.

Macron reg­te an, die von ihm ins Auge gefaß­te Reform bis spä­tes­tens 2019 in einem neu­en EU-Ver­trag zu ver­an­kern. Nach ent­spre­chen­den Vor­be­rei­tun­gen könn­ten die Ver­än­de­run­gen ab Herbst 2017 nach der Prä­si­dent­schafts­wahl in Frank­reich und der Bun­des­tags­wahl in Deutsch­land umge­setzt wer­den. Die ers­te Etap­pe dort­hin kann er am kom­men­den Sonn­tag mit ziem­li­cher Sicher­heit bereits abhaken.

Soll­te Macron sei­ne Zie­le wei­ter ver­fol­gen, läuft das auf das hin­aus, was Hol­ger Schmie­ding, heu­te Chef­volks­wirt der Beren­berg Bank in Lon­don, bereits 1997 in der FAZ als „Grün­der­krach“ der Wäh­rungs­uni­on pro­gnos­ti­ziert hat.

Schmie­ding sag­te damals eine Boom­pha­se in den „Rand­län­dern“ wegen der Eupho­rie, end­lich Mit­glied der Wäh­rungs­uni­on zu sein, vor­aus. Die­se Mit­glied­schaft bräch­te eine Sen­kung ihrer kurz­fris­ti­gen Zin­sen auf das Niveau der Kern­län­der mit sich, was eine expan­si­ve Haus­halts­po­li­tik zur Fol­ge haben wer­de, die ins­be­son­de­re den Inves­ti­tio­nen zugu­te käme.

Wenn dann aber die Leis­tungs­bi­lan­zen mit hohen Defi­zi­ten abschlös­sen, dann könn­ten die­se Län­der in eine tie­fe Rezes­si­on abrut­schen; der Euro­päi­schen Wäh­rungs­uni­on dro­he dann eine Art „Grün­der­krach“. Schmie­ding wei­ter: „Die unaus­weich­li­chen For­de­run­gen der Rand­län­der […] nach zusätz­li­chen Finanz­trans­fers der Kern­län­der [wird] die Wäh­rungs­uni­on auf eine har­te Belas­tungs­pro­be stellen“.

Genau die­ser Punkt, so kann heu­te kon­sta­tiert wer­den, ist nun erreicht. Zu den „Rand­län­dern“ wie z.B. Grie­chen­land oder Por­tu­gal hat sich mitt­ler­wei­le auch das „Kern­land“ Frank­reich gesellt.

Die Apo­lo­ge­ten des Euro haben die­se Ent­wick­lung mit Sicher­heit erwar­tet, aber dem einen, alles über­ra­gen­den poli­ti­schen Ziel unter­ge­ord­net. Zur Erin­ne­rung: Den als „DM-Natio­na­lis­ten“ denun­zier­ten Euro-Kri­ti­kern wur­de unter ande­rem von Bun­des­kanz­ler Hel­mut Kohl ent­ge­gen­ge­hal­ten: „Die euro­päi­sche Eini­gung ist eine Fra­ge von Krieg und Frie­den und die Ein­füh­rung des Euros ein Stück Friedensgarantie.“

Will man den eigent­li­chen Kern die­ser Ein­las­sung iden­ti­fi­zie­ren, muß man bis in das Jahr 1987 zurück­blen­den. Sein Kon­text ist der sich anbah­nen­de Pro­zeß der deut­schen Wie­der­ver­ei­ni­gung, in dem par­al­lel die ent­schei­den­den Wei­chen in Rich­tung einer Wirt­schafts- und Wäh­rungs­uni­on gestellt wurden.

Hier­bei kommt dem Jahr 1987 aus fran­zö­si­scher Sicht eine Schlüs­sel­be­deu­tung zu. Damals erfuhr Mit­ter­rand von einer bevor­ste­hen­den Initia­ti­ve des Gene­ral­se­kre­tärs der KPdSU, Micha­el Gor­bat­schow, die, so stand es in einer an Mit­ter­rand gerich­te­ten Note vom Janu­ar 1987, eine „fas­zi­nie­ren­de Wir­kung“ auf die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land haben könn­te, berück­sich­ti­ge man den „Natio­nal­neu­tra­lis­mus“ unter den Deut­schen und das „Pro­blem der Wiedervereinigung“.

Kom­me es nicht zu einem Fort­schritt in der „euro­päi­schen Kon­struk­ti­on“, so Mit­ter­rands Schluß­fol­ge­rung, dro­he „ein „deut­sches Spiel zwi­schen dem Osten und dem Wes­ten“. Aus der Sicht Mit­ter­rands war es wahr­schein­lich, daß die Avan­cen Gor­bat­schows ein höhe­res Maß an poli­ti­schem „Eigen­sinn“ auf deut­scher Sei­te nach sich zie­hen könnte.

Mög­li­cher­wei­se wür­den sie sich gegen­über den „Erwar­tun­gen“, die von sei­ten Frank­reichs oder der Euro­päi­schen Gemein­schaft an sie her­an­ge­tra­gen wür­den, „wider­stre­ben­der“ zei­gen. So drück­te es der Poli­to­lo­ge Tilo Scha­bert in sei­nem zuge­ge­be­ner­ma­ßen oft „sper­rig“ zu lesen­den Buch Wie Welt­ge­schich­te gemacht wird. Frank­reich und die deut­sche Ein­heit (Stutt­gart 2002) aus. Es lohnt sich aber, die­ses Werk trotz sei­ner „Sper­rig­keit“ auf­merk­sam zu lesen, weil es vie­les über die Zie­le der fran­zö­si­schen Deutsch­land­po­li­tik verrät.

Mit­ter­rand rieb sich Scha­bert zufol­ge ins­be­son­de­re an der deut­schen Wirtschaftsmacht:

Doch in Mit­ter­rands Wahr­neh­mung von Deutsch­lands Ver­hal­ten […] formt sich in die­sem Jahr, 1987, eine Vor­stel­lung aus, die ihn zu weit mehr als einem Mah­nen trieb. ‚Deutsch­land‘ (die Bun­des­re­pu­blik), so setz­te es sich als Über­zeu­gung in sei­nem [Mit­ter­rands] Bewußt­sein fest, hol­te sich aus sei­ner öko­no­mi­schen Macht die poli­ti­sche Macht, die es sonst nir­gend­wo besaß, hier aber für sich ent­deck­te: Mit­tels sei­ner öko­no­misch beherr­schen­den Stel­lung beherrsch­te es sei­ne euro­päi­schen Part­ner politisch.

Die Wirt­schafts­macht ver­schaff­te Deutsch­land in der Gemein­schaft mit ihren euro­päi­schen Part­nern eine über­ra­gen­de Stel­lung, die zu die­ser Gemein­schaft aus der Sicht Mit­ter­rands immer weni­ger paßte.

„Da war ein deut­sches, die Fort­füh­rung des euro­päi­schen Baus behin­dern­des, wenn nicht ver­hin­dern­des Pro­blem“, kom­men­tiert Scha­bert, „und die Deut­schen, wie es dem fran­zö­si­schen Prä­si­den­ten schien, zogen zu dem Weg, auf dem die Lösung lag, nicht mit.“ In die­ser Situa­ti­on kam es am 25. August 1987 zu einem rich­tungs­wei­sen­den Gespräch mit dem spa­ni­schen Minis­ter­prä­si­den­ten Fili­pe Gon­zá­les in Mit­ter­rands Feri­en­haus in Lat­che in der Gas­co­gne, in dem Mit­ter­rand laut Scha­bert fol­gen­des sagte:

Wir müs­sen auf eine gemein­sa­me Wäh­rung zuge­hen. […] Ich bin zu der Über­zeu­gung gelangt, daß sie [die Deut­schen], weil sie kei­ne diplo­ma­ti­sche und mili­tä­ri­sche Macht vom glei­chen Rang wie ihre Wirt­schaft haben, ihre Herr­schafts­aus­übung auf die Wirt­schaft ver­la­gern, mit dem dafür natür­lichs­ten Mit­tel der Über­tra­gung, dem Geld. Die Mark ist das, was die Macht von Deutsch­land offenbart.

Am 17. August 1988 wur­de Mit­ter­rand gegen­über den Mit­glie­dern des fran­zö­si­schen Minis­ter­ra­tes noch deutlicher:

Was besorg­nis­er­re­gend ist, das ist die Wirt­schafts­po­li­tik der Bun­des­re­pu­blik. Die Hal­tung von West­deutsch­land auf die­sem Gebiet ist im Wider­spruch mit den ande­ren Zügen sei­nes Ver­hal­tens gegen­über Euro­pa. Man muß sehr wohl begrei­fen, daß Deutsch­land ein gro­ßes Volk ist, das bestimm­ten Eigen­schaf­ten der Sou­ve­rä­ni­tät beraubt ist. […] Sein Platz in der Diplo­ma­tie bleibt beschränkt. Es wiegt die­se Schwä­che mit sei­ner Wirt­schafts­macht auf. Die Deutsch­mark ist in gewis­ser Wei­se sei­ne Nuklearmacht.

Laut Scha­bert gibt es von den Wor­ten, die Mit­ter­rand damals an sei­nen Minis­ter­rat rich­te­te, noch eine zwei­te Ver­si­on, die deut­lich poin­tier­ter for­mu­liert ist:

[Deutsch­land] ist der Eigen­schaf­ten der Sou­ve­rä­ni­tät beraubt. Ihm liegt an sei­ner Macht. Doch sei­ne Macht, das ist die Wirt­schaft, die Deut­sche Mark, das ist sei­ne Atom­macht. Ich glau­be nicht, daß wir die Deut­schen dahin­ge­hend über­zeu­gen wer­den, daß sie ihre [Wirtschafts-]Politik ändern. Ich hof­fe es trotzdem.

Hier fin­det sich im übri­gen ein schla­gen­der Beleg für die Ein­las­sun­gen des Bun­des­fi­nanz­mi­nis­ters Schäub­le von Mit­te Novem­ber 2011, als er in Frankfurt/Main rund 300 Ver­tre­tern der inter­na­tio­na­len Finanz­welt gegen­über erklär­te, Deutsch­land sei seit dem 8. Mai 1945 „zu kei­nem Zeit­punkt mehr voll sou­ve­rän gewe­sen“. Sou­ve­rän wäre Deutsch­land erst dann, wenn es in einem „ver­ein­ten Euro­pa“ auf­ge­gan­gen sei.

Michael Wiesberg

Michael Wiesberg ist Lektor und freier Publizist.

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Kommentare (16)

Nettosteuerzahler

5. Mai 2017 13:41

Mitterand hat das damals gut erkannt. Daß die neue Währung aber für Frankreich noch schlechter werden würde, hatte er sich wohl nicht gedacht.

Der Euro ist jedenfalls ein ideologisches Projekt, welches keinen ökonischen Nutzen stiftet, weder für uns Deutsche, noch, mittlerweile, für unsere europäischen Nachbarn. Ihen abzuschaffen muß ein vorrangiges Ziel bleiben.

Valjean72

5. Mai 2017 13:56

Der Euro, bzw. seit ein paar Jahren durch die sogenannte Euro-Rettungspolitik verschärft, bringt aber gleichwohl für bestimmte Einheiten exorbitanten Nutzen. Nur sind diese Einheiten nicht mit nationalstaatlichen Schablonen einzugrenzen und Miterrand hatte seinerzweit gewiss keine "Deregulierung" (Enthemmung) des Finanzsektors im Sinn, wie sie dann unter den Regierungen Blairs, Clintons und Schröders umgesetzt wurden, brav applaudiert von den liberal-konservativen Kräften in diesen Ländern.

Johannes Konstantin Poensgen

5. Mai 2017 14:07

Was den Euro und die ganze europäische Einigung anbetrifft, steckt Deutschland in dem Teufelskreis, daß die Kosten nicht auszusteigen immer größer werden, die Kosten auszusteigen aber ebenfalls immer weiter wachsen.

Dadurch ist die deutsche Regierung von Seiten unserer sogenannten europäischen Partner erpressbar.

Caroline Sommerfeld

5. Mai 2017 14:36

 Das erklärt, warum die Schäuble-Aussage nicht im Kontext "die BRD ist immer noch von den Alliierten besetzt und hat keine gültige Staatsmacht" zu verstehen ist (mit allen Konsequenzen, die sich BRD-Kritiker daraus zu ziehen meinen), worauf ich mir in entsprechenden Diskussionen nie einen Reim machen konnte.

Aber warum hat denn Emmanuel Todd unrecht? Ist denn Macrons fanatischer Globalismus weniger "Knechtschaft", nur weil er einen gefinkelten EU-Souveränitätsplan verfolgt? 

Gustav Grambauer

5. Mai 2017 15:49

Habe mich auf dem Höhepunkt der Griechenland-"Krise" einmal mit einem BRD-Streberdemokraten gefetzt, der in der Tonlage des SS-Obersturmführers den "Witz" gebracht hatte: "Kommt eine Ladung Schuhe nach Griechenland. Wurde zurückgewiesen. Waren Arbeitsschuhe.".

Die EU war gegründet worden, um "den Yankee drin, den Russen draußen und den Deutschen unten" zu halten. Kohl hatte mit seinem Zehn-Punkte-Programm aus diesem Korsett in Richtung Eurasien ausbrechen wollen, woraufhin ihm zwei Tage nach der Präsentation im Bundestag mit dem Mord an Herrhausen die Instrumente gezeigt wurden. Daraufhin wurde dem deutschen Faschismus 2.0 erlaubt, auf Basis des Euro große Teile Europas wirtschaftlich zu unterwerfen, zur Illustration: in jeder Kleinstadt zwischen Villach und Burgas am Schwarzen Meer gibt es - überspitzt gesagt - nur noch einen RENO und einen Deichmann, die sich in taktisch angepaßter Fortsetzung der Nazi-Raubzüge den Markt aufteilen und dabei jedwede Leder- und Schuhindustrie, außerdem fast alle dortigen Schuhhändler und Schuster ausrotten durften. Dto. bei Aldi / Lidl (Schwarz-Gruppe), KiK / Takko (beide in der heißen Zeit Tengelmann) oder Rossmann (Niedersachsen-Sumpf) / dm-Drogerie-Markt (die Grüne Mafia in Ba-Wü), und da reden wir noch nicht einmal von der Finanz- und Fiskalwelt, wie sie sich als der schwäbische Pietismus in der Fassade von Schäuble zeigt. Diese wirtschaftliche Flankierung des Demokratischen Zentralismus war von Brüssel ausgesehen hoch willkommen, aber sie ist nun an ihrem Ziel, so daß die dahinterstehenden Kartelle jetzt als der Mohr angesehen werden, der seine Schuldigkeit getan hat.

Habe mich insofern köstlich über die naive Freude der Apologeten im BRD-Fernsehen über die Vorauslese Macrons amüsiert: die werden sich noch die Augen reiben. Macron wird Merkel bei dem Versuch helfen, das "europäische Projekt" aus den Klauen der Sylter Kamarilla zu befreien, wobei dieser Versuch wie alle Versuche, den im NWO-Sinne widerspenstigen und - nach Lenin - besonders aggressiven deutschen Imperialismus zu bezwingen, scheitern wird. Auch Schulz hat Ankündigungen einer neuen "europäischen" Gangart von sich gegeben, will heißen: Wirtschaftskrieg gegen die deutsche Oligarchie, möglichwerweise ausgedehnt bis hin zu Farbenrevolutionen, für die die Nazi-Keule nur darauf wartet, ausgepackt zu werden, nicht nur etwa in Griechenland (selbstverständlich erst ab 24. September, da Merkel bereits von Dummköpfen über Hitlerbärte auf zu vielen Plakaten fälschlich damit in Verbindung gebracht wurde). Die Deutschen können ja mal "europäische union nazi" googeln. Insbesondere die Südeuropäer brauchen dies nicht zu googeln, die wissen um den Hintergrund auch so, dieses Wissen braucht nur noch angetriggert zu werden.

- G. G.

Gerrit

5. Mai 2017 16:34

Ohne ein großer Kenner der Materie zu sein: Es drängt sich doch der Eindruck auf, dass die europäische Länder, insbesondere des Südens, durchaus Recht damit haben, dass sie von den wirtschaftsübermächtigen "Deutschen" marginalisiert werden und dass die "Deutschen" die größten Vorteile aus der EU ziehen. Das Problem für die deutsche Bevölkerung ist nur, dass die wirtschaftlich so erfolgreiche Exportnation Deutschland nur noch zu einem kleinen Teil mit der deutschen Bevölkerung deckungsgleich ist. Da die in erster Linie vom wirtschaftlichen Status Quo profitierenden Kapitalgesellschaften zu weniger als 30 Prozent in deutschen Händen sind, profitiert zu 70 Prozent jemand anderes. Die Kosten der Transferunion, die uns das Aufrechterhalten dieses Status Quo ermöglichen, trägt allerdings der deutsche Steuerzahler. DER ist weitestgehend deckungsgleich mit der deutschen Bevölkerung. In den längst vergangenen Zeiten der "Deutschland AG" mag sowas wie der Trickle-down-Effekt funktioniert haben, heute tröpfelt das Geld aber woanders hin. Um den Kreis zu schließen: Todd hat gar nicht so Unrecht, er differenziert nur nicht zwischen den Eignern des deutschen Exportweltmeisters Deutschland und den deutschen Staatsbürgern. Frankreich wird sich in die Knechtschaft der Ersteren begeben.

marodeur

5. Mai 2017 16:56

Die EU-Krise wäre ein willkommener Anlass für uns, ein positives Gegenbild zu dieser desaströsen Konstruktion zu implementieren. Ich verstehe nicht, warum wir solche Gelegenheiten immer verstreichen lassen. Warum fordern wir nicht "mehr Europa" und laden unseren Gedanken von einem Europa der Vaterländer mit modernen positiven Bildern auf? Warum besetzten wir nicht die leere Hüllphrase von der "europäischen Wertegemeinschaft" mit unseren konkreten Inhalten?  Ich verstehe ehrlich gesagt mittlerweile sehr gut, warum man der rechten Seite immer blinden Revisionismus vorwirft. Was ist denn unser "Rezept", um die erstaunlich lange Friedensperiode in Europa für die nächsten 50 Jahre zu sichern (abgesehen Kooperation mit unseren "Freunden" in Russland)?  Nicht falsch verstehen: Ich bewundere die Arbeit der IB in diesem Feld. Die Botschaft bleibt aber sehr vage und reaktiv.

Stefanie

5. Mai 2017 17:05

Ein Eurzonenbudget, wie es Macron vorschwebt, Eurobonds oder die Transfairunion bedeuten letztendlich Blankoschecks, die Deutschland seinen Europäischen Freunden ausstellt. Das hat den Vorteil, daß keiner eine konkrete Summe angeben kann und  sich daher keiner vorstellen kann wie groß der Betrag ist, der auf die Deutsche Wirtschaft an "Reperaturszahlungen für kaputte Volkswirtschaften" zukommen wird. Da war der Versailler Vertrag ehrlicher - man konnte sich wenigstens ausrechnen über wieviele Jahrzehnte man welche Raten abzustottern hat. Was ich dabei noch nicht ganz verstehe: Welchen Krieg haben wir eigentlich gerade verloren? 

AH

5. Mai 2017 17:25

Danke für den schönen Artikel. Wo kann man denn die zitierten Äußerungen Gorbatschows nachlesen? Bei Schabert?

Michael Wiesberg

5. Mai 2017 19:27

@ Caroline Sommerfeld

Liebe Caroline Sommerfeld: Bitte, was meine Einschätzung von Emmanuel Todds Urteil über Macron angeht, noch den zweiten Teil des Blogs abwarten.

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@ A H

Ja, auch die Gorbatschow-Äußerungen finden sich bei Tilo Schabert. Sein Buch "Wie Weltgeschichte gemacht wird" ist allerdings nicht mehr im Buchhandel erhältlich, kann also nur noch antiquarisch bezogen werden.

Hartwig aus LG8

5. Mai 2017 19:30

Wie oft hat man das schon in Filmen gesehen, wenn ein gefasster Betrüger, Einbrecher oder sonstiger Ganove aufgefordert wurde, die Beute zurückzugeben und dieser dann behauptete, er hätte bereits alles verprasst.

Unter den gegebenen Umständen, insbesondere dem, dass die Währung (andernorts) zerstört wird, bleibt eigentlich nur die "Prasserei". Damit sind alle möglichen Investitionen gemeint, aber auch Konsum etc.. Weg mit der Kohle, bevor sie dir genommen wird. Das Geld, was in Brüssel, Strassbourg oder Paris schon eingeplant wird, muss raus und in Sachwerte fließen - Strassen, Schienen, Brücken, Kanalisation, Schulgebäude, Leitungen, Bahnhöfe, Bewaffnung ...  Elbphilharmonien. Nicht zu vergessen Steuersenkungen, also Geld für den arbeitenden Michel.   Die "schwarze Null" ist ganz und gar unzeitgemäß!  Wo der Wahnsinn herrscht, ist die schwäbische Hausfrau fehl am Platz.

Der_Jürgen

5. Mai 2017 21:07

@Caroline Sommerfeld

Mit seiner Bemerkung, Emmanuel Todd habe unrecht, bezog sich Michael Wiesberg wahrscheinlich auf Todds Ausfälle gegen die „rassistische“ Marine Le Pen.

Todd, der von den französischen Medien zum grossen Denker hochstilisiert wird, ist entweder ein heilloser Wirrkopf, oder er betreibt Desinformation. Er sagt oft Richtiges, das er dann meist durch seine folgenden Aussagen wieder entwertet.

Laut dem „Welt“-Interview, von dem ich nur den Anfang lesen kann, weil es gebührenpflichtig ist und ich mein Geld lieber in einen Fluss werfen als der Springerpresse zahlen würde, sagte Todd, zum Glück gebe es jetzt in Frankreich eine antieuropäische (man beachte die absurde Wortwahl!) und antirassistische Linke. Damit meinte er die Anhänger des Kommunisten Jean-Luc Mélenchon, der in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen den vierten Rang belegt hatte. Dieser Mélenchon ist ein glühender Befürworter der Zerstörung des weissen Frankreichs durch Rassenmischung. Am 14. April 2012 sagte er in Marseille:

„Marseille zeigt uns, dass unsere Chance die Vermischung ist. (…) Ohne die Araber und Berber des Maghreb hat Frankreich keine Zukunft.“

 https://fr.wikiquote.org/wiki/Jean-Luc_Mélenchon

Im genau gleichen Sinn hatte sich der damalige Präsident Nicolas Sarkozy, ein „Konservativer“, am 17. Dezember 2008 geäussert:

„Das Ziel ist es, die Herausforderung der Rassenmischung anzunehmen. Das ist keine Option, es ist eine Pflicht. Es ist notwendig. Es geht nicht anders. (…) Wir müssen uns verändern, also werden wir uns verändern.“

https://www.autochtonisme.com/2016/06/l-injonction-de-se-metisser.html

Ein Kommunist und ein „Konservativer“ predigen also ein und dieselbe Völkermordideologie. Ich führe hier noch einmal ein Zitat des russischen Philosophen Gennadi Bondarew an, auf das ich hier bereits im März vergangenen Jahres hinwies:

„Der Migrations-Tsunami bedeutet den entschlossenen, brutalen, unwiderstehlichen Beginn der Globalisierung der Welt, die man dieser schon seit langem in Aussicht stellt. Sie beginnt nicht mit der Schaffung einer einheitlichen Weltregierung, nicht mit der Schaffung einer einheitlichen Weltwirtschaft oder eines einheitlichen Weltfinanzsystems (all dies ist zweitrangig), sondern mit der Rassenmischung, der Kreuzung zwischen den Rassen. Hierin sehen wir die Bekräftigung unserer These, dass das Hauptziel der Globalisten nicht nur Reichtum und Macht, sondern der Mensch ist, den sie als Art bis zur Unkenntlichkeit verändern wollen.“ (Gennadi Bondarew, „Der Migrations-Tsunami“).

Da Todd dieser Ideologie des Volkstods genau so verpflichtet ist wie sein Vorbild Mélenchon und der Rothschild-Mann Macron, sind seine Attacken auf letzteren leere Schaumschlägerei, ein Ablenkungsmanöver für die tumben Gimpel, die immer noch glauben, in diesem System gebe es zwischen „Kommunisten“, „Sozialisten“, „Liberalen“ und „Konservativen“ (ich meine natürlich die koscheren Wirtschaftskonservativen, nicht die Wertkonservativen wie Kubitschek) irgendwelche nennenswerten Unterschiede.

Ob Frankreich unter einem „linken“ oder einem „rechten“ Regime, mit dem Euro oder mit dem Franc als Leitwährung, stirbt, ist mir egal, genau wie es mir egal ist, ob Deutschland unter einer CDU-Kanzlerin oder unter einem SPD-Kanzler, mit dem Euro oder der DM als Währung, zugrunde geht.

Die Alternative lautet Nationalismus oder Globalismus, Leben oder Tod. In Frankreich steht Marine Le Pen trotz der vielen unsauberen Konzessionen, die sie dem System fortlaufend macht (und machen muss, um ihre geringen Chancen auf die Präsidentschaft zu wahren) für die erste Variante, der Rest für die zweite. Ob eine Präsidentin Le Pen ihr Programm wenigstens teilweise verwirklichen könnte, ist allerdings füglich zu bezweifeln. Die Gründe hierfür sind bekannt.

jack

5. Mai 2017 22:58

Das Mäuseland – eine nachdenkliche Geschichte zum Wochenende. VonTommy Douglas (1904 -1986) New Democratic Party of Canada

https://www.nachdenkseiten.de/?p=38171

Wir bleiben, wie es scheint, die Mäuse, gleichgültig ob wie schwarze, weiße oder gefleckte Katzen wählen.

Gustav

6. Mai 2017 00:52

Wir kennen das Spiel ja inzwischen aus allen Kanälen: Bei uns hetzt BILD gegen die "faulen Griechen" und in Griechenland hetzen die Zeitungen gegen die "Nazideutschen" und zeigen die bunte Kanzlerin Merkel mit Hakenkreuzen. Dabei gehören die Medien in Deutschland vermutlich denselben Konzernen und Kreisen wie die in den Krisenländern des Euroraumes, die Sache hat System und wird mit allen psychologischen Tricks unter das Volk gebracht.

Das frisst sich inzwischen schon weltweit durch die Köpfe, dass "die Deutschen" wieder die Völker Europas ins Elend treiben, die "Schwäbischen Hausfrauen" der Merkel ganz vorne dabei. Dabei waren die Deutschen unter dem rotzgrünen Schröder/Fischer-Regime die ersten Opfer von gnadenlosem Sozialabbau, Rentenkürzung und Lohndumping und alle gleichgeschalteten Massenmedien haben diese Politik tagtäglich als alternativlos in die Köpfe der Bürger gehämmert.

Jetzt wollen die wirklichen Verursacher und Profiteure der deutschen Exportüberschüsse durch neoliberale Agendapolitik und die Zwangsverschuldung der Handelspartner die deutschen Opfer wieder als Täter präsentieren; leider kontrollieren sie immer noch alle Massenmedien, so dass dies auch zu gelingen scheint.

Germania esse delendam ist immer noch hochaktuell.

Stein

6. Mai 2017 23:30

@ Stefanie

Ihre Frage ist leicht zu beantworten. Es ist der II. Weltkrieg.

Valjean72

7. Mai 2017 17:54

@Gustav: "Dabei gehören die Medien in Deutschland vermutlich denselben Konzernen und Kreisen wie die in den Krisenländern des Euroraumes, die Sache hat System und wird mit allen psychologischen Tricks unter das Volk gebracht... und alle gleichgeschalteten Massenmedien haben diese Politik tagtäglich als alternativlos in die Köpfe der Bürger gehämmert."

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Und  jenen, sogenannten „Bürgerlich-Konservativen“, ist einmal mehr vorzuhalten, dass sie dieses Spiel von "Teile und Herrsche" offenbar nur allzu gerne mitspielen. Schließlich sind „wir“ ja Exportweltmeister und Europas Musterschüler und wenn alle so haushalten würden wie eine schwäbische Hausfrau, also wie „wir“, dann ginge es auch allen gut. Die USA sind übrigens Importweltmeister und wenn man zwischen den USA und der BRD die Rollen nach Imperium und Vasall verteilen müsste, wie wäre dann das Ergebnis?

Ich habe mich zuletzt mit der These der deutschen Alleinschuld am Ausbruch des Ersten Weltkriegs auseinandergesetzt. Damit zu brechen ist wichtig, da bereits daran gearbeitet wird, wieder einmal Deutschland die Schuld an einer europäischen Katastrophe zu geben und dergestalt gewissermaßen eine Kontinuität eines abgründigen, Katastrophen hervorrufenden deutschen Wesens zu etablieren.

„Deutschland zerstörte sich und die europäische Ordnung zweimal im 20. Jahrhundert. Es wäre sowohl tragisch als auch ironisch, wenn ein wiedervereinigtes Deutschland mit friedlichen Mitteln und mit den besten Absichten den Ruin der europäischen Ordnung zum dritten Mal herbeiführte.“

(Joschka Fischer, Quelle: theaustralian.com.au; 30.05.2012)

Von Mélenchon gibt es gleichlautendes Zitat aus dem Jahr 2015. "Bereits zum dritten Mal in der Geschichte Europas, ist die Starrsinnigkeit einer deutschen Regierung dabei Europa zu zerstören." (Quelle: www.lci.fr; 12.07.2015)

Es ist dieser Bundesregierung anzulasten, diese verheerende sogenannte Euro-Rettungspolitik mitzutragen und vor allen Dingen ihr ein deutsches Gesicht verliehen zu haben. Die Nutznießer dieser Politik sind zuvorderst internationale Kapitalanleger und Großbanken. Der Zorn der Erniedrigten und Beleidigten Südeuropas indes wird nicht zufälligerweise gen Deutschland gerichtet.

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