Die Szenerie: Schule, Vereinsvorstand entscheidet Personalfragen, Bobomilieu, linksgrüne Millenials mit macronistischem Zug ins Globale, „progressiv, dynamisch, mit Phantasie, aber sachlich“ (Franz-Josef Degenhardt). Kein Verlaufsprotokoll eines Berufsverbots, ich ordne das Spiel nach psychologischen Strategien: das Lehrbuch.
Keine Verschwörungstheorie, die Strategien unterlaufen den laienhaften Akteuren. Sie agieren nur aus, was sie gelehrt wurden. Das Lehrbuch vermittelt ihnen ein implizites Wissen zur sozialen Anpassung, zum Normalsein, zur Statuswahrung und Statussteigerung. Sanfte Propaganda hat sie in Schule, Arbeit, Werbung und Filmen davon überzeugt, daß Linkssein den eigenen Status erhöht und Rassismus etc. nur bei Leuten vorkommt, die unter ihnen stehen.
Keine Mobbingsituation, persönliche Animositäten und Leid sind ausgeblendet, interessant sind die ablaufenden Reflexe. Es handelte sich um eine Intrige, mich loszuwerden und einen anderen in den Job zu hieven. Gesetze und Kompetenzfragen ließen sich nicht in Anschlag bringen, also wurde bewußt jemand darauf angesetzt, Flecken auf meiner weißen Kochjacke zu finden.
Und sie wurden triumphal fündig. „Rechtsextremismus“ ist der fieseste Fleck, den man gegenwärtig jemandem ans Zeug flicken kann, das Reiz-Reaktions-Schema der Konsensgesellschaft läuft dann mit Notwendigkeit ab.
Überrumpeln
Es trifft wie aus heiterem Himmel ein. Obwohl Denunziation in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist („Du hast Nazis um dich herum und willst darüber berichten?“), hält man sich als mögliches Objekt der Denunziantenbegierde gewöhnlich psychisch stabil, indem man keine Alltagsparanoia entwickelt.
Die denunziatorische Logik ist: Wer öffentlich seine Meinung kundtut, ist selber schuld, wenn er Konsequenzen zu spüren bekommt. Wer diese wann exekutiert, ist eine Überraschung, wer sie vorbereitet, ist klar: die „Anständigen“. Sie nennen es Zivilcourage.
Heute wollte ich im Büro besprechen, was nach dem Weggang meiner einen Kollegin personell in der Küche passieren soll. Also erklärte ich, wie ich mir das so alles vorstelle, begann den Satz über meine Vorstellungen mit: „Ich persönlich würde…“ Darauf M.: „Wenn wir von dir persönlich sprechen, dann muß ich dir sagen, daß wir dich mit Monatsende nimmer beschäftigen können.“ Die Begründung lautete wie folgt. Es hätten sich Eltern an den Vorstand gewandt, Anklagepunkt, dem der Vorstand unverzüglich nachkomme: Ich schriebe auf rechtsextremen Internetseiten.
Gefühle
Es geht nicht um Argumente, es geht um Gefühle. Eine Diskussion, was Kochen mit politischer Theorie zu tun haben soll, was genau an meinen Texten oder den Publikationsorten „rechtsextrem“ ist und ob das eine Entlassung rechtfertigt, bleibt aus, weil nur das „Beziehungsohr“ hört. Der Anti-rechts-Reflex funktioniert deswegen so hervorragend, weil er emotional konditioniert ist unter der falschen Überschrift einer politischen (also rational-argumentativen) Auseinandersetzung. Zwischen Gefühl und Ratio kann man also nach manipulativem Belieben wechseln.
Um diese Strategie nachzuvollziehen, sollte man sich das Kopfkino der Leute ganz und gar finster vorstellen. Man sitzt vor seinem Gesprächspartner, um ein vernünftiges Gespräch bemüht trotz absurder Vorwürfe, und der Gesprächspartner sieht gerade einen Naziporno.
M. drückte seine Gefühle aus: “Wenn ich ‘rechts’ höre, dann fühlt sich das für mich nicht gut an, es macht mich traurig, ja, betroffen!” Derselbe kam an meinem letzten Tag frech in die Küche gelatscht, mutmaßend wie früher, er bekäme jetzt auch was Feines zum Essen oder Trinken. Breitet die Arme aus, will mich umarmen, knuddelknuddelalleswiedergut. Ich habe eine Armlänge Abstand, Handfläche nach vorn, signalisiert und gesagt: “Nein, ich will dich nicht umarmen, hier genau ist meine Grenze.” Schultern erschlafften, er drehte sich hampelig um und entschwand.
Was mich bestürzt hat, ist die völlige Verkennung der Lage und die Schwankungsbreite der Emotionen. Ein erwachsener Mann hat nichts außer spontanen Gefühlen. Daß er sich traut, diese anstelle von Argumenten zu äußern, ist rein sozialisationsbedingt: Pädagogen werden durch die Lehre von den „Ich-Botschaften“ in ihrer Ausbildung gründlich geprägt. Dies trifft auf eine bereits bestehende flamboyante Unmännlichkeit. Et voilà.