Das Monster mit dem Körper, der zerstören will

Ich bin das Monster mit dem „Körper, der zerstören will“. Ich habe mich nur immer verstellt.

Caroline Sommerfeld

Caroline Sommerfeld ist promovierte Philosophin und dreifache Mutter.

Ein alter Freund von H erzähl­te beim Kaf­fee mit­tags am Wochen­markt, es sprä­che heu­te Abend Klaus The­we­leit, ob wir nicht mit­kom­men woll­ten. Einer muß ja bei den Kin­dern blei­ben, außer­dem wur­den die Män­ner einig, daß das ja wohl mein The­ma wäre: „Die Volks­ver­rä­ter. Was kommt nach Volk und Nation?“

So wur­de mir zuteil, zusam­men mit dem Freund am Abend in die inner­städ­ti­sche Depen­dance des Thea­ters „Werk X“ zu gehen. Eine Podi­ums­dis­kus­si­on zu den „Mons­tern der Gegen­wart“ ver­sam­mel­te die Run­de: Klaus The­we­leit, Robert Misik, Anselm Neft und Fahim Amir. Letz­te­re bei­de braucht man außer­halb Wiens nicht zu ken­nen, rede­ten sie doch vor allem wirr. Ein paar Kost­pro­ben später.

Misik ist ein Pro­blem. Der Mode­ra­tor stell­te ihn damit vor, daß der KURIER ihn als den „Ste­ve Ban­non der Regie­rung“ bezeich­net hät­te, was nicht mehr bedeu­tet, als daß sie offen­bar Ban­non für einen Mann von gro­ßer Bedeu­tung hal­ten, und Misik sowas auch kön­nen soll. Er hat sich bis­her als staats­treu-dis­po­si­ti­vis­ti­scher Jam­me­rer vor dem Herrn über die böse erstar­ken­de Rech­te her­vor­ge­tan. Des­we­gen wur­de er ja auch zum dem Abend ein­ge­la­den. Misiks Pro­blem ist, phy­sio­gno­my is real: er ist unun­ter­bro­chen beleidigt.

Zuerst belei­dig­te ihn The­we­leit, indem er behaup­te­te, Trump sei gar nicht so schlimm, Le Pen auch nicht, viel­mehr sei­en die ja bloß lächer­lich. Spä­ter belei­dig­te ihn Kol­le­ge Neft, war­um, war für das Publi­kum nicht nach­voll­zieh­bar, ich glau­be, es ging dar­um, wer wich­ti­ger ist. Misik dau­ert es sehr, daß man­che Leu­te ein unleug­ba­res Sen­so­ri­um für das „Eli­ten­pro­blem“ haben, aber lei­der, lei­der „ver­nünf­ti­ges Spre­chen“ als Eli­ten­sprech dif­fa­mie­ren – was wäre es doch fein, wenn alle so ver­nünf­tig sprä­chen wie er. Misiks Pro­blem läßt sich aber ein­kap­seln. Kap­sel zu.

The­we­leit, Jahr­gang 1942, ist der Autor der Män­ner­phan­ta­sien (1977), die vie­le Rech­te sei­ner­zeit und bis heu­te mit Fas­zi­na­ti­ons­schau­ern rezi­piert haben, so viel pro­to- und faschis­ti­sche Rea­li­en, Bil­der und eben Phan­ta­sien lagen sonst sel­ten so offen da, muß­te man nur über die post­mo­der­ne Psy­cho­ana­ly­se hin­weg­stei­gen und konn­te die­sen Beicht­spie­gel als Inspi­ra­ti­ons­quel­le nut­zen. Die „nazi­ver­bun­de­nen Eltern­kör­per“ end­lich ins Grab zu bewäl­ti­gen – dafür gebührt ihm unter Lin­ken noch heu­te Preis und Dank. Ein­ge­la­den war er zur Kon­fe­renz vor allem wegen sei­ner aus­schwei­fen­den Brei­vik-Tötungs­lust-Rêverie Das Lachen der Täter (2015).

Vor der Podi­ums­dis­kus­si­on gelang es Hs Freund, noch kurz Klaus The­we­leit abzu­fan­gen, ich wur­de ihm vor­ge­stellt als Hs Frau, er erkann­te mich wie­der, man plau­der­te beim Rot­wein über die alten und jun­gen Kin­der. Der arme The­we­leit, den muß es kalt erwischt haben später.

Die Dis­kus­si­on war schwer erträg­lich, das hät­te ich wis­sen kön­nen. Homo­ge­ne Lin­ke, die sich unter sich wäh­nen. Könn­te man als Femi­nis­tin bei den berüch­tig­ten locker Room talks Mäus­chen spie­len, es gin­ge einem kaum anders. Doch das lei­se Froh­lo­cken über ver­fehl­te Ein­schät­zun­gen, viel bes­se­re eige­ne Quel­len zum Pro­blem, plat­te Wit­ze über Trump als „Vollhonk“, lin­kes Anren­nen an die har­te Rea­li­tät, schlug lang­sam um in ech­tes Unbehagen.

Daß der Islam so auf­ge­bauscht wer­den kann, als Gegen­pol heu­te, liegt am Ver­sa­gen der Lin­ken. Der Isla­mis­mus ist ein west­li­ches Pro­dukt, nur weil die Kom­mu­nis­ten kei­ne Chan­ce bekom­men haben, wird er heu­te so kon­stru­iert. Es gab da so Gan­dhi-Men­schen, die Pescha­war-Com­mu­ne 1930, ist ja völ­lig ver­ges­sen, die woll­ten wirk­lich Gleich­be­rech­ti­gung der Frau und Kom­mu­nis­mus, alles, was wir im Wes­ten ja auch wol­len, das gab’s im Islam alles schon! Der ist bloß ver­ra­ten wor­den. (Fahim Amir)

Leich­tes Unbehagen.

Pirin­çci, den kennt wohl in Öster­reich nie­mand. Der wäre ja ein wun­der­ba­rer Sala­fist . Ich mein’, ein Sala­fist redet nicht so obs­zön, also eigent­lich gar nicht, eher so von Blu­men und Jung­frau­en, aber Pirin­çci, der will ja statt all der ver­schwul­ten Weich­ei­er hier am liebs­ten die isla­mi­schen Machos alle hier haben. Ras­sis­mus ist ja immer visu­el­ler Ras­sis­mus. Man sieht ja in Euro­pa kei­ne Juden mehr rum­lau­fen. Die Neue Rech­te ist ent­stan­den, weil sie statt Anti­se­mi­tis­mus end­lich ’ne neue Idee hat­ten: Isla­mo­pho­bie, Mus­li­me kann man ja sehen, und da haben die Rech­ten end­lich wie­der was zum Ver­nich­ten. (Anselm Neft)

Schwe­res Unbe­ha­gen, Herz­klop­fen, auf­stei­gen­de Wut.

Rechts­ra­di­ka­lis­mus, das muß man unter­schei­den von Popu­lis­mus, den find ich ganz unin­ter­es­sant. Rechts­ra­di­ka­lis­mus erklärt sich als Impuls aus dem Kör­per, der zer­stö­ren will. Zuerst kommt immer der Kör­per, und dann die Ideo­lo­gie. Das kann man an Brei­vik sehen, und ja auch in den 90er Jah­ren, da brauch­te es nur der poli­ti­schen Legi­ti­ma­ti­on durch Kohl, und dann brann­ten die Häu­ser. Die Rech­ten brau­chen immer nur die poli­ti­sche Erlaub­nis zum offe­nen Mord. Mit denen dis­ku­tie­ren? Bei Frau­ke Petry reicht doch: ‘Lügen­fres­se’, ein­fach nur ‘Lügen­fres­se’, that’s all, und Schluß. (Klaus Theweleit)

Uner­träg­li­che Wut, ein paar Minu­ten, um mich zu sam­meln. Dann auf­ge­stan­den, zur Türe hin­ab­ge­stie­gen, vorm Raus­ge­hen noch ans Podi­um gewandt:

Mei­ne Her­ren, ent­schul­di­gen Sie die Stö­rung. Als Iden­ti­tä­re ver­las­se ich die­sen Raum unter Pro­test. ‘Offe­nen Mord’ zu unter­stel­len und Frau­ke Petry als ‘Lügen­fres­se’, das ist nichts als wider­li­che lin­ke Het­ze, und kei­ne Dis­kus­si­on mehr. Auf Wiedersehen!

Ich bin zu die­ser Ver­an­stal­tung nicht hin­ge­gan­gen, um die Leu­te zu trol­len. Ich woll­te hören und nicht stö­ren. Es ist die­ses Frei­ge­ge­ben­wer­den, Hors-la-loi-gestellt-Wer­den, die­ses Gemeint­sein, das die rasen­de Wut der Ohn­macht erzeugt.

Ich habe kei­nen „Kör­per, der zer­stö­ren will“, ich habe einen Geist, der erhal­ten will – das liegt offen­sicht­lich völ­lig außer­halb ihrer Wahr­neh­mungs­mög­lich­kei­ten als Intel­lek­tu­el­le. Das Mons­ter schleicht sich, nicht ohne sich ein paar­mal am Weg umzuschauen.

Caroline Sommerfeld

Caroline Sommerfeld ist promovierte Philosophin und dreifache Mutter.

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Kommentare (23)

Der Gehenkte

23. Mai 2017 14:34

Was weiß denn "die Frau" schon über ihren eigenen Körper - dafür gibt es Männerphantasien (bei Theweleit 1000 Seiten dick), die ihr das alles erklären können. "Leib ist alles" hatte schon Nietzsche gewußt. "Alles am Weibe ist ein Rätsel, und alles am Weibe hat eine Lösung ..."

Was weiß denn "der Rechte" über seine heimlichen Träume? Dafür gibt es "Männerphantasien" ...

So bewundernswert der Aufstand ist, es ist doch wichtiger, ganz genau zuzuhören. Man ahnt ja sonst gar nicht, was in diesen Kreisen hinter vorgehaltener Hand diskutiert wird. Erhellend!

Starhemberg

23. Mai 2017 15:01

Danke für den erhellenden Beitrag. Auch wenn ich jetzt ziemlich wütend bin.

Raskolnikow

23. Mai 2017 15:07

Liebe Frau Sommerfeld!

Dieses Netztagebuch ist für einen schon länger nur noch selten hier (bzw. dort bei Euch) Lebenden wie ein Fenster nach Hause, durch das man, von seinen gewöhnlichen Verrichtungen aufblickend, mit krauser Stirn schaut, um sich zu vergewissern… Manchmal jedoch geraten Beiträge herinnen geradewegs zu einem Händedruck aus der Heimat.

Besonders die weiblichen Haus- und Hofgeschichten Kositzas ("Das war`s…") oder Sommerfelds (H und ich…) haben es mir angetan und übernehmen diese zauberhaft-sentimentale Rolle; den vertrauten Händedruck im Digitalformat…

Ich melde mich vor allem zu Wort, werteste Frau Sommerfeld, weil mir die ehrliche Beschreibung Ihrer Wutakzelerationen so sehr aus der Seele spricht und der hier so gern zur Schau getragenen intellektuellen Sterilität entgegen läuft, mit jedem Hans Wurst in Dialog treten zu wollen.

Und doch: Erlauben Sie mir bitte einen höflichen Widerspruch! Vielleicht sollten Sie Ihr friedvolles Urteil etwas modifizieren. Natürlich sind wir Zerstörer, wir müssen Zerstörer sein und wir müssen Zerstörer sein wollen. Die Dummköpfe haben auf unserem Blumenbeet das Betonfundament ihrer Chillout-Zone errichtet, auf dem sie rund um die Uhr das bundesdeutsche Pauschalangebot feilbieten.

Wenn wir je wieder in Ruhe und Frieden gärtnern wollen, müssen wir die Strohhüte in den Nacken schieben, die Hosenträger strammen, den Beton zertrümmern und auf die Spießbürger, denen Sie in Wien nicht mehr zuhören wollten, hetzen wir unsere abgerichteten Kätzchen. (Die in den Sonnenuntergang Fliehenden werden natürlich von unserer Kavallerie auf Schimmeln niedergeritten…) Und keine Angst, am Ende des Tages serviere ich tropische Cocktails und wir lesen mit verteilten Rollen die Schlußszene aus "Mario und der Zauberer" ...

"…und keine Diskussion mehr. Auf Wiedersehen!"

Amen!

R.

Tony

23. Mai 2017 15:16

Danke für diesen aufschlussreichen Beitrag, der sehr gut vor Augen führt, wie die Entmenschlichung der "Rechten", "neuen Rechten, "Identitären", "Rechtspopulisten" usw. um sich greift. Es ist die stumpfsinnige Vorstellung dessen, was man nach deren Imagination zu sein hat. Eine Projektion des synthetischen Feindbildes auf den Menschen, der im gleichen Atemzug aufhört Mensch zu sein. Was bleibt ist lediglich die hässliche Fratze (Glatze), der Körper der nur zerstören will. Doch wer genau zuhört, erkennt das wahrhaft Hässliche.

Dietrich Stahl

23. Mai 2017 15:35

Danke, liebe Frau Sommerfeld, für Ihren Eine-Frau-Spähtrupp. Jedes „Ich wusste es“ bleibt bei soviel Haß und verkappter Mordlust im Halse stecken. Ich schließe mich Ihnen und Raskolnikow an:

„… und keine Diskussion mehr.“

Monika L.

23. Mai 2017 15:49

Liebe Frau Sommerfeld,

vielen Dank für diesen Beitrag. Ihr Mann kann stolz auf Sie sein. Aber das nächste Mal nehmen Sie zur Verstörkung Matthias Matussek mit auf die Veranstaltung, ebenfalls ein Radikalinski vor dem Herrn: https://mobile.twitter.com/L_Bednarz/status/866731214241243136?p=v

Grüße an alle Pöbler, Radikalinskis (die, die an die Wurzel gehen) und Krawallschachteln....

Monika

Gemeinsam ist man weniger allein!

deutscheridentitärer

23. Mai 2017 15:54

"Theweleit, Jahrgang 1942, ist der Autor der Männerphantasien (1977), die viele Rechte seinerzeit und bis heute mit Faszinationsschauern rezipiert haben, so viel proto- und faschistische Realien, Bilder und eben Phantasien lagen sonst selten so offen da"

Genaus so ist es - vor Jahren hat Theweleit genau meinen Geschmack getroffen: abseitig, verstiegen und unwissenschaftlich. DIe Männerphantasien haben nicht nur großen Unterhaltungswert, sondern treffen denke ich wirklich einen zentralen Aspekt des "Faschismus".

Jonathan Litell war ja angeblich von Theweleit inspiriert, sollte dem so sein, hat er ihn aber, als Mensch und Autor, weit übertroffen.

Ansonsten, vielen Dank dafür, dass Sie sich nicht einfach verunglimpfen haben lassen, sondern den Mut hatten inmitten eines gleichdenkenden Publikums zu widersprechen.

Der_Jürgen

23. Mai 2017 16:03

Liebe Caroline Sommerfeld,

Wenn ich fragen darf: Weshalb sind Sie überhaupt zu dieser Veranstaltung hingegangen? Ich habe zehn, wenn nicht gar zwölf Minuten meiner kostbaren Arbeitszeit geopfert, um mich im Netz über die Viererbande kundig zu machen, die bei dieser "Podiumsdiskussion" auftrat. Ich nehme an, Sie haben sich auch informiert, ehe Sie hingingen.

Wenn das, was die Viererbande zum Besten gab, Sie erbost hat, frage ich sie: Mit Verlaub, was haben Sie bloss von DENEN erwartet? Wenn ich in einen Pornofilm gehe (was ich schon früher selten tat und seit fast zwei Jahrzehnten überhaupt nicht mehr tue), erwarte ich ja auch nicht, dort eine philosophische Aufklärung über das Prinzip Eros zu erhalten. Wenn ich die BILD-Zeitung lese (was ich ab und zu im Netz leider tun muss, aus Berufsgründen gewissermassen), rechne ich auch nicht damit, bei der Lektüre auf wertvolle Gedanken zu stossen; ich weiss von vorneherein, dass sich dort nur der Abschaum des Abschaums zu Wort meldet, dessen Ergüsse ich gelegentlich als Chronist festhalten muss.

Was also haben Sie sich von Theweleit und Co. erhofft? Im übrigen hat @Raskolnikow (den der Feind offenbar einfach nicht unter den Rasen kriegt; welcome back, wie es in klassischem Deutsch heisst) recht: Wir müssen durchaus Zerstörer sein. Nur durch die Zerstörung des Bösen wird der Weg zum Guten (oder sagen wir bescheiden: Besseren) frei.

Utz

23. Mai 2017 16:09

Danke für den Beitrag und Respekt für Ihren Mut.

Wir stehen fassungslos einer Menge gegenüber, die sich ein Bild von uns gezimmert hat, das hint' und vorn nicht stimmt. Aber das ist denen egal. Es taugt halt so wunderbar, um sich drin zu suhlen und zu aalen. Das wollen sie sich nicht nehmen lassen. Da wird man sich doch nicht von der Realität irritieren lassen, wenn das Phantasiebild des Gegners einem viel genehmer ist.

Man muß sie immer wieder festnageln. Zum Beispiel fragen: Wo ist denn ein einziges dieser Exemplare eines neuen rechten "Körpers, der zerstören will"? Ein einziges Beispiel eines Aufrufs zum "offenen Mord"? Und überhaupt, wo ist deren Anstand (Lügenfresse)? Der Ausschluß von Teilen der Bevölkerung (Petry und die AfD) aus der Gruppe der Menschen ist das typischste Zeichen von echter Rechtsradikalität.

Maiordomus

23. Mai 2017 19:53

@Sommerfeld. Den Bemerkungen von _derjürgen über das, was Sie erwarten durften, kann ich nur beipflichten, wiewohl Theweleit mich um die Jahrtausendwende als Männerforscher noch interessierte. Selber war ich dieses Jahr über eigene Weggefährten überrascht, wenn etwa ein führender und im Prinzip nicht unvernünftiger Priester, Kirchenhistoriker und Theologe bei einem Apéro nach einem Gottesdienst  die "Weltwoche" als den heutigen "Völkischen Beobacher" hinstellte, wiewohl dort regelmässig Linke und auch sonst zur Redakion Andersdenkende zu Wort kommen. Ich konnte dann nur mich outen, dass die besagte verrufene Zeitung gelegentlich noch Artikel von mir selbst über kirchengechichtliche Themen drucken würden, hätte gar nicht gewusst, dass ich ein Nazi sei. Da hörte ich von der Gegenseite nur, solche Artikel seien Taktik, um die Leserschaft zu täuschen und dergleichen. Es half auch nicht der Hinweis, dass der Unterschied zwischen Julius Streicher und sagen wir mal H.R. Broder doch ziemlich gigantisch sei. Auch wurde in einer Plattform, wo ich regelmässig schrieb, Trump in der Titelsetzung wörtlich als "geistesgestört" bezeichnet, es ging um eine deutsche Talkshowsendung, wo das offenbar Konsens war. Dass ich sodann der Weltwoche zu einem religionsgeschichtlichen Thema ein Interview gab, bewirkte bereits, dass ich bei zwei sog. Forum-Tageszeitungen zum gleichen Thema nicht mehr schreiben durfte, in einem Fall wurde ein bereits gesetzter angeforderter Artikel nicht gedruckt. Spätestens seit der Wahl Trumps fällt auf, dass die Schrauben der Repression nunmehr selbst und erst recht gegen zweifelsfrei demokratische Rechte massiv angezogen werden. Dies trifft zum guten Teil solche, die sich wie ich über Trump nie Illusionen gemacht haben.

Im Zusammenhang mit dem Waffendeal von Trump, ob er nun klug war oder nicht, mit Saudiarabien, bleibt zu sagen: Die Religionen enthalten ohne Zweifel, über den dafür besonders anfälligen Islam hinaus, über ein Hasspotential, das für Waffenhändler jenseits des Vorstellbaren liegt, weil sie ja nur mit möglichst jedem Geschäfte machen wollen. Dieses sozusagen theologische und insofern teuflische Hasspotential ist es, was wohl Caroline Sommerfeld bei den vier Intellektuellen in Wien konsterniert haben dürfte. Sie nahm wohl an, dass gebildete Leute, zumal wenn sie unter sich sind, nicht so tief sinken würden. Das täuscht aber. Der dümmliche Schlägertyp hat, wiewohl man ihn nicht verharmlosen sollte, im Vergleich zum hassgeschwollenen Intellektuellen ein geringeres Potential an Vernichtungswillen bis hin zur Orwellschen Vaporisierung. Selbst auch die Hexer- und Ketzerprozesse des Mittelalters wären ohne die Hasskraft von Intellektuellen, oft gelehrte Geistliche, nicht durchführbar und vor allem nicht ausreichend begründbar gewesen. Falls uns dieses Hasspotential bei den Linken ins Auge sticht, sollten wir uns bemühen, nicht unsererseits im Herzen solche Giftblumen aufblühen zu lassen.

H. M. Richter

23. Mai 2017 22:20

"Bei Frauke Petry reicht doch: 'Lügenfresse', einfach nur 'Lügenfresse', that's all, und Schluß. (Klaus Theweleit)"

Wie oft ist einem von linker Seite in letzter Zeit die angeblich so tief sitzende moralische Empörung über den von ihr zu anderer Zeit so gern benutzten Begriff Lügenpresse entgegengeschlagen. Glauben ihre Wortführer aber unter ihresgleichen zu sein, dann wird in der Hättest-Du-auch-die-Ulrike-vesteckt-Ecke schon mal gern von Lügenfresse gesprochen und den - etwas härter verpackten - Ausführenden das Stichwort gegeben, auf-die-Fresse!, auf-die-Fresse! erst zu skandieren und danach in die Tat umzusetzen. 

__________________________________________________________________________

"Die Rechten brauchen immer nur die politische Erlaubnis zum offenen Mord. (Klaus Theweleit)"

Die Stalin/Mao/Pol-Pot/und_natürlich_dürfen_Bullen_getötet_werden-Bewegung dagegen bedarf einer solchen Erlaubnis gemeinhin nicht, sie meint, über einen Freibrief zum Töten zu verfügen.

P.S.:

Dank an C. S. für ihren für andere erneut zur Ermutigung werdenden Mut !

silberzunge

23. Mai 2017 22:31

 Ich gehe gerne, so es mein Zeitplan zulässt, in prononciert "kritische" Diskussionen. Man ist jedes Mal aufs Neue erstaunt und erbost, dass es eine andere Sicht der Dinge in der Ausländerfrage gibt. Offener Widerspruch ist wunderbar, Frau Sommerfeld. Natürlich bereitet das dort vor sich her getragene geistlose Geseier Kopfschmerzen, aber die seufzend bis schnaubende Menge zu sehen, wenn man jene Fragen stellt, die sie - ganz offenkundig - so wirklich überhaupt nicht hören wollen in diesem Rahmen, das hat schon etwas Reizvolles.

Das sollte jeder machen.

Caroline Sommerfeld

23. Mai 2017 23:02

@Monika: Au ja, den hab ich kürzlich kennengelernt, das wäre was geworden!

Zum allgemeinen Unverständnis, warum ich mich in die Höhle der Löwen begab:

Ich kannte Theweleit von früher, Kontinuitätsunterstellung macht personale Identität aus, meine und seine, ich bin ja eben nicht zum Monster mutiert, und genau das unterstellte ich auch bei ihm.

Ich wollte soziologische Studien im Milieu treiben, von Dummheit oder Widersinn laß ich mich nicht ärgern, was mich aber ungeschützt traf war: Haß, das Böse in Intellektuellengestalt.

Ich wollte mal wieder einen Adrenalinkick, Männerphantasien auslösen, Rotwein schnorren und masochistische Freuden erleben. Und jetzt bin ich wieder ganz leise, danke @Raskolnikow für Zerstörungsimpulse und "halt die Fresse und steig auf mein Pferd ....".

Martin Lichtmesz

24. Mai 2017 00:30

Auch Miesik war not amused:

https://twitter.com/misik/status/867113065275416577

marodeur

24. Mai 2017 01:03

@Caroline Sommerfeld
Haß, das Böse in Intellektuellengestalt.

Ehrlich, ich habe jede Menge Verständnis für Ihre Empörung. Mich trifft die Heimtücke auch immer völlig unvorbereitet. Diese Menschen sprechen ständig von Hass und Hetze und geben zur gleichen Zeit abscheuliche Schmähungen und Drohungen von sich. Ich will über Inhalte reden und diese Leute wünschen mir die Pest an den Hals. Sie beklagen die Spaltung der Gesellschaft und sprechen mir gleichzeitig jegliche Daseinsbrechtigung ab. Und das sind oft Menschen, die ich kannte und mal mochte. An diese Bösartigkeit gewöhne ich micht nicht.

ede

24. Mai 2017 03:40

also, liebe Frau Sommerfeld,

 mir gehts da so wie dem R., ihre Beiträge und die von Kositza lese ich am liebsten. Allerdings, und, ich kann ihre Erwartung, einen hübschen Abend zu erleben völlig nachvollziehen. So zwei, dreimal im Jahr mache ich mich auf den Weg zu einen alten Bekannten. Der betreibt eine Raucherbar im Prenzlauer Berg, mit etwa dem Publikum wie bei ihrer Party.

Frohgemut, und nach dem einem und weiteren Cocktails finden sich immer Gesellinnen und Gesellen, die gepflegten Dummschwätz zugänglich sind. Als Krönung dann immer rechtes Gedankengut, und das kribbeln, ob nicht doch mal jemand die Hand erhebt.

Oft echte Verunsicherung, aber zugegeben, genau so oft geendet wie bei ihnen: Ich, mürrisch und wortlos auf dem Weg nach Hause (natürlich glücklich).

Fritz

24. Mai 2017 10:40

"An diese Bösartigkeit gewöhne ich micht nicht."

So geht es mir auch. Und das bei hochgebildeten Menschen, die eigentlich wissen müssen, dass man moralische Ziele nicht mit unmoralischen Mitteln verfolgen kann.

Nautilus

24. Mai 2017 13:13

Frau Sommerfeld,

ich muss Sie ja bewundern, dass sie zu solchen Veranstaltungen des Grauens gehen. Als ich noch jünger war, habe ich mir das auch angetan.Als die Wiedervereinigung unseres Landes  bevor stand, haben diese Grünen natürlich zur Diskussion eingeladen. Das Fazit war.. Schrecklich das 16 Millionen deutsche sich angliedern werden.  Schon damals war es nicht ungefährlich,sich in solchen Diskussionen einen Widerspruch zu leisten. Völlig sinnlos sich mit solchen Leuten zu unterhalten. Ich kann es nicht mehr. Soviel Herztabletten könnte ich garnicht "fressen" um das auszuhalten.

Siegfried Gerlich

24. Mai 2017 14:31

Sehr geehrte Frau Sommerfeld,

Ihre Wutaufstauung samt anschließender Fluchtreaktion kann ich sehr gut nachvollziehen — und doch denke ich, man sollte in solchen Fällen ganz anders vorgehen, nämlich so: sich als streitbarer Rechtskonservativer oder Identitärer zu erkennen geben und den lieben, linken Gesprächspartnern einen »herrschaftsfreien Diskurs« abverlangen; sie ehrlich verblüfft fragen, ob »Lügenfresse« angesichts der darin liegenden Personalisierung nach ihren eigenen Kriterien nicht eine noch weit schlimmere »Haßpropaganda« darstellt als die immerhin anonyme »Lügenpresse«; gerade einen Theweleit zu dem Gedanken anregen, ob die erschütternden Ergebnisse seiner tiefenpsychologischen Analysen rechter »Männerphantasien« über »rote Fluten« nicht auch auf linke Männerängste vor dem »braunen Sumpf« übertragbar seien, und wie es sein kann, daß ein so kluger Seelenforscher wie er nicht von selber darauf kommt ... Bei alldem aber stets freundlich, besonnen und tiefenentspannt bleiben, auf den »zwanglosen Zwang des besseren Arguments« setzen und sogar sozialtherapeutisches Verständnis für die milieubedingten intellektuellen Defizite der Gesprächspartner zeigen, nicht ohne freilich hin und wieder höflich zu bedenken zu geben, daß so viel Intoleranz und Lernresistenz mit dem reklamierten Geist von Aufklärung und Humanismus doch nicht ohne weiteres vereinbar ist ...

Natürlich erfordert es viel Selbstdisziplin, die real existierenden Linken mit den Waffen ihrer eigenen Ideale zu schlagen — aber die entlarvende Wirkung kann ungeheuer sein!

Cacatum non est pictum

24. Mai 2017 15:44

@Fritz

So geht es mir auch. Und das bei hochgebildeten Menschen, die eigentlich wissen müssen, dass man moralische Ziele nicht mit unmoralischen Mitteln verfolgen kann.

Als Küchenpsychologe sage ich: Diese verkopften Intellektuellen haben nicht gelernt, ihre Aggressionen im Alltag angemessen zu kanalisieren. Sie können mit ihnen nicht umgehen, und deshalb brechen sie bei mancherlei Anlass unkontrolliert hervor, etwa als Äußerung uferloser Gewaltphantasien.

Klaus D.

24. Mai 2017 22:43

Nur mal so: Wenn ich auf der Einstiegsseite das Portrait von Frau Sommerfeld mit der gleich darüber befindlichen Dame auf der Compact-Titelseite vergleiche ....

Kommentar C.S.: Dann wissen Sie, wer hier das Monster ist?

Heinrich Brück

25. Mai 2017 16:23

Die Demokratie ist das Monster. Die Aufteilung in LINKS und RECHTS, die Verlogenheiten des Systems, die verkommene deutsche Kultur... In der Demokratie herrschen die Banken. Es gibt kein Volk mit Macht, keine Nation die nicht dem kleinen Völkchen der Herrschenden ausgeliefert wäre. Es ist clever gemacht. Die Realität tötet nicht jeden Demokraten sofort, sonst käme ihre Rechtfertigung nicht so überzeugend an. Der Demokrat ist Mittel zum Zweck, als neudeutscher Sklavenwirt parasitär ein Hochgenuß. Solange die Demokratie für Frieden und Freiheit steht, haben die Kriegsorgane der Banken leichtes Spiel. Die Banken können sich alles kaufen. Nicht nur das Bewußtsein der Völker, auch die Technik zur Steuerung und Kommunikationsvermittlung. Das Zusammenspiel funktioniert, bis der letzte Demokrat unter der Erde ist. Die Überzeugung des Demokraten hat mit der Realität der Welt wenig im Sinn. Er lebt schon längst in der NWO. Seine Macht ist vorgetäuscht, die wahre Macht verschleiert... Das kleine Völkchen der Banken ist weltweit vernetzt; jede neue Erfindung kann gekauft und ausgebeutet, dadurch die Herrschaft gefestigt und ausgebaut werden. Der demokratisch Wahlberechtigte kann die untergebenen Kommunikationsvermittler (auch Volksvertreter genannt, nicht Volksdiener), als Meinungsvorschlag dieser Herrschaft wählen. Die Demokratie gewährt eine Teilfreiheit zur Herrschaftskonsolidierung, abhängig von der Intelligenz und Geschichte der unter Kontrolle gehaltenen Räume. Geheimdienste und Söldnertruppen erledigen die störenden Elemente; geplante Bevölkerungspolitik schon längst Realität, im Dienste der Interessen von Großraumordnungen demokratischer Menschenrechtsvorstellungen. In Westeuropa ist die NWO ein Faktum. Der Musterdemokrat hat sich Einfachsprech und Doppeldenk angewöhnt. Für ihn gibt es doch wohl eher zwei Freiheiten, eine Freiheit der Verlustmöglichkeiten und eine der Gewinnmöglichkeiten. Das kleine Völkchen der Herrscher über die Demokratie haben einen Quartalabrechnungsplan mit ihren Hörigen, und einen Generationenplan für ihre Herrschaft. Das gespaltene Wesen des Musterdemokraten ist belanglos, sonst könnte er in die Zukunft sehen, und seine Krankheit überwinden lernen. Diese Krankheit gegen die Völker, sie ist im System nicht heilbar. Die Kollateralschäden sind leider nicht mehr zu retten, jedenfalls nicht ohne Abtrennung vom System (und Neufindung gegen das System). Der Demokrat ist der größte Trottel der Weltgeschichte.

Klaus D.

25. Mai 2017 20:32

@C.S.

... Entschuldigung, war den ganzen Tag im Wörlitzer Park unterwegs. Antwort: Nein, natürlich nicht. Wollte lediglich anmerken, für mich sieht es wie ein- und dieselbe Person aus (Haare lassen sich ja färben). Aber das nur nebenbei ... Viele Grüße aus Anhalt.

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