Das ist zunächst eine schonungslose Feststellung, die man kritisieren, aber meiner Ansicht nach nicht widerlegen kann.
Die fieberhafte Stimmung, die 2015/2016 herrschte, hat sich gelegt. Zwei „deutsche Herbste“ sind ohne wesentliche Akte des Widerstands an uns vorbei gezogen. Der Zauber des Aufbruchs ist verflogen.
Diese Stagnation kann, militärisch betrachtet, auch als gute Nachricht aufgefasst werden: Der Raum wird gehalten: PEGIDA hält die Hochburg Dresden, Gegenmedien wie Sezession, Compact, PI-News und Co halten und steigern ihren Absatz, die regelmäßigen IB-Aktionen halten ihr kreatives Niveau, auch die AfD bleibt, zwar unter ihrem Potential aber doch, in der Parteienlandschaft verankert.
Der massive Vorstoß in die Mitte, den die genannten Kräfte der Avantgarde, der Sammlungsbewegung, der Partei und der Gegenöffentlichkeit in den letzten beiden Jahren unternommen haben, ist zum Stehen gelangt. Er hat sich jedoch eine Stellung ausgebaut und zeigt keine Anstalten, den eroberten Raum wieder aufzugeben.
Strukturen werden geschaffen, notwendige Routinen gebildet. Es entstehen Zentren, Büros, Projekte, bezahlte Stellen, und in dem täglichen Betrieb: Muße und freie Potentiale.
Der „Cordon Sanitaire“, den man um all jene, die bisher die Frage nach unserer Identität und ihren Lebensbedingungen aufgebaut hatte, ist gerissen. Der neue Patriotismus hat es, trotzt radikaler Insistenz auf der einen, sowie Anbiederungen auf der anderen Seite geschafft, sein Profil zu bewahren.
Damit ist die wichtigste Linie des Gegners bereits genommen. Der Geist der Identität ist aus der ideologischen Flasche, in die man ihn sperren wollte, entwischt. Der Gegner ist mit seinem Versuch gescheitert, die AfD mit der NPD und die IB mit dem Nationalen Widerstand gleichzusetzen. Das zeigt sich mir täglich. Der Zustrom an Aktivisten und Unterstützern aus der Mitte der Gesellschaft wächst. Allen Dämonisierungsversuchen und ihrer eigenen Vorsicht zum Trotz bleiben diese Leute uns treu. Ja die Diffamierungen steigern sogar ihre Solidarität.
Stellen wir uns die politische Landschaft geographisch vor. Die Politisch Korrekten befinden sich, von einem „antideutschen Schutzwall“ beschirmt im Lager der Realitätstoleranz. Das Straflager der Dissidenten lag bisher, scharf bewacht und hermetisch abgeriegelt, in sicherer Distanz. Dazwischen das Niemandsland des Grenzstreifens: tot, von Einschlagskratern übersät, mit Scheinwerfern ausgeleuchtet und von Scharfschützen überwacht.
Diese „innerdeutsche Teilung“ ist durch uns infrage gestellt. Da wo bisher nur eine karge Todeszone war, wächst jetzt ein neurechtes Wäldchen, das zum Ort der Begegnung wird. Es bietet „Aussteigern“ aus beiden Lagern Deckung. Auf seinen Lichtungen finden die seltsamsten Begegnungen statt und unter seinem Blätterdach treiben die seltsamsten Blüten.
Führte bisher die „Republikflucht“ zum Schuß in den Rücken durch die Mauerwächter, so bieten sich jetzt zugewucherte Schleichwege hinaus. Vom Cicero über Achgut bis hin zur JF findet über viele Pfade ein reger Ideenschmuggel ins Zentrum der Meinungsmacht statt. Die offenen Renegaten, von Maximilian Krah bis Tichy, von Imad Karim bis Matthias Matussek, die es wagen, mit der Bande des Wäldchens zu reden, sind nicht die eigentliche Gefahr.
Sehnsüchtig beobachten mehr und mehr „Emigranten im Innern“ von den Mauern aus unsere Freiheit und warten auf eine Möglichkeit der Flucht.
An einigen Stellen ist die Mauer sogar schon überwachsen oder eingebrochen. Hier sei Beispielhaft das Überschwappen der amerikanischen Skeptiker- und Anti-SJW-Szene ins deutsche YouTube erwähnt, die 2017 diese soziale Plattform umkrempeln wird.
Unsere Gegner wissen, daß keiner mehr in ihr Lager hinein, viele aber hinaus wollen. Die Spannung zwischen Realität und Ideologie steigt wie der innere Druck auf den löchrigen Schutzwall. Jeder Terroranschlag, jede Vergewaltigung, jede Aussage von Käßmann und Co. pumpt einen neuen Schwall an Unzufriedenen hinaus, denen es „einfach reicht“.
Die Reaktion der Gegner ist Nervosität. Sie äußert sich in absurden Exempeln wie beim Eishockeytormann Thomas Greiss und der ständig steigenden Überwachung. Das eigentliche Ziel ist aber die Rodung des neurechten Wäldchens, das als Ort der Sehnsucht und des neuen Anderen die Unruhe im eigenen Lager stiftet. Die Gegner wollen die Wiederherstellung des nackten Grenzstreifens zwischen Multikulti und alter Rechter. Darauf müssen wir uns gefaßt machen, und diesen Schlägen zu widerstehen, den gewonnenen Boden zu halten, ist vielleicht die Herausforderung der kommenden Monate.
Derzeit haben wir keine revolutionäre Lage. Ob einem das gefällt oder nicht: es ist so. Der Teilverlust des öffentlichen Raums durch die „Asylkrise“ wird als Normalität hingenommen. „Unter diesen Bedingungen kann die Chance nur bestehen in einer Vorbereitungsarbeit“ ‚sagte einst Marcuse. Was bedeutet das?
Die schweigende Mehrheit ist derzeit zu großen, gemeinsamen Unmutsäußerungen noch nicht bereit. Ruft man dazu auf und will ihre Masse zeigen, hat der ausbleibende Erfolg eher eine weiter demobilisierende Wirkung. Quantitativ schwache Demos wie nach dem Terroranschlag in Berlin zeigen: Derzeit muß das Augenmerk auf die Qualität gelegt werden. Nadelstichartige, provokante Aktivionen, neue Medien und Ausbau der Strukturen sind das Gebot der Stunde.
Der symbolische Aktivismus, von symbolischen Okkupationen und Ibsterblockaden bis zur Konfrontationen im Mittelmeer, muss, ebenso wie die Unterstützung durch die Gegenöffentlichkeit, eine neue Qualität erreichen.
Es geht darum, eine nachhaltige Bereitschaft für kommende Krisen zu kultivieren. Für den Fall, dass diese nicht, oder zu spät eintreten, muss die eigene Kampagnenfähigkeit aufgebaut werden. Wir müssen das Plateau, das wir erreicht haben, halten.
Auf keinen Fall dürfen wir unseren Gegnern den Gefallen einer Radikalisierung tun:
Krisen kann man nicht aktivistisch herbeizwingen. Für viele Aktivisten wird dieses Plateau zur Qual. Die Langeweile der Strukturarbeit treibt den Idealismus als Radikalität nach außen. Er will Brücken zwischen Wunsch und Wirklichkeit schlagen. Doch das schlägt jedes Mal fehl und öffnet im Gegenteil die Flanke für die Repression. Voller Sehnsucht warten Presse und Behörden seit Monaten auf einen „deutschen Breivik“. Die Narrative stehen bereit. Die „geistigen Brandstifter“, die den „Boden bereitet haben“, die Bewegung, der ein solcher Anlassfall zugerechnet werden kann und die ängstlichen Konservativen, die sich panisch distanzieren und zurück ins Lager des Mainstreams flüchten werden. Das Wäldchen soll gerodet werden.
Dass ein juristischer Schlag kommen wird, ist jedem klar, der die Zyklen der Repression kennt. Es ist uralte Geheimdienstarbeit. Man lässt eine Bewegung erstmal anwachsen. Unbehelligt darf sie offene Türen einrennen und die Akteuren gewinnen ein Gefühl der Unbesiegbarkeit. Ermittlungen werden verzögern. Nach meist 2–3 Jahren schlägt die Repression dann urplötzlich und mit voller Härte zu. Man schaltet die „Köpfe“ aus, aber lässt die Subkultur bestehen, damit sich dort, wie in einer Reuse, neues Material sammeln kann – und der nächste Zyklus beginnt. Eine lange passive Beobachtungsphase kann Bewegungen dazu verleiten ihre Aktionsformen zu verschärfen, um die Provokation zu steigern. Genau das wird die IB nicht tun.
Die Chance der neuen patriotischen Bewegung besteht darin, diesen Zyklus zu unterbrechen indem sie sich gegen seine Gesetze verhält. Die Rodung des Waldstreifens durch Repression funktioniert nämlich nur, wenn die Widerständler erst voneinander und dann von der Bevölkerung isoliert werden. Das wiederum klappt nur vollkommen, wenn man mitmachet, indem man sich entweder von VS-Berichten schrecken, oder sich, durch die Langeweile des Plateaus radikalisiert, selbst zum Schreckgespenst macht.
Die veröffentlichte Meinung über uns kann zwar nicht direkt beeinflußt werden, wohl aber kann die Diskrepanz zwischen ihr und der Realität so groß wie möglich gehalten und so offen wie möglich präsentiert werden. Gelingt das Halten des schmalen Grats und der Schlagzahl der Aktionen, bei stetigem Ausbau der Gegenöffentlichkeit und Strukturen, könnte sich die Repression sogar zum Desaster für die Meinungsdiktatur entwickeln.
In Österreich ist das Ende des Zyklus bereits überfällig. Die IB ist seit 2013/14 am Radar ihrer politischen Gegner. Und wirklich baut sich ein Repressionsszenario auf. Ein linker Staatsanwalt laboriert seit Monaten fieberhaft an einer Anklageschrift gegen die IB als „kriminelle Vereinigung“ vor. Die Anlassfälle? Banner mit Parolen wie „Islamisierung tötet“ und Kreidespray auf Landstraßen. Beschuldigt werden neben mir einige andere führende Aktivisten. Ich freue mich schon auf diesen Prozess.
Bei der derzeitigen Lage der IBÖ dürfte er zum Propaganda-Desaster für die Meinungsdiktatur werden. Ob die absurde Anklage, wie zu erwarten, in sich zusammenbricht oder „Märtyrer der Meinungsfreiheit“ geschaffen werden, die Welle der Solidarität wird das neurechte Lager weit übersteigen. Die Isolierende und Rufschädigende Wirkung die ein solcher Prozess normalerweise haben soll, wird durch unsren gut geölten Kampagnenapparat einfach umgekehrt.
Wir werden daraus ein Fanal für die Meinungsfreiheit machen und die IB gestärkt aus dem Angriff hervorgehen lassen.
Die einzige was diese, bereits ins Rollen gebrachte Posse gefährlich machen könnte wäre eine Radikalisierung der IB. Ein Anschlag, „rechtzeitig“ vor einem Prozessbeginn, könnte die gesellschaftlich isolieren. Er könnte die Rodung des gesamten Wäldchens legitimieren. Da die IB jedoch konsequent gewaltfrei ist und die Pseudomilitanz vieler altrechter Gruppen entschieden ablehnt, könnte der einzige Auslöser eine Unterwanderungsversuche sein, wie sie jüngst in Graz geschah.
Militante Provokateure und Infiltratoren brauchen aber ein gewisses Milieu, um sich einnisten zu können. Die Transparenz und Gewaltlosigkeit des neurechten Lagers macht es dem genannten Klientel fast unmöglich , bei uns Wurzeln zu schlagen.
Es gibt für die gesellschaftlichen Eliten auf Dauer nur zwei Möglichkeiten: entweder das neurechte Lager wird als legitimer Teil der Gesellschaft akzeptiert, was die Dimension eines „zweiten Mauerfall“ hätte, oder sie setzen alles auf die Zensur und die Repression. Wir können diese Entscheidung nicht direkt beeinflussen.
Aber wir haben es in der Hand, den zweiten Schritt möglichst schwierig zu machen und ihn klar so erscheinen lassen wie er sein muss: überzogen, ungerecht und verzweifelt – eine Eskalation und ein Verrat des demokratischen Rechtsstaats. Durch gewaltlose Disziplin und ein klares neurechtes Profil zwingen wir den Gegner aus der Deckung. Er kann versuchen, Hand an das Wäldchen zu legen. Aber dafür muß er, vor den Augen aller, seine eigenen Grundsätze brechen.
Nicht wir werden uns radikalisieren, sondern sie sich. Nicht uns wird ihre Repression schwächen, sondern sie.
Das neurechte Wäldchen wird standhalten und in der nächsten, unausweichlichen Krise könnte der Schutzwall fallen. Denn anders als Marcuse und bezogen auf die Meinungsdiktatur können wir mit Fug und Recht sagen: „Wir sind in keiner revolutionären, wahrscheinlich aber doch in einer vor-revolutionären Situation.“
Dieter
Lieber Martin, mit diesem Artikel ist Dir ein großer Wurf gelungen. Nur wenige Menschen haben das Genie, so űber sich selbst hinauszublicken und den Mut und Geist das Gesehene auch auszusprechen. Danke.